TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/12 W235 2205707-1

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Veröffentlicht am 12.03.2019
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Entscheidungsdatum

12.03.2019

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W235 2205707-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.08.2018, Zl. 1190859009-180451538, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG und gemäß § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Nigeria, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 13.05.2018 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Am 14.05.2018 wurde die Beschwerdeführerin einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei sie zunächst angab, dass sie an keinen Krankheiten leide und nicht schwanger sei. Sie habe eine Bekannte in Italien, die die Reise von Nigeria bis Italien organisiert und bezahlt habe. Diese Bekannte heiße XXXX, sei auch Nigerianerin und lebe in XXXX. Man habe ihr gesagt, dass XXXX die Kosten für die Reise übernehmen werde, wenn die Beschwerdeführerin für sie arbeite. Die Beschwerdeführerin habe Nigeria im April 2016 verlassen und sei über Libyen mit einem Boot nach Italien gereist, wo sie ca. zwei Monate später angekommen sei und zunächst zwei oder drei Tage in einem Camp verbracht habe. Danach sei sie abgeholt und zu XXXX nach XXXX gebracht worden. In XXXX habe sie "auf dem Strich" gearbeitet, um XXXX die € 25.000,00, die sie ihr für die Schleppung schulde, zurückzuzahlen. Nachdem die Beschwerdeführerin € 18.000,00 zurückgezahlt habe, habe sie zu XXXX gesagt, da es ein neues Gesetz in Nigeria gebe, werde sie ihr den Restbetrag nicht zurückzahlen. Daraufhin habe XXXX gesagt, sie werde die Beschwerdeführerin schlagen, wenn ihr diese die restlichen € 7.000,00 nicht zahle. Daher sei die Beschwerdeführerin in der Nacht in einen Bus eingestiegen, der sie nach Österreich gebracht habe. Um Asyl habe sie in Italien nicht angesucht. Bei einer Rückkehr nach Italien hätte sie das Problem, dass sie wieder auf den Strich gehen müsste, um die Schulden bei XXXX abzubezahlen. Andernfalls würde XXXX die Beschwerdeführerin schlagen. Sie wolle in Österreich bleiben, weil es ihr hier gut gefalle.

Der Beschwerdeführerin wurde weiters am 14.05.2018 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihr zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Italien die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt (vgl. AS 41). Diese Mitteilung wurde der Beschwerdeführerin am selben Tag übergeben und von ihr unterfertigt.

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 18.05.2018 ein auf Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmegesuch an Italien.

Mit Schreiben vom 26.07.2018 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der italienischen Dublinbehörde mit, dass die Zuständigkeit im Fall der Beschwerdeführerin wegen Unterlassung einer fristgerechten Antwort auf das österreichische Aufnahmegesuch auf Italien übergegangen ist (vgl. AS 67).

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Italien angenommen wird. Diese Verfahrensanordnung wurde der Beschwerdeführerin am 27.07.2018 übergeben.

1.4. Am 10.08.2018 wurde die Beschwerdeführerin nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit eines Rechtsberaters im Zulassungsverfahren und unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Englisch vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen, wobei sie zunächst angab, dass sie sich psychisch und physisch in der Lage fühle, die Befragung zu absolvieren. Da sie Probleme mit ihren Augen habe, sei sie in ärztlicher Behandlung. Der Arzt im Lager habe ihr Augentropfen verschrieben, die sie auch nehme. Eine Überweisung zu einem Augenarzt habe es nicht gegeben. Es sei noch keine Besserung eingetreten und komme Wasser aus ihren Augen. In Österreich bzw. im Gebiet der Europäischen Union habe sie keine Verwandten und lebe auch mit niemandem in einer Familien- oder familienähnlichen Lebensgemeinschaft.

