Entscheidungsdatum
19.03.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W103 2112260-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX StA. Russische Föderation, vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie und Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.02.2019, Zl. 1029579905/180987815, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt IV. bis VII. des
angefochtenen Bescheides wird gemäß den §§ 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52 Abs 9, § 55 Abs 1a FPG und § 15b Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, gehört der Volksgruppe der Awaren an, ist Sunnit, reiste am 25.08.2014 illegal und schlepperunterstützt ins Bundesgebiet ein und stellte am 25.08.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Den Antrag begründete der BF in einer Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 27.08.2014 sowie in einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) am 10.02.2015 im Wesentlichen damit, dass er im Zusammenhang mit einem Autoverkauf im Herkunftsland ins Visier der Sicherheitsorgane sowie von islamistischen Extremisten geraten sei. Er habe am 28.05.2014 einen PKW zum Preis von 150.000,- Rubel an eine Person namens XXXX verkauft. Der Autokäufer sei am 30.05.2014 von der Polizei getötet worden, wobei in dem Fahrzeug, das ihm der BF verkauft habe, Sprengstoff und Waffen gefunden worden seien. Am selben Tag habe die Polizei den BF von zu Hause abgeholt und ihn in einer Polizeistation verhört. Nach etwa 24-stündiger Anhaltung und Verhör sei ihm mitgeteilt worden, dass er sich für die Summe von 300.000,- Rubel freikaufen könne. Am 31.05.2014 sei er freigelassen worden, um innerhalb einer Frist von 3 Tagen das Geld zu beschaffen. Der BF sei jedoch in die Berge geflüchtet, wo er sich etwa drei Monate versteckt gehalten habe. Dort habe er erfahren, dass er sowohl von der Polizei als auch von Wahhabiten gesucht werde. Letztere hätten in seiner Abwesenheit seine Frau bedroht, weil sie den BF verdächtigt hätten, den Autokäufer an die Polizei verraten zu haben. Der BF habe deshalb am 20.08.2014 schlepperunterstützt das Herkunftsland verlassen. Der BF sei Landwirt gewesen. Im Herkunftsland würden sich seine Frau, 4 Töchter, 3 Schwestern und 5 Brüder aufhalten.
Der BF legte in der Einvernahme am 10.02.2015 u.a. einen Befund einer psychologischen Abteilung einer Landesklinik vom 30.10.2014, wonach er an einer Anpassungsstörung (F 43.21) leide, sowie einen 2006 ausgestellten Inlandspass vor. Im Inlandspass war eine andere Wohnadresse vermerkt, als vom BF angegeben wurde. Weiters war nicht vermerkt, dass der BF - wie von ihm angegeben - seit 1982 verheiratet sei. Dazu gab der BF an, dass die Behörde vermutlich vergessen habe, einzutragen, dass er verheiratet sei. Die im Inlandspass registrierte Adresse sei die Adresse seines Elternhauses, wo aktuell niemand mehr wohne. Sein Wohnhaus sei ein von ihm errichteter Neubau und gebe es (noch) keinen dokumentarischen Nachweis, dass es ihm gehöre. Weiters legte der BF zwei polizeiliche Ladungen vom 02.12.2014 sowie 20.12.2014 vor, die an die Adresse des Elternhauses gerichtet waren und weder Stempel noch Rundsiegel aufwiesen, und aus denen hervorging, dass gegen den BF ein Strafverfahren wegen illegalen Besitzes und Handels mit Sprengstoff und Waffen eingeleitet werde.
1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 02.06.2015 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist und ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III.).
Die belangte Behörde hat Feststellungen zum BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat getroffen und begründend im Wesentlichen ausgeführt, dass der geltend gemachte Fluchtgrund, von Behörden des Heimatstaates wegen des Verkaufs eines Autos, in welchem Waffen und Sprengstoff gefunden worden seien, verfolgt zu werden, unglaubhaft sei. Im Rahmen der Einvernahme haben sich diverse Widersprüchlichkeiten ergeben bzw. sei das Vorbringen in zentralen Punkten nicht plausibel. Insbesondere zu den vorgelegten Ladungen wurde ausgeführt, dass der Umstand, dass diese erst 7 Monate nach der Freilassung des BF verschickt worden seien, nicht verständlich erscheine, wobei es in diesem Zusammenhang auch nicht nachvollziehbar erscheine, dass der BF angegeben habe, dass er nicht wüsste, ob es einen Haftbefehl gegen ihn gebe. Einerseits hätte die Polizei, sofern diese bemerkt hätte, dass der BF untergetaucht sei, sicherlich viel früher Ladungen zugestellt, andererseits wäre auch sehr schnell ein Haftbefehl ausgestellt worden. Die Ladungen seien zudem an die elterliche Adresse verschickt worden, dies obwohl die Polizei gewusst haben müsse, dass der BF an einer anderen Wohnadresse wohnhaft sei, zumal er von ihr von seiner tatsächlichen Wohnadresse abgeholt worden sei. Auch würden beide Ladungen weder einen Stempel noch ein Rundsiegel aufweisen. Auch der Umstand, dass der BF angegeben habe, dass die Ladungen zu ihm nach Hause geschickt worden seien und seine Tochter diese übernommen habe, sei sohin nicht nachvollziehbar. Hinzu komme, dass die Ladungen von einer Untersuchungsabteilung des Innenministeriums der Russischen Föderation für den Bezirk Babayurt ausgestellt worden seien, wobei dieser Ort 261 Kilometer von Gunib, wo der BF das Fahrzeug verkauft habe und wohin er von der Polizei mitgenommen worden sei, entfernt sei. Die Behauptung des BF, dass Babayurt an der Grenze zu Tschetschenien liege und der Autokäufer die Waffen dort gekauft habe, sei keineswegs schlüssig. Die Angabe des BF, er habe Angst gehabt, diese Ladungen mitzunehmen, sei ebenso nicht nachvollziehbar, da die Ladungen erst 5 Monate nach seiner Ausreise datiert gewesen seien. Seine Aussage, "aber wir können die Ladungen auch gerne wegwerfen", beweise ebenfalls, dass diese Ladungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zur Wahrheitsfindung beitragen hätten können. Es bestünden auch keine Hinweise darauf, dass der BF bei einer Rückkehr nach Russland einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt sei. Der BF verfüge über keinerlei familiäre oder soziale Bindungen zu Österreich und sei erst vor wenigen Monaten illegal nach Österreich eingereist. Anzeichen für eine besondere Integration seien im Verfahren nicht hervorgekommen. Der BF habe mit seiner Familie sein ganzes Leben in der Russischen Föderation gewohnt und sei dort auch erwerbstätig gewesen. Der BF sei der deutschen Sprache nicht mächtig, weshalb eine Rückkehrentscheidung zu erlassen gewesen sei.
