Entscheidungsdatum
19.03.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W220 1412007-2/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela UNTERER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, vertreten durch Dr. XXXX , XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.02.2017, Zl. 800132106-150993827, zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Das Kostenbegehren des Beschwerdeführers wird gemäß § 17 VwGVG iVm. § 74 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, reiste unrechtmäßig und schlepperunterstützt in Österreich ein und stellte am 13.02.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer wurde am 19.02.2010 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen.
1.2. Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 22.02.2010, Zl. 10 01.321-BAT, den Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG ab und wies den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG nach Indien aus.
1.3. Die dagegen erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 22.03.2010, Zl. C11 412.007-1, als unbegründet ab.
2.1. Am 03.08.2015 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" gem. § 56 Abs. 1 AsylG.
2.2. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 10.12.2015 informierte die belangte Behörde den Beschwerdeführer darüber, dass er einen Antrag gem. § 56 Abs. 1 AsylG gestellt habe und er nach dem derzeitigen Ermittlungsstand die Voraussetzungen nicht erfülle.
2.3. Am 29.12.2015 langte eine Stellungnahme samt Urkundenvorlage ein.
2.4. Mit Verfahrensanordnung vom 11.01.2016 wurde der Beschwerdeführer über die Notwendigkeit der Vorlage von Urkunden gem. § 8 Abs. 1 AsylG-DV in Kenntnis gesetzt.
Am 27.01.2016 legte der Beschwerdeführer seine Geburtsurkunde im Original vor.
Im Weiteren brachte er ein u.a. Schreiben der indischen Botschaft in Wien vom 25.02.2016 bei, wonach er am 25.02.2016 die Botschaft in Zusammenhang mit Konsulatstätigkeiten (Reisepass Anfrage) besucht habe.
2.5. Am 26.08.2016 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag gem. § 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV.
3.1. Mit Schriftsatz vom 07.12.2016, eingelangt am 13.12.2016, zog der Beschwerdeführer den Antrag gem. § 56 Abs. 1 AsylG zurück und stellte unter einem den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 55 Abs. 1 Z 1 und 2 AsylG.
3.2. Der Beschwerdeführer wurde am 14.12.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen.
3.3. Mit Bescheid des BFA vom 25.02.2017, Zl. 800132106-150993827, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 55 Abs. 1 AsylG gem. § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Gem. § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 3 FPG erlassen und gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Indien zulässig ist (Spruchpunkt II.). Gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III.). Der Antrag auf Heilung eines Mangels nach § 8 Abs. 1 Z 1 und 2 AsylG-DV wurde gem. § 4 Abs. 1 Z 2 und 3 leg.cit. abgewiesen (Spruchpunkt IV.).
Zur allgemeinen Lage in Indien traf das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nachstehende Feststellungen:
"1. Politische Lage
Indien ist mit über 1,2 Milliarden Menschen der bevölkerungsreichste demokratische Staat der Welt (CIA Factbook 28.10.2015; vgl. AA 24.4.2015). Mit seinen vielen Sprachen ist Indien besonders vielfältig, was sich auch in seinem föderalen politischen System reflektiert, in welchem die Macht von der Zentralregierung und den Bundesstaaten geteilt wird (BBC 28.10.2015). Indien hat seit dem 2.6.2014 29 Bundesstaaten und sieben Unionsstaaten (CIA Factbook 28.10.2015; vgl. AA 10.2015a). Es ist laut Verfassung eine säkulare, demokratische und föderale Republik. Die Hauptstadt New Delhi hat einen besonderen Rechtsstatus. Die Zentralregierung hat deutlich größere Kompetenzen als die Regierungen der Bundesstaaten und kann im Fall interner Probleme einen Bundesstaat für einen begrenzten Zeitraum unter direkte zentralstaatliche Verwaltung stellen (AA 10.2015a).
Indien hat nach der Unabhängigkeit von Großbritannien (1947) den Grundsatz der Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative durchgesetzt. Die Entscheidungen der staatlichen Verwaltung (Bürokratie, Militär, Polizei) unterliegen überdies der Kontrolle durch die freie Presse des Landes, die nicht nur in den landesweiten Amtssprachen Hindi und Englisch, sondern auch in vielen der Regionalsprachen publiziert wird. Indien hat zudem eine lebendige Zivilgesellschaft, die mit vielfältigen Initiativen an der Gestaltung der Politik mitwirkt (AA 10.2015a). Seit Juli 2012 ist Präsident Pranab Kumar Mukherjee indisches Staatsoberhaupt (AA 10.2015a). Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von einem Wahlausschuss gewählt, während der Premierminister Leiter der Regierung ist (USDOS 25.6.2015). Das Amt bringt vor allem repräsentative Aufgaben mit sich, im Krisenfall verfügt der Präsident aber über weitreichende Befugnisse (AA 10.2015a). Das wichtigste Amt innerhalb der Exekutive bekleidet aber der Premierminister, der seit 26.5.2014 Narendra Modi heißt (GIZ 11.2015).
