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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
FSG 1997 §41 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch Dr. Ewald Weiss, Rechtsanwalt in Wien III, Invalidenstraße 13, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 19. August 1998, Zl. MA 65-8/195/98, betreffend Erteilung einer Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 15. Juli 1996 auf Erteilung einer Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B gemäß § 64 Abs. 2 KFG 1967 abgewiesen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides erfolgte die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Lenkerberechtigung, weil er am 8. Jänner 1997 ein Kraftfahrzeug ohne Lenkerberechtigung und in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe; er wurde deswegen auch rechtskräftig bestraft (Bescheid des UVS Wien vom 11. Dezember 1997). Ihm sei wegen Begehung von Alkoholdelikten bereits mehrmals (in der Gegenschrift übereinstimmend mit der Aktenlage mit zweimal präzisiert) die Lenkerberechtigung entzogen worden. Er sei daher im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides als verkehrsunzuverlässig zu qualifizieren.
Aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Unterlagen ergibt sich, daß dem Beschwerdeführer nach Begehung von zwei Alkoholdelikten am 19. Juni 1985 und am 26. Jänner 1986 mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 3. Februar 1986 die Lenkerberechtigung gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 für 18 Monate vorübergehend entzogen wurde. In der Folge wurde ihm ohne Erlassung von Bescheiden - durch Ausstellung befristeter Führerscheine - die Lenkerberechtigung nur mehr befristet erteilt. Nach Begehung eines weiteren Alkoholdeliktes am 11. März 1989 wurde ihm mit Mandatsbescheid der Erstbehörde vom 28. März 1989 die Lenkerberechtigung gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 verbunden mit einem auf zwei Jahre lautenden Ausspruch nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 entzogen. Er erhob dagegen Vorstellung. Infolge Begehung eines weiteren Alkoholdeliktes am 10. Mai 1989 wurde mit Vorstellungsbescheid vom 28. November 1989 der Ausspruch nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 auf 30 Monate geändert. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Infolge Begehung eines weiteren Alkoholdeliktes am 29. Dezember 1989 wurde mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 7. Februar 1991 die Frist nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 auf drei Jahre geändert. Diese Dreijahresfrist endete am 11. März 1992. In der Folge stellte der Beschwerdeführer Anträge auf Wiedererteilung der Lenkerberechtigung, über die nicht entschieden wurde. Erst über seinen letzten derartigen Antrag vom 15. Juli 1996 ergingen die negativen Entscheidungen der Erstbehörde (Bescheid vom 9. April 1998) und der belangten Behörde (angefochtener Bescheid). Das darin genannte Alkoholdelikt des Beschwerdeführers vom 8. Jänner 1997 ist zwar somit das insgesamt sechste. Dem Beschwerdeführer wäre aber vor Begehung dieser Verwaltungsübertretung eine Lenkerberechtigung zu erteilen gewesen, wäre er doch - zwar nach Begehung von fünf Alkoholdelikten - etwa sieben Jahre lang nicht einschlägig straffällig geworden. Die Begehung des neuerlichen Deliktes am 8. Jänner 1997 ist aber aus folgenden Gründen als erstes derartiges Delikt zu werten:
Gemäß § 41 Abs. 1 FSG ist auf das vorliegende Verfahren (noch) das KFG 1967 anzuwenden. Das hat zur Folge, daß die Beurteilung, ob der Beschwerdeführer als verkehrszuverlässig anzusehen war, nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu erfolgen hatte. So gesehen stellt das Alkoholdelikt vom 8. Jänner 1997 eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 dar. Die Strafen für die im Jahre 1989 begangenen Delikte galten bei Einleitung des Verfahrens (Antrag vom 15. Juli 1996) gemäß § 51 Abs. 1 VStG bereits als getilgt. Gemäß § 73 Abs. 3 zweiter Satz KFG 1967 haben sie bei der Beantwortung der Frage, ob das Alkoholdelikt vom 8. Jänner 1997 als erstmaliges anzusehen ist, außer Betracht zu bleiben. Eine Entziehung der Lenkerberechtigung wegen dieses Deliktes hätte daher gemäß § 73 Abs. 3 Z. 1 KFG 1967 für mindestens vier Wochen verfügt werden können. Es erscheint daher ausgeschlossen, den Beschwerdeführer auch noch zum Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides vom 9. April 1998, also noch nach 15 Monaten, als verkehrsunzuverlässig, zu qualifizieren.
Der angefochtene Bescheid ist aus dem genannten Grund inhaltlich rechtswidrig. Er war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. März 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998110302.X00Im RIS seit
19.03.2001