In Italien sei die Beschwerdeführerin Ende Juni 2016 angekommen, habe jedoch nicht um Asyl angesucht, sondern seien ihr nur die Fingerabdrücke abgenommen worden. Sie habe in Italien weder eine Einvernahme gehabt noch habe sie Unterlagen bekommen. In Italien sei sie bis zur Einreise nach Österreich geblieben. Um Asyl habe die Beschwerdeführerin nicht angesucht, da sie abgeholt worden sei, um nach XXXXzu XXXX gebracht zu werden. Nach ihrer Ankunft [in Italien] habe sie XXXX angerufen und zwei Tage später habe sie ein Mann abgeholt. Als sie bei XXXX angekommen sei, habe ihr diese gesagt, die Beschwerdeführerin müsse ihr € 25.000,00 abarbeiten und sie werde schon sehen, welche Arbeit das sei. Die Beschwerdeführerin habe keine Wahl, da sie hier in Italien sei. Am nächsten Tag sei sie abgeholt und von dem Fahrer zu dem Ort gebracht worden, wo sie habe arbeiten müssen. Das sei in XXXX gewesen; dort habe sie der Prostitution nachgehen müssen. Gewohnt habe sie in XXXX, wo die Beschwerdeführerin in einem Zimmer und XXXX in einem anderen Zimmer geschlafen habe. Man habe sie dort festgehalten und zu dieser Arbeit gezwungen. Jeden Tag in der Früh sei sie nach XXXX gebracht und am Abend zurückgefahren worden. Im März 2018 habe sie erfahren, dass der Bürgermeister von XXXX gesagt habe, dass keine nigerianische Frau einer "Madame" mehr Geld zahlen solle. Daher habe sie XXXX gesagt, dass sie nicht mehr arbeiten werde. XXXX habe ihr gesagt, dass der Bürgermeister in Nigeria, sie jedoch in Italien sei. Da die Beschwerdeführerin nicht mehr habe arbeiten wollen, habeXXXX sie geschlagen und gebissen. Weiters habe sie ihr gesagt, sie würde sie überall in Italien finden. Im Mai sei der Beschwerdeführerin die Flucht gelungen, da XXXX weggegangen sei und die Tür nur von außen versperrt habe. Daher habe sie sie von innen öffnen können. Auf die Frage, ob sie während ihrer Arbeit nie die Idee gehabt habe zu fliehen, gab die Beschwerdeführerin an, dass sie daran nicht gedacht habe.

Zur geplanten Vorgehensweise des Bundesamtes, sie nach Italien auszuweisen, gab die Beschwerdeführerin an, dass sie Angst habe, dass XXXX sie dort finden könne. Angezeigt habe sie XXXX in Italien nicht, da sie dann keinen Ort gehabt hätte, um dort zu wohnen. Sie habe nie daran gedacht zu fliehen und einen Asylantrag zu stellen. Zu den bereits vorab ausgefolgten Länderfeststellungen des Bundesamtes zu Italien wollte die Beschwerdeführerin keine Angaben machen. Sie wolle nicht nach Italien, da sie Angst vor ihrer "Madame" habe.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 13 Abs. 2 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrages zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen die Beschwerdeführerin die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Italien zulässig ist.