Im Einklang mit der Verfassung haben die Bundesstaaten und Unionsterritorien ein hohes Maß an Autonomie und tragen die Hauptverantwortung für Recht und Ordnung (USDOS 25.6.2015). Die Legislative besteht aus einer Volkskammer (Lok Sabha) und einer Staatenkammer (Rajya Sabha). Darüber hinaus gibt es Parlamente auf Bundesstaatsebene. Das oberste Gericht in New Delhi steht an der Spitze der Judikative (GIZ 11.2015; vgl. AA 24.4.2015).
Die Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung entspricht britischem Muster. In Indien gibt es eine verfassungsmäßig garantierte, unabhängige Gerichtsbarkeit mit dreistufigem Instanzenzug (AA 24.4.2015).
In den letzten Jahrzehnten erlebte Indien einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung, der zur Bildung einer neuen Mittelschicht führte. Doch das uralte Kastensystem Indiens, eine marode Infrastruktur auf dem Land, die starke Umweltverschmutzung und religiöse Konflikte zwischen Hindus und Muslimen stellen das Land weiterhin vor große Probleme (FAZ 16.5.2014). Die seit 2014 im Amt befindliche neue Regierung will nicht nur den marktwirtschaftlichen Kurs fortsetzen, sondern ihn noch intensivieren, indem bürokratische Hemmnisse beseitigt und der Protektionismus verringert werden soll. Ausländische Investoren sollen verstärkt aktiv werden (GIZ 8.2015).
Wahlen 2014:
Die letzten landesweiten Wahlen fanden im April/Mai 2014 statt (AA 24.4.2015). Am 7.4.2014 begann die Wahl zur 16. Lok Sabha, dem indischen Unterhaus (GIZ 11.2015). 814 Millionen Wählerinnen und Wähler waren aufgerufen, an mehr als 930.000 Wahlurnen und 1,5 Millionen elektronischen Wahlmaschinen ihre Stimmen abzugeben (Eurasisches Magazin 24.5.2014), darunter etwa 120 Millionen Erstwähler (GIZ 11.2015).
Bei der Wahl standen sich drei große Parteienbündnisse gegenüber:
Die United Progressive Alliance (UPA) unter Führung der Kongresspartei, die National Democratic Alliance (NDA) unter Führung der BJP und die so genannte Dritte Front, die aus elf Regional- und Linksparteien besteht. Mit besonderem Interesse wurde das Abschneiden der aus einem Teil der India-Against-Corruption-Bewegung hervorgegangenen Aam Aadmi Party (AAP) begleitet. Der AAP gelang es 2013 bei der Wahl in Delhi 28 von 70 Sitzen zu erringen. Das Ergebnis 2014: Landesweit errang die AAP nur vier Sitze (GIZ 11.2015; vgl. FAZ 16.5.2014).
Seit dem 16.5.2014 steht der Wahlsieger offiziell fest: Narendra Modi von der Oppositionspartei Bharatiya Janata Party (BJP), die sich mit 282 von 543 Mandaten eine absolute Mehrheit sichern konnte. Hohe Verluste hingegen für die seit 2004 regierende Kongress-geführte Koalition unter Manmohan Singh. Sonia Gandhi und Sohn Rahul rücken nun auf die Oppositionsbank (Eurasisches Magazin 24.5.2014; vgl. FAZ 16.5.2014, GIZ 11.2015). Neuer Regierungschef ist der bisherige Chief Minister des Bundesstaates Gujarat, Narendra Modi. Damit erhält auch die Angst vor einem Aufflammen des Kommunalismus neue Nahrung (GIZ 11.2015).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (24.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien
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AA - Auswärtiges Amt (10.2015a): Indien, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_AC539C62A8F3AE6159C84F7909652AC5/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.11.2015
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BBC - British Broadcasting Corporation (28.10.2015): India country profile - Overview,
http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 9.11.2015
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CIA - Central Intelligence Agency(28.10.2015): The World Factbook
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India,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/in.html, Zugriff 9.11.2015
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Eurasisches Magazin (24.5.2014): Wohin geht die größte Demokratie der Erde?,
http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/Indien-nach-den-Wahlen-eine-Analyse/14017, Zugriff 9.11.2015
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FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (16.5.2014): Modi ist Mann der Stunde,
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/fruehaufsteher/wahlentscheid-in-indien-modi-ist-der-mann-der-stunde-12941572.html, Zugriff 9.11.2015
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (11.2015): Indien,
http://liportal.giz.de/indien/geschichte-staat.html, Zugriff 9.11.2015
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmBH (8.2015): Indien, Wirtschaftssystem und Wirtschaftspolitik, http://liportal.giz.de/indien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 9.11.2015
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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - India, http://www.ecoi.net/local_link/306292/443589_de.html, Zugriff 9.11.2015
2. Sicherheitslage
Indien ist reich an Spannungen entlang von Ethnien, Religionen, Kasten und auch Lebensperspektiven. Widersprüche, Gegensätze oder Konflikte entladen sich in den gesellschaftlichen Arenen und werden von der Politik aufgegriffen, verarbeitet und teilweise instrumentalisiert (GIZ 11.2015). Blutige Terroranschläge haben in den vergangenen Jahren in Indiens Millionen-Metropolen wiederholt Todesopfer gefordert (Eurasisches Magazin 24.5.2014). Die Spannungen im Nordosten des Landes gehen genauso weiter wie die Auseinandersetzung mit den Naxaliten (GIZ 11.2015). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt (AA 24.4.2015).
