Entscheidungsdatum
19.03.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W111 2194459-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. DAJANI, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. ungeklärt alias Russische Föderation, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.03.2018, Zl. 1090438206-151511448, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben
und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte infolge illegaler Einreise am 08.10.2015 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem er am gleichen Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde. Dabei gab er im Wesentlichen zu Protokoll, er sei ein volljähriger Staatsangehöriger der Russischen Föderation, welcher der kurdischen Volksgruppe angehöre und ohne Religionsbekenntnis sei. Er habe keine Ausbildung absolviert, sei Analphabet und hätte zuletzt als Verkäufer gearbeitet. Seine Eltern hielten sich unverändert in XXXX in der Russischen Föderation auf, wo auch der Beschwerdeführer wohnhaft gewesen wäre. Der Sohn eines Onkels halte sich in Europa auf. Der Beschwerdeführer, welcher noch nie ein Reisedokument besessen hätte, sei nach Österreich gereist, da er als Verkäufer auf einem Bazar tätig gewesen und in dieser Eigenschaft wiederholt von Polizei und Mafia geschlagen worden wäre, da er keine Papiere besessen hätte. Der Beschwerdeführer habe dort nicht normal arbeiten können, man habe ihn nicht in Ruhe lassen und er hätte immer Geld zahlen müssen. Sie würden ihn dort nicht mögen, da er Kurde sei.
Nach Zulassung seines Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 22.03.2018 im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Kurdisch niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Dabei gab er zusammengefasst zu Protokoll (im Detail vgl. Verwaltungsakt, Seiten 77 ff), er sei in XXXX geboren worden, später seien sie in das Dorf XXXX gezogen. Der Beschwerdeführer sei gesund und habe bislang wahrheitsgemäße Angaben erstattet. In Österreich würden eine Tante und ein Onkel des Beschwerdeführers leben, welchen beiden der Asylstatus zukomme. Im Heimatland habe er alleine gelebt; seine Eltern hätten ihn im Alter von acht oder neun Jahren zu einem Onkel gegeben; wo sich seine Eltern aktuell aufhielten, sei dem Beschwerdeführer nicht bekannt. Der Beschwerdeführer habe keine Angehörigen mehr in der Russischen Föderation. Der Beschwerdeführer habe nie eine Schule besucht und habe sich nie außerhalb von Russland aufgehalten, wo er als Verkäufer auf einem Bazar gearbeitet hätte. Er habe schon lange daran gedacht, die Russische Föderation zu verlassen, einen konkreten Auslöser für seinen Ausreiseentschluss im Oktober 2015 hätte es nicht gegeben. Er habe seinen Herkunftsstaat deshalb verlassen, da ihm die Behörden keine Dokumente, etwa einen Reisepass, gegeben hätten. Auch sei er desöfteren rassistisch beschimpft worden, da er ein dunkler Typ wäre. Weitere Gründe gebe es nicht. Weshalb ihm die Behörde keinen Reisepass ausgestellt hätte, sei dem Beschwerdeführer nicht bekannt. Bezüglich der Ausstellung eines Reisedokuments hätte er sich lediglich an die Behörde in XXXX gewandt. Bei polizeilichen Kontrollen hätte er desöfteren Geldstrafen zahlen müssen, da er keinen Reisepass hätte vorweisen können. Sein Onkel und seine Tante hätten das gleiche Problem gehabt, als sie noch in Russland gewesen wären. Die Bevölkerung in seinem Heimatdorf habe sich mehrheitlich aus Kurden, sowie aus Russen, Georgiern, Armeniern und Tschetschenen zusammengesetzt. Ihm sei nicht bekannt, dass die anderen Kurden in seinem Heimatort Dokumente besitzen würden. Zudem hätte die russische Mafia alle Personen, welche auf dem Bazar gearbeitet hätten, zur Zahlung von Geld genötigt. In Österreich lerne der Beschwerdeführer Deutsch und ginge einer gemeinnützigen Tätigkeit nach. Der Beschwerdeführer sei in der Russischen Föderation nie einer gezielten Verfolgung ausgesetzt gewesen, er hätte sich lediglich wegen des Reisepasses und der allgemeinen Lage unsicher gefühlt.