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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde von 1) Dr. E und
2) Dr. H, beide Tierärzte in S, vertreten durch Dr. Werner Pennerstorfer, Dr. Hans-Jörg Haftner und Dr. Peter Schobel, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Herrengasse 4, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission bei der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs vom 3. Juni 1998, Zlen. Ds 3/98, Ds 4/98, betreffend Disziplinarvergehen nach dem Tierärztegesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer sind schuldig, der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurden die Beschwerdeführer schuldig erkannt, sie hätten die Anzahl der im Jahre 1995 durchgeführten Schutzimpfungen bei Tieren, zumindest aber die am 10. Juli 1995 nachweislich vorgenommene Tollwutimpfung nicht der zuständigen Behörde, wie in § 12 Abs. 3 Tierseuchengesetz vorgesehen, bis zum 31.3. des darauffolgenden Jahres gemeldet, weshalb über sie mit rechtskräftigen Bescheiden Geldstrafen in der Höhe von S 3.000,-- verhängt worden seien; sie hätten dadurch gegen § 12 Abs. 3 Tierseuchengesetz, sowie gegen § 20 Abs. 1 und 2, § 21 Abs. 1 und 2 des Tierärztegesetzes verstoßen und sich eines des tierärztlichen Berufsstandes unwürdigen Verhaltens nach § 53 Abs. 1 des Tierärztegesetzes schuldig gemacht. Die Beschwerdeführer wurden deshalb gemäß § 59 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. mit schriftlichen Verweisen bestraft.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen - nach Darstellung der Rechtslage - aus, beide Beschwerdeführer seien als praktische Tierärzte in St. Pölten tätig. Bereits am 18. Jänner 1996 und 25. März 1996 sei durch die Veterinärverwaltung des Magistrates (der Landeshauptstadt St. Pölten) unter Hinweis auf § 12 Abs. 3 Tierseuchengesetz die Verpflichtung zur Bekanntgabe der durchgeführten Schutzimpfungen bis zum 31. März des Folgejahres mitgeteilt worden. Auch telefonisch seien die Beschwerdeführer aufgefordert worden, Meldungen zu erstatten, was sie verweigert hätten. Wegen Unterlassung der Meldung von im Jahr 1995 vorgenommenen Impfungen seien beide Beschwerdeführer wegen Verletzung des § 12 Abs. 3 Tierseuchengesetz bestraft und über sie jeweils eine Geldstrafe von S 3.000,-- verhängt worden, auf Grund der beiden Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 27. November 1997 seien diese Bestrafungen rechtskräftig. Die belangte Behörde ging von diesen Bestrafungen aus und beurteilte das Verhalten der Beschwerdeführer rechtlich dahin, daß Tierärzte ihren Beruf gewissenhaft
(§ 21 Tierärztegesetz) auszuüben und alles zu vermeiden hätten, das geeignet sei, das Ansehen des Standes der Tierärzte herabzusetzen (§ 20 Abs. 1 und 2 leg. cit.). Mit der Nichterfüllung der ihnen obliegenden Meldepflichten hätten die Beschwerdeführer gegen diese Bestimmungen verstoßen. Es vermöge die Beschwerdeführer in subjektiver Hinsicht auch nicht zu entschuldigen, wenn in anderen Gebieten die Meldepflicht "nicht streng gehandhabt" würde, auch das Vorbringen, eine an den Zweitbeschwerdeführer ergangene Aufforderung habe nicht dem Gesetz entsprochen, sei nicht zielführend. Beide Beschwerdeführer hätten sich somit der genannten Disziplinarvergehen schuldig gemacht, die verhängte (mildeste) Strafe des schriftlichen Verweises sei aus general- und spezialpräventiven Gründen geboten.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragen.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Insoweit die Beschwerdeführer rügen, daß sie keine Übertretungen begangen hätten und der Disziplinaranwalt die Anzeige ohne begründeten Verdacht eines disziplinär zu ahndenden Verhaltens erstattet habe, die Einleitung des Disziplinarverfahrens daher ohne gesetzliche Voraussetzungen erfolgt sei, ist ihnen folgendes entgegenzuhalten: Wie schon die belangte Behörde zutreffend hervorgehoben hat, wurden beide Beschwerdeführer je mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 27. November 1997 schuldig erkannt, sie seien der Meldepflicht nach § 12 Abs. 3 TSG für das Jahr 1995 trotz nachweislicher schriftlicher Verständigung des Magistrates der Landeshauptstadt St. Pölten-Veterinärverwaltung, vom 25. März 1996, nicht fristgerecht nachgekommen, obwohl sie im Jahr 1995 Tiere im Sinne des § 12 Abs. 3 leg. cit. geimpft hätten. Nach den diesen rechtskräftigen Bescheiden zugrundeliegenden Feststellungen seien die Beschwerdeführer mehrmals (am 18. Jänner 1996 und 25. März 1996) aufgefordert worden, die Meldepflicht gemäß § 12 Abs. 3 TSG zu erfüllen. Die Beschwerdeführer verkennen offensichtlich, daß aus der materiellen Rechtskraft der beiden hier in Rede stehenden Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich deren Bindungswirkung für das Disziplinarverfahren folgt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. November 1997, Zl. 95/12/0209). Die belangte Behörde hatte daher im Hinblick auf die beiden genannten verwaltungsstrafbehördlichen Bescheide vom 27. November 1997 davon auszugehen, daß die Beschwerdeführer den ihnen zur Last gelegten Sachverhalt schuldhaft verwirklicht haben. Die von den Beschwerdeführern behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften haftet dem angefochtenen Bescheid somit nicht an.