Mit Verfahrensanordnung vom 03.06.2015 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
1.3. Gegen den Bescheid vom 02.06.2015 erhob der BF am 19.06.2015 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Begründend wurde darin im Wesentlichen ausgeführt, dass das Fluchtvorbringen schlüssig, detailreich und glaubhaft dargestellt worden sei. Der Bescheid sei inhaltlich rechtswidrig und unter Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen. Zu den Ladungen wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Annahme, dass der BF erst 7 Monate später Ladungen erhalten hätte, nicht rechtens sei, da seine Gattin bereits früher Ladungen für den BF erhalten habe, diese jedoch nicht ernst genommen und weggeschmissen habe. Erst als sich diese gehäuft hätten, habe sie die Ladungen ernst genommen und an den BF weitergeschickt. Dass er die Ladungen von den Strafverfolgungsbehörden aus dem Bezirk Babayurt erhalten habe, ergebe sich daraus, dass der Käufer des Autos in der Nähe der tschetschenischen Grenze in dem zuvor genannten Bezirk angehalten, kontrolliert und erschossen worden sei, wobei im Kofferraum Sprengstoff und Waffen gefunden worden seien. Dass die Polizei dem BF von seiner Meldeadresse abgeholt habe, ergebe sich daraus, dass er seine tatsächliche Meldeadresse auf der Vollmacht angegeben habe, die er den Käufer für das Fahrzeug zur Ummeldung übergeben habe; die Behörden im zuvor genannten Bezirk hätten jedoch nur an die Meldeadresse zustellen können. Es wurde u.a. beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, der Beschwerde stattzugeben und den Bescheid im angefochtenen Umfang aufzuheben oder abzuändern.
1.4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15.06.2016 beim Bundesverwaltungsgericht, zu der ein Vertreter des Bundesamtes entschuldigt nicht erschienen ist, wurde Beweis aufgenommen durch Einvernahme des BF in Anwesenheit eines Dolmetschers der russischen Sprache, weiters durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten des Bundesamtes sowie in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, wobei das Bundesamt lediglich schriftlich die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der BF wiederholte im Wesentlichen sein bisheriges Fluchtvorbringen. Das Elternhaus würde nach wie vor leer stehen. An seiner Wohnadresse würden seine Frau und zwei Töchter leben. Darüber hinaus würden sich noch zwei verheiratete Töchter, 5 Brüder und 2 Schwestern im Herkunftsland aufhalten. Auf die Frage, wie es seinen Familienangehörigen im Herkunftsland gehe, gab der BF an: "Am Anfang war es schwierig, aber jetzt ist alles beruhigt und es geht."
Weiters brachte der BF neu vor, dass er in Österreich wegen eines bösartigen Tumors drei Mal operiert und einer Chemotherapie unterzogen worden sei. Nach einem Kontrolltermin werde entschieden werden, ob noch eine weitere Chemotherapie erforderlich sei. Dazu legte der BF ein Konvolut an entsprechenden Befunden vor, aus denen im Wesentlichen hervorgeht, dass beim BF im Juli 2015 ein Harnblasenkarzinom diagnostiziert wurde und diesbezüglich eine transurethrale Resektion sowie Nachresektionen der Blase operativ durchgeführt wurden.
Mit dem BF wurde in der Folge die allgemeine Situation im Herkunftsland bzw. Dagestan erörtert, und ihm zu den zugrundeliegenden Länderberichten eine schriftliche Stellungnahme binnen 2 Wochen freigestellt.
In einer Stellungnahme des BF vom 23.06.2016 wurde unter Verweis auf einen Bericht von ACCORD zur Sicherheitslage in Dagestan vom 11.05.2016 darauf hingewiesen, dass in dieser russischen Teilrepublik mit aller Härte gegen potenzielle Extremisten vorgegangen werde und die Furcht des BF im Falle der Rückkehr durch russische Sicherheitskräfte verfolgt, verhaftet und gefoltert zu werden, nachvollziehbar sei.
Nach einer schriftlichen Aufforderung vom 18.08.2016, im Zusammenhang mit dem in der Verhandlung am 15.06.2016 angekündigten Kontrolltermin aktuelle Befunde vorzulegen, wurden dem Bundesverwaltungsgericht in weiterer Folge neuerlich ein Konvolut an medizinischen Befunden übersandt, aus denen im Wesentlichen hervorging, dass der BF eine transurethrale Resektion der Blase, eine Chemotherapie sowie Rezidiv-Behandlung mit Doxirubicin bzw. Epirubicin erhalten hat und zuletzt eine medikamentöse Therapie mit Furadentin und Santizor retard angeordnet wurde.
Weites wurde vom BF mit Schreiben vom 07.11.2016 eine mit 20.09.2016 datiertes Schreiben aus dem Herkunftsland in Kopie nachgereicht.
Mit einer vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Anfragenbeantwortung der Staatendokumentation vom 12.06.2017 konnte erhoben werden, dass stationäre, als auch ambulante Behandlungen und Check-ups durch Urologen und Onkologen in der Russischen Föderation verfügbar seien. Auch diagnostische und Laboruntersuchungen seien in der Russischen Föderation verfügbar. Stationäre und ambulante Behandlungen durch einen Urologen und Onkologen seien in öffentlichen Krankenhäusern am Wohnort des Patienten kostenlos, ebenso wie diagnostische und Laboruntersuchungen. Eine Vorsorgeuntersuchung mittels Zystometrie koste im Durchschnitt bis zu 10.000,- Rubel (ungefähr 156,- Euro). Doxorubicin, Epirubicin, Furadantin (Nitrofurantoin) und Santizor (Tolterodin) seien in der Russischen Föderation erhältlich.