Begründend wurde im Wesentlichen festgestellt, dass die Beschwerdeführerin gesund sei. Sie habe lediglich Probleme mit den Augen angegeben. Es könne nicht festgestellt werden, dass im Fall der Beschwerdeführerin schwere psychische Störungen oder schwere bzw. ansteckende Krankheiten bestünden, die ihre Überstellung nach Italien unmöglich machen würden. Es könne nicht festgestellt werden, dass sie in Italien systematischen Misshandlungen ausgesetzt gewesen sei bzw. dass ihr behördlicher Schutz vorenthalten werde. Es seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass ihr in Italien eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen könne. Aufgrund der Angaben der Beschwerdeführerin zum Reiseweg sei am 18.05.2018 ein Konsultationsverfahren mit Italien eingeleitet worden, dem Italien durch Verfristung zugestimmt habe. Ein zuständigkeitsbeendendes Sachverhaltsmerkmal könne nicht festgestellt werden. Es könne nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung der Person der Beschwerdeführerin in Österreich bestehe. Es sei festgestellt worden, dass sie in Österreich keinen Familienbezug habe.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 20 bis 41 des angefochtenen Bescheides unter Anführung von Quellen Feststellungen zum italienischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Italien.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass sich betreffend den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin keine Anzeichen ergeben hätten, die eine Überstellung ihrer Person nach Italien unmöglich machen würden. Aufgrund ihrer Angaben und der Zustimmung Italiens durch Verfristung habe sich der bestehende und ununterbrochene Aufenthalt in der Europäischen Union ergeben, weswegen ein Erlöschen der Zuständigkeit Italiens für das Asylverfahren der Beschwerdeführerin nicht eingetreten sei. Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren und zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt würden sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt ergeben. Die Beschwerdeführerin habe keine Familienangehörigen im Bundesgebiet. Eine Verletzung des Rechts auf Privatleben sei durch die Ausweisung nicht zu erkennen. Die Feststellungen zu Italien würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Die Angaben der Beschwerdeführerin seien nicht glaubhaft. Es sei nicht nachvollziehbar, warum sie nicht schon früher - z.B. während ihrer Arbeit inXXXX - versucht habe zu entkommen. Auch hätte sie die Möglichkeit gehabt, nach ihrem Entkommen Anzeige zu erstatten und einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Unter der Annahme, dass sich der Aufenthalt der Beschwerdeführerin so zugetragen habe wie behauptet, würden die geltend gemachten bzw. befürchteten Übergriffe auch in Italien eine strafbare Handlung darstellen, die von den zuständigen Strafverfolgungsbehörden bei Kenntnis verfolgt und geahndet würden. Wie aus den Feststellungen zur aktuellen Länderinformation eindeutig hervorgehe, sei die Versorgung von Asylwerbern in Italien gewährleistet. Hätte sich die Beschwerdeführerin dazu entschieden, in Italien einen Asylantrag zu stellen und das Verfahren abzuwarten, hätte sie die Behörde untergebracht und versorgt. Es sei kein hinreichend konkretes Vorbringen dahingehend erstattet worden, dass der rechtliche und faktische Standard des Asylverfahrens in Italien per se die Verletzung der EMRK im Fall der Effektuierung eines negativen Verfahrensausgangs wahrscheinlich erscheinen ließe.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass Art. 13 Abs. 2 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO formell erfüllt sei. Die Behörde könne keinerlei Familienbindung und Abhängigkeitsverhältnis in Österreich feststellen. Insbesondere vermöge die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet kein im Sinne des Art. 8 EMRK relevantes Recht auf Achtung des Privatlebens begründen. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung nicht zu einer Verletzung der Dublin III-VO sowie von Art. 8 EMRK bzw. von Art. 7 GRC führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesem Aspekt zulässig sei. Italien sei bereit, die Beschwerdeführerin einreisen zu lassen und ihren Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen bzw. die sonstigen, Italien treffenden Verpflichtungen der Beschwerdeführerin gegenüber zu erfüllen. Weiters sei festzuhalten, dass in Italien als Mitgliedstaat der Europäischen Union mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei. Die Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am 11.09.2018 im Wege ihrer nunmehr ausgewiesenen Vertretung fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin in Italien über einen langen Zeitraum gezwungen worden sei, der Prostitution nachzugehen. Von den Behörden werde Hilfe nicht geleistet und auch nicht angeboten. Im Fall einer Abschiebung nach Italien würde die Beschwerdeführerin wieder den Personen ausgeliefert sein, die sie zur Prostitution gezwungen hätten. Dass die Beschwerdeführerin nach ihrem Entkommen die Möglichkeit gehabt hätte, Anzeige zu erstatten und einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, sei eine reine Mutmaßung. Die Feststellung, dass die geltend gemachten Übergriffe durch Private auch in Italien eine strafbare Handlung darstellen würden, die von den zuständigen Strafverfolgungsbehörden bei Kenntnis verfolgt und geahndet würden, sei nicht zutreffend. Der ARD habe berichtet, dass 2016 in Italien 9000 Frauen verschleppt worden seien, sodass von einem systemischen Mangel in der Bekämpfung der Zwangsprostitution gesprochen werden müsse. Es sei daher verabsäumt worden, die relevanten internationalen Rechtsinstrumente gegen den Menschenhandel zu berücksichtigen, insbesondere die Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer, die unter anderem vorsehe, dass auch in Fällen, in denen sich das Opfer nicht rechtmäßig in dem betreffenden Mitgliedstaat aufhält, Unterstützung und Betreuung ohne Vorbedingung gewährt werden solle. Da die italienischen Behörden Menschenhandel insofern zuließen als keine effizienten Maßnahmen dagegen getroffen würden, hätte Österreich von seinem Selbsteintrittsrecht im Sinne der Dublin III-VO Gebrauch machen müssen.

Der Beschwerde beigelegt war ein Internetausdruck vom 07.01.2018 betreffend eine Fernsehsendung zum Thema "Italien: Menschenhandel in Turin".