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22.03.2018 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und den Antrag gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.) und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte im Wesentlichen fest, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger der Russischen Föderation sowie Angehöriger der kurdischen Volksgruppe sei und sich zum muslimischen Glauben bekenne. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre; es habe kein zeitlicher Zusammenhang zwischen seinem fluchtrelevanten Vorbringen und seiner Ausreise festgestellt werden können. Weiters habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer im gesamten Gebiet der Russischen Föderation von Privatpersonen verfolgt werden würde oder Probleme aufgrund seiner Nationalität, Volksgruppenzugehörigkeit, Religionszugehörigkeit, seiner politischen Gesinnung oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe gehabt hätte. Der Beschwerdeführer sei ein erwachsener, arbeitsfähiger Mann, spreche Russisch auf muttersprachlichem Niveau und hätte einen Großteil seines Lebens in der Russischen Föderation verbracht. Es werde davon ausgegangen, dass sich die Mutter des Beschwerdeführers unverändert in der Russischen Föderation aufhalte und der Beschwerdeführer mit selbiger in Kontrakt stünde, da diese dessen Reise ins Bundesgebiet organisiert hätte. Es habe nicht festgestellt werden können, dass ihm die Lebensgrundlage im Heimatland gänzlich entzogen oder er von einer existenzbedrohenden Notlage bedroht wäre. Der Beschwerdeführer verfüge über keine schützenswerten familiären oder privaten Bindungen im Bundesgebiet.
Die Behörde legte ihrer Entscheidung einen Ländervorhalt zur Lage in der Russischen Föderation zugrunde und führte beweiswürdigend im Wesentlichen aus, dass aufgrund der Sprachkenntnis sowie "äußerer genetischer Merkmale" kein Zweifel an der russischen Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers bestünde. Die Feststellungen zu Herkunftsregion, Volksgruppenzugehörigkeit, Sprachkenntnissen, Schulbildung und Berufserfahrung des Beschwerdeführers würden auf dessen gleichbleibenden Angaben basieren. Der Beschwerdeführer habe ausdrücklich angegeben, in seinem Herkunftsstaat weder aufgrund seiner politischen Gesinnung, noch aufgrund seiner Rasse, Religionszugehörigkeit oder Nationalität verfolgt worden zu sein. Dem Beschwerdeführer wäre es zumutbar gewesen, sich bezüglich der Reisepassausstellung an eine andere Behörde als jene in XXXX zu wenden. Der Beschwerdeführer hätte geschildert, ab seinem 14. oder 15. Lebensjahr einmal monatlich von der Polizei aufgesucht und zur Ausweisleistung bzw. zu Geldzahlungen wegen fehlender Dokumente aufgefordert worden zu sein. Der Beschwerdeführer hätte jedoch nicht ausgeführt, dass dieses Prozedere bis zu seiner im Alter von 20 Jahren erfolgten Einreise in das Bundesgebiet eine Steigerung erfahren hätte und erscheine demnach nicht erklärbar, weshalb der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat nicht bereits früher verlassen hätte, sollte sich die Situation für ihn tatsächlich als unerträglich erwiesen haben. Einen konkreten Auslöser für seinen Ausreiseentschluss habe er nicht benannt. Die Angabe des Beschwerdeführers, wonach in seinem Heimatort mehrheitlich Kurden gelebt hätten und diese alle von der gleichen Problemlage betroffen gewesen wären, erweise sich als nicht plausibel. Desweiteren erscheine es nicht glaubhaft, dass es dem Beschwerdeführer möglich gewesen wäre, im Vorfeld seiner Ausreise die Eigentumswohnung eines Freundes sowie seine Landwirtschaft zu verkaufen, ohne im Besitz von Dokumenten zu sein. Auch in Bezug auf die familiären Bindungen des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation sei es zu Widersprüchen gekommen, zumal dieser anlässlich der Erstbefragung noch davon gesprochen habe, dass sich seine Mutter im Herkunftsstaat aufhielte und seine Ausreise organisiert hätte, später jedoch ausgesagt hätte, seit seinem achten Lebensjahr keinen Kontakt mehr zu seiner Mutter gehabt und auch sonst keine Angehörigen in der Russischen Föderation zu haben. Überdies erweise sich auch die nicht vorhandene Schulbildung sowie die angebliche berufliche Tätigkeit als Lebensmittelverkäufer auf einem Bazar als nicht glaubhaft.
Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seine Heimat tatsächlich aufgrund der allgemeinen und wirtschaftlichen Lage, nicht jedoch aufgrund der von ihm angegebenen Vorkommnisse, verlassen hätte. Der Beschwerdeführer hätte keine Rückkehrhindernisse aufgezeigt und besäße im Übrigen die Möglichkeit, sich in einem anderen Teil seines Herkunftsstaates niederzulassen. Der Beschwerdeführer werde weiterhin in der Lage sein, seinen Lebensunterhalt eigenständig zu bestreiten. Der Beschwerdeführer weise keine engen familiären Bindungen und keine maßgebliche Integrationsverfestigung im Bundesgebiet auf und habe sich der Unsicherheit seines Aufenthaltsstatus stets bewusst sein müssen.
3. Gegen den angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet sich die fristgerecht am 18.04.2018 unter gleichzeitiger Bekanntgabe des im Spruch ersichtlichen Vollmachtsverhältnisses eingebrachte Beschwerde, in welcher Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht wurden. Begründend wurde zunächst eine fehlende Wahrung des Unmittelbarkeitsprinzips gemäß § 19 AsylG moniert, da der Beschwerdeführer vor der RD Vorarlberg einvernommen, der Bescheid jedoch durch die RD Salzburg erlassen worden wäre. Im Zuge seiner Einvernahme vom 22.03.2018 sei es zu einigen näher dargestellten Missverständnissen gekommen. Der belangten Behörde sei bekannt, dass sich der Onkel und die Tante des Beschwerdeführers in Österreich aufhielten und zu dessen zentralem Fluchtgrund, nämlich dem fehlenden Reisepass und den damit einhergehenden Problemen mit russischen Behörden, Angaben hätten tätigen können. Seine Tante hätte ihn sogar zur Einvernahme vor dem Bundesamt begleitet. Aufgrund dieses schwerwiegenden Verfahrensmangels werde eine Einvernahme des Onkels und der Tante des Beschwerdeführers als Zeugen beantragt. Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer Staatsbürger der Russischen Föderation wäre, erweise sich als unrichtig und nicht nachvollziehbar. Der Beschwerdeführer hätte angegeben, in XXXX geboren worden zu sein, jedoch nie die Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation erlangt zu haben, zumal auch seine Eltern keine russischen Staatsbürger gewesen wären. So sei auch im Hinblick auf seinen Onkel und seine Tante festgestellt worden, dass diese staatenlos wären. Auf welchem Weg der Beschwerdeführer die russische Staatsbürgerschaft erhalten hätte sollen, sei von der Behörde nicht begründet worden. Aufgrund seines dunklen Aussehens und mangels Reisepasses werde der Beschwerdeführer bei jeder Polizeikontrolle einer Gefährdung durch die russische Polizei ausgesetzt sein. Weiters werde ihm die russische Polizei nicht zur Seite stehen, wenn er wieder Opfer mafiöser Krimineller werde, welche von ihm Schutzgeld erpressen. Der Beschwerdeführer habe alle seine Güter verkauft, seine Wohnmöglichkeit aufgegeben und dieses Geld für die Flucht zu seinen Verwandten verbraucht. Ohne Reisepass, ohne Arbeit und ohne Unterkunft würde er in eine existenzbedrohende Lage geraten, zumal er aufgrund seines Äußeren keine Hilfe erlangen würde. Die seitens der Behörde beweiswürdigend angeführten Argumente seien jeweils einer Erklärung zugänglich. Der Beschwerdeführer werfe der russischen Polizei vor, rassistisch zu handeln, was in den Länderberichten Bestätigung fände; die Rechtsstaatlichkeit sei besonders gegenüber Personen, die des Terrorismus verdächtigt werden, mangelhaft. Besonders würden Personen fremdländischen Aussehens Opfer von Misshandlungen durch die Polizei und Untersuchungsbehörden werden. Auch Korruption sei in Russland weit verbreitet. Um von der Bewegungsfreiheit in der Russischen Föderation Gebrauch zu machen, sei eine Registrierung nötig, welche ohne Dokumente nicht möglich wäre. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die Behörde zum Ergebnis gelangen müssen, dass der Beschwerdeführer in Russland als Moslem und Kurde mit einem dunklen kaukasischen Aussehen ohne Reisedokument Gefahr laufe, in asylrelevanter Weise verfolgt zu werden.