Am 06.07.2017 erfolgte eine fortgesetzte mündliche Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht, wobei dem BF die Anfragebeantwortung vom 12.06.2017 zu Kenntnis gebracht wurde. Weiters wurde das Schreiben vom 20.09.2016 im Original vorgelegt. Eine Übersetzung hat im Wesentlichen ergeben, dass es sich dabei den Inhalt nach um ein Bestätigungsschreiben eines namentlichen genannten Polizeiobersts einer Polizeistation eines Bezirkes von Machatschkala handelt, mit dem bestätigt werde, dass der BF wegen unerlaubten Besitzes und Verkauf von Waffen sowie wegen Flucht aus einem Gefängnis beschuldigt und gesucht werde. Dieses Schreiben sei dem BF von seiner Tochter zugestellt worden, die versucht habe, über einen Rechtsanwalt diese Bestätigung von der Polizei zu erlangen. Danach befragt, wie es seinen Familienangehörigen im Herkunftsland gehe, gab der BF an, dass die Polizei ab und zu zu ihnen komme. Früher seien sie öfters gekommen, 1 bis 2 Mal die Woche, in der letzten Zeit 1 bis 2 Mal im Monat. Die Familienmitglieder würden immer bedroht werden, dass man irgendeinen Grund finden werde, um sie ins Gefängnis zu bringen, wenn sie nicht erreichen würden, dass der BF sich freiwillig stelle. Zuletzt sei die Tochter des BF vor 2 Wochen von der Polizei bedroht worden, dass man Drogen bei ihr finde, wenn der BF nicht freiwillig zur Polizei komme. Diese Drohungen würden seit seiner Ausreise erfolgen. Ernste Probleme, etwa dass Familienmitglieder geschlagen worden wären, habe es jedoch bis jetzt nicht gegeben. Die Gattin des BF würde gegenüber der Polizei vortäuschen, dass sie sich nach islamischen Ritus vom BF scheiden habe lassen, um in Ruhe gelassen zu werden. Bei einer Rückkehr habe der BF Angst vor dem Gefängnis. Von den Wahhabiten gehe zurzeit keine Gefahr für ihn aus, nur von der Polizei. Sonstige Befürchtungen hinsichtlich einer Rückkehr ins Herkunftsland habe er nicht. Zur Gesundheitsversorgung im Herkunftsland befragt, gab er an, dass es dort keine "normale Medizin" gebe und er schon längst gestorben wäre, wenn er nicht in Österreich behandelt worden wäre.
Der BF sei in Österreich bisher keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen und lebe von der Grundversorgung. Er konnte auch keine Deutschkenntnisse nachweisen. Er habe vier Chemotherapien absolviert und würden noch zwei ausstehen. Er sei zwei Mal im Herkunftsland und vier Mal in Österreich operiert worden. Dazu legte der BF einen Befund vom 19.06.2017 vor, wonach der BF 2 Mal eine Chemotherapie hinsichtlich eines Blasentumors erhalten habe, wobei weitere Zystoskopien vorgesehen seien, und je nach Untersuchungsergebnis die Erforderlichkeit einer weiteren Chemotherapie entschieden werde.
Mit Schreiben vom 30.08.2018 wurde der BF aufgefordert, binnen 2 Wochen ab Erhalt des Schreibens bekannt zu geben, ob aktuell in Österreich nach seinem Kontrolltermin im September 2017 noch eine medizinische Behandlung erfolge, wobei er diesfalls angewiesen wurde, aktuelle Befunde samt Diagnosen und Therapiemaßnahmen innerhalb der Frist vorzulegen. Weiters wurden dem BF Feststellungen zur Situation im Herkunftsland (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation 21.07.20017, letzte Aktualisierung 19.03.2018) zur Stellungnahme binnen 2 Wochen zu Kenntnis gebracht. Das Schreiben wurde der rechtsfreundlichen Vertretung des BF mit 30.08.2018 nachweislich übermittelt, wobei von der Möglichkeit zur Stellungnahme kein Gebrauch gemacht und auch keine aktuelle medizinische Behandlung mehr dargetan wurde.
Mit Erkenntnis vom 21.09.2018 wurde die Beschwerde zur Zl. W182 2112260-1/35E
gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.
Zweitantrag:
Der Beschwerdeführer stellte am 16.10.2018 neuerlich - den nunmehr gegenständlichen - Antrag auf internationalen Schutz.
Begründet wurde dieser damit, dass einer Tochter in Dagestan von der Polizei Rauschgift und Patronen unterschoben worden seien und diese dann festgenommen worden sei. Er sei von der Polizei erpresst worden, habe jedoch nichts bezahlt sondern sei geflüchtet. Falls er in Österreich eine Chemotherapie bekomme, werde er länger in Behandlung sein und er mache sich sorgen, dass er in seiner Heimat nicht behandelt werde.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 25.02.2019 den Folgeantrag des Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bzw. subsitiären Schutz gemäß § 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. I 51/1991 idF BGBl. I Nr. 161/2013 (im Folgenden: AVG), zurück (Spruchpunkt I. und II.), erkannte ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 70/2015, nicht zu (Spruchpunkt III.), erließ gegenüber dem Beschwerdeführern im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 70/2015, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 70/2015, und stellte gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. fest, dass die Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt IV. bis VI.); gem. § 15b Abs.1 AsylG 2005 wurde dem BF aufgetragen im folgenden Quartier Unterkunft zu nehmen "AIBE BS Ost" (Spruchpunkt VII.).
Die Zurückweisung der Anträge der Beschwerdeführer begründete die belangte Behörde damit, dass entschiedene Sache im Sinne des § 68
AVG vorliege:
Auszug aus den Feststellungen und der Beweiswürdigung des BFA:
"Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:
> Zu Ihrer Person:
Ihre Identität steht fest, da Sie im Erstverfahren ein Reisedokument vorgelegt haben.
Sie führen den Namen XXXX , sind am XXXX geboren und Staatsbürger der Russischen Föderation.
Sie waren niemals im Besitz eines Aufenthaltstitels für Österreich.
Sie wurden bereits in Österreich medizinisch behandelt und haben sich bereits Operationen unterzogen. Ihre Erkrankung ist jedoch nicht so schwerwiegenden, dass diese einer Außerlandesbringung entgegenstehen würde, auch kann diese in Ihrem Heimatland behandelt werden.
> Zu Ihrem Vorverfahren:
Ihr vorheriges Asylverfahren wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes in II. Instanz abgeschlossen.
