TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/9 L502 2146801-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.01.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

09.01.2019

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L502 2146799-1/8E

L502 2146791-1/5E

L502 2146801-1/5E

L502 2146796-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Irak und vertreten durch ARGE-Rechtsberatung, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.12.2016, FZ. 1094705308-151768265, 1094705406-151768368, 1094705504-151768279, 1110446907-160479764, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.12.2018, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer (BF1), seine Mutter (BF2) und seine Ehegattin (BF3) stellten im Gefolge ihrer illegalen Einreise in das Bundesgebiet am 13.11.2015 beim Polizeianhaltezentrum Wels der Landespolizeidirektion Oberösterreich jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 13.11.2015 erfolgte dort die Erstbefragung des BF1, der BF2 und der BF3 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes. In der Folge wurden die Verfahren zugelassen.

3. Am 22.03.2016 stellte der BF1 als gesetzlicher Vertreter des in Österreich geborenen Viertbeschwerdeführers (BF4) für diesen unter Vorlage einer Kopie der Geburtsurkunde einen Antrag auf internationalen Schutz im Rahmen des Familienverfahrens.

4. Am 19.12.2016 wurden BF1, BF2 und BF3 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), RD NÖ, zu ihren Anträgen auf internationalen Schutz einvernommen, im Zuge dessen sie verschiedene Identitätsnachweise und sonstige Beweismittel vorlegten, die als Kopien zum Akt genommen wurden.

5. Mit den im Spruch genannten Bescheiden der belangten Behörde vom 16.12.2016 wurden die Anträge von BF1, BF2, BF3 und BF4 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde den Anträgen hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak stattgegeben und ihnen der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG jeweils bis zum 23.12.2017 erteilt (Spruchpunkt III.).

6. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 23.12.2016 wurde den BF von Amts wegen gemäß § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

7. Gegen die am 29.12.2016 persönlich zugestellten Bescheide wurde mit Schriftsatz vom 26.01.2017 innerhalb offener Frist jeweils gegen Spruchpunkt I. Beschwerde erhoben.

8. Mit 06.02.2017 langten die Beschwerdevorlagen des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurden die gg. Beschwerdeverfahren der nunmehr zuständigen Abteilung des Gerichts zur Entscheidung zugewiesen.

9. Am 09.01.2018 langten beim BVwG Bescheide des BFA vom 17.11.2017 ein, mit denen den BF gemäß § 8 Abs. 4 AsylG jeweils eine befristete Aufenthaltsbewilligung bis zum 31.12.2019 erteilt wurde.

10. Am 12.12.2018 führte das BVwG eine mündliche Verhandlung in den Rechtssachen der Beschwerdeführer durch, in der BF1 zu seinen Antragsgründen persönlich gehört wurde.

11. Das BVwG erstellte Auszüge aus den Datenbanken der Grundversorgungsinformation, des Melde- sowie des Strafregisters.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführer, deren Identitäten feststehen, sind irakische Staatsangehörige, Araber und Muslime der sunnitischen Glaubensgemeinschaft. BF1 bis BF3 stammen aus XXXX , wo sie vor der Ausreise im Stadtteil Al Mansur bei Verwandten lebten. Zuvor lebten sie in den Stadtteilen XXXX und XXXX . Der Vater des BF ist Pensionist, von seiner ersten Gattin geschieden und mit seiner nunmehrigen Ehegattin in XXXX wohnhaft. BF1 und BF3 schlossen am 07.07.2014 in XXXX die Ehe, einen gemeinsamen Wohnsitz teilten sie ab 07.03.2015. Der BF1 hat in XXXX drei Jahre lang bis ca. 2014 ein kaufmännisches Studium betrieben, dieses jedoch nicht abgeschlossen, und hat seinen Lebensunterhalt nach seinem Studium bis Ende August 2015 als Taxifahrer bestritten. Die BF2 hat in XXXX das Studium der Arabistik abgeschlossen und ihren Lebensunterhalt bis zu ihrer Ausreise im Oktober 2015 als Lehrerin für Arabisch an einer Mittelschule in XXXX bestritten. Sie ist geschieden. Die BF3 übte keine berufliche Tätigkeit aus.

