Entscheidungsdatum
02.01.2019Norm
BFA-VG §21 Abs7Spruch
L502 2210003-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch RA Dr. Alfred POFERL, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.10.2018, FZ. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein irakischer Staatsangehöriger, stellte im Gefolge seiner Einreise in das Bundesgebiet am 09.10.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.04.2011 wurde dem BF gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
2. Am 11.05.2015 stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) dem BF antragsgemäß einen bis 11.05.2017 gültigen Konventionsreisepass aus.
3. Am 11.05.2017 beantragte der BF beim BFA, Regionaldirektion Oberösterreich, die Ausstellung eines weiteren Konventionsreisepasses für Asylberechtigte iSd § 94 Abs. 1 FPG.
Dem Antrag beigelegt wurden Kopien des Bescheides vom 11.04.2011, die Kopie der ersten Seite des im Jahr 2015 ausgestellten Konventionsreisepasses, zwei Passbilder, sowie eine Kopie von der Eintragung des BF im standesamtlichen Geburtenbuch.
4. Mit og. Bescheid des BFA vom 11.10.2018 wurde der Antrag des BF vom 11.05.2017 auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z 4 FPG abgewiesen.
5. Dieser Bescheid wurde dem BF am 12.10.2018 durch Hinterlegung zugestellt, wogegen dieser durch dessen rechtsfreundlichen Vertreter am 05.11.2018 fristgerecht Beschwerde erhob.
6. Die Beschwerdevorlage der belangten Behörde langte mit 23.11.2018 beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurde in der Folge der nun zur Entscheidung berufenen Gerichtsabteilung zugewiesen.
7. Das BVwG erstellte aktuelle Auszüge aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Strafregister sowie dem Zentralen Melderegister (ZMR) den BF betreffend.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Die Identität des BF steht fest. Er ist irakischer Staatsangehöriger, dem mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.04.2011 in Österreich der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde. Er ist seit Oktober 2003 bis dato in Österreich aufrecht mit einem Hauptwohnsitz gemeldet. Dem BF wurde am 12.05.2012 ein Konventionsreisepass, gültig bis zum 11.05.2017, ausgestellt. Am 11.05.2017 beantragte er die Ausstellung eines weiteren Konventionsreisepasses.
Im österreichischen Strafregister scheint keine Eintragung des BF auf. In Deutschland wurde er mit Urteil des Amtsgerichts Hof vom 26.02.2016, rechtskräftig seit 05.03.2016, zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern, sowie mit Urteil des Amtsgerichtes Nürnburg vom 13.04.2006 wegen unerlaubter Einreise nach Abschiebung, in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt nach Abschiebung und unerlaubtem Aufenthalt ohne Pass, und mit Urteil vom Amtsgericht Rosenheim vom 13.11.2012 wegen unerlaubter Einreise nach Abschiebung, in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt nach Abschiebung, verurteilt.
Mit Bescheid des Landratsamtes Hof vom 26.09.2016 wurde der BF aus dem Geltungsbereich des deutschen Aufenthaltsgesetzes ausgewiesen und ihm gegenüber ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für das deutsche Bundesgebiet für die Dauer von drei Jahren verhängt.
2. Beweiswürdigung
Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den gg. Verfahrensakt des BFA und die Beschwerde des BF sowie durch die Einholung aktueller Auszüge aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister, dem Zentralen Melderegister und dem Strafregister den BF betreffend.
Der Verfahrensgang sowie die Feststellungen oben stellen sich im Lichte dessen als unstrittig dar.
3. Rechtliche Beurteilung:
Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Mit BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) eingerichtet.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG idgF sowie § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde als gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A)
1. Gemäß § 5 Abs. 1a Z 3 FPG sowie § 3 Abs. 2 Z 5 BFA-VG obliegt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde gemäß dem 11. Hauptstück des FPG.
Gemäß § 94 Abs. 1 FPG sind Konventionsreisepässe Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen.
Gemäß § 94 Abs. 3 FPG hat das Bundesamt bei Ausübung des ihm in Abs. 2 eingeräumten Ermessens einerseits auf die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers, andererseits auf sicherheitspolizeiliche Belange sowie auf eine mögliche Beeinträchtigung der Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat Bedacht zu nehmen.