Indien ist mit einer Reihe von Sicherheitsproblemen konfrontiert. Es gibt landesweit mehrere linksorientierte bewaffnete Gruppen (Maoisten). Nach einem Anstieg der Aktivitäten von aufständischen Gruppen in den Jahren 2003 bis 2010 nahmen diese Aktivitäten aufgrund von internen Machtkämpfen, einer eingeschränkten Unterstützung in den Stammesgemeinden und von effektiven Operationen gegen deren Führerschaft durch die Sicherheitskräfte ab. Im Jahr 2013 haben etwa 76 der mehr als 600 Bezirke Indiens irgendeine Art maoistischer Gewalt erfahren. Aufständische Gruppen aus Pakistan haben ihre Fähigkeit gezeigt, Angriffe (über das von Indien administrierte Kaschmir,) im Zentrum von Indien, durchzuführen. Erwähnenswert sind die Angriffe im Dezember 2001 auf das indische Parlament und die Angriffe in Mumbai im Juli 2006 und November 2008. Pakistanische Gruppen dürften bei den Angriffen im Jahr 2006 indischen Terrorzellen Unterstützung geboten haben. Die Angriffe im Jahr 2008 waren aus Pakistan geplant, unterstützt und geführt. Einheimische Rebellengruppen - sowohl hinduistische als auch islamistische - waren in eine Serie terroristischer Angriffe auf indische Schlüsselstädte verwickelt. Die Sicherheitslage in den Gegenden Kaschmir, Nordosten und speziell in Assam ist labil und es kommt immer wieder zu Aufständen. Ein weiteres Sicherheitsproblem ist die kommunale Gewalt zwischen der hinduistischen Mehrheit und der muslimischen Minderheit. Darüber hinaus ist das organisierte Verbrechen in den Hauptstädten ein Problem, allerdings nicht für ausländische Firmen. Es gibt Entführungen mit Lösegeldforderungen, aber diese sind auf die lokale Bevölkerung begrenzt. Die schlechte Straßensicherheit im Land ist ein signifikantes Problem. Die größte unmittelbare externe Sicherheitsbedrohung ist Pakistan, speziell in Bezug auf den langjährigen Kaschmirdisput (IHS- Jane's Sentinel Security 1.7.2014).
Gegen militante Gruppierungen, die meist für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikalen Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor, insbesondere sobald die innere Sicherheit als gefährdet angesehen wird. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, ist die Regierung in der Regel zu Verhandlungen über ihre Forderungen bereit. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 24.4.2015). Trotz zahlreicher und zum Teil dramatischer Erfolge durch Indiens Sicherheits- und Geheimdienstbehörden, die immer wieder unter starken Ressourcenproblem zu leiden haben, ist es in der Realität so, dass der Sicherheitsapparat weiterhin leicht angreifbar ist (South Asia Terrorism Portal 30.10.2015).
Pakistan und Indien
Die Beziehungen zum gleichfalls nuklear gerüsteten Nachbarn Pakistan bleiben kompliziert. Phasen des Dialogs und Spannungen bis hin zur kriegerischen Auseinandersetzung haben einander in den Jahrzehnten seit der Unabhängigkeit abgelöst (AA 10.2015c). Größtes Hindernis für eine Verbesserung der Beziehungen ist weiterhin das Kaschmirproblem (AA 10.2015c). Seit 1947 gab es bereits drei Kriege, davon zwei aufgrund des umstrittenen Kaschmirgebiets. Friedensgespräche, die 2004 begannen, wurden trotz Spannungen wegen der Kaschmirregion und sich immer wieder ereignenden schweren Bombenaschlägen bis zu den von Islamisten durchgeführten Anschlägen in Mumbai 2008, fortgesetzt (BBC 28.10.2015). Indien wirft Pakistan vor, Infiltrationen von Terroristen auf indisches Staatsgebiet zumindest zu dulden, wenn nicht zu befördern (AA 10.2015c).
Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2011 1.073 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt, für das Jahr 2012 803, für das Jahr 2013 885, für das Jahr 2014 976 und für das Jahr 2015 (bis 25.10.2015) 608 [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (South Asia Terrorism Portal 30.10.2015).