BF1 bis BF3 verließen den Irak am 15.10.2015 ausgehend von XXXX auf dem Luftweg in die Türkei nach Istanbul, anschließend setzten sie von Izmir auf die griechische Insel Samos über, wo sie registriert wurden, und gelangten schließlich schlepperunterstützt auf dem Landweg nach Österreich, wo sie am 13.11.2015 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz stellten und sich seither aufhalten. Der BF4 wurde 2016 in Österreich geboren, für ihn wurde am 22.03.2016 ein Antrag gestellt.

Der BF1 und die BF3 besitzen jeweils einen am 15.09.2015 in XXXX ausgestellten irakischen Reisepass. Die BF2 besitzt einen am 23.12.2012 in XXXX ausgestellten irakischen Reisepass.

BF1, BF2 und BF3 sprechen Arabisch als Muttersprache. Der BF1 erwarb durch den Besuch von Sprachkursen ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache für den Alltagsgebrauch und bestand eine Deutschprüfung auf dem Niveau B1, die BF2 eine solche auf dem Niveau A2. Die Beschwerdeführer sind in Österreich noch keiner sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgegangen und beziehen für ihren Lebensunterhalt staatliche Sozialleistungen. Bf1 bis BF3 sind bis dato in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF1 im Irak der von ihm behaupteten individuellen Verfolgung durch Mitglieder einer schiitischen Miliz ausgesetzt war oder er im Falle einer Rückkehr in den Irak der Gefahr einer solchen ausgesetzt wäre.

BF2 und BF3 haben den Irak als Mitreisende des BF1 ohne individuelle Fluchtgründe verlassen. Die Gefahr einer individuellen Verfolgung bei einer Rückkehr dorthin konnte auch für BF2 bis BF4 nicht festgestellt werden.

1.3. Der gg. Entscheidung werden folgende länderkundliche Informationen zur allgemeinen Lage im Irak zugrunde gelegt:

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den sogen. Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite um die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt Mosul der Provinz Ninava gekennzeichnet. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und Salah al-Din im Zentral- und Südirak voraus. Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um Bagdad sowie im Umkreis von Kirkuk, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein geringer Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Vor dem Hintergrund einer langfristigen Tendenz unter den Binnenvertriebenen zur Rückkehr in ihre Herkunftsgebiete waren mit Oktober 2018 noch ca. 1,8 Mio. (seit 2014) Binnenvertriebene innerhalb des Iraks registriert, diesen standen wiederum ca. 4,1 Mio. Zurückgekehrte gegenüber. Schwerpunkte für Rückkehrende sind die Provinzen Ninava, Anbar, Salah al-Din und Kirkuk.

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogen. Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mosul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von Mosul. Ab November 2016 wurden sukzessive die Umgebung von Mosul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mosul eingekesselt. Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mosul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mosul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tel Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave um Hawija südwestlich von Kirkuk. Mit Beginn des Dezember 2017 mußte der IS seine letzten territorialen Ansprüche innerhalb des Iraks aufgeben, am 01.12.2017 erklärte Premier Abadi den gesamtem Irak für vom IS befreit.

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich Dohuk, Erbil und Suleimaniya, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Am 25.09.2017 hielt die kurdische Regionalregierung ein Referendum für eine mögliche Unabhängigkeitserklärung der Autonomieregion ab. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt Kirkuk. Am 15.10.2017 wurden die in Kirkuk stationierten kurdischen Sicherheitskräfte von Einheiten der irakischen Armee und der Polizei sowie der sogen. der Zentralregierung nahestehenden Volksmobilisierungseinheiten angegriffen, die sich in der Folge aus Kirkuk zurückzogen. Zuletzt kam es zur Besetzung weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze sowie von Grenzübergängen an der irakisch-syrischen Grenze durch die irakische Armee und die Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Eine Einreise in die Provinzen der kurdischen Autonomieregion ist aktuell aus Österreich auf dem Luftweg ausgehend vom Flughafen Wien via Amman und via Dubai nach Erbil und auf indirektem Weg via Bagdad möglich.