Gemäß § 94 Abs. 5 FPG gelten der § 88 Abs. 4 sowie die §§ 89 bis 93 FPG, die sich auf Fremdenpässe beziehen, auch für Konventionsreisepässe.
Gemäß § 92 Abs. 1 Z 4 FPG idgF ist die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde das Dokument benützen will um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken.
Gemäß § 92 Abs. 3 FPG ist bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wenn den Tatsachen, die in Abs. 1 Z 1 bis 4 angeführt werden, gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde liegen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben.
Gemäß § 92 Abs. 1 a FPG gelten die Versagungsgründe des § 14 Abs. 1 Z 3 lit d, e und Z 5 Passgesetz 1992 sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle des Reisepasses der Fremdenpass tritt.
§ 14 PassG lautet auszugsweise:
"Passversagung:
§ 14. (1) Die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Reisepasses sind zu versagen, wenn
3. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will um,
c) die rechtswidrige Ein- oder Durchreise eines Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen Nachbarstaat Österreichs zu fördern,
2. Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015, ErläutRV 582 der Beilagen XXV.
GP (BGBl I 2015/70) zu § 92 Abs. 1a und 3 FPG:
"Die Bestimmungen für die Versagung von Reisepässen für österreichische Staatsbürger wurden in den vergangenen Jahren mehrfach novelliert; diese Änderungen sollen nun auch für Fremdenpässe (und aufgrund des § 94 Abs 5 auch für Konventionsreisepässe) unter Beibehaltung der bisherigen Gründe nachvollzogen werden. Gerade da auch für Fremdenpässe die sonstigen Ausstellungsbestimmungen des Bundesgesetzes betreffend das Passwesen für österreichische Staatsbürger (Passgesetz 1992), BGBl I 1992/839, maßgeblich sind (§ 88 Abs 4), erscheint dies angebracht und gerade auch im Hinblick auf die Internationalität des Terrorismus und seiner wirksamen Bekämpfung unbedingt notwendig:
Die bisherigen zum Teil strengeren Versagungsgründe als im Passgesetz bleiben im Abs. 1 unverändert. Mit Abs. 1a werden nun darüber hinaus sämtliche Versagungsgründe des Passgesetzes auch ins Passwesen für Fremde übernommen, jedoch nur, soweit im Abs. 1 nicht bereits eine lex specialis besteht.
Mit Abs. 3 wird die Beweisregel des § 14 Abs. 3 Passgesetz auch für die besonderen Versagungsgründe für Fremdenpässe übernommen; darüber hinaus sollen die Regelungen des § 14 Passgesetz generell für die Versagung des Fremdenpasses gelten."
3. Die belangte Behörde gelangte im bekämpften Bescheid zur Feststellung, dass bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der BF das Dokument benützen will um Schlepperei zu begehen. Da Österreich mit der Ausstellung eines Fremdenpasses bzw. eines Konventionspasses die Möglichkeit zu reisen einräumt, übernehme es damit auch eine Verpflichtung gegenüber den Gastländern und erfordere die Ausstellung daher einen restriktiven Maßstab.
Sie legte ihrer Entscheidung insbesondere den Bescheid des Landratsamtes Hof vom 26.09.2016 sowie die darin angestellten Ausführungen des Urteils des Amtsgerichtes Hof vom 26.02.2016 zu Grunde, wonach der BF drei syrische Staatsangehörige unerlaubt und ohne erforderliche Reisedokumente in seinem Pkw von Österreich kommend in das deutsche Bundesgebiet verbrachte und damit das Vergehen des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern begangen hat, weshalb er rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt wurde.
Aus dem Bescheid des Landratsamtes Hof vom 26.09.2016 gehe überdies hervor, dass dem Urteil des Amtsgerichtes Hof zu entnehmen sei, der BF habe in der Absicht gehandelt "sich durch wiederholte Begehung von Schleusungstaten eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und Dauer zu verschaffen" (AS 21).