2013 kam es zu weiteren schweren Zwischenfällen an der "Line of Control". Bei einem Treffen in New York Ende September 2013 vereinbarten die Premierminister Singh und Sharif lediglich, den Waffenstillstand künftig besser einhalten zu wollen (GIZ 11.2015). Auch in jüngster Zeit gab es immer wieder Schusswechsel zwischen Truppenteilen Indiens und Pakistans an der Grenzlinie zwischen beiden Teilen Kaschmirs und nach indischen Angaben auch vereitelte Eindringungsversuche von extremistischen Kämpfern auf indisches Territorium (AA 10.2015c).
Bei den beiderseitigen Versuchen, das bilaterale Verhältnis dauerhaft auf eine gemeinsame politische Grundlage zu stellen, konnte noch kein Durchbruch erzielt werden (AA 10.2015c). Bei seiner Amtseinführung lud Modi alle benachbarten Staatsoberhäupter - einschließlich Pakistans - ein, um sein Engagement, engere Beziehungen in der Region aufzubauen, anzuzeigen (HRW 29.1.2015).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (24.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien
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AA - Auswärtiges Amt (10.2015c): Indien - Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Aussenpolitik_node.html#doc346922bodyText3, Zugriff 9.11.2015
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BBC - British Broadcasting Corporation (28.10.2015): India profile
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Overview, http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 9.11.2015
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Eurasisches Magazin (24.5.2014): Wohin geht die größte Demokratie der Erde?,
http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/Indien-nach-den-Wahlen-eine-Analyse/14017, Zugriff 9.11.2015
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (11.2015): Indien,
http://liportal.giz.de/indien/geschichte-staat.html, Zugriff 9.11.2015
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HRW - Human Rights Watch (29.1.2015): World Report 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/295494/430526_de.html, Zugriff 9.11.2015
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IHS - Jane's Sentinel Security (1.7.2014): Jane's Sentinel Security Assessment - South Asia - executive summary, India
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South Asia Terrorism Portal (30.10.2015): India Assessment - 2014, http://www.satp.org/satporgtp/countries/india/index.html, Zugriff 9.11.2015
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South Asia Terrorism Portal (30.10.2015): Data Sheet - India Fatalities: 1994-2015,
http://www.satp.org/satporgtp/countries/india/database/indiafatalities.htm, Zugriff 9.11.2015
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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - India, http://www.ecoi.net/local_link/306292/443589_de.html, Zugriff 9.11.2015
2.1. Jammu und Kaschmir
Erhebliches Unruhepotential besteht weiterhin im Bundesstaat Jammu & Kaschmir, wo Angriffe eindringender Militanter, der ungeklärte Konflikt zwischen Indien und Pakistan um die Region, die Unzufriedenheit der mehrheitlich muslimischen kaschmirischen Bevölkerung und teils drakonische Sonderrechte indischer Sicherheitskräfte ein Klima des Misstrauens und der Angst schaffen (AA 10.2015c).
Pakistan erkennt weder den Beitritt Jammu und Kaschmirs zur indischen Union im Jahre 1947 noch die seit dem ersten Krieg im gleichen Jahr bestehende de-facto-Aufteilung der Region auf beide Staaten an. Indien hingegen vertritt den Standpunkt, dass die Zugehörigkeit Jammu und Kaschmirs zu Indien nicht zur Disposition steht (AA 10.2015c).
Es gab einige hochrangige Angriffe auf Sicherheitskräfte und einige Mitglieder der Dorfräte wurden getötet. In den letzten Jahren hat sich der nun schon zwei Jahrzehnte lang dauernde Aufstand gegen die indische Herrschaft in Kaschmir, unterstützt von Pakistan, abgeschwächt. Es scheint als ob die Aufständischen sich neu ordnen und versuchen die Militanz wiederzubeleben. In der letzten Dekade haben Delhi und Islamabad an vertrauensbildenden Maßnahmen gearbeitet, indem sie Visarestriktionen gelockert haben und den Handel, sowie einen kleinen Grenzverkehr erlaubt haben. Auch ein wöchentlicher Busservice zwischen Poonch und der pakistanischen Stadt Rawalakot wurde eingeführt (BBC 23.9.2013).
Militante Gruppen in Jammu und Kaschmir kämpfen weiterhin gegen Sicherheitskräfte, kaschmirische Einrichtungen und lokale Politiker, die sie für "Statthalter" und "Kollaborateure" der indischen Zentralregierung halten. Überläufer zur Regierungsseite und deren Familien werden besonders grausam "bestraft". Die Zahl der terroristischen Vorfälle ist jedoch tendenziell weiter rückläufig (AA 24.4.2015).
Es gibt Berichte vom Verschwindenlassen durch Sicherheitskräfte in Kaschmir, viele der Hinterbliebenen Frauen halten Kampagnen im Rahmen der APDP (Association of the Parents of Disappeared Persons) ab (BBC 11.12.2013).