4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 07.05.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
5. Mit 31.1.2019 langte ein Schreiben beim Bundesverwaltungsgericht ein (Email vom 31.1.2019 des BFA, RD Vorarlberg), aus dem sich Hinweise auf eine armenische Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers ergeben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u.a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z. 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z. 3).
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 1 VwGVG trat dieses Bundesgesetz mit 1. Jänner 2014 in Kraft. Gemäß Abs. 2 leg. cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchpunkt A:
1.2. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2.
Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013)
§ 28 VwGVG Anm. 11).
§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für
eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.
Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu der vergleichbaren Bestimmung des § 66 Abs. 2 AVG ergibt sich, dass nur Mängel der Sachverhaltsfeststellung d.h. im Tatsachenbereich zur Behebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit berechtigen (vgl. VwGH 19.01.2009, 2008/07/0168; VwGH 23.5.1985, 84/08/0085).
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit den Erkenntnissen vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315 und Zl. 2000/20/0084, grundsätzliche Ausführungen zur Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG im Asylverfahren im Allgemeinen und durch den Unabhängigen Bundesasylsenat im Besonderen getätigt. Dabei hat er im letztgenannten insbesondere Folgendes ausgeführt:
"Bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte muss nämlich auch berücksichtigt werden, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Zur Sicherung seiner Qualität hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zur belangten Behörde und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt (vgl. bereits das Erkenntnis vom 16. April 2002, Zl. 99/20/0430). Die der belangten Behörde in dieser Funktion schon nach der Verfassung zukommende Rolle einer obersten Berufungsbehörde (Art. 129c Abs. 1 B-VG) wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem eininstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen. Diese über die Unvollständigkeit der Einvernahme hinaus gehenden Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens sprechen auch bei Bedachtnahme auf die mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens unter dem Gesichtspunkt, dass eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst bei der ‚obersten Berufungsbehörde' beginnen und zugleich - abgesehen von der im Sachverhalt beschränkten Kontrolle der letztinstanzlichen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof - bei derselben Behörde enden soll, für die mit der Amtsbeschwerde bekämpfte Entscheidung."
Es besteht kein Grund zur Annahme, dass sich die dargestellte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf die neue Rechtslage übertragen ließe. Es liegt weiterhin nicht im Sinne des Gesetzes, wenn das Bundesverwaltungsgericht erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und beurteilt, sodass es seine umfassende Kontrollbefugnis nicht wahrnehmen kann. Eine ernsthafte Prüfung des Antrages soll nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und zugleich enden.
1.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und folgende für die Auslegung des § 28 VwGVG maßgeblichen Gesichtspunkte aufgezeigt:
Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, auch dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt. Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist. Angesichts des in §?28?VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlange das im §?28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck finde, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werde. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen würde daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt habe. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte für die Annahme bestünden, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).
Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Rechtsprechung eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit (aktuellen) Länderberichten verlangt (VwGH 26.11.2003, 2003/20/0389).
Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof, in nunmehr ständiger Rechtsprechung, ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (vgl. VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 mwN, 14.421/1996, 15.743/2000).
2. Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
2.1. Die von der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geforderte ganzheitliche Würdigung bzw. die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens ist im gegenständlichen Fall unterblieben und ist die belangte Behörde nach dem Dafürhalten des Bundesverwaltungsgerichts ihrer Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Im vorliegenden Fall sind die seitens der Höchstgerichte gestellten Anforderungen an ein rechtsstaatliches Asylverfahren missachtet worden, dies aus folgenden Erwägungen:
Zunächst ist festzuhalten, dass dem angefochtenen Bescheid keine hinreichenden Feststellungen zur Frage der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers zu entnehmen sind.
Der Beschwerdeführer brachte im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vor, ein in der Russischen Föderation geborener Angehöriger der kurdischen Volksgruppe zu sein und begründete seine Ausreise im Wesentlichen damit, dass die russischen Behörden ihm die Ausstellung von Dokumenten verweigert hätten, weshalb er sich im Zuge gehäuft stattgefundener polizeilicher Kontrollen nicht habe ausweisen können und aus diesem Grund wiederholt zur Zahlung von Geldstrafen verpflichtet worden wäre.
Der Beschwerdeführer hat weiters vorgebracht, dass er in der Russischen Föderation ab dem Alter von etwa acht oder neun Jahren bei seinem Onkel und seiner Tante gelebt hätte, welche sich zum Zeitpunkt seiner Antragstellung bereits seit fünf bis sechs Jahren in Österreich aufgehalten hätten und denen hier der Asylstatus zukäme (AS 81); der Beschwerdeführer hat in seiner Einvernahme ausgesagt, dass sein Onkel und seine Tante während ihrer Zeit in Russland gleichgelagerte Probleme hinsichtlich einer ihnen verweigerten Ausstellung von Dokumenten gehabt hätten (AS 89).
Die Behörde hat jedoch in der Folge keinerlei Ermittlungen zu diesem Punkt durchgeführt, sondern das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach seine Angehörigen gleichgelagerte Probleme gehabt und einen internationalen Schutzstatus in Österreich innehätten, im Rahmen der Beurteilung des Falles vollkommen ausgeklammert. Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer weder konkret nach seiner Staatsbürgerschaft, noch nach den Personalien seiner angeblich in Österreich schutzberechtigten Angehörigen gefragt. Anzumerken ist, dass seine Tante laut Akteninhalt bei der am 22.03.2018 durchgeführten Einvernahme als Vertrauensperson zugegen gewesen ist (AS 83), weshalb es für die Behörde ein Leichtes gewesen wäre, die familiären Verhältnisse sowie die Staatsangehörigkeit, den Aufenthaltsstatus und die Gründe einer allfälligen Schutzgewährung an die in Österreich aufhältigen Angehörigen bereits anlässlich der Einvernahme zumindest grundlegend abzuklären.
Wenn auch nicht verkannt wird, dass sich das Vorbringen des Beschwerdeführers in Teilen (insbesondere was den Kontakt zu seiner Mutter im Vorfeld seiner Ausreise betrifft) als widersprüchlich dargestellt hat und sich zudem dessen Angaben hinsichtlich eines konkret fluchtauslösenden Vorfalles als überaus vage erwiesen haben, so wäre die Behörde auf Basis der dargestellten Umstände nichtsdestotrotz verpflichtet gewesen, zunächst gehörige Ermittlungen dahingehend zu tätigen, ob es sich beim Beschwerdeführer tatsächlich um einen Staatsangehörigen der Russischen Föderation handelt, da es sich gerade bei der Feststellung der Staatsangehörigkeit bzw. des Herkunftsstaates zweifellos um eine zentrale Frage im Asylverfahren handelt (vgl etwa VwGH E 16.04.2009, 2008/19/0706; 20.02.2009, 2007/19/0535), welche grundsätzlich vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu tätigen ist, da ansonsten im Fall der Klärung des Herkunftsstaates durch das Bundesverwaltungsgericht das gesamte sich an die Feststellung knüpfende Ermittlungsverfahren zum Herkunftsstaat vor das Bundesverwaltungsgericht verlagert wäre.