Zusammenfassend haben Sie keine konkrete Verfolgung oder sonstige Umstände glaubhaft gemacht, welche bei einer Rückkehr in Ihr Heimatland eine tatsächliche Gefahr für Ihr Leben oder Ihre körperliche Unversehrtheit darstellen könnte.
Die Begründung Ihres ersten Antrages wurde als unglaubwürdig erachtet.
Sie sind im 25.08.2014 illegal nach Österreich gereist.
In Ihrem Erstverfahren wurde auch der Refoulementsachverhalt berücksichtigt.
Ihr gesamtes Vorbringen wurde bereits bis zur Entscheidung des gegenständlichen Asylverfahrens entstandenen Sachverhalte berücksichtigt, sodass darüber nicht mehr neuerlich zu entscheiden ist.
> Zu den Gründen für Ihren neuen Antrag auf internationalen Schutz:
Vom Bundesamt kann insgesamt kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden. Die Begründung des neuerlichen Asylantrages reicht nicht aus, einen neuen gegenüber dem früheren Asylantrag wesentlich geänderten entscheidungsrelevanten Sachverhalt entstehen zu lassen. Die neuen Beweisgründen erscheinen nicht mehr als ein gesteigertes Vorbringen zu sein. Auch steht fest, dass Sie, wie den Länderfeststellungen zu Ihrem Heimatland zu entnehmen ist, jedenfalls in der Russischen Föderation eine medizinische Behandlung in Form einer Chemotherapie in Anspruch nehmen können, daher wird auch dem Antrag der Rechtsberatung nicht entsprochen.
Bei der Einvernahme am 20.02.2019 gaben Sie über Ihren Fluchtgrund an, dass nun Ihre Tochter unter Druck gesetzt werden würde. In diesem Zusammenhang steht jedenfalls fest, dass es sich bei diesem neuerlichen Vorbringen um einen gesteigerten Sachverhalt handelt, welchem keine Relevanz zukommt.
Das gleiche gilt jetzt auch bei der Geburt Ihres Sohnes. Sie können nicht die Geburt Ihres Sohnes dazu nützen Ihren Aufenthalt hier in Österreich zu legalisieren.
> Zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Es kann nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung Ihrer Person in Österreich besteht.
Ihre Familienangehörigen befinden sich in Ihrem Herkunftsstaat.
Sie sind nach wie vor hauptsächlich auf die Unterstützung des Staates angewiesen.
Sie können Ihren Aufenthalt aufgrund unzureichender finanzieller Mittel nicht selbst bestreiten.
> Zur Anordnung der Unterkunftnahme:
Im Hinblick auf eine rasche Bearbeitung Ihres Verfahrens uns darauf, dass bereits eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde war bei der vorliegenden Anordnung der Unterkunftnahme darauf abzustellen gewesen. Es besteht folglich ein öffentliches Interesse an einer raschen Bearbeitung des vorliegenden Verfahrens, daher ist die Unterkunftnahme gemäß § 15b AsylG aufgrund der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung der Außerlandesbringung anzuordnen gewesen."
...(.....)...
" Die Behörde gelangt zu obigen Feststellungen aufgrund folgender Erwägungen:
> Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:
Ihre Identität steht aufgrund vorgelegter Dokumente fest.
Ihr Aufenthalt und Ihre illegale Einreise ergeben sich aus Ihren Daten und Angaben zur Antragsstellung im Asylverfahren.
Unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen haben sich im Verfahren keine Hinweise ergeben, dass Sie an keiner so schwerwiegenden körperlichen Krankheit oder an einer schweren psychischen Störung, welche einer Außerlandesbringung entgegenstehen würden. Sie können, wie nachfolgend einer Anfragebeantwortung entnommen werden kann, in Ihrem Heimatland behandelt werden.
Auszug aus der Anfragebeantwortung von IOM Moskau vom 18.07.2011:
"Jede Art Chemotherapie kann in der Russischen Föderation durchgeführt werden. Im Fall, dass Behandlungsoptionen in Tschetschenien nicht erhältlich sind, können regionale medizinische Zentren in Südrussland Konsultation und Management der Erkrankung bieten."
Diese Feststellungen ergeben sich aufgrund Ihrer Angaben, Ihren Sprachkenntnissen und Ihrem Wissen über das Herkunftsland.
Die Feststellungen über Ihren Gesundheitszustand ergeben sich aus Ihren Angaben sowie aus Ihrem Verwaltungsverfahrensakt.
Festgestellt wurde, dass Ihr neuerliches bzw. zusätzliches Vorbringen als Steigerung Ihres bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens zu werten ist.
Unter diesen Gesichtspunkten ist gewährleistet, dass eine Überstellung Ihrer Person nach Russland nicht vorgenommen wird, wenn ihr psychischer oder physischer Zustand zum Überstellungszeitpunkt dies nicht zulassen würde.
Ihre Familienangehörigen befinden sich in Ihrem Heimatland.
> Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Vorverfahren:
Die Feststellungen betreffend den Ausgang Ihres Vorverfahrens sowie der maßgeblichen Gründe für diesen Antrag auf internationalen Schutz gründen sich auf den Akteninhalt zu Ihrem Vorverfahren.
Ihr gesamtes Vorbringen, im vorangehenden Asylverfahren wurde bereits einer ausreichenden und sorgfältigen Prüfung unterzogen.
Zusammenfassend wurde Ihr Vorbringen keine Glaubwürdigkeit zugesprochen, ergo besteht gemäß dieser Entscheidung keine tatsächliche Gefahr für Ihr Leben oder Ihre körperliche Unversehrtheit bei einer Rückkehr in Ihr Heimatland.
Sie erhoben in den Vorverfahren Beschwerden.
Die Verfahren erwuchsen in Rechtskraft II. Instanz.
Sie begründeten den verfahrensgegenständlichen Antrag im Wesentlichen damit, dass Ihre Tochter erpresst werden würde und Sie in Österreich behandelt werden wollen. Diesen Angaben kann nicht gefolgt werden, da es sich offensichtlich um einen gesteigerten Sachverhalt handelt und Sie im Heimatland behandelt werde können.
Das Bundesamt kann sohin nur zum zwingenden Schluss kommen, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert ist. Es liegt sohin entschiedene Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor.
> Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für Ihren neuen Antrag auf internationalen Schutz:
Sie haben damals im Erstverfahren eine negative Entscheidung in Ihrem Asylverfahren erhalten, da Ihre Angaben mit Widersprüchen behaftet waren. Sie haben sich in Österreich medizinisch behandeln lassen und in der Folge einen Folgeantrag gestellt. Die nun gemachten Angaben, dass Ihre Tochter unter Druck gesetzt werden würde und Ihr Waffen und Suchtgift untergeschoben worden wäre sind jedenfalls nicht glaubhaft, noch kommt diesen Relevanz zu, da die Angeben eine Steigerung des bereits vorgebrachten Sachverhaltes anzusehen sind. Es erscheint jedenfalls nicht glaubhaft, dass man Ihrer Tochter Drogen und Munition im Auto verstecken sollte, da dies jedenfalls bei der Spurensicherung aufgrund der Einbruchsspuren in das Fahrzeug sowie der Fingerabdrücke als untergejubelt festgestellt worden wären. Auch steht Ihrer Tochter in der Russischen Föderation jedenfalls der Rechtsweg offen. Ihr Vorbringen basiert daher auf dem bereits im Erstverfahren vorgebrachten Sachverhalt, welcher keinesfalls glaubhaft nachvollzogen werden konnte.
Aus diesen Gründen ist festzuhalten, dass Ihre Angaben somit einen unveränderten Sachverhalt darstellen, weswegen sich zum jetzigen Zeitpunkt auch hinsichtlich der im Erstverfahren getroffenen Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Russische Föderation ebenfalls keine Änderung ergeben hat und diese daher nach wie vor für zulässig erachtet wird.
Das Vorliegen einer geänderten Sachlage in der russischen Föderation wurde im gegenständlichen Verfahren nicht substantiiert vorgebracht.
Die vorgebrachten Gründe, warum es Ihnen nun nicht mehr möglich wäre, in Ihr Herkunftsland zurückzukehren, sind somit nicht geeignet, eine neue, inhaltliche Entscheidung der Behörde zu bewirken und kann darin kein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden, da sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25_4.2002, 2000/07/0235). Werden nur Nebenumstände modifiziert, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, so ändert dies nichts an der Identität der Sache. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl, zB VwGH 27.9.2000, 98/12/0057). Liegt keine relevante Änderung der Rechtslage oder des ho. vorliegenden Begehrens vor und hat sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht geändert, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen. Anhaltspunkte für eine Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf allgemein bekannte Tatsachen, die vom Bundesasylamt von Amts wegen zu berücksichtigen wären, liegen auch nicht vor, da sich die allgemeine Situation in Russische Föderation seit Rechtskraft des vorherigen Verfahrens, nicht wesentlich geändert hat.
Dazu wird angemerkt, dass Sie lediglich einen gesteigerten Sachverhalt vorgebracht haben und die Behandlung Ihrer Krankheit auch in Ihrem Heimatland fortgesetzt werden kann.
Die erkennende Behörde kann somit nur zum zwingenden Schluss kommen, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert ist. Es liegt somit entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vor.
> Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Die Feststellungen zu Ihren familiären und privaten Verhältnissen in Österreich ergeben sich aufgrund Ihrer Angaben im gegenständlichen Verfahren.
Sie haben in Österreich keine Familienangehörigen, diese befinden sich in Ihrem Heimatland.
Ihr Aufenthalt wird ausschließlich aus Mitteln der Bundesversorgung gestützt.
> Betreffend der Feststellungen zur Anordnung der Unterkunftnahme:
Da es Ihnen neuerlich nicht gelungen ist einen relevanten Sachverhalt vorzubringen und vor der Stellung Ihres Folgeantrages bereits eine rechtkräftige Rückkehrentscheidung bestanden hat, ist auf die im Anschluss an dieses Verfahren folgende Außerlandesbringung die Notwendigkeit hervorgetreten eine Unterkunft festzulegen. Es wurde daher festgestellt, dass ein erhöhtes Öffentliches Interessen an einer raschen Effektuierung der Ausreiseentscheidung besteht.
> Betreffend die Feststellungen zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:
Weder aus Ihrem Vorbringen im gegenständlichen Verfahren, noch aus den Vorverfahren zugrunde gelegten Feststellungen zu Ihrem Heimatland, unter Berücksichtigung von aktualisierten Versionen des im Erstverfahren verwendeten Quellenmaterials, gehen Hinweise auf eine seit dem rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens maßgeblich geänderte Lage in Ihrem Heimatland hervor.
Die Feststellungen ergeben sich aus den unbedenklichen objektiven Zusammenstellungen und Auskünften der österreichischen Staatendokumentation. Die im Erstverfahren zur Entscheidung herangezogenen Feststellungen zu Ihrem Herkunftsland sind aufgrund des geringen zeitlichen Abstandes zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Erstverfahrens und aufgrund der zwischenzeitlich unveränderten Lage in Ihrem Herkunftsland nach wie vor als aktuell anzusehen.
Ihr erstes Asylverfahren wurde bereits rechtskräftig abgeschlossen. In diesem Verfahren wurden bereits alle bis zur Entscheidung dieses Asylverfahrens entstandenen Sachverhalte berücksichtigt, sodass darüber im gegenständlichen Verfahren nicht mehr neuerlich zu entscheiden ist. In der ersten Entscheidung wurde auch der Refoulement-Sachverhalt im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG 2005 berücksichtigt."
Gegen den angeführten Bescheid erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. In Beschwerde gezogen wurden ausdrücklich nur die Spruchpunkte IV. bis VII. des angefochtenen Bescheides.
Darin führte er aus, dass die medizinische Versorgung in Russland bzw. Dagestan sehr kritisch sei, da informelle Zahlungen erwartet werden würde, der BF und seine Familie jedoch in einer schlechten finanzielle Situation seien. Der BF könne aufgrund seiner Erkrankung bzw. der hohen Arbeitslosigkeit keine Arbeit finden. Die vier Töchter seien nicht fähig ihren Vater finanziell zu unterstützen.
Hinsichtlich der Anordnung der Unterkunftnahme gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 wurde in der Beschwerde nichts angeführt.
Es wurden auch keine medizinischen Befunde mit der Beschwerde übermittelt.