Bei der Strafzumessung sei zu Gunsten des BF dessen umfassendes Geständnis berücksichtigt worden sowie, dass "die Tat aus einer gewissen finanziellen Notlage heraus" begangen worden sei. Zu Lasten des BF hätten sich zwei gleichgelagerte Vorahndungen ausgewirkt, nämlich eine Verurteilung durch das Amtsgericht Nürnburg vom 13.04.2006 wegen unerlaubter Einreise nach Abschiebung, in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt nach Abschiebung und unerlaubtem Aufenthalt ohne Pass, sowie eine weitere vom Amtsgericht Rosenheim vom 13.11.2012 wegen unerlaubter Einreise nach Abschiebung, in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt nach Abschiebung.
Es sei mit dem Bescheid des Landratsamtes Hof vom 26.09.2016 auch eine auf § 53 Abs. 1 iVm § 54 f dAufenthaltsG gestützte Ausweisung ergangen, da der BF eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung - insbesondere aufgrund seiner rechtskräftigen Verurteilung durch das Amtsgericht Hof vom 26.02.2016 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten für das gewerbsmäßige Einschleusen von Ausländern - darstelle. Überdies habe das Landesratsamt Hof in seinem Bescheid auch auf die spezialpräventive Wirkung ihrer Entscheidung hingewiesen, zumal beim BF aufgrund des bisher gezeigten Verhaltens, insbesondere die einschlägigen Vorverurteilungen, und im Hinblick darauf, dass die Straftat aus einer finanziellen Notlage heraus begangen wurde, von einer Wiederholungsgefahr auszugehen sei (AS 27).
Das BFA folgerte, dass durch das Schlepperunwesen die öffentliche Ordnung erheblich gefährdet werde und diese Form der organisierten Kriminalität bereits Formen angenommen habe, die ein rigoroses Vorgehen dringend erforderlich machen würden. Es komme für die Ausstellung eines Konventionspasses nicht bloß auf die Interessen des Asylberechtigten, sondern auch auf ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung für diesen Asylberechtigten an, da Österreich damit auch eine Verpflichtung gegenüber den Gastländern übernehmen würde. Seit der Verurteilung des BF sei auch ein zu kurzer Zeitraum des Wohlverhaltens vergangen, weshalb das BFA die Ausstellung eines Konventionsreisepasses versage.
4. In der Beschwerde wurde demgegenüber argumentiert, dass die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht, wonach der BF zu einer Freiheitsstrafe wegen Schlepperei verurteilt wurde und ein noch zu kurzer Zeitraum des Wohlverhaltens vergangen sei, als dass die Ausstellung eines Konventionsreisepasses gerechtfertigt sei, nicht gerechtfertigt sei.
Im Einzelnen sei der BF seit 15 Jahren in Österreich aufhältig und hier noch unbescholten, seit der Verurteilung in Deutschland habe er sich wohlverhalten. Zudem habe es sich um eine Verurteilung zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe gehandelt, deren unbedingter Teil bereits verbüßt sei und der bedingte Teil am 04.11.2019 endgültig nachgesehen werde. Den BF betreffend sei außerdem nicht vom Erfordernis spezialpräventiver Maßnahmen auszugehen, zumal die belangte Behörde den zuvor ausgestellten und bis 11.05.2017 gültigen Konventionspass trotz der rechtskräftigen Verurteilung durch das Amtsgericht Hof am 26.02.2016 auch nicht entzogen habe.
Im Übrigen sei zum Zeitpunkt der Anhaltung des BF am 09.11.2015 per se kein illegaler Grenzübertritt möglich gewesen, da sich Österreich und Deutschland darauf verständigt hätten die Grenzkontrollen für den Flüchtlingsstrom auszusetzen. Trotz der rechtskräftigen Verurteilung sei daher der strafrechtliche Unwert dieser Tat fraglich. Jedenfalls habe die Tat des BF nicht die Beziehungen zwischen den betroffenen Ländern gefährdet.
Es liege auch kein hinreichender Grund zur Annahme vor, dass der BF das Dokument - pro futuro - zur Begehung von Schlepperei nutzen werde, zumal mit der Verbüßung der Strafe die Tat gesühnt sei. Es sei nicht zulässig von dieser Tat auf weitere künftige Straftaten zu schließen.
