TE Vwgh Erkenntnis 1999/3/24 98/11/0286

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Veröffentlicht am 24.03.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
90/02 Führerscheingesetz;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

FSG 1997 §24 Abs4;
FSG 1997 §26 Abs5 idF 1998/I/002;
KFG 1967 §75 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des F in Graz, vertreten durch Dr. Gerald Kreuzberger, Rechtsanwalt in Graz, Grieskai 10/3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 29. September 1998, Zl. 11-39-192/98-4, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom 10. November 1998, Zl. 98/11/0120, hingewiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde die Beschwerde gegen den im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. März 1998, mit dem der Beschwerdeführer gemäß § 26 Abs. 5 Führerscheingesetz - FSG (idF BGBl. I Nr. 2/1998) zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens aufgefordert worden war, als unbegründet abgewiesen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 26 Abs. 5 FSG die Lenkberechtigung für die Klasse B bis zur Beibringung des Gutachtens gemäß § 8 FSG entzogen. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe sich entgegen seinen Behauptungen in der Berufung keiner amtsärztlichen Untersuchung unterzogen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Den Anlass für die Erlassung des Aufforderungsbescheides bildeten begründete Bedenken betreffend das Sehvermögen des Beschwerdeführers.

In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Entziehungsbescheid behauptete der Beschwerdeführer, er habe rechtzeitig beim Amtsarzt vorgesprochen und ein Gutachten eines Facharztes für Augenheilkunde vorgelegt. Eine Untersuchung durch den Amtsarzt habe stattgefunden, sodass aufgrund dieser Untersuchung ohnedies ein entsprechendes Gutachten bereits vorliege oder vorliegen müsse. Die Ergebnisse der Untersuchung seien ihm nicht vorgehalten worden.

Im Akt befinden sich u.a. ein vom Beschwerdeführer am 17. Juni 1998 ausgefüllter Fragebogen, wie er bei amtsärztlichen Untersuchungen zur Erteilung einer Lenkberechtigung verwendet wird, Eintragungen in ein Formular über eine (offenbar am selben Tag durchgeführte) ärztliche Untersuchung gemäß § 8 FSG sowie augenfachärztliche Befunde Dris. S. vom 3. Dezember 1997 und 26. Juni 1998, die der Erstbehörde am 17. Juni 1998 bzw. am 30. Juni 1998 vorgelegt wurden. Dem Akt ist ferner zu entnehmen, dass der Amtsarzt der Erstbehörde (offenbar am 30. Juni 1998) eine verkehrspsychologische Stellungnahme für erforderlich erachtet hat, die jedoch nicht durchgeführt wurde, weil der Beschwerdeführer - laut Mitteilung der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle des Kuratoriums für Verkehrssicherheit in Graz vom 14. September 1998 - einer Vorladung dieser verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle nicht Folge geleistet hat.

Im hg. Erkenntnis vom 10. November 1998 wurde dargelegt, dass Inhalt eines Aufforderungsbescheides nach § 26 Abs. 5 FSG - zum Unterschied von solchen nach § 75 Abs. 2 KFG 1967, die den bescheidmäßigen Auftrag enthalten konnten, sich ärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen - nur die Beibringung der im § 24 Abs. 4 FSG genannten Gutachten sein kann. Bestehen Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung des Besitzers einer Lenkberechtigung, ist ihm die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens gemäß § 8 FSG aufzutragen. Die amtsärztliche Untersuchung ist nicht Inhalt eines Aufforderungsbescheides nach § 26 Abs. 5 FSG sondern der Weg, wie der Besitzer der Lenkberechtigung zu dem beizubringenden Gutachten gelangt.

Der angefochtene Bescheid stützt sich allein auf die nicht näher begründete Annahme, "dass der Berufungswerber bis heute sich keiner amtsärztlichen Untersuchung unterzogen hat". Diese Annahme ist im Hinblick auf den oben wiedergegebenen Akteninhalt aktenwidrig.

Was die nach dem oben Gesagten allein relevante - im angefochtenen Bescheid nicht herangezogene - Nichtbeibringung des amtsärztlichen Gutachtens betrifft, gilt Folgendes:

Unterzieht sich der Besitzer einer Lenkberechtigung innerhalb der im § 26 Abs. 5 FSG genannten Frist von vier Monaten nicht der amtsärztlichen Untersuchung und vereitelt er damit das Zustandekommen eines amtsärztlichen Gutachtens, ist die Entziehung der Lenkberechtigung nicht rechtswidrig. Zur Beibringung des Gutachtens ist es im vorliegenden Fall aber deshalb nicht gekommen, weil eine vom Amtsarzt für erforderlich gehaltene Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle nicht beigebracht wurde. Unterzieht sich der Besitzer einer Lenkberechtigung zum Zwecke der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens in Befolgung einer bescheidmäßigen Aufforderung gemäß § 26 Abs. 5 FSG einer amtsärztlichen Untersuchung, hält der Amtsarzt aber zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle für erforderlich, die der Betreffende jedoch in der Folge trotz entsprechender (formloser) Aufforderung durch ein Organ der Behörde nicht beibringt, ist die Entziehung der Lenkberechtigung nur dann rechtmäßig, wenn die Erbringung dieser Befunde oder Stellungnahme tatsächlich erforderlich war. Dies ist im Entziehungsbescheid in nachvollziehbarer Weise zu begründen. Eine derartige Begründung enthält der angefochtene Bescheid nicht.

Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. März 1999

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998110286.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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