Es wurde beantragt, das BVwG möge der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen und die Spruchpunkte IV bis VII. zu beheben, sowie festzustellen, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei.
In eventu
Die Rückkehrentscheidung für die Dauer der Behandlung vorübergehend für unzulässig zu erklären.
Den angefochtenen Bescheid zur Gänze zu beheben und zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens an das Bundesamt zurückzuverweisen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage sämtlicher Anträge des Beschwerdeführers beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, der Einvernahmen des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der bislang ergangenen Entscheidungen des BFA, der Beschwerden gegen den angefochtenen Bescheid, der im Verfahren vorgelegten Schriftsätze sowie der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakte, das Zentrale Melderegister, das Fremden- und Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
Zu den bisherigen Verfahren siehe Seite 2 - 14
Beschwerde wurde nur gegen die Spruchpunkte IV. bis VII. erhoben
1.1. Zum Beschwerdeführer:
Die Beschwerdeführer ist Staatsangehörige der Russischen Föderation und führt den im Spruch genannten Namen.
Im Herkunftsstaat halten sich Angehörige der Beschwerdeführer auf, zu denen auch Kontakt besteht (Frau, vier Töchter, 3 Schwestern, 5 Brüder).
Im gegenständlichen Verfahren ergab sich weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die die Beschwerdeführer betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat noch in sonstigen in der Person der Beschwerdeführer gelegenen Umständen.
In Bezug auf die individuelle Lage des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat kann keine, sich in Bezug auf jenen Zeitpunkt, in dem letztmalig über den Antrag inhaltlich entschieden wurde, maßgeblich andere Situation festgestellt werden.
Nicht festgestellt werden kann, dass eine ausgeprägte und verfestigte Integration der Beschwerdeführe in Österreich vorliegt. Die Beschwerdeführer leben zwar schon seit August 2014 in Österreich,. Der Beschwerdeführer bezog seit der Einreise in das Bundesgebiet Leistungen aus der Grundversorgung des Bundes. Eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung besteht bereits seit 21.09.2018.
Darüber hinaus liegen keine sonstigen Hinweise auf eine besonders ausgeprägte und verfestigte Integration hinsichtlich des Privat- und Familienlebens der Beschwerdeführer in Österreich vor.
Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würden oder von der Todesstrafe bedroht wären.
Es konnte ferner nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in die Russische Föderation in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und ihm die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.
Nicht festgestellt werden kann darüber hinaus, dass der Beschwerdeführer - auch unter Berücksichtigung der vorgebrachten Erkrankungen - an dermaßen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen leiden, welche eine Rückkehr in die Russische Föderation iSd. Art. 3 EMRK unzulässig machen würden.
Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK kamen nicht hervor.
Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in ihre Heimat gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.
Aus den vorgehaltenen Länderinformationen zum Herkunftsstaat geht hervor, dass adäquate medizinische Behandlungsmöglichkeiten des Krankheitsbildes der Zweitbeschwerdeführerin im Herkunftsstaat bestehen.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zur maßgeblichen Situation in der Russischen Föderation verwendete die belangte Behörde im Bescheid vom 25.02.2019 Auszugsweise folgende relevante Punkte aus dem Länderinformationsblatt zur Russischen Föderation:
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2.2. Dagestan
Dagestan ist mit ungefähr drei Millionen Einwohnern die größte kaukasische Teilrepublik und wegen seiner Lage am Kaspischen Meer für Russland strategisch wichtig. Dagestan ist das ethnisch vielfältigste Gebiet des Kaukasus (ACCORD 16.5.2018, vgl. IOM 6.2014). Im Unterschied zu den faktisch mono-ethnischen Republiken Tschetschenien und Inguschetien setzt sich die Bevölkerung Dagestans aus einer Vielzahl von Ethnien zusammen. In der Republik gibt es 60 verschiedene Nationalitäten, einschließlich der Vertreter der 30 alteingesessenen Ethnien. Alle sprechen unterschiedliche Sprachen. Dieser Umstand legt die Vielzahl der in Dagestan wirkenden Kräfte fest, begründet die Notwendigkeit eines Interessenausgleichs bei der Lösung entstehender Konflikte und stellt ein Hindernis für eine starke autoritäre Zentralmacht in der Republik dar. Allerdings findet dieser "Interessenausgleich" traditionellerweise nicht auf dem rechtlichen Wege statt, was in Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Clans münden kann (IOM 6.2014).
Dagestan ist hinsichtlich persönlicher Freiheiten besser gestellt als Tschetschenien, bleibt allerdings eine der ärmsten Regionen Russlands, in der die Sicherheitslage zwar angespannt ist, sich in jüngerer Zeit aber verbessert hat. War die weit überwiegende Anzahl von Gewaltopfern bei Auseinandersetzungen zwischen "Aufständischen" und Sicherheitskräften in den Jahren 2015 und 2016 in Dagestan zu verzeichnen, hat die Gewalt in den letzten Jahren abgenommen (AA 21.5.2018). Gründe für den Rückgang der Gewalt sind die konsequente Politik der Repression radikaler Elemente und das rigide Vorgehen der Sicherheitskräfte, aber auch die Abwanderung islamistischer Kämpfer in die Kampfgebiete in Syrien und in den Irak (ÖB Moskau 12.2017).