Im vorliegenden Fall sind wie oben dargelegt (bereits vor dem Hintergrund der ihm behauptetermaßen verweigerten Ausstellung von Dokumenten durch die Russische Föderation) jedenfalls Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer nicht zwangsläufig russischer Staatsangehöriger ist. Weiters hat der Beschwerdeführer vorgebracht, dass seine Tante und sein Onkel in der Russischen Föderation von gleichgelagerten Problemen betroffen gewesen wären und in Österreich einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen hätten. Trotz dahingehender Hinweise ist die belangte Behörde jedoch ohne weitere Ermittlungen zu diesen Aspekten von einer russischen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers und dem Nichtvorliegen eines Schutzgrundes ausgegangen und hat es entgegen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht in der Folge unterlassen, die für das Verfahren wesentliche Frage der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers zu prüfen und sich in der Begründung des am Tag der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers ausgefertigten Bescheids auf die Aussage beschränkt, dass "aufgrund der Sprachkenntnisse sowie äußerer genetischer Merkmale" keine Zweifel am Bestehen einer russischen Staatsbürgerschaft vorliegen würden (AS 210). Bekannterweise war (und teilweise ist) die russische Sprache in vielen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion als Kommunikationssprache allgegenwärtig bzw. handelt es sich bei der russischen Föderation um einen "Vielvölkerstaat" mit einer großen Anzahl unterschiedlicher Ethnien. Wie das Bundesasylamt angesichts dieser allgemein bekannten Fakten zu den oben erwähnten Schlußfolgerungen kommen konnte, bleibt daher zumindest fraglich.
Das Bundesverwaltungsgericht hat auf Basis der in der Beschwerde bekanntgegebenen Personalien des Onkels und der Tante des Beschwerdeführers Einsicht in das Informationsverbundsystem - Zentrales Fremdenregister genommen, wobei ersichtlich geworden ist, dass die beiden genannten Angehörigen des Beschwerdeführers als in Aserbaidschan geboren und "staatenlos" aufscheinen. Beiden kommt der Status von subsidiär Schutzberechtigten im Bundesgebiet zu. Demgemäß kann auch im Fall des Beschwerdeführers nicht ausgeschlossen werden, dass auch er nicht russischer Staatsbürger ist, was durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Vorfeld der Bescheiderlassung jedenfalls hätte abgeklärt werden müssen. (Auf den Inhalt des am 31.1.2019 eingelangten Schreibens des BFA sei an dieser Stelle ergänzend ebenfalls hingewiesen.)
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird demnach im fortgesetzten Verfahren zunächst die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers zu klären und Einsichtnahme in die Verwaltungsakten seiner in Österreich schutzberechtigten Angehörigen nehmen zu haben, um das Vorbringen in Hinblick auf den tatsächlichen Sachverhalt abzuklären.
Sollte aufgrund der Ermittlungsergebnisse betreffend die Staatsbürgerschaft im fortgesetzten Verfahren eine Rückkehrmöglichkeit in die Russische Föderation zu prüfen sein, ist festzuhalten, dass der angefochtene Bescheid auch insofern gravierende Ermittlungslücken aufweiset, als sich die Behörde in keiner Weise mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers - welcher sich auf fortlaufende Probleme mit der russischen Polizei berufen hat - hinsichtlich einer behördlichen Diskriminierung aus rassistischen Gründen respektive aus Gründen seiner kurdischen Volksgruppenzugehörigkeit in der Russischen Föderation auseinandergesetzt hat, zumal der angefochtene Bescheid keinerlei Länderfeststellungen zur Situation von Kurden in der Russischen Föderation enthält, welche eine objektive Basis für die Beurteilung der Rückkehrsituation des Beschwerdeführers darstellen würde. Länderfeststellungen sind in Asylverfahren allerdings eine zentrale Beweisquelle, da nur unter Berücksichtigung der Lage im Herkunftsstaat überprüft werden kann, inwieweit das Vorbringen eines Asylwerbers glaubhaft ist bzw. inwieweit eine Schutzfähigkeit des Staates vorliegt.