Aufkeimende Hoffnungen im bilateralen Verhältnis werden immer wieder von Rückschlägen zunichte gemacht. Im August 2014 vorgesehene bilaterale Gespräche auf Staatssekretärsebene wurden von Indien abgesagt, nachdem der pakistanische Botschafter in Delhi kaschmirische Separatisten traf. Am Rande des SCO-Gipfels am 10.7.2015 in Ufa vereinbarten PM Modi und sein pakistanischer Amtskollege Sharif u.a., eine Gesprächsrunde zum Thema Terrorismus auf Ebene der Nationalen Sicherheitsberater abzuhalten. Die für den 24.8.2015 in Delhi vorgesehenen Gespräche waren zwar beiderseits bestätigt, sind aber wegen unterschiedlicher Auffassung über die Gesprächsagenda und ein geplantes Treffen des pakistanischen Sicherheitsberaters mit kaschmirischen Separatisten zwei Tage zuvor von Pakistan abgesagt worden (AA 10.2015c). Pakistanische Streitkräfte haben das Waffenstillstandsabkommen allein im August 2014 16mal verletzt. Berichten zufolge waren Aufständische jedoch nicht in der Lage, die internationale Grenze zu überschreiten (FH 28.1.2015).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (24.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien
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AA - Auswärtiges Amt (10.2015c): Indien - Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Aussenpolitik_node.html#doc346922bodyText3, Zugriff 9.11.2015
-
BBC - British Broadcasting Corporation (23.9.2013): Why the border in Kashmir is restive again,
http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-india-24156275, Zugriff 9.11.2015
-
BBC - British Broadcasting Corporation (11.12.2013): In pictures:
Kashmir's 'half-widows',
http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-india-24530201, Zugriff 9.11.2015
-
FH - Freedom House (28.1.2015): Freedom in the World 2015 - Indian Kashmir, http://www.ecoi.net/local_link/310322/448267_de.html, Zugriff 9.11.2015
2.2. Naxaliten
Bihar ist, unter mehreren Bundesstaaten in Zentral- und Ostindien, eine Hochburg für Rebellen. Der maoistische Aufstand, der im östlichen Bundestaat Westbengal in den späten 1960ern begann, hat sich in mehr als einem Drittel der mehr als 600 Bezirke Indiens ausgeweitet (BBC 3.12.2013).
Gewalttätige, sogenannte sozialrevolutionär-maoistische Gruppen ("Naxaliten") stellen derzeit die größte innenpolitische Herausforderung für die indische Regierung dar. Sie operieren in weiten Teilen des östlichen Kernindiens, vor allem im ländlichen Raum. In Chhattisgarh, Jharkhand, Bihar, Madhya Pradesh, Westbengalen, Odisha und Andhra Pradesh ist es den Naxaliten in zahlreichen Distrikten gelungen, eigene Herrschaftsstrukturen zu errichten. Die Naxaliten verfolgen eine Doppelstrategie: Auf der einen Seite stehen soziales Engagement, Arbeitsbeschaffung und die Verteidigung der Armen und Schwachen, auf der anderen Seite brutale Gewalt, Guerillaaktionen, Einschüchterung und Erpressung gegen echte und vermeintliche, auch zivile Gegner. Mordkommandos vor allem gegen Polizeieinheiten sind nicht selten (AA 24.4.2015).
In den letzten Jahren haben große Militär- und Polizeioffensiven die Rebellen zurück in ihre Hochburgen gedrängt. Dennoch kommt es häufig zu Angriffen, bei denen jährlich hunderte Menschen getötet werden (BBC 3.12.2013). Im Allgemeinen sind die Überfälle der Naxaliten von
1.415 im Jahr 2012 auf 1.129 in Jahr 2013 und die Tötungen von 415 auf 394 im gleichen Zeitraum gesunken; von den 394 landesweit registrierten Toten, waren 115 Sicherheitskräfte und 279 Zivilisten. Unter den betroffenen Bundesstaaten gab es in Jharkhand im Jahr 2013 mit 383 Vorfällen und 150 Toten die häufigsten Anschläge, eine geringere Zahl im Vergleich zu 2012. Der Bundesstatt Chhattisgarh war mit insgesamt 353 Vorfällen und 110 Tötungen im Jahr 2013 am zweit häufigsten von terroristischen Aktivitäten betroffen. Bihar, welches seit Kurzem der Zentralregierung aufgrund der Anti-Naxaliten Haltung Grund zur Sorge bereitet, war der einzige Bundesstaat, in dem die Extremismusaktivitäten zunahmen. In Bezug auf die anderen Bundesstaaten (Odisha, Maharashtra, Andhra Pradesh) die von Anschlägen linksgerichteter Extremisten betroffen waren, gab es im Jahr 2013 insgesamt weniger Vorfälle als im Vergleich zum Vorjahr (ToI 27.1.2014).