4. Mit E-Mail vom 11.10.2018 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Bundesverwaltungsgericht die Aussetzung des Verfahrens an Italien vom selben Tag, da die Beschwerdeführerin flüchtig ist und sich sohin die Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängert (siehe OZ 4).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin ist eine Staatsangehörige von Nigeria. Sie hat Nigeria im April 2016 verlassen und ist nach Libyen gefahren, von wo aus sie ca. im Juni 2016 mit einem Boot über Italien in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten eingereist ist. Nach einem ca. zweijährigen Aufenthalt in Italien reiste die Beschwerdeführerin unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein, wo sie am 13.05.2018 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 18.05.2018 ein auf Art. 13 Abs. 2 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmegesuch an Italien. Aufgrund von Verfristung trat die Zuständigkeit Italiens zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerdeführerin ein, was der italienischen Dublinbehörde vom Bundesamt mit Schreiben vom 26.07.2018 mitgeteilt wurde. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Italiens wieder beendet hätte, liegt nicht vor. Ferner hat sich die Überstellungsfrist im gegenständlichen Fall auf 18 Monate verlängert, da die Beschwerdeführerin flüchtig ist. Dieser Umstand wurde der italienischen Dublinbehörde vom Bundesamt mit Schreiben vom 11.10.2018 mitgeteilt.

Konkrete, in der Person der Beschwerdeführerin gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Italien sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Fall einer Überstellung nach Italien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Die Beschwerdeführerin hat sich eine Augenentzündung zugezogen, die mit Augentropfen behandelt wurde. Eine aktuelle Behandlungsbedürftigkeit kann nicht festgestellt werden. Sohin wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die einer Überstellung nach Italien aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht.

Es bestehen keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet. Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin seit dem 24.10.2018 über keine aufrechte Meldung mehr im Bundesgebiet verfügt.

1.2. Zum italienischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Italien:

Zum italienischen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Italien wurden im angefochtenen Bescheid auf den Seiten 20 bis 41 umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.

Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:

a). Allgemeines:

In Italien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 2.2017).

[...]

b). Dublin-Rückkehrer:

Die meisten Dublin-Rückkehrer landen auf den Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Quästur für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab:

1. Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann er dies nun tun, so wie jede andere Person auch (AIDA 2.2017).

2. Ist das Verfahren des Rückkehrers noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere Asylwerber auch (AIDA 2.2017).

3. Wenn ein Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von Italien im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren auf Antrag wieder aufgenommen (EASO 12.2015).

4. Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche Italien verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten, beginnt die Rechtsmittelfrist erst zu laufen, wenn der Rückkehrer von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt wurde (EASO 12.2015; vgl. AIDA 2.2017).

5. Wurde der Rückkehrer beim ersten Aufenthalt in Italien von einer negativen Entscheidung in Kenntnis gesetzt und hat dagegen nicht berufen, kann er zur Außerlandesbringung in ein CIE (Schubhaftlager) gebracht werden. Wurde ihm die Entscheidung nicht zur Kenntnis gebracht, steht dem Rückkehrer der Beschwerdeweg offen, sobald er informiert wurde (AIDA 2.2017).

6. Hat sich der Rückkehrer dem persönlichen Interview nicht gestellt und sein Antrag wurde daher negativ beschieden, kann er nach Rückkehr ein neues Interview beantragen (AIDA 2.2017).

c). Non-Refoulement:

Grundsätzlich bietet Italien Schutz gegen Abschiebung oder Rückkehr von Flüchtlingen in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre (USDOS 25.6.2015).

Hinsichtlich unbegleiteter Minderjähriger besteht ein absolutes Rückschiebeverbot an der Grenze (UNICEF 29.3.2017).

Das italienische Innenministerium hat ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Zugang zu Asylverfahren und Grundrechten Personen nicht verweigert werden kann, für die willkürlich angenommen wird, dass sie des internationalen Schutzes nicht bedürfen. Außerdem wurde explizit bestätigt, dass alle Migranten das Recht haben, vor Refoulement geschützt zu werden. Es würden laut Innenministerium keine Ausweisungsbefehle erlassen, wenn Migranten zuvor nicht korrekt informiert wurden (AIDA 2.2017).

d). Unterbringung:

Grundsätzlich sind Fremde zur Unterbringung in Italien berechtigt, sobald sie den Willen erkennbar machen, um Asyl ansuchen zu wollen und eine entsprechende Bedürftigkeit besteht. Das Unterbringungsrecht gilt bis zur erstinstanzlichen Entscheidung bzw. dem Ende der Rechtsmittelfrist. Bei Rechtsmitteln mit automatisch aufschiebender Wirkung besteht dieses Recht auch bis zur Entscheidung des Gerichts. Gemäß der Praxis in den Jahren 2015 und 2016 erfolgt der tatsächliche Zugang zur Unterbringung erst mit der formellen Registrierung des Antrags (verbalizzazione) anstatt sofort nach der erkennungsdienstlichen Behandlung (fotosegnalamento). Zwischen diesen beiden Schritten sind, abhängig von Region und Antragszahlen, Wartezeiten von Wochen oder gar Monaten möglich, in denen Betroffene Probleme beim Zugang zu alternativer Unterbringung haben können. Betroffene Asylwerber ohne ausreichende Geldmittel sind daher auf Freunde oder Notunterkünfte angewiesen, oder es droht ihnen Obdachlosigkeit. Zum Ausmaß dieses Phänomens gibt es allerdings keine statistischen Zahlen. Tatsächlich ist diese Problematik durch die Erweiterung der SPRAR-Kapazitäten und Einführung der temporären Unterbringungsstrukturen (CAS) nur für Personen relevant, die ihren Antrag im Land stellen, nicht für auf See geretteten Asylwerber (AIDA 2.2017).

