Entscheidungsdatum
27.03.2019Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §44aText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Triendl über die Beschwerde des AA, v.d. Rechtsanwälte BB, Adresse 1, Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 13.2.2109, Zl. ***** wegen einer Übertretung nach der TBO 2018
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer folgender Sachverhalt zur Last gelegt:
„Herr AA als Geschäftsführer der Fa. CC-GmbH mit Sitz in X, Adresse 2 und somit nach § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ ist dafür verantwortlich, dass das mit Bescheid der Gemeinde W vom 21.11.2016, Zl. *****, bewilligte Bauvorhaben „Neubau einer Wohnanlage auf Gp **1 KG W“ im Bereich der Tiefgarage innen und außen abweichend von den angeführten Bescheid zugrunde liegenden Plänen ausgeführt wurde. Am 10.1.2018 in der Zeit zwischen 08:45 Uhr und 09:00 Uhr wurde durch die Baubehörde der Gemeinde W festgestellt, dass beim Bauvorhaben „Neubau einer Wohnanlage auf Gp **1 KG W“ nachfolgende baulichen Anlagen abweichend von der baurechtlichen Bewilligung durchgeführt wurden:
1. Die Mauer im Untergeschoß 2 (Tiefgarage) zur Rampe hin, wurde nicht planmäßig ausgeführt.
2. Die Mauer der Tiefgarage im Freien entspricht ebenso nicht den bewilligten Planunterlagen. Diese wurde errichtet, ohne dass eine entsprechende Bewilligung vorlag.
Es wurden zumindest zum angeführten Tatzeitpunkt an angeführtem Tatort die beiden baulichen Anlagen durchgeführt, somit ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne eine entsprechende Baubewilligung (zu 2.) und abweichend von der Baubewilligung (zu 1.) oder ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben ohne eine entsprechende Bauanzeige, erheblich abweichend von der Bauanzeige, ungeachtet einer Untersagung nach § 30 Abs 3 3. Satz oder vorzeitig ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach § 37 Abs 2 ausgeführt.“
Der Beschuldigte habe gegen § 67 Abs 1 lit a TBO 2018 verstoßen und wurde über ihn gemäß § 67 Abs 1 TBO 2018 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 3.630 (Ersatzfreiheitsstrafe 34 Stunden) verhängt. Weiters wurde ein anteiliger Beitrag zu den Verfahrenskosten der Behörde vorgeschrieben.
In der rechtzeitig dagegen erhobenen Beschwerde brachte der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer zusammenfassend vor, der Tatvorwurf sei völlig ungenügend und unklar.
Beweis wurde aufgenommenen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt.
II. Rechtsgrundlagen
Die hier maßgebliche Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl 52 idF BGBl I 2018/58 (VStG) lautet wie folgt:
„§ 44a.
Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:
1. die als erwiesen angenommene Tat;
2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;
3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;
4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;
5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.“
III. Rechtliche Erwägungen
Der Spruch eines Straferkenntnisses hat gemäß § 44a VStG unter anderem die als erwiesen angenommene Tat aufzuweisen. Die als erwiesen angenommene Tat ist der den Deliktstatbestand erfüllende Sachverhalt Der Beschuldigte hat ein subjektives Recht, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat richtig und vollständig vorgehalten wird. Die Umschreibung der Tat hat dabei so präzise zu sein, dass der Beschuldigte einerseits seine Verteidigungsrechte wahren und im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren im Stande ist, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und er andererseits nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist. Die Tat ist daher so präzise zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschriften erforderlich sind, möglich ist. Das Tatverhalten muss dabei im Spruch selbst (und nicht erst in der Bescheidbegründung) umschrieben sein. Die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat hat sich am jeweils in Betracht kommenden Tatbild zu orientieren, die Frage ihrer Übereinstimmung mit den Erfordernissen des § 44 a Z 1 ist folglich in jedem konkreten Fall einzeln zu beurteilen (vgl. zu alledem Lewisch/Fister/Weilguni, VStG (2013) § 44a Rz 2 und 3 mwH auf die einschlägige Literatur sowie die Judikatur des VwGH, Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 (2004) 1520ff).
Diesen Anforderungen genügt die seitens der belangten Behörde gewählte Tatumschreibung, wie schon in der Beschwerde richtig ausgeführt, nicht.
Dort ist, was die Beschreibung der nach Ansicht der Behörde konsenslos bzw. abweichend vom Baukonsens errichteten baulichen Anlagen betrifft, lediglich davon die Rede, dass „im Bereich der Tiefgarage innen und außen … die Mauer im Untergeschoß 2 (Tiefgarage) zur Rampe hin, nicht planmäßig ausgeführt wurde“ (Faktum 1.) und „die Mauer der Tiefgarage im Freien nicht den bewilligten Planunterlagen entspricht“ (Faktum 2.).
Aus dieser vagen Beschreibung lässt sich nach Ansicht des erkennenden Gerichts nicht ansatzweise und mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Bestimmtheit ableiten, um welche baulichen Teile es sich hier handelt. So ist lediglich angeführt, „im Bereich der Tiefgarage innen und außen“ ohne darzulegen, wo nun exakt im Bereich der Tiefgarage die konsenslosen Baulichkeiten liegen sollen. Offenkundig bestehen beim gegenständlichen Bauvorhaben zwei Untergeschoße, wenn vom „Untergeschoß 2“ die Rede ist. Die Umschreibung der konsenslosen Anlage zum Faktum 1. mit „Mauer zur Rampe hin“ ist jedoch so ungenau, dass hier nicht gesagt werden kann, um welche Mauer es sich handelt. Auch beim Faktum 2. ist lediglich von einer „Mauer der Tiefgarage im Freien“ die Rede. In keinem der Fälle erfolgt etwa eine exakte verbale Beschreibung dieser baulichen Anlagen bzw. wurde das genaue Ausmaß (Länge/Höhe), die Lage, oder etwa das Material näher beschrieben. Die belange Behörde nahm im angefochtenen Straferkenntnis auch nicht Bezug auf eine planliche Darstellung bzw. auf Fotografien. Hier läge es beispielsweise nahe, eine Planskizze, aus der die konsenslosen Baulichkeiten nachvollziehbar ersichtlich wären, als Bestandteil des Straferkenntnisses diesem anzuheften. Bezeichnenderweise weiß offenkundig auch die Sachbearbeiterin der belangten Behörde nicht, welche Baulichkeiten nun vom gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren umfasst sind (so jedenfalls die Niederschrift über die Einvernahme des Beschuldigten vom 20.11.2018 „Auch die Bezirkshauptmannschaft kann mir darüber keine Auskunft erteilen“).
In der vorliegenden Fallkonstellation ist auch eine Konkretisierung des Spruches des Straferkenntnisses durch das Landesverwaltungsgericht Tirol ausgeschlossen, zumal ja, wie oben eingehend dargelegt, nicht ansatzweise klar ist, von welchen konsenlosen Baulichkeiten die belangte Behörde überhaupt ausgeht. Damit geht einher, dass das angefochtenen Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren (soweit es den hier vorliegenden, mangelhaften Tatvorwurf betrifft) einzustellen war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Die ordentliche Revision ist sowohl im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren als auch im gegenständlichen führerscheinrechtlichen Verfahren unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision war daher auszuschließen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Triendl
(Richter)
Schlagworte
Spruch; TatumschreibungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.22.0558.1Zuletzt aktualisiert am
03.05.2019