Auch der Bundesstaat Chhattisgarh ist vom bewaffneten Konflikt zwischen den Maoisten und den Sicherheitskräften gekennzeichnet. Um die Guerillabewegung einzudämmen, hat die Regierung beachtliche paramilitärische Kräfte eingesetzt (AHRC 11.1.2014).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (24.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien
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AHRC - Asian Human Rights Commission (11.1.2014): Paramilitary Still Squats in Chhattisgarh Schools, http://www.humanrights.asia/news/ahrc-news/AHRC-STM-010-2014, Zugriff 9.11.2015
-
BBC (3.12.2013) India Maoist attack kills six policemen in Bihar, http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-india-25196625, Zugriff 9.11.2015
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ToI - Times of India (27.1.2014): Naxalite violence down in 2013; Jharkhand saw most incidents,
http://timesofindia.indiatimes.com/india/Naxalite-violence-down-in-2013-Jharkhand-saw-most-incidents/articleshow/29431937.cms, Zugriff 9.11.2015
3. Rechtsschutz/Justizwesen
In Indien gibt es eine verfassungsmäßig garantierte, unabhängige Gerichtsbarkeit mit dreistufigem Instanzenzug (AA 24.4.2015). Das Gesetz garantiert ein unabhängiges Gerichtswesen, aber Korruption war im Gerichtswesen weit verbreitet (USDOS 25.6.2015).
Die Gerichte führen Strafprozesse in richterlicher Unabhängigkeit. Eine generell diskriminierende Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis lässt sich nicht feststellen, allerdings sind vor allem die unteren Instanzen nicht frei von Korruption. Der frühere Chief Justice Katju hatte mit einer Äußerung im Herbst 2014 eine öffentlich ausgetragene Kontroverse ausgelöst, als er Korruption unter den Richtern öffentlich machte und außerdem in einem Fall staatliche Einflussnahme auf eine Richterbenennung offenlegte (AA 24.4.2015).
Das Gerichtswesen war auch weiterhin überlastet und der Rückstau bei Gericht führte zu langen Verzögerungen oder der Vorenthaltung von Rechtsprechung (USDOS 25.6.2015). Im August 2013 gab der Justizminister bekannt, dass im Supreme Court drei und in den hohen Gerichten 275 Positionen zu besetzen seien. Alarmierend war auch die Zahl der offenen Position in den untergeordneten Richterschaften, mit mehr als 3.700 Positionen, die zu besetzen waren. Der Justizminister führte langwierige Verspätungen in den Gerichten auf die offenen Stellen zurück (USDOS 27.2.2014). Eine Analyse des Justizministeriums ergab mit 1.8.2014 eine Vakanz von 34% der Richter an den Obergerichten (USDOS 25.6.2015).
Sehr problematisch ist die sehr lange Verfahrensdauer. Die Regeldauer eines Strafverfahrens (von der Anklage bis zum Urteil) beträgt mehrere Jahre; in einigen Fällen dauern Verfahren bis zu zehn Jahren. Auch der Zeugenschutz ist mangelhaft. Dies führt dazu, dass Zeugen vor Gericht häufig nicht frei aussagen, da sie bestochen oder bedroht worden sind (AA 24.4.2015).
Das Gerichtswesen ist von der Exekutive getrennt. Richter zeigten einen beträchtlichen Einsatz in der Bearbeitung von "Public Interest Litigation" (Klagen im öffentlichen Interesse). Jedoch eröffneten in den letzten Jahren auch Richter Verfahren wegen ungebührlichem Verhalten vor Gericht gegen Aktivisten und Journalisten, die gegen Korruption in der Richterschaft vorgingen oder Urteile anzweifelten. In den unteren Ebenen des Gerichtswesens ist Berichten zufolge Korruption weit verbreitet. Viele Bürger haben Schwierigkeiten, Recht durch die Gerichte durchzusetzen (FH 28.1.2015). Das System hat einen starken Arbeitsrückstand und ist unterbesetzt. Dies führt häufig zu einer überlangen Untersuchungshaft für viele Verdächtige, die oft länger dauert als der eigentliche Strafrahmen wäre (FH 28.1.2015; vgl. FH 19.5.2014). Die Errichtung von verschiedenen Fast-Track-Gerichten zwecks Abarbeitung anhängiger Gerichtsfälle führte dazu, dass das Recht auf ein faires Verfahren in einigen Fällen nicht eingehalten wird (FH 19.5.2014).
In der Verfassung verankerte rechtsstaatliche Garantien (z.B. das Recht auf ein faires Verfahren, Art. 21) werden durch eine Reihe von Sicherheitsgesetzen eingeschränkt. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u.a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt. Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden (AA 24.4.2015). Die Untersuchungshaft dauert sehr lang. Außer bei von Todstrafe bedrohten Delikten soll der Haftrichter nach Ablauf der Hälfte der drohenden Höchststrafe eine Haftprüfung anordnen und eine Freilassung auf Kaution anordnen Allerdings nimmt der Betroffene mit einem solchen Antrag in Kauf, dass der Fall über lange Zeit gar nicht weiterverfolgt wird. Mittlerweile sind ca. 70% aller Gefangenen Untersuchungshäftlinge, viele wegen geringfügiger Taten, denen die Mittel für eine Kautionsstellung fehlen (AA 24.4.2015).
