Entscheidungsdatum
19.02.2019Norm
AVG §19 Abs1Spruch
I412 1438360-3/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX alias XXXX alias XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch RA Dr. Farhad PAYA, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Kärnten vom 04.01.2016, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.01.2019, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2010 ins Bundesgebiet ein und stellte in Österreich Anträge auf internationalen Schutz. Begründet hat er seine Anträge zunächst damit, dass er in Nigeria niemanden mehr habe, später gab er an, sich einer Gruppierung angeschlossen zu haben und deren Anführer angezeigt zu haben. Deshalb fürchte er sich vor Verfolgung.
Mit Ladungsbescheid vom 04.01.2016 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht am 22.01.2016 um 09:45 Uhr persönlich als Partei in der Regionaldirektion Wien, 1080 Wien, Hernalser Gürtel 6-12, zu erscheinen, und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken und näher bezeichnete Dokumente mitzubringen. Wenn der Beschwerdeführer diesem Auftrag ohne wichtigen Grund (zB. Krankheit, Gebrechlichkeit) nicht Folge leiste, müsse dieser damit rechnen, dass Zwangsmittel über ihn verhängt werden.
Am 22.01.2016 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung Beschwerde gegen den Ladungsbescheid. Begründend wurde ausgeführt, dass die nigerianische Delegation regelmäßig Rechtsvertretern und Vertrauenspersonen den Zutritt verweigern würden und die Vorgeführten unzulässigen Fragen und Vorgängen hilflos ausgesetzt wären. Durch die Vorführung würden die durch Verfassung und Gesetz garantierten Rechte nicht eingehalten. Da der Beschwerdeführer als Flüchtling nach Österreich gekommen sei, habe er nun begründete Furcht, sich den unkontrollierten Fragen der nigerianischen Botschaft zu stellen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer wurde auf Grund des Bescheides der belangten Behörde vom 30.11.2015 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Er kam dieser Verpflichtung bis dato nicht nach. Für den Beschwerdeführer lag ein Heimreisezertifikat, ausgestellt von der nigerianischen Botschaft, vor, welches bis 18.09.2012 gültig war.
Mit Ladungsbescheid vom 04.01.2016 wurde der Beschwerdeführer für den 22.01.2016 in die Räumlichkeiten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, geladen. Als Gegenstand der Amtshandlung wurde "Identitätsfeststellung" angeführt. Für den Fall, dass der Beschwerdeführer der Ladung ohne wichtigen Grund nicht Folge leisten sollte, wurde im Bescheid das Zwangsmittel eines Festnahmeauftrages angedroht.
Der Beschwerdeführer erschien nicht zum Termin.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Zur (funktionellen) Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes:
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im vorliegenden Beschwerdefall ist somit eine Einzelrichterzuständigkeit gegeben.
3.2. Zur anzuwendenden Rechtslage:
Der Beschwerdeführer wurde auf Grund des Bescheides der belangten Behörde vom 30.11.2015 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Er kam dieser Verpflichtung bis dato nicht nach.
Gemäß § 46 Abs. 2a FPG ist das Bundesamt jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Ladungen von Fremden zum Zweck der Klärung ihrer Identität im Zusammenhang mit einer Ausreiseverpflichtung grundsätzlich zulässig. Auch Ladungen eines Fremden zum Zweck einer Befragung durch Vertreter des Herkunftsstaates sind zulässig, wenn die weiteren Voraussetzungen des dafür als Rechtsgrundlage allein in Frage kommenden § 19 AVG erfüllt sind VwGH 05.07.2012, 2012/21/0081, RS 1).
Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu ausgeführt, dass der Fremde bei der amtswegig vorzunehmenden Erlangung des Ersatzreisedokumentes "im erforderlichen Umfang" mitzuwirken hat. Insoweit kann ihm ein die zu erbringende Mitwirkungsverpflichtung konkret umschreibender Auftrag mittels Bescheides nach dem ersten Satz des
§ 46 Abs. 2a FPG 2005 erteilt werden. Das kommt insbesondere in Bezug auf die in den ErläutRV (RV582 BlgNR 25. GP 18) genannten Handlungen ("Herausgabe von Dokumenten und Urkunden, über die der Fremde bereits verfügt, die Mitwirkung an der Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit sowie an den erforderlichen Handlungen bei der ausländischen Behörde") in Betracht. Die Gesetzesmaterialien weisen darauf hin, dass die "Vollziehungsverfügung" nach dem ersten Satz des § 46 Abs. 2a FPG 2005 im Regelfall mit einer Ladung nach dessen zweiten Satz zu verbinden sein wird, weil die Anwesenheit des Fremden regelmäßig notwendig ist. Die Ladung kann auch zu einer ausländischen Behörde erfolgen. Dabei ist stets eine Amtshandlung, das heißt die Leitung durch einen Organwalter des Bundesamtes, notwendig (vgl. E 11. Juni 2013, 2013/21/0097; B 20. Dezember 2016, Ra 2016/21/0354).