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz Basra, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in Anbar und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte vorerst eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte. Aktuell sind im Gefolge der Vertreibung des IS aus seinem früheren Herrschaftsgebiet im Irak keine maßgeblichen sicherheitsrelevanten Ereignisse bzw. Entwicklungen für die Region bekannt geworden.

Die Sicherheitslage im Großraum Bagdad war im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt durch die oben genannten Ereignisse im Zusammenhang mit der Bekämpfung des IS im Zentralirak. Seit 2016 kam es jedoch im Stadtgebiet von Bagdad zu mehreren Anschlägen bzw. Selbstmordattentaten auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern, die sich, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS, gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. So wurden am 13. und 15. Jänner 2018 von Selbstmordattentätern zwei Sprengstoffanschläge auf öffentliche Plätze in Bagdad verübt, deren genaue Urheber nicht bekannt wurden. Für den Großraum Bagdad sind im Gefolge der nunmehrigen Vertreibung des IS aus seinem früheren Herrschaftsgebiet nur mehr wenige sicherheitsrelevante Ereignisse bzw. Entwicklungen bekannt geworden. Zuletzt kam es am 06.06.2018 im Stadtteil Sadr-City zu einem Anschlag unbekannter Täter auf eine Moschee, bei dem 18 Menschen starben und 90 verletzt wurden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF1, der BF2 und der BF3, der bekämpften Bescheide, der Beschwerdeschriftsätze und der sonstigen im Zuge des Verfahrens vorgelegten Beweismitteln, die Durchführung der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG sowie die Einholung von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters und des Grundversorgungsdatensystems die Beschwerdeführer betreffend.

2.2. Identität und Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer waren auf der Grundlage der vorgelegten nationalen Identitätsdokumente von BF1 bis BF3 sowie der Geburtsurkunde des nachgeborenen BF4 feststellbar.

Die Feststellungen ihrer Zugehörigkeit zur arabischen Volksgruppe und zur sunnitischen Religionsgemeinschaft stützen sich auf den Umstand, dass diese von BF1, BF2 und BF3 bereits beginnend mit ihrer Erstbefragung angeben wurden, woraus wiederum auf jene des BF4 zu schließen war.

Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen von BF1 bis BF3 wurden ausgehend von den Angaben des BF1 in der Beschwerdeverhandlung getroffen.

Die Feststellungen zu den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat vor der Ausreise sowie in Österreich im Gefolge derselben ergaben sich in unstrittiger Weise aus einer Zusammenschau ihrer persönlichen Angaben im Verlauf des gg. Verfahrens, dem Inhalt der von ihnen vorgelegten Urkunden sowie aus den vom BVwG eingeholten Informationen der genannten Datenbanken.

Die Feststellungen zum Reiseverlauf resultieren aus einer Zusammenschau der Aussagen der Beschwerdeführer dazu und dem Inhalt der Reisepässe des BF1, der BF2 und der BF3.

2.3. Zur Feststellung fehlender individueller Verfolgung des BF1 vor der Ausreise aus von ihm behaupteten Gründen bzw. der fehlenden Gefahr einer solchen pro futuro oben gelangte das erkennende Gericht aufgrund folgender Erwägungen:

2.3.1. Anlässlich seiner Erstbefragung am 13.11.2015 brachte der BF1 zu seinen Antragsgründen befragt vor, dass ihn Schiiten mit dem Tod bedroht bzw. versucht hätten ihn zu töten. Er habe in einem "Schiitengebiet" gewohnt und für diese Schiiten sei es "nicht in Ordnung gewesen, dass ein Sunnit dort lebt". Andere Fluchtgründe habe er nicht gehabt.