Das Strafgesetz sieht öffentliche Verhandlungen vor, außer in Verfahren, in denen die Aussagen Staatsgeheimnisse oder die Staatssicherheit betreffen können. Es gibt kostenfreie Rechtsberatung für bedürftige Angeklagte, aber in der Praxis ist der Zugang zu kompetenter Beratung oft begrenzt. Alle gegen einen Angeklagten vorgebrachten Beweise müssen diesem zugänglich sein und Verurteilungen veröffentlicht werden (USDOS 25.6.2015). Das Gesetz erlaubt den Angeklagten in den meisten Zivil- und Kriminalfällen den Zugang zu relevanten Regierungsbeweisen, aber die Regierung behält sich das Recht vor, Informationen zurückzuhalten und tut dies auch in Fällen, die sie für heikel erachtet. Die Angeklagten haben das Recht Zeugen zu befragen, unterprivilegierte Angeklagte genießen aufgrund des Mangels von ordentlicher Rechtsvertretung manchmal dieses Recht nicht. Das Gericht ist verpflichtet Urteile öffentlich zu verkünden und es gibt effektive Wege der Berufung auf beinahe allen Ebenen der Justiz (USDOS 25.6.2015).
Im ländlichen Indien gibt es auch informelle Ratssitzungen, deren Entscheidungen manchmal zu Gewalt gegen Personen führt, die soziale Regeln brechen - besonders Frauen und Angehörige unterer Kasten (FH 28.1.2015).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (24.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien
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FH - Freedom House (28.1.2015): Freedom in the World 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/296800/433144_de.html, Zugriff 9.11.2015
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FH - Freedom House (19.5.2014): Freedom in the World 2014 - India, http://www.refworld.org/docid/5379d1d710.html, Zugriff 9.11.2015
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USDOS - US Department of State (27.2.2014): India, Country Report on Human Rights Practices 2013 - India, http://www.ecoi.net/local_link/270728/400811_de.html, Zugriff 9.11.2015
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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - India, http://www.ecoi.net/local_link/306292/443589_de.html, Zugriff 9.11.2015
4. Sicherheitsbehörden
Die Polizei handelt aufgrund von Polizeigesetzen der einzelnen Bundesstaaten (AA 24.4.2015). Die indische Polizei (Indian Police Service) ist keine direkte Strafverfolgungs- oder Vollzugsbehörde. Sie fungiert vielmehr als Ausbildungs- und Rekrutierungsstelle für Führungsoffiziere der Polizei in den Bundesstaaten. Im Hinblick auf die föderalen Strukturen ist die Polizei dezentral in den einzelnen Bundesstaaten organisiert. Die einzelnen Einheiten sind zwar dezentral organisiert, haben jedoch angesichts eines nationalen Polizeigesetzes, zahlreichen nationalen Strafrechten und der oben beschrieben zentralen Rekrutierungsstelle für Führungskräfte eine Reihe von Gemeinsamkeiten. Allgemein ist die Polizei mit der Strafverfolgung, Verbrechensprävention und -bekämpfung sowie Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung betraut und übt gleichzeitig eine teilweise Kontrolle über die verschiedenen Geheimdienste aus (BICC 6.2015). Daneben bestehen zum Großteil dem Innenministerium unterstehende paramilitärische Einheiten (AA 24.4.2015).
Das indische Militär ist der zivilen Verwaltung unterstellt und hat in der Vergangenheit wenig Interesse an einer politischen Rolle gezeigt. Der Oberbefehl obliegt dem Präsidenten. Ihrem Selbstverständnis nach ist die Armee zwar die "Beschützerin der Nation", aber nur im militärischen Sinne (BICC 6.2015). Auch das Militär kann im Inland tätig werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit notwendig ist (AA 24.4.2015; vgl. BICC 6.2015), wie etwa beim Kampf gegen bewaffnete Aufständische, der Unterstützung der Polizei und der paramilitärischen Einheiten sowie dem Einsatz bei Naturkatastrophen (BICC 6.2015).
Ein Mangel an Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Polizei entsteht neben den strukturellen Defiziten auch durch häufige Berichte über Menschenrechtsverletzungen wie Folter und außergerichtliche Tötungen und Drohungen, die mutmaßlich durch die Polizei verübt wurden (BICC 6.2015; vgl. USDOS 25.6.2015; vgl. HRW 29.1.2015). Der Polizei werden schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, wie außergerichtliche Tötungen, Folter und Vergewaltigungen (USDOS 25.6.2015). Die Polizei bleibt weiterhin überlastet, unterbezahlt und politischem Druck ausgesetzt. Politische Forderungen, Täter möglichst schnell nach Terrorangriffen und Vergewaltigungen zu ermitteln, führt oft zu widerrechtlichen Verhaftungen (USDOS 25.6.2015).