Zuletzt habe es die belangte Behörde zu Unrecht unterlassen die aktuellen persönlichen Umstände des BF festzustellen und in die Entscheidung miteinzubeziehen.
5.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 05.05.2015, Ro 2014/22/0031, zu den im Wesentlichen gleichlautenden Vorgängerbestimmungen festgehalten, dass die Versagungsgründe des § 92 Abs. 1 iVm § 94 Abs. 5 FrPolG 2005 vor dem Hintergrund des Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG (Statusrichtlinie vgl. jetzt RL 2011/95/EU) zu lesen sind (vgl. auch VwGH 2013/21/0055 v. 20.12.2013).
Diese Bestimmung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, Reiseausweise - wie im Anhang zur Genfer Flüchtlingskonvention vorgesehen - für Reisen außerhalb ihres Gebietes ausstellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen.
Hinsichtlich dieser Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit der Republik Österreich wird in der Judikatur ein besonderes Gefahrenpotential - insbesondere bereits erfolgte Verurteilungen - sowie eine negative Prognoseentscheidung für das weitere Verhalten der Antragsteller verlangt (vgl. VwGH vom 16. Mai 2013, 2013/21/0003).
Nach dem Wortlaut der Bestimmung ("... ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen ...") ist der Behörde kein Ermessen eingeräumt, das ein Absehen von der Versagung erlaubt (VwGH 17. 2. 2006, 2006/18/0030; 24. 9. 2009, 2009/18/0155). Auf die persönlichen und wirtschaftlichen Interessen des Fremden ist im Falle des Vorliegens eines Versagungsgrundes keine Rücksicht zu nehmen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 92 FPG, K7).
Der Versagungsgrund des § 92 Abs 1 FPG setzt nicht voraus, dass der Fremde tatsächlich schon einmal ein Reisedokument für den verpönten Zweck benutzt hat (VwGH 7. 7. 2009, 2007/18/0243; 26.11.2009, 2009/18/0460; 26. 2. 2015, Ra 2014/22/0133).
Die Versagung eines Konventionsreisepasses stellt eine vorbeugende Sicherungsmaßnahme zur Abwendung künftiger Straftaten dar. Bei der Prüfung der Frage, ob die vom Gesetz geforderte Annahme gerechtfertigt ist (Zukunftsprognose), ist festzustellen, ob Tatsachen vorliegen, die diese Annahme rechtfertigten (VwGH 05.07.2012, 2010/21/0345 mit Verweis auf VwGH 24.06.2010, 2009/21/0084).
Die Unmöglichkeit, die eigene Identität (im Bundesgebiet) durch einen Konventionsreisepass nachweisen zu können, ist bei Vorliegen eines Versagungsgrundes in Kauf zu nehmen (VwGH 22. 10. 2009, 2008/21/0570).
Ein Konventionsreisepass ist zur Darlegung der Flüchtlingseigenschaft bzw. zur legalen Arbeitsaufnahme des Fremden in Ö nicht erforderlich. Bei der Versagung ist - ebenso wie bei dessen Entziehung - auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen nicht Rücksicht zu nehmen (vgl. VwGH 20.12.2013, 2013/21/0055; 4. 6. 2009, 2006/18/0204; 24. 1. 2012, 2008/18/0504).
Die Judikaturverweise zu § 92 Abs. 1 FPG können auch auf Abs. 1 a leg cit übertragen werden.
5.2. Hinsichtlich der in der Beschwerde vertretenen Ansicht, wonach aus der vom BF begangenen Tat nicht zwingend auf weitere derartige künftige Straftaten mit demselben Unrechtsgehalt geschlossen werden dürfe, ist zunächst auf die hg. Judikatur zu verweisen, wonach der Umstand, dass ein Fremder bereits in der Vergangenheit Schlepperei begangen hat und deswegen verurteilt wurde, jedenfalls eine Tatsache darstellt, die grundsätzlich für die Annahme spricht, er wolle den Konventionsreisepass benützen, um (neuerlich) Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken. Dies gilt umso mehr dann, wenn eine solche Tat, die mit einer Reisebewegung ins Ausland verbunden war, bereits während des Besitzes eines Konventionsreisepasses begangen wurde, sodass sich die Annahme in der Vergangenheit insofern bereits verwirklicht hat. Hat sich der Fremde an der Wiederholung einer schon einmal misslungenen Schlepperei beteiligt, darf die Behörde dies in ihre Überlegungen einbeziehen (VwGH 05.07.2012, 2010/21/0345).
