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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §4 Abs5;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 98/01/0497 E 12. Mai 1999Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Mag. Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 17. Februar 1998, Zl. 201.580/0-III/07/98, betreffend Zurückweisung eines Asylantrages, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien, stellte am 2. Dezember 1997 beim Bundesasylamt einen Antrag auf Gewährung von Asyl. Mit Bescheid vom 4. Dezember 1997 wurde dieser Antrag vom Bundesasylamt gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991 abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei nicht Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention.
In Erledigung der dagegen erhobenen Berufung wurde vom unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 17. Februar 1998 der erstinstanzliche Bescheid behoben und der Asylantrag gemäß § 4 des Asylgesetzes 1997 (AsylG) als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung führte der unabhängige Bundesasylsenat im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei über Slowenien nach Österreich eingereist und könne dort vor Verfolgung Schutz finden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
§ 4 Abs. 1, 2 und 5 sowie § 44 Abs. 1 AsylG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 4/1999 lauten (auszugsweise):
"§ 4. (1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn der oder die Fremde in einem Staat, mit dem kein Vertrag über die Bestimmung der Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages besteht, Schutz vor Verfolgung finden kann (Schutz im sicheren Drittstaat).
(2) Schutz im sicheren Drittstaat besteht für Fremde, wenn ihnen in einem Staat, in dem sie nicht gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sind, ein Verfahren zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention offensteht, sie während dieses Verfahrens in diesem Staat zum Aufenthalt berechtigt sind und wenn sie dort Schutz vor Abschiebung in den Herkunftsstaat - auch im Wege über andere Staaten - haben, sofern sie in diesem gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sind.
...
(5) Können Fremde, deren Asylantrag nach Abs. 1 als unzulässig zurückgewiesen wurde, nicht in einen sicheren Drittstaat zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden, so tritt der Bescheid, mit dem der Asylantrag zurückgewiesen wurde, mit dem Zeitpunkt des Einlangens der Mitteilung nach § 57 Abs. 7 FrG außer Kraft. Mit diesem Zeitpunkt beginnt die Entscheidungsfrist nach § 73 Abs. 1 AVG von neuem zu laufen; ein anhängiges Berufungsverfahren ist als gegenstandslos einzustellen.
...
§ 44. (1) Am 1. Jänner 1998 bei den Asylbehörden anhängige Verfahren sind nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen. ..."
Der Beschwerdeführer räumt zutreffend ein, daß grundsätzlich auch eine Berufungsbehörde eine Prozeßvoraussetzung wahrnehmen und gegebenenfalls aufgreifen dürfe, meint jedoch der Systematik des AsylG entnehmen zu können, daß Zurückweisungen gemäß § 4 AsylG nur durch die Asylbehörde erster Instanz vorgenommen werden dürften. Weder aus dem Wortlaut des § 4 AsylG noch aus der Systematik der Bestimmung läßt sich jedoch, auch nicht im Zusammenhang mit den Gesetzesmaterialien, entnehmen, daß es der Berufungsbehörde verwehrt wäre, im Falle einer Abweisung eines Asylantrages durch die Behörde erster Instanz die Unzulässigkeit eines Asylantrages wegen Drittstaatsicherheit, somit das Nichtvorliegen einer Prozeßvoraussetzung, erstmals im Berufungsverfahren, dessen "Sache" die Entscheidung über den Asylantrag war, aufzugreifen. Soweit der Beschwerdeführer zur Unterstützung seiner Auffassung auf § 4 Abs. 5 letzter Halbsatz AsylG verweist, wonach ein anhängiges Berufungsverfahren als gegenstandslos einzustellen ist, wenn eine Mitteilung nach § 57 Abs. 7 FrG erfolgt ist, übersieht er, daß daraus kein Rückschluß auf die Zulässigkeit des Aufgreifens der Unzulässigkeit eines Asylantrages wegen Drittstaatsicherheit im Berufungsverfahren gezogen werden kann. Tritt der Zurückweisungsbescheid außer Kraft - ein solches Außerkrafttreten ist auch während eines bereits anhängigen Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof möglich -, so ist das Verfahren über die Beschwerde einzustellen. Daß auch das wieder anhängig gewordene Berufungsverfahren in einem solchen Fall als gegenstandslos einzustellen wäre, verschlägt nichts. Eine Einstellung des Berufungsverfahrens wäre zwar erforderlich, wenn die Berufungsbehörde ursprünglich nur den zurückweisenden Bescheid der Asylbehörde erster Instanz bestätigte, der Berufungsbescheid beim Verwaltungsgerichtshof angefochten würde und anschließend infolge Einlangens einer Mitteilung gemäß § 57 Abs. 7 FrG außer Kraft träte. Hat hingegen die Behörde erster Instanz den Asylantrag nicht zurück-, sondern (in der Sache als unbegründet) abgewiesen und erst der unabhängige Bundesasylsenat wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen, so bewirkt das Einlangen einer Mitteilung gemäß § 57 Abs. 7 FrG nur, daß der Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates außer Kraft tritt und das wieder offene Berufungsverfahren in der Sache selbst fortzuführen ist. Eine Einstellung, wie sie der Beschwerdeführer befürchtet, käme dann gar nicht in Betracht.
Soweit der Beschwerdeführer rügt, der angefochtene Bescheid habe ihm die Möglichkeit genommen, die auf ihn zur Anwendung gekommene gesetzliche Vermutung des § 4 Abs. 3 AsylG zu entkräften, ist ihm zu entgegnen, daß er im Berufungsverfahren, das in einem solchen Fall nicht gemäß § 32 Abs. 3 AsylG abgekürzt war, ohnehin Parteistellung hatte.
Im vorliegenden Fall konnte auch der Umstand, daß der Bescheid der Behörde erster Instanz bereits unter der Geltung des Asylgesetzes 1991 erlassen worden war, nichts am dargestellten Ergebnis ändern, weil gemäß § 44 Abs. 1 erster Satz AsylG bei den Asylbehörden am 1. Jänner 1998 anhängige Verfahren nach den Bestimmungen des AsylG zu Ende zu führen sind. Eine Einschränkung der Befugnisse des unabhängigen Bundesasylsenates ist damit nicht verbunden.
Dennoch ist der Beschwerde Erfolg beschieden.
Nach dem gemäß § 67 AVG auch von der Berufungsbehörde anzuwendenden § 60 leg. cit. sind in der Begründung eines Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsrüge klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muß in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargelegt werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, daß gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. die im Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), 1044, wiedergegebene ständige hg. Rechtsprechung). Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid insoweit nicht gerecht, als er keine Ausführungen dazu enthält, ob und in welchem Umfang einem Asylwerber während des gesamten Asylverfahrens ein Bleiberecht in dem von der belangten Behörde ins Auge gefaßten Drittstaat zusteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. März 1999, Zl. 98/01/0364). Zur Notwendigkeit, sich mit der Rechtslage eines Drittstaates zur Frage der Aufenthaltsberechtigung während des Asylverfahrens (§ 4 Abs. 2 AsylG) auseinanderzusetzen, wird auf die Begründung des hg. Erkenntnisses vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0284, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. März 1999
Schlagworte
ZurückziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998010165.X00Im RIS seit
20.11.2000