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43/02 Leistungsrecht;Norm
HGG 1992 §33 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des P in Wien, vertreten durch Dr. Franz Schneider, Dr. Graham Schneider und Dr. Günther Loibner, Rechtsanwälte in Wien I, Stephansplatz 8a, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 8. April 1998, Zl. 792.468/1-2.5/98, betreffend Wohnkostenbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 29. Dezember 1997 auf Zuerkennung einer Wohnkostenbeihilfe für eine von ihm gemietete, näher bezeichnete Wohnung in Wien XVIII, G.-Straße, abgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensverlaufes aus, der Beschwerdeführer habe am 29. September 1997 den Grundwehrdienst angetreten. Er habe den Nachweis zu erbringen, dass bereits zum Zeitpunkt der Zustellung des Einberufungsbefehles (am 14. Juli 1997) ein privatrechtliches Rechtsverhältnis bestanden habe, demzufolge er zur Innehabung der Wohnung berechtigt gewesen sei, und dass er dafür Entgelt zu leisten gehabt habe, widrigenfalls er gekündigt würde. Die vom Beschwerdeführer vorgelegte Bestätigung seines Vaters, wonach der Beschwerdeführer aufgrund eines mündlich abgeschlossenen Mietvertrages mit seiner Schwester seit 1. Juli 1997 Hauptmieter der Eigentumswohnung seiner Schwester sei und aufgrund der Vereinbarung einen Mietzins von S 3.850,-- zu bezahlen habe, stelle eine Privaturkunde im Sinne der Zivilprozessordnung dar und unterliege der freien Beweiswürdigung. Diese Bestätigung könne auch "unter Hinweis auf berufsethische Pflichten" - der Vater des Beschwerdeführers ist Rechtsanwalt - nicht als Ersatz für einen nicht vorhandenen Nachweis herangezogen werden. Das im Mietvertrag (oder mündlich) Vereinbarte möge unbestrittenermaßen zwischen den Vertragsparteien gelten. Im Verfahren nach dem Heeresgebührengesetz 1992 (HGG 1992) könnten Rechtsverhältnisse - selbst wenn sie den Gültigkeitserfordernissen des Zivilrechtes entsprächen - nur Anerkennung finden, wenn sie im entscheidungsrelevanten Zeitpunkt (Zustellung des Einberufungsbefehles) nach außen ausreichend zum Ausdruck gekommen seien und einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt hätten. Die Vorsprache des Beschwerdeführers am 18. März 1998 habe keinen neuen Sachverhalt ergeben. Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes seien die im § 33 HGG 1992 festgelegten Voraussetzungen für die Zuerkennung von Wohnkostenbeihilfe nicht erfüllt. Es sei daher nicht notwendig gewesen, auf das weitere Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers einzugehen, da es zu keinem anderen Ergebnis als zur Abweisung hätte führen können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 33 Abs. 1 HGG 1992 sind mit der Wohnkostenbeihilfe dem Wehrpflichtigen jene Kosten abzugelten, die ihm nachweislich während des Präsenzdienstes entstehen für die erforderliche Beibehaltung jener eigenen Wohnung, in der er nach den Bestimmungen des Meldegesetzes 1991 (MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, gemeldet ist.
Dabei gilt folgendes:
1. Ein Anspruch besteht nur für jene Wohnung, in der der Wehrpflichtige bereits zum Zeitpunkt der Zustellung des Einberufungsbefehles oder der allgemeinen Bekanntmachung der Einberufung gewohnt hat.
2. Wurde der Erwerb einer Wohnung nachweislich bereits vor dem Zeitpunkt nach Z. 1 eingeleitet, so besteht ein Anspruch auch dann, wenn die Wohnung erst nach diesem Zeitpunkt bezogen wird.
Hat der Wehrpflichtige nach dem Zeitpunkt nach Z. 1, jedoch vor dem Einberufungstermin eine andere eigene Wohnung bezogen und sich in dieser Wohnung gemeldet, so gebühren, sofern nicht Z. 2 anzuwenden ist, anstelle der Kosten für diese Wohnung die ehemaligen Kosten jener eigenen Wohnung, in der der Wehrpflichtige zu diesem Zeitpunkt gewohnt hat.
Gemäß § 33 Abs. 2 leg. cit. gelten als eigene Wohnung Räumlichkeiten, die eine abgeschlossene Einheit bilden und in denen der Wehrpflichtige einen selbständigen Haushalt führt. Gehören die Räumlichkeiten zu einem Wohnungsverband, so müssen sie eine selbständige Benützbarkeit ohne Beeinträchtigung der anderen im Wohnungsverband liegenden Wohnungen gewährleisten.