[...]

Dublin-Rückkehrer die noch nicht in Italien offiziell untergebracht waren, haben Zugang zu Unterbringung. Eine allgemeine Aussage, wie lange es dauert bis tatsächlich ein Platz gefunden ist, ist nicht möglich. Aufgrund von Informationsmangel, Fragmentierung des Systems und Platzknappheit, dauert es tendenziell länger. In den letzten Jahren wurden daher temporäre Aufnahmestrukturen für die Rückkehrer geschaffen, in denen vulnerable Fälle verbleiben bis eine alternative Unterbringung gefunden ist, bzw. in denen nicht-vulnerable Fälle bleiben, bis ihr rechtlicher Status geklärt ist. Berichten zufolge kommt es aber vor, dass Dublin-Rückkehrer nicht untergebracht werden und sich daher selbst um ihre Unterbringung - mitunter in Behelfssiedlungen - kümmern müssen (AIDA 2.2017).

Wenn Rückkehrer in Italien bereits einmal offiziell untergebracht waren und diese Unterbringung einfach verlassen haben, kann dies zu Problemen führen. Wenn diese Personen nach Rückkehr einen Antrag auf Unterbringung stellen, kann dieser von der zuständigen Präfektur abgelehnt werden. Ebenso haben Rückkehrer mit einem Schutzstatus in Italien Probleme beim Zugang zu Unterbringung (AIDA 2.2017).

[...]

e). Medizinische Versorgung:

Asylwerber und Personen mit einem Schutzstatus in Italien müssen sich beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Das Recht auf medizinische Versorgung erfolgt im Moment der Registrierung eines Asylantrags, der wiederum von der Zuweisung eines "codice fiscale" (Steuer-Codes) abhängt, der von den Quästuren im Zuge der Formalisierung des Asylantrags vergeben wird. Das kann Wochen oder sogar Monate dauern, zumal 2016 ein eigenes Steuercode-System für Asylwerber eingeführt wurde. Bis dahin haben Asylsuchende nur Zugang zu medizinischen Basisleistungen wie etwa einer Notfallversorgung, wie sie gemäß Artikel 35 des Einwanderungsgesetzes (TUI) auch illegalen Migranten zusteht. Die Anmeldung erfolgt in den Büros der lokalen Gesundheitsdienste (Aziende sanitaria locali, ASL). Im Zuge der Registrierung wird eine Gesundheitskarte (tessera sanitaria) ausgestellt. Die Registrierung berechtigt zu folgenden Leistungen:

freie Wahl eines Hausarztes bzw. Kinderarztes (kostenlose Arztbesuche, Hausbesuche, Rezepte, usw.); Geburtshilfe und gynäkologische Betreuung bei der Familienberatung (consultorio familiare) ohne allgemeinärztliche Überweisung; kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäusern (AIDA 2.2017).

Asylwerber und Schutzberechtigte können sich auf Basis einer Eigendeklaration bei der ASL als bedürftig registrieren lassen. Sie werden dann arbeitslosen Staatsbürgern gleichgestellt und müssen keine Praxisgebühr ("Ticket") bezahlen. Die Praxis ist aber nicht im ganzen Land einheitlich. Auch bezüglich der Verlängerung der Befreiung gibt es regional unterschiedliche Regelungen. Die Sprachbarriere ist das größte Zugangshindernis zu medizinischer Versorgung. Asylwerber und Schutzberechtigte mit psychischen Problemen (z.B. Folteropfer) haben das Recht auf dieselbe Behandlung wie italienische Staatsbürger. Seit April 2016 existiert in Rom ein NGO-Projekt zur Indentifizierung und Rehabilitation von Folteropfern (AIDA 2.2017).