Anlässlich seiner Einvernahme vor dem BFA am 19.12.2016 legte er zunächst dar, er sei bedroht worden und man habe versucht ihn umzubringen. Auf Nachfragen ergänzte er sein Vorbringen dahingehend, dass er ca. im Sommer oder Herbst 2014 einen Drohbrief erhalten habe, in dem er dazu aufgefordert worden sei sich einer "bewaffneten Miliz" anzuschließen, andernfalls man ihn umbringen werde, wobei er nicht angeben konnte welcher Miliz er sich anschließen sollte. Er habe daraufhin seinen Wohnort in einen anderen Bezirk verlegt. Im August 2015 sei von zwei Unbekannten aus einem Fahrzeug in Richtung seines Fahrzeuges geschossen worden, wobei seines nicht getroffen worden sei, er aber die Kontrolle über dieses verloren habe und verunglückt sei.

Die BF2 brachte anlässlich ihrer Erstbefragung zu ihren Antragsgründen befragt vor, dass der BF1 von "Schiiten" mit dem Tod bedroht worden sei, von diesen versucht wurde ihn umzubringen und sie sein Auto zerstört hätten. Diese Angaben wiederholte sie anlässlich ihrer Einvernahme vor dem BFA in der Form, dass ihr Sohn von verschiedenen Milizen bedroht worden sei und mehrfach auf ihn geschossen worden sei. Er habe einen Autounfall gehabt, bei dem sein Arm gebrochen sei. Über Nachfrage ergänzte sie, dass der BF1 lediglich einmal mittels Drohbrief von "schiitischen Milizen" mit dem Umbringen bedroht worden sei, wobei auch sie keine genaueren Angaben dazu machen konnte, von welcher Miliz diese Drohung stammte.

Auch die BF3 gab als Fluchtgrund in ihrer Erstbefragung eine Todesdrohung gegenüber ihrem Gatten durch Schiiten an sowie, dass zwei Mal versucht worden sei ihn umzubringen. Anlässlich ihrer Einvernahme durch das BFA stellte die BF3 ihre Ausreisegründe dergestalt dar, dass die Familie wegen der Angst der BF2 um das Leben des BF1 ausgereist sei. Dieser habe vor der Hochzeit einen Drohbrief erhalten. Näheres sei ihr im Hinblick auf den Drohbrief von BF1 und BF2 nicht erzählt worden. Über weitere Nachfrage gab sie an, dass der BF1 einen "Autounfall nach einem Mordversuch" gehabt habe.

2.3.2. Die belangte Behörde gelangte auf der Grundlage dieses Vorbringens zur Feststellung, dass die behauptete Bedrohung des BF1 angesichts verschiedener Widersprüche in Details der Aussagen sowie mangels Plausibilität nicht glaubhaft gewesen sei.

In der Beschwerde fanden sich keine maßgeblichen weiteren Aussagen zum Sachverhalt.

In der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG wurde das bisherige Vorbringen des BF1 zu seinen Ausreisegründen neuerlich mit diesem erörtert.

2.3.3. Für das erkennende Gericht war bereits die erkennbare inhaltliche Divergenz zwischen der Aussage des BF1 zu seinen Antragsgründen im Rahmen der Erstbefragung und jener dazu im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA ein erstes Indiz gegen die Glaubhaftigkeit seines Vorbringens.

Zwar hat sich die Aussage eines Antragstellers zu diesem Thema in einer Erstbefragung in Entsprechung der gesetzlichen Vorgaben auf die bloßen Eckpunkte des "Wer, wann, wie und wo" der die Flucht auslösenden Ereignisse zu beschränken. Dennoch konnte es nicht außer Betracht blieben, dass der BF1 zuvor in der Erstbefragung ins Treffen führte, dass er wegen seiner Zugehörigkeit zur sunnitischen Bevölkerungsgruppe bedroht worden sei, (erg.: bloß) weil er in einem schiitischen Gebiet gelebt habe, um in der Einvernahme demgegenüber ein auf einen Zwangsrekrutierungsversuch durch schiitische Milizen, der mit einem Drohbrief einhergegangen sei, sowie einen nachfolgenden Anschlag auf sein Fahrzeug bezogenes Verfolgungsszenario zu behaupten.

