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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §974;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des D in Wien, vertreten durch Dr. Thomas Kustor, Rechtsanwalt in Wien I, Rotenturmstraße 17, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 17. September 1997, Zl. MA 62 - III/58/97, betreffend Wohnkostenbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 30. April 1997 auf Zuerkennung einer Wohnkostenbeihilfe für eine näher bezeichnete Wohnung gemäß § 34 Zivildienstgesetz 1986 (ZDG) in Verbindung mit § 33 Abs. 1 und 2 und § 34 Abs. 3 Heeresgebührengesetz 1992 (HGG 1992) abgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, auf Grund der Zeugenaussage der Geschäftsführerin jener Gesellschaft m.b.H., die das Haus verwalte, vom 12. August 1997 sei davon auszugehen, dass die Hausverwaltung die Wohnung dem Beschwerdeführer unter dem Titel Prekarium zur Verfügung gestellt habe. Da der Beschwerdeführer kein Gebrauchsrecht an der Wohnung habe, sei er nicht Rechtsbesitzer wie ein Mieter. Dem Beschwerdeführer sei die Benützung der Wohnung bis zum (noch unbestimmten) Beginn von Umbauarbeiten im Haus gestattet worden. Sollte vor Jahresende (1997) mit dem Umbau begonnen werden, sei absehbar, dass der Beschwerdeführer noch vor dem Ende des Zivildienstes die Wohnmöglichkeit verliere. Im übrigen hänge die Beibehaltung der Wohnung alleine von der Prekariumsgeberin ab. Im Hinblick auf die willkürlich mögliche Widerrufbarkeit des Prekariums werde mit der prekaristischen Benützung einer Wohnung dem gesetzlichen Erfordernis einer eigenen Wohnung gemäß § 33 Abs. 1 HGG 1992 nicht entsprochen. Die Verpflichtung des Prekariumsnehmers zur Zahlung der anfallenden Kosten spreche nicht gegen die Annahme eines Prekariums.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 34 Abs. 1 und 2 ZDG 1986 gebührt dem Zivildienstleistenden u.a. Wohnkostenbeihilfe, wie sie einem Wehrpflichtigen nach den Bestimmungen des V. Hauptstückes des HGG 1992 zusteht.
Gemäß § 33 Abs. 1 HGG 1992 sind mit der Wohnkostenbeihilfe dem Wehrpflichtigen jene Kosten abzugelten, die ihm nachweislich während des Präsenzdienstes entstehen für die erforderliche Beibehaltung jener eigenen Wohnung, in der er nach den Bestimmungen des Meldegesetzes 1991 gemeldet ist. Nach § 33 Abs. 1 Z. 1 besteht ein Anspruch nur für jene Wohnung, in der der Wehrpflichtige bereits zum Zeitpunkt der Zustellung des Einberufungsbefehles oder allgemeinen Bekanntmachung der Einberufung gewohnt hat.
Gemäß § 33 Abs. 2 HGG 1992 gelten als eigene Wohnung Räumlichkeiten, die eine abgeschlossene Einheit bilden und in denen der Wehrpflichtige einen selbständigen Haushalt führt.
Gemäß § 33 Abs. 3 HGG 1992 gelten als Kosten für die Beibehaltung der eigenen Wohnung
1. alle Arten eines Entgeltes für die Benützung der Wohnung samt den nach § 15 Abs. 1 Z. 2 des Mietrechtsgesetzes (MRG), BGBl. Nr. 520/1981, auf die Wohnung entfallenden Anteil an den Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben, ...
4. Grundgebühren oder diesen entsprechende Gebühren für Strom und Gas sowie die Fernsprech-Grundgebühr der Wohnung.
Im Beschwerdefall ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht strittig, dass der Beschwerdeführer, der seit 3. Februar 1997 Zivildienst leistet, in der Wohnung, für die er Wohnkostenbeihilfe beansprucht, seit 1991 einen eigenen Haushalt führt. Strittig ist allein, ob Grundlage dafür ein Bestandrecht oder ein Prekarium ist und ob das Vorliegen eines Prekariums den Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe ausschließen würde.
Eine abschließende Beurteilung der Frage, ob Grundlage für die Gebrauchsüberlassung ein Prekarium im Sinne des § 974 ABGB oder ein Bestandvertrag ist, und damit auch der Frage, ob die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde eine diesbezügliche Beurteilung überhaupt ermöglichen - eine Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass der Beschwerdeführer den monatlich überwiesenen Betrag jedenfalls zeitweise als "Miete" bezeichnet und mit seinem Antrag eine "Mietvorschreibung" der Hausverwaltung (gegliedert in Hauptmietzins, Erhaltungsbeitrag und Betriebskosten) vorgelegt hat, ist unterblieben -, kann dahinstehen, weil auch dann, wenn die Benützung der Wohnung bloß auf Grundlage eines Prekariums erfolgt sein sollte, der Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe nicht ausgeschlossen wäre. § 33 Abs. 2 HGG 1992, der eine Legaldefinition der eigenen Wohnung enthält, und § 33 Abs. 3 leg. cit., in dem die mit der Wohnkostenbeihilfe abzugeltenden Kosten umschrieben werden, enthalten nämlich keine Einschränkung auf bestimmte Rechtsgründe für die Benützung der Wohnung. Entscheidend ist nach § 33 Abs. 1 HGG 1992 allein, dass dem Wehrpflichtigen während des Präsenzdienstes Kosten für die Beibehaltung der eigenen Wohnung entstehen. Diese Voraussetzung ist auch dann gegeben, wenn der Wehrpflichtige im Rahmen eines Prekariums Entgelt zu leisten hat - die Entrichtung eines Entgelts schließt die Annahme eines Prekariums nicht aus (siehe Schubert in Rummel2, Rz. 2 zu § 974 ABGB) -, um den Eigentümer nicht zum Widerruf des Prekariums zu veranlassen. Auch in diesem Fall entstehen dem Wehrpflichtigen Kosten für die Beibehaltung einer eigenen Wohnung.
Der Umstand, dass der Prekariumsnehmer mangels Bindung des Eigentümers für die Zukunft keine rechtlich gesicherte Position (wie z.B. ein Mieter) hat, steht entgegen der in der Gegenschrift geäußerten Auffassung der belangten Behörde dem Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe nicht entgegen. Die Beendigung des Prekariums vor Beendigung des Präsenzdienstes hat lediglich zur Folge, dass nur für die Dauer der Beibehaltung der eigenen Wohnung der Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe besteht. Das Gleiche gilt im übrigen für jene Fälle, in denen von vornherein bloß ein befristeter Mietvertrag besteht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 94/11/0097) oder ein unbefristeter Mietvertrag vorzeitig während des Präsenzdienstes aufgelöst wird. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass es für den Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe nicht auf den Rechtsgrund für die Benützung der Wohnung ankommt, sondern allein darauf, ob und wie lange dem Wehrpflichtigen während des Präsenzdienstes Kosten (im Sinne des § 33 Abs. 3 HGG 1992) für die Beibehaltung einer eigenen Wohnung (im Sinne des § 33 Abs. 2 leg. cit.) entstehen.
Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. März 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998110067.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
21.10.2009