Die Grenzspezialkräfte ("Special Frontier Force)" unterstehen dem Büro des Premierministers. Die sog. Grenzspezialkräfte sind eine Eliteeinheit, die an sensiblen Abschnitten der Grenze zu China eingesetzt werden. Auch für das Handeln der Geheimdienste, das sog. Aufklärungsbüro ("Intelligence Bureau" - Inlandsgeheimdienst) und den Forschungs- und Analyseflügel ("Research and Analysis Wing" - Auslandsgeheimdienst), bestehen gesetzliche Grundlagen. Für den Einsatz von Streitkräften - vor allem von Landstreitkräften - in Unruhegebieten und gegen Terroristen wird als Rechtsgrundlage der "Armed Forces Special Powers Act" (AFSPA) herangezogen. Der AFSPA gibt den Streitkräften weitgehende Befugnisse zum Gebrauch tödlicher Gewalt, zu Festnahmen ohne Haftbefehl und Durchsuchungen ohne Durchsuchungsbefehl. Bei ihren Aktionen genießen die Handelnden der Streitkräfte weitgehend Immunität vor Strafverfolgung. Der AFSPA kommt zur Anwendung, nachdem Regierungen der Bundesstaaten ihre Bundesstaaten oder nur Teile davon auf der Basis des "Disturbed Areas Act" zu "Unruhegebieten" erklären. Als Unruhegebiete gelten zurzeit der Bundesstaat Jammu und Kaschmir und die nordöstlichen Bundesstaaten Arunachal Pradesh, Assam, Meghalaya, Manipur, Mizoram, Nagaland und Tripura (AA 24.4.2015 vgl. USDOS 25.6.2015).
Terroristische Anschläge in den vergangenen Jahren (Dezember 2010 in Varanasi, Juli 2011
Mumbai, September 2011 New Delhi und Agra, April 2013 in Bangalore, Mai 2014 Chennai und Dezember 2014 Bangalore) und insbesondere die Anschläge in Mumbai im November 2008 haben die Regierung unter Druck gesetzt. Von den Anschlägen der letzten Jahre wurden nur wenige restlos aufgeklärt und die als Reaktion auf diese Vorfälle angekündigten Reformvorhaben zur Verbesserung der indischen Sicherheitsarchitektur wurden nicht konsequent umgesetzt. Der "Unlawful Activities (Prevention) Act" (UAPA) wurde verschärft. Die Änderungen beinhalten u.a. eine erweiterte Terrorismusdefinition und in Fällen mit Bezug zu Terrorismus die Möglichkeit zur Ausweitung der Untersuchungshaft ohne Anklage von 90 auf 180 Tage und erleichterte Regeln für den Beweis der Täterschaft eines Angeklagten (die faktisch einer Beweislastumkehr nahekommen) (AA 24.4.2015).
Es gab auch weiterhin Berichte über Vergewaltigungen von Häftlingen durch die Polizei. Manche Vergewaltigungsopfer hatten Angst, aufgrund des drohenden sozialen Stigmas und möglichen Vergeltungshandlungen, sich zu melden und das Verbrechen anzuzeigen, speziell dann, wenn der Täter ein Polizist oder ein anderer Beamter war. Die Nationale Menschenrechtskommission (NHRC) hat das Mandat Vergewaltigungsfälle in denen Polizisten involviert sind zu untersuchen. Die NHRC ist gesetzlich befugt, Informationen über Mitglieder des Militärs und den paramilitärischen Streitkräften zu verlangen, jedoch hat sie kein Mandant, um Fälle zu untersuchen in denen diese Einheiten verwickelt sind (USDOS 25.6.2015).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (24.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien
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BICC - Bonn International Centre for Conversion (6.2015):
Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien,
http://ruestungsexport.info/uploads/pdf/countries/20157/indien.pdf, Zugriff 9.11.2015
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HRW - Human Rights Watch (29.1.2015): World Report 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/295494/430526_de.html, Zugriff 9.11.2015
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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - India, http://www.ecoi.net/local_link/306292/443589_de.html, Zugriff 9.11.2015
5. Allgemeine Menschenrechtslage
Die Menschenrechtslage ist in Indien regional sehr unterschiedlich (BICC 6.2015). Wesentliche Grundrechte sind in der indischen Verfassung garantiert. Eine Reihe von Sicherheitsgesetzen schränken die rechtsstaatlichen Garantien aber ein (AA 24.4.2015). Während die Bürger- und Menschenrechte von der Regierung größtenteils respektiert werden, ist die Lage in den Regionen, wo es interne Konflikte gibt, teilweise sehr schlecht. Dies trifft insbesondere auf Jammu und Kaschmir und den Nordosten des Landes zu. Den Sicherheitskräft