Der Zugang zur Gesundheitsversorgung wird in der Praxis dadurch beeinträchtigt, dass viele Asylwerber und Schutzberechtigte nicht über ihre Rechte und das administrative Verfahren zum Erhalt einer Gesundheitskarte informiert sind. Dies gilt insbesondere, wenn sie sich in einer prekären Wohnsituation befinden (SFH 8.2016).

Auch illegal aufhältige Personen können von medizinischen Notdiensten usw. Gebrauch machen. Die Gesetze verbieten es dem medizinischen und Verwaltungspersonal, die Polizei bezüglich illegaler Migranten zu informieren (UNHRC 21.7.2014).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Italien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen - darunter konkret auch in Bezug auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO - samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das italienische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- und Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in Italien den Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid zu folgen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin, zu ihrer Staatsangehörigkeit, zu ihrer Ausreise aus Nigeria, zu ihrem weiteren Reiseweg sowie zu ihrer illegalen Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über Italien, zur Dauer ihres Aufenthalts in Italien und zu ihrer unrechtmäßigen Weiterreise nach Österreich sowie zur Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie aus dem Akteninhalt. Sowohl in der Erstbefragung als auch in ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt gab die Beschwerdeführerin an, dass sie Ende Juni 2016 in Italien angekommen sei, jedoch nicht um Asyl angesucht habe. Ihr seien die Fingerabdrücke abgenommen worden und sie habe zwei oder drei Tage in einem Camp verbracht. Bis zur Einreise nach Österreich sei sie in Italien geblieben (vgl. AS 13, AS 129). Hinzu kommt, dass Italien dem auf Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO gestützten Aufnahmegesuch der österreichischen Dublinbehörde nicht widersprochen hat.

Die Feststellungen zum Aufnahmegesuch der österreichischen Dublinbehörde und zum Übergang der Zuständigkeit an Italien aufgrund Verfristung sowie zur diesbezüglichen Mitteilung durch das Bundesamt und zur Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate ergeben sich darüber hinaus aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden im Rahmen des Konsultationsverfahrens. Darauf, dass die Zuständigkeit Italiens beendet worden wäre, finden sich im gesamten Verfahren keine Hinweise, wobei ein derartiges Vorbringen weder vor dem Bundesamt noch in der Beschwerde erstattet wurde.