Da der BF seit 12.05.2015 im Besitz eines Konventionspasses war und am 08.11.2015 bei der Ausübung der für die Schlepperei wesentlichen Tathandlung von deutschen Behörden betreten und in der Folge wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern (was dem österreichischen Delikt der Schlepperei gemäß § 114 FPG entspricht) rechtskräftig verurteilt wurde (AS 21), drängte sich die Annahme, der BF werde im Falle der neuerlichen Ausstellung eines Konventionsreisepasses erneut ein derartiges Delikt begehen, für die belangte Behörde geradezu auf. Diese durfte dementsprechend zu Recht davon ausgehen, dass die konkrete Gefahr besteht, dass der BF den Konventionspass dazu verwenden wird neuerlich Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken. Erschwerend kommt noch hinzu, dass der Konventionsreisepass erst wenige Monate zuvor ausgestellt worden war (VwGH 16.05.2013, 2012/21/0253). Zudem ist evident, dass ein Reisedokument Tätigkeiten im Zusammenhang mit Schleppungen jedenfalls erleichtert (VwGH 26.02.2015, Ra 2014/22/0133), und daher bei einem Antragsteller, der bereits eine einschlägige Vorverurteilung hat, die Annahme, der BF werde den Konventionspass erneut für diese Zwecke verwenden, naheliegend.
5.3. Soweit in der Beschwerde argumentiert wurde, dass die begangene Straftat bereits "verbüßt" sei, ist darauf hinzuweisen, dass für die Frage, ob ein Versagungsgrund vorliegt, auch ein bereits getilgten Verurteilungen zugrundeliegendes Fehlverhalten zu berücksichtigen ist. Eine Prognoseentscheidung im Hinblick darauf, ob der BF neuerlich als Schlepper tätig wird bzw. sich an der Schlepperei beteiligt, ist (auch) unabhängig davon zu treffen, ob die verhängte Strafe bereits "verbüßt" ist (VwGH 24.01.2012, 2008/18/0504). Zudem ist der bedingte Teil der Haftstrafe den Angaben des BF zufolge erst am 04.11.2019 endgültig nachgesehen (AS 60), weshalb noch gar nicht von einer "Verbüßung" der Strafe die Rede sein konnte.
Zum Einwand in der Beschwerde, seit der Tatbegehung sei bereits ein etwas mehr als drei Jahre andauerndes Wohlverhalten eingetreten, ist festzuhalten, dass gemäß § 92 Abs. 3 FPG bei strafbaren Handlungen bis zum Ablauf von drei Jahren jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen ist, wobei Haftzeiten außer Betracht zu bleiben haben. Seit der Entlassung des BF aus der Haft sind jedoch noch nicht drei Jahre vergangen, zumal die strafgerichtliche Verurteilung erst 05.03.2016 rechtskräftig war.
Überdies kann in Absehung von dieser gesetzlichen Anordnung bei einer etwa dreijährigen Zeit des Wohlverhaltens jedenfalls noch nicht von einem ausreichend langen Zeitraum ausgegangen werden, um die vom BF ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Schleppereidelikte als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert anzusehen (VwGH 25.11.2010, 2008/18/0458).