Die Begründung des angefochtenen Bescheides legt den Schluss nahe, dass die belangte Behörde für den Nachweis des Entstehens von Kosten für die Beibehaltung einer eigenen Wohnung im Sinne des § 33 Abs. 1 HGG 1992 einen formalisierten Beweis verlangt. Dieser Inhalt ist aber der zitierten Vorschrift nicht zu entnehmen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass auch ein mündlich vereinbarter Mietvertrag Grundlage für einen Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe bilden kann (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. August 1998, Zl. 98/11/0075, mwN). Zum Nachweis im Sinne des § 33 Abs. 1 erster Satz HGG 1992 ist im Hinblick auf den aus § 46 AVG sich ergebenden Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel alles geeignet, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Kommt die Behörde nach Durchführung eines mängelfreien Verfahrens in freier Würdigung der aufgenommenen Beweise zu dem Ergebnis, dass ein Beweis für das Entstehen von Kosten für die Beibehaltung einer eigenen Wohnung im Sinne des § 33 HGG 1992 nicht erfolgt ist, so führt dies zur Abweisung des Antrages auf Zuerkennung der Wohnkostenbeihilfe. Eine Beweisregel oder eine Beweismittelbeschränkung ist aus § 33 Abs. 1 HGG 1992, im Besonderen aus dem dort verwendeten Wort "nachweislich", nicht ableitbar. Dies gilt auch dann, wenn Verträge zwischen nahen Angehörigen zu beurteilen sind. Im Rahmen der Beweiswürdigung kann allerdings von Bedeutung sein, wenn Verträge zwischen nahen Angehörigen nicht nach außen zum Ausdruck kommen, keinen eindeutigen und klaren Inhalt haben oder einem Fremdvergleich nicht standhalten würden (vgl. dazu Stoll, BAO-Kommentar, 327 f).
Folgt man dem Vorbringen des Beschwerdeführers, hat er mit dem am 4. Juli 1997 beim Finanzamt angezeigten Mietvertrag vom 30. Juni 1997 seine Eigentumswohnung in Wien XVIII, M.-Straße, für die Dauer eines Jahres zu einem monatlichen Mietzins von S 3.850,-- vermietet und zugleich die Eigentumswohnung seiner Schwester in der G.-Straße um einen monatlichen Mietzins in gleicher Höhe gemietet. Da der Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe nicht die soziale Bedürftigkeit des Wehrpflichtigen voraussetzt, kann dieser Vorgang allein - mag er auch ungewöhnlich erscheinen - den Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe nicht ausschließen. Maßgeblich für diesen Anspruch ist nur, ob die gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere das Entstehen von Kosten (im vorliegenden Fall aufgrund eines mündlichen Mietvertrages), das tatsächliche Wohnen bereits zum Zeitpunkt der Zustellung des Einberufungsbefehles (§ 33 Abs. 1 Z. 1 HGG 1992) und die Führung eines selbständigen Haushaltes in der Wohnung (§ 33 Abs. 2 leg. cit.) erfüllt sind.
Die belangte Behörde wird zur Frage des behaupteten Abschlusses des (mündlichen) Mietvertrages betreffend die Wohnung in der G.-Straße sowie zu den weiteren Anspruchsvoraussetzungen unter Mitwirkung des Beschwerdeführers ein Ermittlungsverfahren, insbesondere die Vernehmung jener Personen, die von den maßgebenden Umständen Kenntnis haben müssen, durchzuführen haben und erst dann beurteilen können, welchen Sachverhalt sie als erwiesen annimmt. Erst im Rahmen dieser Beurteilung kann das Fehlen eines schriftlichen Mietvertrages betreffend die Wohnung in der G.-Straße, der Umstand, dass der behauptete Mietvertrag nach der Aktenlage bis zur Antragstellung am 29. Dezember 1997 nicht nach außen in Erscheinung getreten und die Anmeldung erst mit Beginn des Präsenzdienstes erfolgt ist, berücksichtigt und gewürdigt werden. Im Gegensatz zu der im Verwaltungsverfahren und in der Beschwerde geäußerten Auffassung des Beschwerdeführers kommt dabei der Bestätigung seines Vaters vom 22. Dezember 1997, der zu den näheren Umständen des behaupteten Vertragsabschlusses keine Einzelheiten zu entnehmen sind, nicht schon deshalb besondere Bedeutung zu, weil der Vater des Beschwerdeführers als Rechtsanwalt dem Disziplinarrecht dieses Berufsstandes unterliegt.
Aus den oben genannten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. März 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998110133.X00Im RIS seit
20.11.2000