Eine die Beschwerdeführerin konkret treffende Bedrohungssituation in Italien wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht, da das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht glaubhaft ist. Die Beschwerdeführerin gab an, dass sie Probleme mit einer in XXXX lebenden Nigerianerin namens XXXX habe, die ihre Reise von Nigeria nach Italien organisiert und bezahlt habe. XXXX habe von ihr für die Verbringung nach Italien € 25.000,00 verlangt und sie gezwungen, als Prostituierte zu arbeiten. Sie sei jeden Tag abgeholt und nach XXXX zur Arbeit gebracht worden. Am Abend sei sie nach XXXX zurückgefahren worden, wo sie bei XXXX gewohnt habe. Die Beschwerdeführerin habe während ihrer Arbeit nie daran gedacht zu fliehen. Im März 2018 habe sie erfahren, dass der Bürgermeister von XXXX gesagt habe, dass keine nigerianische Frau Geld an eine "Madame" zahlen solle. Da habe sie XXXX bereits € 18.000,00 zurückgezahlt und ihr gesagt, sie werde den Restbetrag nicht mehr zahlen. Aus Angst vor XXXX habe die Beschwerdeführerin Italien verlassen. Zu diesem Vorbringen ist zunächst auszuführen, dass es keinen Bezug zum Asylverfahren in Italien sowie zu der dortigen Versorgungs- und Unterbringungslage aufweist. Ferner ist zum Vorbringen der Beschwerdeführerin auszuführen, dass dieses widersprüchlich sowie nicht nachvollziehbar ist und Steigerungen aufweist. So gab die Beschwerdeführerin in ihrer Erstbefragung noch an, dass XXXX gesagt habe, sie werde sie schlagen, wenn sie ihr die restlichen € 7.000,00 nicht zurückzahle und die Beschwerdeführerin befürchte, bei einer Rückkehr nach Italien wieder "auf den Strich" gehen zu müssen, um die Schulden zu bezahlen, da andernfalls sie von XXXX geschlagen werde (vgl. AS 13). Widersprüchlich sprach die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt nicht mehr davon, dass XXXX mit Schlägen gedroht habe, sondern gab an, dass XXXX sie geschlagen und gebissen habe, da die Beschwerdeführerin nicht mehr habe arbeiten wollen (vgl. AS 133), was eine Steigerung des Vorbringens darstellt. Nicht nachvollziehbar ist auch das behauptete Verhalten der Beschwerdeführerin. Wenn man - wie vorgebracht - davon ausgeht, dass sie jeden Tag in der Früh abgeholt und zur Arbeit nach XXXX gebracht und am Abend wieder nach XXXX zurückgefahren wurde, ist nicht nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin nicht geflohen ist. Dass sie während ihrer Tätigkeit als Prostituierte bewacht oder festgehalten wurde, wurde nicht vorgebracht; auf die Frage, ob sie während ihrer Arbeit nie die Idee gehabt habe zu fliehen, gab sie nämlich lediglich an, dass sie daran nicht gedacht habe (vgl. AS 133). Ebenso verhält es sich mit der Begründung der Beschwerdeführerin, warum sie keine Anzeige erstattet habe. Diesbezüglich gab die Beschwerdeführerin nämlich an, dass sie XXXX nicht angezeigt habe, weil sie dann keinen Ort gehabt hätte, um dort zu wohnen (vgl. AS 135). Alleine dieses Vorbringen ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Beschwerdeführerin weder zur Prostitution gezwungen noch gegen ihren Willen in dem Haus in XXXX festgehalten wurde. Letztlich ist auch die Angabe der Beschwerdeführerin, dass ihr die Flucht gelungen sei, daXXXX weggegangen und die Tür von außen versperrt habe, nicht nachvollziehbar. Eine Erklärung dahingehend, wie sie aus einem von außen versperrten Haus (offenbar ohne Schlüssel) fliehen konnte, blieb die Beschwerdeführerin schuldig. Sie gab dazu lediglich an, sie habe die Tür von innen öffnen können (vgl. AS 133). Wie dies funktionieren hätte sollen, gab sie allerdings nicht an. Hinzu kommt, dass es nicht sonderlich plausibel erscheint, dass die Beschwerdeführerin lediglich von einer einzigen Person (nämlich von XXXX) festgehalten und zur Prostitution gezwungen wurde. Wäre die Beschwerdeführerin jedoch tatsächlich in die Fänge eines Menschenhändlerringes geraten und XXXX lediglich ihre "Kontaktperson" gewesen, ist weder wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführerin ohne Weiteres die Flucht gelungen ist noch dass ihre Weigerung, als Prostituierte zu arbeiten, um den Restbetrag von € 7.000,00 zurückzahlen zu können, keine weiterreichenden Konsequenzen hatte als von XXXX geschlagen zu werden.

Ungeachtet des teilweise widersprüchlichen Vorbringens sowie der Unplausibilität betreffend die von der Beschwerdeführerin angegebene Bedrohungssituation in Italien, ist darauf zu verweisen, dass sich die Beschwerdeführerin in Italien jederzeit an die italienischen Behörden bzw. die italienische Polizei hätte wenden können, die dazu willens und in der Lage sind, der Beschwerdeführerin Schutz vor Verfolgung zu bieten. Da es sich dem Vorbringen der Beschwerdeführerin zufolge bei Wahrunterstellung um schwere Straftaten (Freiheitsberaubung, Zwangsprostitution, zumindest versuchte Körperverletzung) handelt, ist jedenfalls davon auszugehen, dass in Italien bei derartigen Straftaten bei Geltendmachung Ermittlungen eingeleitet und diese Straftaten geahndet werden. Italien ist jedenfalls in der Lage und auch willens der Beschwerdeführerin vor drohenden Übergriffen Dritter hinreichenden Schutz zu bieten und bei entsprechender Meldung bzw. Erstattung einer Anzeige tätig zu werden. Das diesbezüglich lediglich in den Raum gestellte Beschwerdevorbringen, von den Behörden werde Hilfe nicht geleistet und auch nicht angeboten sowie, es sei nicht zutreffend, dass die geltend gemachten Übergriffe in Italien eine strafbare Handlung darstellen, die bei Kenntnis verfolgt und geahndet würden, stellt eine unbegründete und nicht nachvollziehbare Scheinbehauptung dar. Auch der angebotene "Beweis" in Form einer ADR-Fernsehserie zum Thema "Italien: Menschenhandel in Turin" ist nicht geeignet, das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu stützen. Zum einen wird die Beschwerdeführerin in dem Bericht weder erwähnt noch wurde ein Bezug zu ihrer Person hergestellt. Zum anderen bezieht sich dieser Bericht auf Turin; hingegen war die Beschwerdeführerin (ihrem Vorbringen zufolge) in (der Nähe von)

XXXX.