2.3.4. Über diese Erwägung hinaus stellte sich das Vorbringen des BF1 zum behaupteten Bedrohungsszenario insgesamt als unschlüssig und nicht plausibel dar.

2.3.4.1. Zum einen versuchte er zwar schon vor dem BFA wie auch noch vor dem BVwG einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Rekrutierungsversuch an seinem früheren Wohnsitz im Stadtteil XXXX im Jahr 2014 und dem behaupteten Anschlag auf sein Fahrzeug durch Unbekannte im Jahr 2015 in seinem späteren Wohngebiet im Stadtteil XXXX herzustellen.

Wie schon in seiner erstinstanzlichen Einvernahme erschöpften sich seine Antworten auf die Frage nach Hinweisen auf einen Zusammenhang zwischen diesen behaupteten Ereignissen aber auch in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG in einer bloßen inhaltsleeren Mutmaßung eines solchen Zusammenhangs, ohne dass er irgendeinen konkreten Hinweis für das Zutreffen dieser Mutmaßung geben konnte.

Seine Aussagen zum besagten Anschlag und nachfolgenden Unfall mit seinem Taxifahrzeug sowie seiner medizinischen Versorgung danach widersprachen sich überdies in mehreren maßgeblichen Punkten.

So vermeinte er vor dem BFA, das Täterfahrzeug sei parallel zu seinem gefahren, als von dort das Feuer auf seines eröffnet wurde, sodass er verschiedene Einzelheiten aus dem Nebenfahrzeug wie die Zahl der Täter sowie deren Bewaffnung wahrnehmen konnte, während er vor dem BVwG erklärte, das Fahrzeug sei stets hinter seinem eigenen geblieben. Über diesen wesentlichen faktischen Unterschied hinaus wäre, folgte man der zweitgenannten Darstellung, aber auch nicht nachvollziehbar geworden, wie er diesfalls die vor dem BFA von ihm behaupteten - und von der belangten Behörde auch schon in diesem Rahmen zu Recht als wenig schlüssig gewürdigten - Details über die Schützen und deren Bewaffnung berichten hätte können. Widersprüchlich war seine Darstellung auch insoweit, als er vor dem BFA noch eine stationäre medizinische Behandlung nach dem Unfall und Entlassung aus dieser erst am Folgetag behauptet hatte, während er vor dem BVwG erklärte, er sei zwar im Krankenhaus untersucht, aber nach bloß ambulanter Behandlung nach Hause entlassen worden. Schließlich waren seine Angaben zu den von ihm erlittenen Verletzungen inkonsistent, zumal er vor dem BFA noch von einem Bänderriss und Prellungen gesprochen hatte, vor dem BVwG aber vorerst nur von Hautabschürfungen am Arm sprach und erst auf Vorhalt seiner genauen Aussage vor dem BFA einen Bänderriss im Ellbogen behauptete. Seine Mutter, die BF2, hatte im Übrigen vor dem BFA einen gebrochenen Arm ihres Sohnes ins Treffen geführt, was die Inkonsistenz des behaupteten Sachverhalts noch abrundete.

Dem vom BF1 vorgelegten Lichtbild eines offenkundigen Unfallfahrzeuges kam diesbezüglich kein maßgeblicher Beweiswert zu, zumal weder feststellbar war, wessen Fahrzeug auf diesem Bild abgebildet war, noch daraus Anhaltspunkte für das behauptete Verfolgungsszenario als solches zu gewinnen waren.

In einer Gesamtbetrachtung dessen war für das BVwG der von ihm behauptete Anschlag Unbekannter auf sein Taxifahrzeug als solcher schon nicht glaubhaft, weshalb auch aus diesem Grunde der behauptete Zusammenhang zwischen der behaupteten Zwangsrekrutierung und diesem Vorfall nicht festzustellen war.