Was das politische Klima betrifft, gilt die Republik Dagestan im Vergleich zu Tschetschenien noch als relativ liberal. Die Zivilgesellschaft ist hier stärker vertreten als in Tschetschenien. Ebenso existiert - anders als in der Nachbarrepublik - zumindest eine begrenzte Pressefreiheit. Die ethnische Diversität stützt ein gewisses Maß an politischem Pluralismus und steht autokratischen Herrschaftsverhältnissen entgegen. Im Jahr 2006 wurde Muchu Alijew vom Kreml als Präsident an die Spitze der Republik gesetzt. 2013 wurde er von Magomedsalam Magomedow ersetzt. Magomedow war vor allem mit Korruption und Vetternwirtschaft konfrontiert, die auch sein Vorgänger nicht lösen konnte. Anfang 2013 ersetzte der Kreml Magomedow durch Ramzan Abdulatipow, den in Moskau wohl bekanntesten Dagestaner. Abdulatipow galt dort als Experte für interethnische Beziehungen und religiöse Konflikte im Nordkaukasus. Abdulatipows Kampf gegen Korruption und Nepotismus führte zwar zum Austausch von Personal, doch die Strukturen, die dem Problem zugrunde liegen, wurden kaum angetastet. Es war auch nicht zu erwarten, dass sich ein Phänomen wie das Clan- und Seilschaftsprinzip, das für Dagestan so grundlegende gesellschaftlich-politische Bedeutung hat, ohne weiteres würde überwinden lassen. Dieses Prinzip wird nicht nur durch ethnische, sondern auch durch viele andere Zuordnungs- und Gemeinschaftskriterien bestimmt und prägt Politik wie Geschäftsleben der Republik auf entscheidende Weise. Zudem blieb der Kampf gegen den bewaffneten Untergrund oberste Priorität, was reformpolitische Programme in den Hintergrund rückte. Dabei zeugt die Praxis der Anti-Terror-Operationen in der Ära Abdulatipow von einer deutlichen Stärkung der "Siloviki", das heißt des Sicherheitspersonals. Zur Bekämpfung der Rebellen setzt der Sicherheitsapparat alte Methoden ein. Wie in Tschetschenien werden die Häuser von Verwandten der Untergrundkämpfer gesprengt, und verhaftete "Terrorverdächtige" können kaum ein faires Gerichtsverfahren erwarten. Auf Beschwerden von Bürgern über Willkür und Straflosigkeit der Sicherheitskräfte reagierte Abdulatipow mit dem Argument, Dagestan müsse sich "reinigen", was ein hohes Maß an Geduld erfordere (SWP 4.2015). Im Herbst 2017 setzte Präsident Putin ein neues Republiksoberhaupt ein. Mit dem Fraktionsvorsitzenden der Staatspartei Einiges Russland in der Staatsduma und ehemaligen hohen Polizeifunktionär Wladimir Wassiljew schreckte der Kreml die lokalen Eliten auf. Wassiljew ist keiner von ihnen, er war mit Blick auf das zuvor behutsam gepflegte Gleichgewicht der Ethnien wie eine Faust aufs Auge. Der Kreml hatte länger schon damit begonnen, ortsfremde Funktionäre in die Regionen zu entsenden. Im Nordkaukasus hatte er davon Abstand genommen. Immerhin dürfte Wassiljew für ethnische Fragen ein gewisses Gespür mitbringen. Er ist selbst halb Kasache, halb Russe. Wassiljew ist das Gegenmodell zu Kadyrows ungestümer Selbstherrlichkeit. Er ist ein altgedienter Funktionär und einer, der durch den Zugriff Moskaus auf Dagestan - und nicht in Abgrenzung von der Zentralmacht - Ordnung, Sicherheit und wirtschaftliche Prosperität herstellen soll. Mit Wassiljew tritt jemand mit wirklich direktem Draht zur Zentralmacht im Nordkaukasus auf. Das könnte ihn, zumindest für einige Zeit, zum starken Mann in der ganzen Region machen. Dafür allerdings benötigt er genauso die Akzeptanz der Einheimischen (NZZ 12.2.2018).
Anfang 2018 wurden in der Hauptstadt Dagestans, Machatschkala, der damalige Regierungschef [Abdussamad Gamidow], zwei seiner Stellvertreter und ein kurz vorher abgesetzter Minister von föderalen Kräften verhaftet und nach Moskau gebracht. Ihnen wird vorgeworfen, sie hätten eine organisierte kriminelle Gruppierung gebildet zur Ausbeutung der wirtschaftlich abgeschlagenen und am stärksten von allen russischen Regionen am Tropf des Zentralstaats hängenden Nordkaukasus-Republik. Kurz vorher waren bereits der Bürgermeister von Machatschkala und der Stadtarchitekt festgenommen worden (NZZ 12.2.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (21.5.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation
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ACCORD (16.5.2018): Themendossier Sicherheitslage in Dagestan & Zeitachse von Angriffen,
https://www.ecoi.net/de/laender/russische-foederation/themendossiers/sicherheitslage-in-dagestan-zeitachse-von-angriffen/, Zugriff 2.8.2018
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IOM - International Organisation of Migration (6.2014):
Länderinformationsblatt Russische Föderation
-
NZZ - Neue Zürcher Zeitung (12.2.2018): Durchgreifen in Dagestan:
Moskau räumt im Nordkaukasus auf, https://www.nzz.ch/international/moskau-raeumt-im-nordkaukasus-auf-ld.1356351, Zugriff 2.8.2018
-
ÖB Moskau (12.2017): Asylländerbericht Russische Föderation
-
SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik (4.2015): Dagestan:
Russlands schwierigste Teilrepublik, http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2015_S08_hlb_isaeva.pdf, Zugriff 2.8.2018
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15. Medizinische Versorgung:
Medizinische Versorgung wird von staatlichen und privaten Einrichtungen zu Verfügung gestellt. StaatsbürgerInnen haben im Rahmen der staatlich finanzierten, obligatorischen Krankenversicherung (OMS) Zugang zu einer kostenlosen medizinischen Versorgung. Vorausgesetzt für OMS sind Unterlagen wie ein gültiger Pass und die Geburtsurkunde für Kinder unter 14 Jahren. Diese müssen bei der nächstliegenden Krankenversicherung eingereicht werden. An staatlichen wie auch an privaten Kliniken sind medizinische Dienstleistungen verfügbar, für die man direkt bezahlen kann (im Rahmen der freiwilligen Krankenversicherung - Voluntary Medical Insurance DMS) (IOM 2017).
Die kostenfreie Versorgung umfasst Notfallbehandlung, Ambulante Behandlung, inklusive Vorsorge, Diagnose und Behandlung von Krankheiten zu Hause und in Kliniken, Stationäre Behandlung und teilweise kostenlose Medikamente. Medizinische Leistungen stehen im allgemeinen kostenfrei zur Verfügung. Es gibt jedoch auch private Anbieter (IOM 2017), die zum Teil auch mit OMS abrechnen (GTAI 5.1.2016). Immer mehr russische Staatsbürger wenden sich an Privatkliniken (GTAI 5.1.2016, vgl. Ostexperte 22.9.2017) Das Recht auf kostenlose medizinische Grundversorgung für alle Bürger ist in der Verfassung verankert (GIZ 7.2018c, vgl. IOM 2017, AA 21.5.2018, ÖB Moskau 12.2017). Das noch aus der Sowjetzeit stammende Gesundheitssystem bleibt jedoch ineffektiv. Trotz der schrittweisen Anhebung der Honorare sind die Einkommen der Ärzte und des medizinischen Personals noch immer niedrig. Dies hat zu einem System der faktischen Zuzahlung durch die Patienten geführt, obwohl ärztliche Behandlung eigentlich kostenfrei ist (GIZ 7.2018c).