Die Beschwerdeführer bestreiten ferner, Disziplinarvergehen begangen zu haben, und verweisen darauf, daß es sich - ihrer Meinung nach - um eine Meldeverpflichtung gehandelt habe, die ausschließlich statistischen Zwecken, um auf einzelne volkswirtschaftliche Fragen eingehen zu können "und der Pharmaindustrie Aufschluß über die zukünftige Nachfrage geben zu können", gedient habe. Wenn den Beschwerdeführern nunmehr ein einmaliges diesbezügliches Fehlverhalten vorgeworfen werde, so könne dies nicht disziplinarrechtlich relevant sein, zumal die Herabsetzung des Ansehens des Standes der Tierärzte in diesem Zusammenhang nicht möglich sei und andere Tierärzte bei einem vergleichbaren Verhalten nicht belangt worden seien.
Damit sind die Beschwerdeführer nicht im Recht. Gemäß § 20 TierÄG hat der Tierarzt seinen Beruf gewissenhaft (§ 21) und fachlich eigenverantwortlich (§ 24) auszuüben (Abs. 1). Er hat alles zu vermeiden, das geeignet ist, das Ansehen des Standes der Tierärzte herabzusetzen (Abs. 2). Gemäß § 21 Abs. 1 leg. cit. ist jeder Tierarzt in seiner beruflichen Tätigkeit verpflichtet, die Berufspflichten einzuhalten und insbesondere auf die Sicherung der menschlichen Gesundheit zu achten. § 21 Abs. 2 leg. cit. sieht unter anderem vor, daß der Tierarzt in jedem Fall gehalten ist, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben und hiebei nach den Erkenntnissen der Veterinärmedizin und nach den geltenden Rechtsvorschriften zu handeln. Gemäß § 53 Abs. 1 leg. cit. begehen Kammermitglieder, die sich eines des tierärztlichen Standes unwürdigen Verhaltens schuldig machen oder ihre Pflichten als Mitglied der Kammer verletzen, ein Disziplinarvergehen.
Gemäß § 12 Abs. 3 TierSG haben die freiberuflich tätigen Tierärzte, die Impfungen gemäß Abs. 1 durchgeführt haben, über die in einem Kalenderjahr durchgeführten Schutzimpfungen von Tieren jeder Art bis 31. März des darauffolgenden Jahres die Zahl der geimpften Tiere nach Tierart und die Art des verwendeten Impfstoffes der Bezirksverwaltungsbehörde zu melden.
Der Zweck der zuletzt genannten Bestimmung ist nach den Gesetzesmaterialien (Erläuterungen zu § 12 TierSG in 733 Blg. NR. XVII GP), daß die Veterinärbehörde aus Gründen einer wirksamen Seuchenbekämpfung über den Immunstatus der jeweiligen Tierpopulation informiert sein muß. Aus diesem Grund ergibt sich somit die Notwendigkeit einer Meldung über die Impfungen, wobei es entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht lediglich statistischen Zwecken oder der Information der Pharmaindustrie dient, daß diese Meldeverpflichtung erfüllt werden muß; dabei stehen vielmehr Ziele der Seuchenbekämpfung und so letztlich die Erhaltung der Gesundheit auch von Menschen im Vordergrund. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde zur Auffassung gelangte, daß die Beschwerdeführer mit ihrem Verhalten gegen die Bestimmungen insbesondere des § 21 Abs. 1 und Abs. 2 TierÄG verstoßen haben. Im Hinblick auf den Verstoß gegen eine konkrete Verhaltensnorm des genannten Gesetzes ist somit von einem als rechtswidrig zu qualifizierenden Verhalten der Beschwerdeführer als Kammermitglieder auszugehen und es bedurfte keiner weiteren Feststellungen der hierüber im Berufsstand der Tierärzte bestehenden Anschauungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1988, Zl. 88/18/0054). Schließlich läßt sich für den Standpunkt der Beschwerdeführer auch nichts gewinnen, wenn - wie die Beschwerdeführer behaupten - "andere Tierärzte zu einem vergleichbaren Verhalten" nicht belangt worden seien, weil daraus für die Beschwerdeführer kein subjektives Recht erwachsen wäre.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. März 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998110249.X00Im RIS seit
02.04.2001