Die Feststellung, dass sich die Beschwerdeführerin eine Augenentzündung zugezogen hat, die mit Augentropfen behandelt wurde, ergibt sich aus ihren Angaben vor dem Bundesamt am 10.08.2018. Dass eine aktuelle Behandlungsbedürftigkeit nicht festgestellt werden kann, gründet sich zum einen darauf, dass weder vor dem Bundesamt noch im Beschwerdeverfahren medizinische Unterlagen vorgelegt wurden. Zum anderen gab die Beschwerdeführerin selbst an, dass sie keine Überweisung zu einem Augenarzt erhalten habe. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin seit Oktober 2018 untergetaucht ist, was sie wohl nicht getan hätte, würde sie tatsächlich medizinische Hilfe benötigen. Da sohin eine aktuelle Behandlungsbedürftigkeit nicht feststellbar war, war sohin die Feststellung zum Nichtvorliegen schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die einer Überstellung der Beschwerdeführerin nach Italien entgegenstehen könnten, zu treffen.

Ebenso ergibt sich die Feststellung zum Nichtvorhandensein besonders ausgeprägter privater, familiärer oder beruflicher Bindungen der Beschwerdeführerin in Österreich aus den Angaben der Beschwerdeführerin im Verfahren und ist Gegenteiliges auch dem sonstigen Akteninhalt nicht zu entnehmen. In der Einvernahme vor dem Bundesamt brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie in Österreich bzw. im Gebiet der Europäischen Union keine Verwandten habe und auch mit niemandem in einer Familien- oder familienähnlichen Lebensgemeinschaft lebe (vgl. AS 127, AS 129). Letztlich ergibt sich die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin seit dem 24.10.2018 über keine aufrechte Meldung mehr verfügt, aus einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 24.01.2019.

2.2. Die Feststellungen zum italienischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender sowohl staatlicher als auch nichtstaatlicher Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Italien ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und (jedenfalls zum Zeitpunkt des Untertauchens der Beschwerdeführerin) aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln.

Die Gesamtsituation des Asylwesens in Italien ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, hat die Beschwerdeführerin nicht dargelegt. In der Einvernahme vor dem Bundesamt gab sie zu den ihr vorab ausgefolgten Länderfeststellungen lediglich an, dass sie zu Italien keine Angaben machen wolle. Sie wolle nicht zurück nach Italien, da sie Angst vor ihrer "Madame" habe. Ein substanziiertes Bestreiten der Länderfeststellungen des Bundesamtes ist aus diesem Angaben nicht ersichtlich. Auch in der Beschwerde wurde den Länderberichten des Bundesamtes nicht substanziiert entgegengetreten. Mit der Beschwerde wurde lediglich ein Internetausdruck betreffend eine Fernsehsendung zum Thema "Italien: Menschenhandel in Turin" vorgelegt. Wie bereits oben ausgeführt, weist dieser Beitrag keinen Bezug zum Vorbringen der Beschwerdeführerin auf und ist insbesondere nicht dazu geeignet, ihre Angaben zu stützen. Ferner befasst sich dieser Beitrag in keiner Weise mit dem im vorliegenden Fall relevanten Asylverfahren in Italien samt Versorgungs- und Unterbringungssituation von Asylwerbern bzw. Rückkehrern nach der Dublin III-VO, sondern berichtet über kriminelle Machenschaften.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.

Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) [...]

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnisse, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde. Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen. Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen. Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen. Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab. Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Art 22 Antwort auf ein Aufnahmegesuch

(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers innerhalb von zwei Monaten, nach Erhalt des Gesuchs.

(2) In dem Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats werden Beweismittel und Indizien verwendet.

(3) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten die Erstellung und regelmäßige Überprüfung zweier Verzeichnisse, in denen die sachdienlichen Beweismittel und Indizien gemäß den in den Buchstaben a und b dieses Artikels festgelegten Kriterien aufgeführt sind, fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

a) Beweismittel:

i. Hierunter fallen förmliche Beweismittel, die insoweit über die Zuständigkeit nach dieser Verordnung entscheiden, als sie nicht durch Gegenbeweise widerlegt werden;

ii. Die Mitgliedstaaten stellen dem in Artikel 44 vorgesehenen Ausschuss nach Maßgabe der im Verzeichnis der förmlichen Beweismittel festgelegten Klassifizierung Muster der verschiedenen Arten der von ihren Verwaltungen verwendeten Dokumente zur Verfügung;

b) Indizien:

i. Hierunt

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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