Das Wissen und die technischen Möglichkeiten für anspruchsvollere Behandlungen sind meistens nur in den Großstädten vorhanden. Das Hauptproblem ist weniger die fehlende technische Ausstattung als vielmehr ein gravierender Ärztemangel und eine unzureichende Aus- und Fortbildung. Hinzu kommt, dass die Gesundheitsversorgung zu stark auf klinische Behandlung ausgerichtet ist und gleichzeitig Allgemeinmediziner und Chirurgen fehlen. Das Problem wurde vom Staat erkannt. Die Zahl der Ärzte ist 2016 leicht gestiegen. Dank großangelegter Prophylaxe-Programme hat sich die Zahl der Vorsorgeuntersuchungen vervierfacht (AA 21.5.2018).
Im Bereich der medizinischen Versorgung von Rückkehrern sind der Botschaft keine Abweichungen von der landesweit geltenden Rechtslage bekannt. Seit Jänner 2011 ist das "Föderale Gesetz Nr. 326-FZ über die medizinische Pflichtversicherung in der Russischen Föderation" vom November 2010 in Kraft und seit Jänner 2012 gilt das föderale Gesetz Nr. 323-FZ vom November 2011 über die "Grundlagen der medizinischen Versorgung der Bürger der Russischen Föderation". Laut Gesetz hat jeder Mensch Anrecht auf kostenlose medizinische Hilfestellung in dem gemäß "Programm der Staatsgarantien für kostenlose medizinische Hilfestellung" garantierten Umfang. Von diesem Programm sind alle Arten von medizinischer Versorgung (Notfallhilfe, ambulante Versorgung, stationäre Versorgung, spezialisierte Eingriffe) erfasst. Kostenpflichtig sind einerseits Serviceleistungen (Einzelzimmer u.Ä.), andererseits jene medizinischen Leistungen, die auf Wunsch des Patienten durchgeführt werden (z.B. zusätzliche Untersuchungen, die laut behandelndem Arzt nicht indiziert sind). Staatenlose, die dauerhaft in Russland leben, sind bezüglich ihres Rechts auf medizinische Hilfe russischen Staatsbürgern gleichgestellt. Bei Anmeldung in der Klinik muss die Krankenversicherungskarte (oder die Polizze) vorgelegt werden, womit der Zugang zur medizinischen Versorgung auf dem Gebiet der Russischen Föderation gewährleistet ist. Personen haben das Recht auf freie Wahl der medizinischen Anstalt und des Arztes, allerdings mit Einschränkungen. Für einfache medizinische Hilfe, die in der Regel in Polikliniken erwiesen wird, haben Personen das Recht die medizinische Anstalt nicht öfter als einmal pro Jahr, unter anderem nach dem territorialen Prinzip (d.h. am Wohn-, Arbeits- oder Ausbildungsort), zu wechseln. Davon ausgenommen ist ein Wechsel im Falle einer Änderung des Wohn- oder Aufenthaltsortes. Das bedeutet aber auch, dass die Inanspruchnahme einer medizinischen Standardleistung (gilt nicht für Notfälle) in einem anderen als dem "zuständigen" Krankenhaus, bzw. bei einem anderen als dem "zuständigen" Arzt, kostenpflichtig ist. In der ausgewählten Organisation können Personen ihren Allgemein- bzw. Kinderarzt nicht öfter als einmal pro Jahr wechseln. Falls eine geplante spezialisierte medizinische Behandlung im Krankenhaus nötig wird, erfolgt die Auswahl der medizinischen Anstalt durch den Patienten gemäß der Empfehlung des betreuenden Arztes oder selbstständig, falls mehrere medizinische Anstalten zur Auswahl stehen. Abgesehen von den oben stehenden Ausnahmen sind Selbstbehalte nicht vorgesehen (ÖB Moskau 12.2017).
Die Versorgung mit Medikamenten ist grundsätzlich bei stationärer Behandlung sowie bei Notfallbehandlungen kostenlos. Es wird aber berichtet, dass in der Praxis die Bezahlung von Schmiergeld zur Durchführung medizinischer Untersuchungen und Behandlungen teilweise erwartet wird (ÖB Moskau 12.2017). Bestimmte Medikamente werden kostenfrei zur Verfügung gestellt, z.B. Medikamente gegen Krebs und Diabetes (DIS 1.2015). Weiters wird berichtet, dass die Qualität der medizinischen Versorgung hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Ausstattung von Krankenhäusern und der Qualifizierung der Ärzte landesweit variieren kann (ÖB Moskau 12.2017). Die Palliativmedizin muss erheblich ausgebaut werden, es fehlen vor allem stark wirkende Schmerzmedikamente. Im Zuge der Lokalisierungspolitik der Russischen Föderation sinkt der Anteil an hochwertigen ausländischen Medikamenten. Es wurde über Fälle von Medikamenten ohne oder mit schädlichen Wirkstoffen berichtet. Im starken Kontrast zum Erleben der Bevölkerung sieht die Regierung ihre Reformen im Gesundheitswesen pauschal als Erfolg und führt als Beleg die gestiegene Lebenserwartung an (AA 21.5.2018).
Das Gesundheitswesen wird im Rahmen der "Nationalen Projekte", die aus Rohstoffeinnahmen finanziert werden, modernisiert. So wurden landesweit sieben föderale Zentren mit medizinischer Spitzentechnologie und zwölf Perinatalzentren errichtet, Transport und Versorgung von Unfallopfern verbessert sowie Präventions- und Unterstützungsprogramme für Mütter und Kinder entwickelt. Schrittweise werden die Gehälter für das medizinische Personal angehoben sowie staatliche Mittel in die Modernisierung bestehender Kliniken investiert. Seit 2002 ist die Lebenserwartung in Russland stetig gestiegen (GIZ 7.2018c).
Aufgrund der Bewegungsfreiheit im Land ist es für alle B