5.4. Dem Einwand in der Beschwerde, dass die belangte Behörde die persönlichen Umstände des BF hätte berücksichtigen müssen, stand entgegen, dass für die Versagung der Ausstellung eines Konventionspasses das Vorliegen eines der Versagungsgründe des § 92 Abs. 1 FPG ausreicht, welcher als lex specialis gegenüber den allgemeinen Bestimmungen des Passgesetzes für Fremdenpässe und Konventionsreisepässe Tatbestände normiert, deren Vorliegen einer Ausstellung, Erweiterung des Geltungsbereichs oder Änderung des Reisedokumentes entgegensteht
(Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 92 FPG, K3). Die Bestimmung, auf die der BF in der Beschwerde offenbar abstellt, ist die des § 94 Abs. 3 FPG, welche für die Ausstellung von Konventionsreisepässen gem. § 94 Abs. 2 FPG normiert, dass das Bundesamt bei Ausübung des ihm in § 94 Abs. 2 FPG eingeräumten Ermessens einerseits auf die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers, andererseits auf sicherheitspolizeiliche Belange sowie auf eine mögliche Beeinträchtigung der Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat Bedacht zu nehmen hat. Im Gegensatz zu dieser Bestimmung ist den Behörden hinsichtlich der Versagungsgründe des § 92 FPG, wie schon ausgeführt, jedoch kein Ermessen eingeräumt. § 94 Abs.3 FPG ist damit für die Ausstellung von Konventionsreisepässen gemäß § 94 Abs 1 FPG bzw. für deren Versagung nicht zu beachten. Es blieb daher nur zu prüfen, ob ein Versagungsgrund des § 92 Abs. 1 FPG vorliegt, und war zutreffendenfalls die Ausstellung eines Passes zu versagen.
5.5. Die Annahme der Behörde, dass der BF einen neuen Konventionsreisepass neuerlich für einschlägige Straftaten verwenden könnte, begegnet schon im Hinblick auf die bisherigen Reisetätigkeiten des BF und den in Deutschland geführten Straf- und Verwaltungsstrafverfahren keinen Bedenken des BVwG.
Dort hat der BF im Übrigen auch nicht behauptet, dass er seinerzeit aus bloß privaten Gründen nach Deutschland gereist sei, sondern hat er sich vielmehr was den Vorwurf an ihn anging als geständig verantwortet.
Die Ermittlungsergebnisse des BFA beinhalten ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass der BF im Falle des Erlangens eines neuen Konventionsreisepasses erneut Schlepperei begehen könnte.
Für diese Annahme war das Argument in der Beschwerde, dass für den Fall einer solchen Ansicht die belangte Behörde doch wohl auch schon zuvor den bis 11.05.2017 gültigen Konventionspass des BF entzogen hätte, unmaßgeblich, weil ein solches früheres Nichttätigwerden keine Präklusionswirkung für die gg. Entscheidung entfaltet.
Auch der in der Beschwerde vertretenen Ansicht, der Tat, für die der BF vom Amtsgericht Hof mit Urteil vom 26.02.2016 rechtskräftig wegen des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern verurteilt wurde, fehle aus näher genannten Gründen ein maßgeblicher Unrechtsgehalt, war nicht zu folgen. Wäre diese Ansicht tatsächlich vertretbar gewesen, so wäre es schon nicht zu einer strafgerichtlichen Verurteilung des BF gekommen. Insbesondere wurde dem BF dabei nicht der bloße illegale Grenzübertritt zur Last gelegt, sondern die Förderung der rechtswidrigen Einreise mehrerer Fremder in einen Nachbarstaat Österreichs mit dem Vorsatz sich durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern (vgl. § 114 FPG).
Zutreffend stellte die belangte Behörde schließlich darauf ab, dass an der Verhinderung der Schlepperei - schon ohne Bereicherungsabsicht - ein großes öffentliches Interesse besteht, das die Versagung eines Konventionsreisepasses aus Gründen der öffentlichen Ordnung (vgl. Art. 28 der Genfer Flüchtlingskonvention) rechtfertigt (VwGH 05.07.2012, 2010/21/0345). Dies gilt umso mehr für die Verhinderung von Schlepperei mit Bereicherungsabsicht, deren (neuerliche) Begehung durch den BF begründet zu befürchten war.
5.6. Aus diesen Erwägungen folgte, dass im gg. Fall § 92 Abs. 1 Z 4 FPG wie auch § 92 Abs. 1 a FPG iVm § 14 Abs. 1 Z 3 lit. c Paßgesetz erfüllt sind, da Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der BF das beantragte Dokument benützen will um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken.
6. Die Beschwerde war sohin als unbegründet abzuweisen.
7. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF, kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gg. Fall gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Bereicherung, Einnahmenerzielung, Gefährdung der Sicherheit,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L502.2210003.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.05.2019