In Ermangelung eines Reisepasses war für die Abschiebung des Beschwerdeführers ein Ersatzreisedokument erforderlich, ein bereits zuvor von der nigerianischen Botschaft für den Beschwerdeführer ausgestelltes Heimreisezertifikat war nur bis 18.09.2102 gültig. Das Bundesamt leitete das Verfahren zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes ein und lud den Beschwerdeführer am 22.01.2016 zur Identitätsfeststellung. Im angefochtenen Ladungsbescheid wird der Ort und die Zeit sowie der Gegenstand der Amtshandlung bezeichnet; weiters wird angegeben, in welcher Eigenschaft der Beschwerdeführer geladen wird, dass er persönlich zu erscheinen hat und welche Rechtsfolgen an ein unentschuldigtes Fernbleiben geknüpft sind.
Gemäß § 19 Abs. 2 AVG ist im Ladungsbescheid der Gegenstand der geplanten Amtshandlung offen zu legen, um dem Betreffenden die Gelegenheit zu geben, sich genügend auf diesen Gegenstand der Ladung vorzubereiten (vgl. VwGH 06.03.2014, Zl. 2012/11/0099). Somit entspricht der angefochtene Ladungsbescheid auch den Inhaltserfordernissen des § 19 Abs. 2 AVG.
Die Rechtmäßigkeit der vorliegenden Ladung setzt voraus, dass sie "nötig" im Sinne des § 19 Abs. 1 AVG ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt die Beurteilung, ob zur Erreichung des mit einer Ladung verfolgten Zwecks ein Erscheinen des Geladenen nötig ist, oder ob dieser Zweck auch auf andere Weise erreicht werden kann, grundsätzlich der Behörde (zu Ladungen in Angelegenheiten nach dem FPG vgl. VwGH 17.07.2008, Zlen. 2008/21/0055 und Zl. 2008/21/0386). So hat der VwGH in seinem Judikat vom 20.01.1992, Zahl 91/19/0326, hervorgehoben, dass die Beurteilung der Frage, ob zur Erreichung des mit der Ladung verfolgten Zweckes ein Erscheinen des Geladenen nötig ist, oder ob dieser Zweck auf andere Weise erreicht werden kann, allein der Behörde und nicht auch der Partei obliege. Stets muss es sich demnach um eine Ladung zu einer behördlichen Amtshandlung handeln, in deren Rahmen die beabsichtigte Befragung stattfinden soll. Um sie als "behördlich" verstehen zu können, ist die Leitung durch ein Organ der Behörde unverzichtbar (VwGH 05.07.2011, Zl. 2010/21/0316).
Im Erkenntnis vom 16.05.2012, Zl. 2010/21/0023 hat der VwGH festgehalten, dass auch die Rechtmäßigkeit der gegenständlichen Ladung voraussetzt, dass diese im Sinne des § 19 Abs. 1 AVG nötig ist. Die Vorgehensweise der belangten Behörde entspricht zudem der Vorgabe des § 46 Abs. 2a FPG. Dass die belangte Behörde angesichts der im Rahmen der Verfahren auf Erteilung eines internationalen Schutzes erlassenen negativen Entscheidung, in der die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt wurde, zur Vorbereitung einer möglichen Abschiebung das persönliche Erscheinen des Beschwerdeführers zur Klärung der Identität und Herkunft bzw. Ausstellung eines Ersatzdokumentes für notwendig erachtet, ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden. Angesichts der zahlreichen Verurteilungen des Beschwerdeführers war nicht davon auszugehen, dass er freiwillig an der gegenständlichen Entscheidung mitwirkt.
Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde angibt, dass durch die Vorführung die durch Verfassung und Gesetz garantierten Rechte nicht eingehalten würden, kann das Bundesverwaltungsgericht dieser Überlegung nicht folgen. Der gegenständliche Ladungsbescheid befasst sich nicht mit den im bisherigen Verfahren angegebenen Fluchtgründen. Nach Abschluss des Asylverfahrens ist davon auszugehen, dass beim Beschwerdeführer entgegen seinen Behauptungen keine Fluchtgründe vorliegen. Die Angst vor einer Konfrontation mit dem Konsulat des Heimatlandes ist daher nicht begründet und stellt dies keinen rechtlich fundierten Grund für eine Aufhebung des Ladungsbescheides dar.
Es auch keinerlei Berichte, wonach alleine aufgrund des Stellens eines Asylantrages staatliche Repressionen zu erwarten sind. Zudem gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor der erkennenden Richterin auf Vorhalt, dass in der Beschwerde Befürchtungen bei einer Vorführung vor die nigerianische Delegation geltend gemacht worden sind und ihm das Probleme verschaffen würde, an: "Nein, 2016 sind sie nur zu mir nach Hause gekommen und haben gesagt, dass ich eine Ladung haben würde. Dann haben sie mich mitgenommen."
Der Beschwerdeführer konnte daher keine Gründe vorbringen, die einer Ladung gemäß § 19 AVG in Verbindung mit § 46 Abs. 2 FPG entgegenstehen würden und war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Ausreiseverpflichtung, Ersatz, Festnahmeauftrag, Heimreise,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I412.1438360.3.00Zuletzt aktualisiert am
03.05.2019