Insofern bedarf es jedenfalls detaillierter Erhebungen der die Person des Beschwerdeführers treffenden Sachlage, um zu einer haltbaren Beweiswürdigung hinsichtlich der Glaubwürdigkeit und zu einer tragbaren Entscheidung überhaupt im Verfahren gelangen zu können.
2.2. Die belangte Behörde hat unter Verstoß gegen den Grundsatz der Offizialmaxime, der sie zur amtswegigen Erhebung des gesamten wahren Sachverhaltes verpflichtet, keine umfassenden Ermittlungen getätigt und daraus resultierend auch keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Die aufgezeigte Mangelhaftigkeit ist wesentlich, weil vorweg nicht ausgeschlossen werden kann, dass deren Vermeidung für den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Antragstellung auf internationalen Schutz zu einem gänzlich anderen Ergebnis hätte führen können.
Damit hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bloß ansatzweise ermittelt.
Von einer ganzheitlichen Würdigung des individuellen Parteivorbringens kann im vorliegenden Fall somit nicht gesprochen werden und sind die im angefochtenen Bescheid beweiswürdigend angeführten Argumente im zu beurteilenden Fall keinesfalls zur Begründung einer negativen Entscheidung geeignet.
Unter diesen Gesichtspunkten leidet der angefochtene Bescheid unter erheblichen Ermittlungsmängeln in Bezug auf die Frage der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, sowie zur Situation von Angehörigen der kurdischen Volksgruppe in der Russischen Föderation und erweist sich für das Bundesverwaltungsgericht der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung einer allfälligen Gefährdung des Beschwerdeführers in Hinblick auf die Aspekte der Gewährung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten wie oben dargelegt als so mangelhaft, dass weitere Ermittlungen diesbezüglich unerlässlich erscheinen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird sich daher im fortgesetzten Verfahren, infolge konkreter Feststellung der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, auch unter Berücksichtigung der im Beschwerdeschriftsatz getätigten Ausführungen, in umfassender Weise auseinanderzusetzen zu haben.
2.3. Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 66 Abs. 2 AVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen, vor allem unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Spezialbehörde im Rahmen der Staatendokumentation gemäß § 5 BFA-Einrichtungsgesetz für die Sammlung relevanter Tatsachen zur Situation in den betreffenden Staaten samt den Quellen zuständig ist.
Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.
Im vorliegenden Fall konnte die Verhandlung im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war.
Da der maßgebliche Sachverhalt noch nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen.
Zu Spruchpunkt B:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. VwGH 26.?6.?2014, 2014/03/0063). Durch das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung auch nicht uneinheitlich beantwortet. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Behebung und Zurückverweisung eines angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG wegen Ermittlungsmängel folgt konzeptionell im Wesentlichen der Bestimmung des § 66 Abs. Abs. 2 AVG (bzw. des § 41 Abs. 3 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012). Die zu diesen Bestimmungen ergangene Judikatur ist ausführlich und auf den hier in Betracht kommenden § 28 Abs. 3 2. Satz VwGG infolge seiner konzeptionellen Ausgestaltung anwendbar (vergl. z.B. 17. 10. 2006, 2005/20/0459 und grundsätzlich zur Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG in Asylverfahren VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315, 2000/20/0084 und insbesondere VwGH vom 21. 6. 2010, 2008/19/0379, wo der VwGH ausdrücklich einen Vergleich zwischen den beiden Normen § 66 Abs. 2 AVG und § 41 Abs. 3 ASylG 2005 zieht).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W111.2194459.1.00Zuletzt aktualisiert am
07.05.2019