TE Vwgh Beschluss 1999/3/24 99/12/0036

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Veröffentlicht am 24.03.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §17 Abs4;
AVG §56;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs2;
AVG §66 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, in der Beschwerdesache der Helmut Öllinger Gesellschaft mbH & Co KG in Rottenegg, vertreten durch Dr. Walter Rinner, Rechtsanwalt in Linz, Freistädter Straße 3, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 2. September 1998, Zl. Gem - 535011/9 - 1998 - SL, betreffend die Zurückweisung eines Antrages auf Bescheidausfertigung über die Verweigerung der Akteneinsicht in einem Nachprüfungsverfahren nach dem Oberösterreichischen Vergabegesetz, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Aufgrund des Vorbringens in der Beschwerde und des vorgelegten, angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von Folgendem aus:

Die Beschwerdeführerin hatte sich an einer öffentlichen Ausschreibung im Sinne des Oberösterreichischen Vergabegesetzes beteiligt. In weiterer Folge brachte sie einen Nachprüfungsantrag im Sinne des genannten Gesetzes bei der belangten Behörde als Nachprüfungsbehörde ein. Im Zuge dieses Nachprüfungsverfahren nahm die Beschwerdeführerin (durch einen rechtsfreundlichen Vertreter) Akteneinsicht, wobei ihr die Akteneinsicht in bestimmte Unterlagen mündlich mit näherer Begründung verwehrt wurde. Die Beschwerdeführerin stellte daraufhin mit Schriftsatz vom 18. August 1998 den Antrag auf schriftliche Bescheidausfertigung über die Verweigerung der Akteneinsicht.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde diesen Antrag als unzulässig zurückgewiesen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde zunächst kurz der Verfahrensgang dargestellt; weiters legte die belangte Behörde dar, weshalb ihrer Auffassung nach die Akteneinsicht (im strittigen Umfang) zu Recht verweigert worden sei und führte sodann aus, daß nach herrschender Lehre und Judikatur (Hinweis auf hg. Judikatur) die Verweigerung der Akteneinsicht im Zuge eines anhängigen Verfahrens eine Verfahrensanordnung darstelle, die mit der Berufung gegen den in der Sache ergehenden Bescheid angefochten und danach in einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen diesen Bescheid als Verfahrensmangel geltend gemacht werden könne. Lediglich über das Akteneinsichtsbegehren einer Person, der im laufenden Verwaltungsverfahren Parteistellung nicht zukomme oder deren Parteistellung sich auf ein bereits abgeschlossenes Verfahren bezogen habe, müsse durch Bescheid förmlich abgesprochen werden. Über die Verweigerung der Akteneinsicht sei demnach, wenn es sich um eine Verfahrensanordnung handle, nicht bescheidmäßig abzusprechen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 16. Dezember 1998, B 1901/98-3, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (in der Begründung dieses Beschlusses heißt es unter anderem, daß die von der Beschwerdeführerin angegriffene Bestimmung der Allgemeinen Landesvergabeverordnung - ALVV, LGBl. Nr. 69/1994, angesichts der rein verfahrensrechtlichen Natur des angefochtenen Bescheides für diesen nicht präjudiziell sei).

In der für den Fall der Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof bereits ausgeführten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, daß sie durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht auf Akteneinsicht verletzt" wurde. Das trifft im Beschwerdefall allerdings deshalb nicht zu, weil mit dem angefochtenen Bescheid nicht über das Recht auf Akteneinsicht, näherhin, darüber entschieden wurde, in welchem Umfang die Beschwerdeführerin Akteneinsicht nehmen darf, sondern vielmehr (ausdrücklich nur) über das Begehren auf Bescheidausfertigung hinsichtlich der Verweigerung der Akteneinsicht entschieden wurde. Die Beschwerdeführerin kann daher insofern im "Recht auf Akteneinsicht" durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt worden sein. Allerdings bringt sie in weiterer Folge auch vor, die Ansicht der belangten Behörde, es sei nicht bescheidmäßig über den Antrag auf Akteneinsicht abzusprechen, sei unzutreffend, weil § 17 Abs. 4 AVG bestimme, daß gegen die Verweigerung der Akteneinsicht kein Rechtsmittel zulässig sei. Bestünde keine Verpflichtung über die Verweigerung der Akteneinsicht bescheidmäßig abzusprechen, so stellte sich die Frage nach der Erhebung eines Rechtsmittels von vornherein gar nicht, weshalb "bei einer solchen Interpretation diese Norm überhaupt sinnlos wäre". Dies sei aber dem Gesetzgeber nicht zuzusinnen.

Im Beschwerdefall ist das Oberösterreichische Vergabegesetz, LGBl. Nr. 59/1994, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 34/1997, anzuwenden.

Nach § 58 Abs. 2 leg. cit. entscheidet über einen Nachprüfungsantrag die Oberösterreichische Landesregierung als Nachprüfungsbehörde. Gegen ihre Entscheidungen ist die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zulässig.

Abs. 3 leg. cit. bestimmt, daß, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, für das Nachprüfungsverfahren das AVG in der Fassung BGBl. Nr. 866/1992 gilt. (Solche abweichenden Bestimmungen bestehen aus dem im Beschwerdefall relevanten Blickwinkel der Zulässigkeit eines Begehrens auf Bescheidausfertigung über die Verweigerung der Akteneinsicht nicht.)

§ 17 AVG trifft nähere Bestimmungen über die Akteneinsicht; nach § 17 Abs. 4 AVG ist gegen die Verweigerung der Akteneinsicht kein Rechtsmittel zulässig.

Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, daß es sich um ein Begehren auf Akteneinsicht im Zuge eines anhängigen Verfahrens handelt. Nun ist die Verweigerung der Akteneinsicht im Zuge eines anhängigen Verfahrens eine Verfahrensanordnung im Sinne des § 63 Abs. 2 AVG, deren Rechtswidrigkeit erst und nur in dem Rechtsmittel gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid geltend gemacht werden kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch ausgesprochen, daß die Verweigerung der Akteneinsicht im Zuge eines Verfahrens (auch dann) eine Verfahrensanordnung ist, die keinen Bescheid darstellt, wenn diese Verfügung auch in die die äußere Form eines Bescheides gekleidet sein mag (siehe dazu die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, in E 4 bis 6 zu § 17 AVG wiedergegebenen Entscheidungen). Daraus ergibt sich folgerichtig, daß die Beschwerdeführerin durch die Zurückweisung ihres Begehrens auf bescheidmäßige Ausfertigung der Verweigerung der Akteneinsicht nicht in Rechten verletzt werden konnte.

Die Beschwerde war daher - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 24. März 1999

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter VerfahrensanordnungenInstanzenzug Zuständigkeit Besondere Rechtsgebiete Verfahrensrechtliche Bescheide Zurückweisung Kostenbescheide Ordnungs- und MutwillensstrafenAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive BescheideVoraussetzungen des Berufungsrechtes Bescheidcharakter der bekämpften Erledigung Vorhandensein eines bekämpfbaren Bescheides

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999120036.X00

Im RIS seit

25.01.2001

Zuletzt aktualisiert am

13.07.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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