2.3.4.2. Zur behaupteten Zwangsrekrutierung durch schiitische Milizen in seinem vormaligen Wohngebiet im Stadtteil XXXX äußerte sich der BF1 schon vor dem BFA nur sehr vage. So konnte er weder einen auch nur annähernd genauen und mit dem übrigen Sachverhalt übereinstimmenden Zeitpunkt des Erhalts jenes Schreibens angeben, in dem er zum Beitritt zu einer schiitischen Miliz in seinem Wohngebiet aufgefordert worden sei, zumal er einerseits vermeinte, er habe dieses Schreiben im September oder Oktober 2014 erhalten, andererseits aber das Wohnviertel bereits im Juli oder August 2014 verlassen, was miteinander nicht vereinbar war, noch irgendwelche Angaben dazu machen, welcher Miliz er sich wo anschließen hätte sollen. Als lebensfremd stellte sich im Übrigen aus Sicht des Gerichtes auch die seinerzeitige Aussage dar, dass er noch am Tag des Erhalts des Schreibens mit seiner Mutter und seiner Gattin den bisherigen Wohnsitz aufgegeben habe um auf Dauer in einen anderen Stadtteil umzuziehen.

Der behauptete Zwangsrekrutierungsversuch durch eine schiitische Miliz wurde mit dem BF1 in der Beschwerdeverhandlung nochmals erörtert.

Während er vor dem BFA in Ermangelung eines Absenders des erwähnten Schreibens sowie einer konkreten Rekrutierungsstelle noch gemeint hatte, es sei einfach erforderlich gewesen in einem von mehreren Büros solcher Milizen in seinem Stadtteil vorzusprechen, gab er vor dem BVwG demgegenüber an, es habe in diesem Stadtteil nur ein einziges solches Büro gegeben, wo man sich für verschiedene Milizen melden konnte, was einen maßgeblichen Widerspruch darstellte.

Auf Nachfrage erläuterte er weiter, dass er einige junge Schiiten aus dem Stadtteil gekannt habe, die sich freiwillig bei einer Miliz für den Kampf gegen den IS gemeldet hatten, dass andere, die sich nicht freiwillig gemeldet hatten, dann zur Teilnahme gezwungen worden wären, sei ihm nicht bekannt geworden. Weil er jedoch Sunnit sei, habe man gerade ihn dazu zwingen wollen. Die weitere Nachfrage, ob er denn der einzige sunnitische Bewohner dieses Stadtteils gewesen sei, bejahte er vorerst, um dies in der Folge dahingehend zu relativieren, dass er keine genauen Informationen dazu habe bzw. gehabt habe. Dass er von anderen Sunniten gehört hätte, die ebenso mit einem Zwangsrekrutierungsversuch konfrontiert gewesen wären, verneinte er. Ausgehend von der realistischeren Annahme, dass er wohl nicht der einzige männliche Sunnit in seinem früheren Wohnviertel gewesen sei, stellte sich die weitere Annahme, dass gerade er zwangsrekrutiert werden sollte, daher als nicht schlüssig dar.

Die letztlich maßgebliche Frage, ob er denn nun Jahre nach dem behaupteten Zwangsrekrutierungsversuch in seinem früheren Wohnviertel und nicht zuletzt angesichts seines zwischenzeitigen Umzugs in ein anderes Stadtviertel, in dem er sich vor der Ausreise noch ca. ein Jahr lang aufgehalten hat, bei einer Rückkehr dorthin mit etwaigen Problemen rechne, beantwortete er mit dem Hinweis darauf, dass sich dieser Vorfall eben in XXXX zugetragen habe und es in XXXX im Folgejahr keine Probleme wegen einer möglichen Zwangsrekrutierung gegeben habe, in XXXX der behauptete Anschlag auf sein Taxi stattgefunden habe. Der Nachfrage, ob er denn nun in XXXX bestimmte Probleme erwarte, wich er zuletzt mit bloß allgemeinen Hinweisen auf die Sicherheitslage im Irak aus.

Selbst wenn man also den behaupteten Zwangsrekrutierungsversuch in XXXX im Jahr 2014 - hier: hypothetisch - als wahr annehmen würde, erhellte im Lichte dessen, dass er in der Folge bis zur Ausreise von weiteren Versuchen unbehelligt blieb, weil er in einen anderen Stadtteil umgezogen war, und nicht zuletzt angesichts der notorischen Beendigung des Kampfes irakischer Sicherheitskräfte sowie bewaffneter Milizen gegen den IS (vgl. die Feststellungen oben) nicht, weshalb es im Falle einer Rückkehr des BF1 in seine Heimat dort zu allfälligen weiteren Zwangsrekrutierungsversuchen kommen sollte. Eine solche Annahme entbehrte jeder Plausibilität. Dass der behauptete Anschlag auf sein Taxi in seinem letzten Wohnviertel per se nicht als glaubhaft bzw. auch kein Zusammenhang zwischen den beiden behaupteten Vorfällen feststellbar war, wurde oben bereits dargelegt.

2.3.5. Für das BVwG stellte sich daher die gesamte behauptete Bedrohung des BF1 durch Dritte aus den eben dargelegten Gründen als bloßes gedankliches Konstrukt ohne Tatsachengehalt und damit als nicht glaubhaft dar.

Folgerichtig war zu den Feststellungen oben unter Punkt 1.2., erster Absatz, zu gelangen.

2.3.6. Dass BF2 und BF3 keine individuellen Ausreisegründe geltend machten, ergab sich zweifelsfrei aus ihren erstinstanzlichen Aussagen, in denen sie ausschließlich auf die Antragsgründe des BF1 verwiesen. Auch eine indirekte Bedrohung, die ausgehend von dessen Vorbringen auf sie durchschlagen würde, machten sie nicht geltend. Im Lichte dessen war zur entsprechenden Feststellung unter Punkt 1.2., zweiter Absatz, zu gelangen.

2.3.7. Ein spezifisches Eingehen auf länderkundliche Informationen zu behaupteten Übergriffen schiitischer Milizen auf Privatpersonen, wie sie im Rahmen der Beschwerde in den Raum gestellt wurden, war im Lichte dessen obsolet.

2.4. Die länderkundlichen Feststellungen des BVwG zur allgemeinen Lage im Irak stützen sich auf das Amtswissen des erkennenden Gerichtes und die als notorisch zu qualifizierenden aktuellen Ereignisse im Irak. In der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG wurde vom BF1 selbst kein substantielles diesen Feststellungen entgegenstehendes Vorbringen erstattet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Mit Datum 1.1.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018.

Mit dem BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als Rechtsnachfolger des vormaligen Bundesasylamtes eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 1 BFA-VG obliegt dem BFA u.a. die Vollziehung des BFA-VG und des AsylG 2005 idgF.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheides des Bundesamtes.

Zu A)

1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht. Darüber hinaus darf keiner der in § 6 Abs. 1 AsylG genannten Ausschlussgründe vorliegen, andernfalls der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden kann.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Im Hinblick auf die Neufassung des § 3 AsylG 2005 im Vergleich zu § 7 AsylG 1997 wird festgehalten, dass die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, nunmehr grundsätzlich auch auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

2. Die vom BF1 behauptete Bedrohung vor der Ausreise durch Dritte war nicht als glaubhaft anzusehen. Seine Mutter, die BF2, und seine Gattin, die BF3, haben ihre Asylbegehren auf kein sonstiges individuelles Vorbringen gestützt.

Die belangte Behörde kam daher zu Recht zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführer nicht in der Lage waren mit ihrem Vorbringen glaubhaft darzulegen, dass sie bis zur Ausreise einer individuellen Verfolgung im Herkunftsstaat ausgesetzt waren oder der Gefahr einer solchen für den Fall der Rückkehr ausgesetzt wären.

Mangels Asylgewährung an den BF1 war auch eine solche an BF3 bis BF4 als dessen Familienangehörige im Rahmen des Familienverfahrens auf der Grundlage des § 34 Abs. 2 AsylG nicht angezeigt.

3. Die Beschwerde war sohin zu Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide als unbegründet abzuweisen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylantragstellung, Asylverfahren, Familienangehöriger,
Familienverfahren, mündliche Verhandlung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L502.2146801.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten