TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/18 W207 2169570-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.03.2019
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Entscheidungsdatum

18.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs3 Z1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W207 2169570-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX 1950, StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.08.2017, Zl. 1079759109-150943005, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.12.2018 zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin, eine afghanische Staatsangehörige, stellte nach illegaler Einreise am 27.07.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Auch der volljährige Sohn der Beschwerdeführerin, XXXX , geb. XXXX 1996 (in der Folge als Sohn bezeichnet), stellte am 27.07.2015 nach illegaler Einreise in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der am 27.07.2015 abgehaltenen Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab die Beschwerdeführerin an, am XXXX 1965 in einem näher genannten Ort in der Provinz Daikondi, Afghanistan, geboren zu sein, Dari als Muttersprache zu sprechen und der Volksgruppe der Hazara sowie dem moslemischen Glauben schiitischer Ausrichtung anzugehören. Die Beschwerdeführerin sei in Afghanistan geboren und aufgewachsen. Ein Bruder und eine Schwester würden nach wie vor in Afghanistan leben. Die Beschwerdeführerin habe eine Tochter namens XXXX im Alter von 31 Jahren, eine weitere Tochter namens XXXX im Alter von 28 Jahren sowie einen Sohn namens XXXX im Alter von 27 Jahren. Ihr Mann sei ca. 60 Jahre alt und sei unbekannten Aufenthaltes. Die Beschwerdeführerin habe sich gemeinsam mit ihrem volljährigen Sohn XXXX etwa zwei Monate zuvor zur Ausreise entschlossen und habe den Herkunftsstaat gemeinsam mit diesem Sohn vor ca. zwei Monaten verlassen. Sie sei mit ihrem Sohn vom Daikondi nach Herat mit dem Bus und von dort in den Iran gefahren. Sie sei mit dem Sohn bis nach Österreich zusammen gewesen.

Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates, sohin zu ihren Fluchtgründen, gab die Beschwerdeführerin im Rahmen dieser Erstbefragung am 27.07.2015 an, es habe familiäre Streitigkeiten wegen der Ländereien der Familie gegeben. Dadurch habe die Beschwerdeführerin keinen Kontakt zu ihrem Mann, der spurlos verschwunden sei. Sie habe Angst um das Leben ihrer Kinder. Ein Sohn - dieser sei nun mit ihr in Österreich - sei mit ihr mitgereist. Ihre Tochter XXXX und ihre Familie sei mit dem Sohn XXXX ebenfalls auf der Flucht nach Europa. Im Falle einer Rückkehr in die Heimat fürchte die Beschwerdeführerin um das Leben ihrer Kinder.

Nach Zulassung des Verfahrens wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA; in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) am 27.02.2017 niederschriftlich einvernommen. Im Rahmen dieser Einvernahme berichtigte die Beschwerdeführerin zunächst unter Vorlage einer Tazkira ihr bisher von ihr genanntes Geburtsjahr von 1965 auf 1950. Sie sei schiitische Muslima und gehöre der Volksgruppe der Hazara an. Zu ihrem Gesundheitszustand gab sie an, es gehe ihr nicht so gut, sie müsse Medikamente nehmen, sie habe Bluthochdruck, Cholesterin, eine Magenentzündung und Herzprobleme. Sie gehe regelmäßig zum Hausarzt und nehme ihre Medikamente. Mit den Medikamenten gehe es ihr gut, ohne diese könne sie nicht weiterleben. In Österreich würden keine näheren Verwandten leben, nur ihr mit ihr mitgereister volljähriger Sohn sowie ein entferner Verwandter, der seit Kurzem in Österreich lebe; ihr Mann habe zwei Frauen - also neben der Beschwerdeführerin noch eine weitere - und der Cousin der anderen Frau sei in Wien, die Beschwerdeführerin habe ab und zu Kontakt zu ihm. Die finanzielle Situation in Afghanistan sei gut gewesen, sie hätten von der Arbeit des Mannes der Beschwerdeführerin gelebt, er habe als Landwirt gearbeitet, sie hätten ihre eigene Landwirtschaft gehabt. Auf den Feldern habe ihr Mann verschiedene Gemüsearten angebaut, er habe auch ein Lebensmittelgeschäft und viele Tiere, Pferde, Kühe und Schafe gehabt. Der Ehemann, der dann eine andere Frau geheiratet habe, lebt jetzt in Kabul (Stadt). Zwei ihrer Töchter würden in Afghanistan in der Provinz Daikundi in zwei verschiedenen Distrikten leben, eine weitere Tochter lebe in Afghanistan in der Stadt Herat und eine Tochter lebe im Iran.

Zu ihren Fluchtgründen gab die Beschwerdeführerin an, sie sei keiner Verfolgung aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit ausgesetzt gewesen, sie hätten nur Familienprobleme gehabt. Konkret brachte die Beschwerdeführerin in der Einvernahme am 27.02.2017 Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben -vor:

"Weil ich älter war als mein Ehemann war, hat er zum zweiten Mal geheiratet. Mein Schwiegervater besaß viele Ländereien er hatte drei Frauen und sechs Söhne. Er ist vor 14-15 Jahren verstorben. Als er noch am Leben war, hat er mir die Urkunde dieser Ländereien gegeben, dazu hat er ein Testament dazu geschrieben, dass ein großer Teil dieser Ländereien mir und meinem Sohn gehört. Nachdem er verstorben ist, haben seine Söhne miteinander gestritten, es ging um diese Ländereien. Die jüngeren Söhne haben die älteren Söhne geschlagen und bedroht, vor allem der Jüngste, S., er hat seine Brüder bedroht. Ein älterer Bruder von ihm ist in die Stadt Mazar-e Sharif geflohen und mein Ehemann nach Kabul aus Angst vor ihm. Eine gewisse Zeit später sind auch seine zweite Frau und seine Kinder nach Kabul gezogen. Später ist die zweite Frau zu mir gekommen und fragte nach der Urkunde dieser Ländereien. Sie hat mir gesagt, dass ich nur einen Sohn habe und sie sechs Söhne, sie kann besser auf diese Urkunde aufpassen. Ich habe ihr die Urkunde und das Testament gegeben. Ich wusste nicht, was in der Urkunde steht, weil ich Analphabetin bin und nicht lesen kann. Etwas später ist mein Mann zu mir gekommen und hat die Urkunde der Ländereien verlangt. Ich habe ihm gesagt, dass ich die Urkunde seiner zweiten Frau übergeben habe. Er hat das nicht geglaubt, weil seine zweite Frau ihn diesbezüglich nichts gesagt hatte.

Eines Tages sind zwei Personen in mein Haus gekommen. Eine davon war bewaffnet. Sie haben mein Haus durchsucht und mein Geld (300.000 Afghani = ca 4300€) mitgenommen. Sie haben mich auch geschlagen. Ich war in unserem Distrikt und habe eine Anzeige erstattet. Man hat mir gesagt, dass es schwer ist, diese zwei Personen zu identifizieren und sie festzunehmen. Eine gewisse Zeit später sind diese Personen wieder zu mir gekommen und haben mein Haus und meine Sachen durchsucht. Diesmal haben sie zwei Ringe, meine Halskette und 55.000 Afghani mitgenommen. Danach haben unbekannte Personen draußen meinen Sohn angehalten, geschlagen. Ich glaube, sie wollten ihn umbringen. Ich bekam große Angst und habe diesbezüglich mit meinem Ehemann geredet. Der Ehemann sagte mir, es ging wahrscheinlich um die Urkunde und ich habe gesagt, dass ich nichts habe weil ich es der zweiten Frau gegeben habe. Wir glaubten, dass S. immer wieder diese zwei Personen zu uns geschickt hat, um zur Urkunde zu kommen. Ich hatte Angst, dass diese Personen wieder zu uns kommen werden, deshalb habe ich den Schluss gefasst, zu meiner Tochter nach Herat zu fahren. Ich hatte 200.000 Afghani (=3000€), bin mit dem Geld und meinem Sohn nach Ghor gefahren, dort habe ich meinen Mann getroffen, er war damals auch in Ghor, und von dort nach Herat. Später habe ich mitbekommen, dass die zweite Ehefrau meines Mannes ihre zwei Kinder zum Studieren in die Türkei geschickt hat, einen nach Deutschland und einen nach Finnland. Als ich diese Probleme bekam, wollte ich zu meinem Bruder gehen. Mein Bruder sagte, dass er Angst von den Brüdern meines Ehemannes hat, weil sie sehr gefährlich sind. Auch in Herat hat mir meine Tochter gesagt, dass Herat kein sicherer Ort für meinen Sohn wäre. Alle glaubten, dass ich die Urkunde habe und deshalb haben sie mich unter Druck gesetzt und wollten irgendwie zu dieser Urkunde kommen, obwohl ich sie bereits der zweiten Ehefrau meines Mannes gegeben habe. Anmerkung: Mein Sohn hat von seinem Halbbruder ein Foto der Urkunde erhalten. Ich habe einen Sohn. In Afgh. ist es so, wenn man mehrere Söhne hat, können die Söhne die Mutter beschützen (AW weint) aber ich habe nur einen Sohn, und er kann mich nicht beschützen, deswegen wurden wir bedroht und unter Druck gesetzt. Meine Töchter sind alle verheiratet und ich habe Angst um das Leben meines Sohnes. Hier geht es uns gut und hier können wir ohne Angst leben. ....

F: Geben Sie Details zu den Ländereien Ihres verstorbenen Schwiegervaters an.

A: Diese Ländereien befinden sich im Dorfteil X bei einem Fluss. Es ist nur ein Grundstück, es ist nicht groß und ich weiß nicht, was es wert ist.

F: Und wegen diesem Grundstück wurde so gestritten?

A: Auf dem Testament hat er dieses Grundstück geschrieben, dass es mir gehört und auf der Urkunde, die ich bei mir hatte, stehen alle Grundstücke, die er hatte.

F: Ist der Besitzer der Urkunde der Eigentümer aller Grundstücke?

A: Wer die Urkunde hat, kann alle Grundstücke auf seinen Namen schreiben. Ich könnte sogar die Grundstücke verkaufen.

F: Wie viele Grundstücke waren das, was laut Urkunde Ihnen gehörte?

A: Genau kann ich das nicht sagen, aber mein Sohn weiß das besser.

F: Seit wann besaßen Sie die Urkunde?

A: Ich habe sie ca. vor 20 Jahren bekommen, damals wussten seine Söhne (Brüder des Ehemannes) nichts davon.

F: Wusste Ihr Ehemann davon?

A: Auch nicht, niemand.

F: Warum?

A: Am Anfang wusste niemand davon, später wussten es alle, dass ich die Urkunde habe.

F: Woher wussten die das?

A: Weil die zweite Frau meines Ehemannes es ihnen erzählt hat.

F: Wann war das?

A: Vor neun Jahren ca.

F: Wann haben Sie geheiratet?

A: Ich war sehr jung, ich kann mich nicht erinnern.

F: War es, bevor Sie die Urkunde erhalten haben?

A: Schon lange davor habe ich geheiratet.

F: Waren alle Ihre Kinder schon auf der Welt, als Sie Ihre Urkunde bekommen haben?

A: Ja. Nachgefragt, mein jüngstes Kind ist R., er ist ca. 22 Jahre alt, er war etwa 2 oder 3 Jahre alt, als ich die Urkunde bekam.

F: Wann hat Ihr Mann die zweite Frau geheiratet?

A: Daran kann ich mich nicht erinnern, damals hatte ich schon drei Kinder.

F: Wie lange nach Ihrer Hochzeit hat er die zweite Frau geheiratet?

A: Ich kann mich nicht erinnern, es war vielleicht 15 Jahre später.

F: Wie alt ist Ihr ältestes Kind?

A: 36.

F: Sie haben erst nach Ihrer Hochzeit Kinder bekommen?

A: Ja, zwei Jahre danach.

F: Wie haben Sie die Urkunde von Ihrem Schwiegervater bekommen? War das heimlich?

A: Damals lebten wir beim Schwiegervater, er hat mir die Urkunde heimlich gegeben und noch dazu etwas geschrieben, aber er hat nicht damit gerechnet, dass seine Kinder später so viele Probleme machen und vor allem, dass ich damit Probleme bekomme.

F: Wie sieht diese Urkunde aus? Warum haben Sie nie Ihren Sohn gefragt, was in der Urkunde stand?

A: Das war ein Blatt Papier, ich habe es mir nicht genau angeschaut, weil ich das nicht lesen kann. Es ist mir nicht aufgefallen, die Urkunde habe ich nicht ernst genommen, damit habe ich auch nicht gerechnet, dass es deswegen Streit geben wird.

F: Haben Sie das Testament erhalten?

A: Mein Schwiegervater hat mir das Testament vorgelesen und gesagt, es sei für meinen Sohn R., er sagte, wenn später die Grundstücke aufgeteilt werden, muss ich es allen zeigen. Nachgefragt, mein Ehemann wusste nichts davon.

F: Warum haben Sie ihm davon nichts erzählt?

A: Ich wollte einfach niemandem davon erzählen und ich habe nicht mit den Problemen gerechnet.

F: Wann nach der Übergabe der Urkunde und woran ist Ihr Schwiegervater gestorben?

A: Er ist an einer Krankheit gestorben, ca. 4 Jahre später.

F: Warum hat er Ihnen die Ländereien überschrieben und nicht der anderen Frau?

A: Weil ich einen Sohn hatte, außerdem, nach dem mein Mann zum zweiten Mal geheiratet hat, war ich ihm nicht so wichtig. Deshalb wollte der Schwiegervater etwas für mich tun.

F: Wann waren diese Streitereien nach dem Tod Ihres Schwiegervaters?

A: Ca. zehn Jahre später haben die Streitereien angefangen.

F: Was ist in diesen zehn Jahren geschehen, haben Sie nicht die Besitztümer geklärt und die Grundstücke aufgeteilt?

A: Ich habe es einfach niemanden gesagt und die Urkunde bei mir behalten, alle waren mit ihrem Leben beschäftigt, sie haben gearbeitet, bis ihre Frauen sich eingemischt haben und ihren Teil haben wollten.

F: Das heißt nach dem Tod wollte niemand dessen Erbe aufteilen?

A: Nein, für zehn Jahre war es ruhig und niemand hat nach der Urkunde gefragt.

F: Wie lange wurde gestritten, wer hat angefangen?

A: Die Brüder haben mehrmals miteinander gestritten, auch mein Ehemann, die Frauen durften nicht mitreden, wir müssen uns nur fernhalten. Mein Mann hat mir alles erzählt. Nachgefragt, er hat gesagt, dass S. ihn geschlagen und bedroht hat, dass ein Teil der Grundstücke ihm gehört. S. war gegen meinen Ehemann und G. (anderer Bruder, der nach Mazar-e Sharif geflohen ist).

F: Warum haben Sie nichts gesagt, dass Sie mit der Urkunde die Besitztümer klären könnten? Jeder hätte seinen Anteil bekommen und es hätte nie Streit deswegen gegeben?

A: Am Anfang wusste ich nicht, um was es geht und ich habe nicht gewusst, dass es um die Urkunde geht und keiner hatte mich nach der Urkunde gefragt.

F: Aber Sie sagten doch gerade, dass Ihr Mann Ihnen erzählt hatte, dass S. Grundstücke fordert, also wussten Sie doch, dass es darum geht?

A: Am Anfang hat mir mein Mann nicht alles genau erzählt, wenn ich das gewusst hätte und die Urkunde zeigen sollte, hätte ich es getan.

F: Warum hielten Sie die Urkunde geheim, waren Sie angewiesen auf diese Ländereien?

A: Ich wusste nicht, was in der Urkunde steht. Wenn ich es gewusst hätte, hätte ich sie allen gezeigt.

F: Wann ist der ältere Bruder nach Mazar-e Sharif geflohen?

A: Zugleich, als mein Mann das Dorf nach Kabul verlassen hat. Ein Jahr später ist sein Bruder M. (insgesamt hat Ehemann 5 Brüder) nach Mazar-e Sharif gegangen und hat G. wieder zurück in das Dorf gebracht. Er war dann wieder in unserer Landwirtschaft beschäftigt. Nachgefragt, in diesem Jahr habe ich mich um meinen Teil gekümmert, ein Landwirt arbeitete für mich und um den Rest hat sich niemand gekümmert.

F: Wann die zweite Frau mit den Kindern nach und warum nicht sofort mitgekommen?

A: Die zweite Frau meines Mannes ist ein Jahr später nach Kabul gegangen.

F: Warum ist Ehemann nach Kabul gezogen?

A: Dort leben die Verwandten der zweiten Ehefrau.

F: Wann, von heute zurück gerechnet, war das?

A: Ich kann mich nicht gut erinnern, vielleicht vor 10 oder 11 Jahren.

F: Wann ist die zweite Frau zu Ihnen gekommen?

A: Vor ca. 6-7 Jahren.

F: Warum haben Sie ihr die Urkunde einfach so überlassen?

A: Sie hat mir gesagt, ich habe nur einen Sohn, der auf die Urkunde nicht aufpassen kann, die Brüder können das wegnehmen, sie hat gesagt, ich gebe die Urkunde unserem Ehemann und er soll offiziell die Grundstücke aufteilen.

F: Woher wusste die Frau, dass Sie die Urkunde haben?

A: Sie wusste das von mir und meinem Ehemann.

F: Wenn dann doch alle wussten, dass Sie die Urkunde hatten, warum haben Sie die Urkunde hergegeben?

A: Weil sie zuerst nach der Urkunde gefragt hat.

F: Wann ist Ihr Mann zu Ihnen gekommen um zu fragen, wo die Urkunde ist?

A: Das war vor unserer Flucht, wir haben das Land vor zwei Jahren verlassen und das war kurz davor, vor dem Fest.

F: Zwei Personen im Haus: Wann war das?

A: Die waren zwei Mal bei uns, das erste mal auch vor dem Nowroz-Fest. Sie waren zwei Mal bei mir und einmal haben sie meinen Sohn angehalten.

F: Wo war Ihr Sohn die meiste Zeit über?

A: Entweder auf den Feldern, zu Hause oder draußen im Bazar.

F: Beschreiben Sie die Personen und was genau passiert ist, als sie zu Ihnen kamen.

A: Ihre Gesichter waren verhüllt, ich konnte sie nicht erkennen. Einmal habe ich versucht, das Tuch wegzunehmen, einer hat mich mit dem Fuß getreten. Sie haben nie mit mir geredet und nur das Haus durchsucht. Auch miteinander haben sie nicht geredet.

F: Wie lange hat das gedauert? Zu welcher Tageszeit war das?

A: Eine halbe Stunde bis eine Stunde. Es war in der Nacht. Ich war gerade beim Essen, das zweite Mal war ich mit dem Essen fertig.

F: Wo war Ihr Sohn, als er angehalten und geschlagen war? Was genau ist passiert?

A: Er war in Y. Das ist ein Dorf, er war mit dem Motorrad unterwegs. Zwei Personen haben ihn angehalten und einer hat ihn mit dem Messer auf die Hand gestochen. Er wurde verletzt und ist auf den Boden gefallen. Er hat viel geblutet, ich glaube, die wollten ihn umbringen. Dann ist er selbst nach Hause gekommen, zu Fuß. Nachgefragt, das Dorf ist weniger als eine Stunde zu Fuß von unserem Dorf entfernt.

F: Zweiter Hausbesuch, beschreiben, was genau ist passiert - waren es die gleichen Personen, woher wissen Sie das, wenn Sie nichts erkannt haben?

A: Sie sind wieder in der Nacht gekommen und die Gesichter waren wieder verhüllt. Es handelte sich um die gleichen Personen weil eine Person groß war und eine klein.

F: Warum glauben Sie, dass S. diese Personen geschickt hat?

A: Weil S. steht mit uns in einer Feindschaft und ich vermute, dass er dabei war. Nachgefragt, ich glaube, dass er einer von den zwei Personen gewesen ist. Sein Bruder sagte, er hätte die gleichen Augen wie S.

F: Welcher Bruder sagte das?

A: Mein Ehemann hat das gesagt.

F: War der Ehemann damals dabei?

A: Beim zweiten Mal war mein Ehemann zuhause.

F: Was hat der Ehemann getan?

A: Er ist, als die zwei beim Durchsuchen des Hauses waren, weggelaufen. Er hatte Angst getötet zu werden.

F: Warum?

A: Er hatte Angst, dass er wegen der Urkunde mitgenommen oder getötet wird.

F: Warum haben Sie nicht gesagt, dass die Urkunde nicht hier ist und die zweite Frau die Urkunde hat?

A: Ich wusste nicht, dass Sie die Urkunde suchen, weil sie mit uns nicht geredet haben.

F: Sie lassen zwei Unbekannte Ihr Haus durchsuchen und fragen nicht, was sie wollen?

A: Sie hatten Waffen mit und wir konnten uns nicht bewegen und durften nicht reden.

F: Was passierte weiter?

A: Danach habe ich den Entschluss gefasst, das Land zu verlassen, ich wollte nicht mehr dort bleiben.

F: Wo hat Ihr Sohn gewohnt?

A: Bei mir, er ist zur Schule gegangen, dann bekam er Angst und hat die Schule abgebrochen.

F: War Ihr Sohn zu Hause, als die zwei Männer zu Ihnen kamen?

A: Mein Sohn war zu Hause und er hat große Angst bekommen, dass er von diesen Personen getötet wird.

F: Haben Sie zur zweiten Ehefrau ein gutes Verhältnis?

A: Ja, am Anfang sehr gut. Sie heißt Z..

F: Warum haben Sie sie nicht kontaktiert, dass Sie die Urkunde brauchen, um die Streitigkeiten zu klären?

A: Nachdem sie die Urkunde bekommen hat, wollte sie nichts mehr mit mir zu tun haben.

F: Was wollte sie mit der Urkunde?

A: Sie wollte anscheinend alles verkaufen. Ich weiß nicht mehr, aber sie wurde später sehr reich, sie konnte ihre Kinder ins Ausland schicken.

F: Wenn Ihr Name in der Urkunde steht, kann sie die Grundstücke verkaufen?

A: Das ist möglich, weil auf der Urkunde nicht mein Name steht, das Testament war extra. Wenn man bei Behörden viel Geld zahlt, geht das.

F: Wo ist das Testament?

A: Ich habe ihr alles gegeben, das Testament auch. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich ihr das Testament nicht gegeben.

F: Ist Ihr Ehemann noch mit der zweiten Frau verheiratet?

A: Ja, aber ich glaube, er arbeitet und ist nur einmal im Monat oder einmal in der Woche bei der zweiten Frau.

F: Was sagt er zu dem Reichtum seiner Frau, hat er sich nicht gewundert?

A: Das weiß ich nicht, mein letzter Kontakt mit meinem Ehemann war vor 6 Monaten.

F: Warum hat Ihr Ehemann die Urkunde nicht angefordert?

A: Das weiß ich nicht, ob er wusste, dass Sie die Urkunde hat.

F: Sie haben ja gesagt, dass Sie es ihm gesagt haben, dass Sie die Urkunde übergeben haben.

A: Mein Ehemann hatte sie diesbezüglich gefragt und sie hat ihm gesagt, dass sie von der Urkunde nichts weiß.

F: Es gibt in Afghanistan ein Gericht für Grundstückstreitigkeiten. Warum sind Sie nie dorthin gegangen um die Streitigkeiten zu regeln?

A: Eine Frau kann nicht zu einem Gericht gehen, das ist Männersache.

F: Sie hätten Ihren Sohn schicken können.

A: Mein Sohn durfte nicht ins Gericht, weil sein Vater noch am Leben ist. Wenn der Vater lebt, kann der Sohn nicht dahin. Nachgefragt, mein Ehemann war mehrmals bei so einem Gericht, man hat ihm gesagt, dass es ein familiäres Problem ist und dass sie dieses selbst lösen sollen.

F: Wo ist die Urkunde jetzt? Wo lebt die zweite Frau?

A: Die Urkunde sollte bei der zweiten Frau sein. Sie lebt in Kabul mit dem Ehemann, der ist aber viel bei der Arbeit.

F: Weiß Ihr Ehemann inzwischen, dass die zweite Frau die Urkunde hat?

A: Das weiß ich nicht. Ich habe ihm alles erzählt.

F: Warum ist Herat kein sicherer Ort für Ihren Sohn?

A: Ein Bekannter von uns wurde früher in Herat getötet und ich hatte Angst, dass sein Onkel ihn ausfindig machen würde.

F: Aber die Tochter kann problemlos in Herat leben?

A: Sie ist verheiratet und hat keine Probleme. Die andere Tochter ist im Iran. Die anderen zwei Töchter leben in Daikundi.

F: Warum hat Ihr Sohn einen anderen Nachnamen als Sie?

A: Das ist üblich bei uns. Mein Ehemann heißt M.. Der Sohn bekommt den Namen des Vaters.

F: In der Erstbefragung gaben Sie an, dass Ihr Mann spurlos verschwunden ist?

A: Vor unserer Flucht war er für eine gewisse Zeit spurlos verschwunden, er wurde überfallen und geschlagen, dann war er im Krankenhaus, das wussten wir aber nicht. Ich weiß nicht, wo er war.

F: Schildern Sie bitte genau, wer Sie bedroht oder verfolgt hat.

A: Die zwei Personen, die bei mir zu Hause waren, sie haben mich mit dem Fuß in die Brust getreten und sie haben meinen Sohn geschlagen.

F: Hatten Sie jemals außer den erzählten Schwierigkeiten Probleme mit den Behörden Ihres Heimatlandes?

A: Nein.

F: Wo haben Sie die Anzeige aufgegeben?

A: Das war bei den Mullahs im Distrikt Office.

F: Warum sind Sie nicht zur Polizei gegangen?

A: Da waren auch Polizisten als auch Mullahs. Bei uns macht die Polizei nichts. Die haben selbst Angst.

F: Gehören Sie einer politischen Partei an?

A: Nein.

F: Waren Sie in Haft oder wurden Sie festgenommen?

A: Nein.

F: Sucht jemand nach Ihnen?

A: Nein. Hier bin ich in Sicherheit.

F: Warum sind Sie wegen Ihrer Probleme nicht schon früher geflüchtet?

A: Weil ich am Anfang diese Probleme nicht ernst genommen habe und später bekam ich Angst um das Leben meines Sohnes.

F: Warum sind Sie nicht in einen anderen Landesteil gegangen, Sie haben ja genug Geld, um sich wo anders niederzulassen zB. In Kabul?

A: Mein Sohn wollte nach Kabul oder Bamian, aber ich hatte Angst um sein Leben.

F: Wenn Sie aber Ihr Dorf, Ihr Grundstück verlassen haben, welche Bedrohung gäbe es etwa in Kabul für Ihren Sohn?

A: In Kabul habe ich Angst um mein Leben, dass ich dort getötet werde. Ich möchte nicht zurück nach Afghanistan, aber wenn der österreichische Staat uns zurück schicken wird, werden wir nur dann gehen, wenn der Staat uns das Leben dort garantieren würde.

F: Haben Ihre gesundheitlichen Probleme schon in Afghanistan bestanden?

A: Nein, in Afghanistan war ich kernsgesund, das habe ich erst seit der Flucht. (AW holt Atteste, Untersuchungsergebnisse etc. hervor). Ich werde auch psychisch betreut, habe Atembeschwerden und brauche Medikamente."

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.08.2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie festgestellt, dass ihre Abschiebung gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde festgelegt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Gegenüber dem volljährigen Sohn der Beschwerdeführerin erging ebenfalls mit Bescheid der belangten Behörde vom 10.08.2017 eine inhaltlich gleichlautende Entscheidung der belangten Behörde.

Gegen diese Bescheide brachten sowohl die Beschwerdeführerin als auch ihr volljähriger Sohn durch ihre Rechtsvertretungen - die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 23.08.2017 - fristgerecht Beschwerden ein.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.12.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der die Beschwerdeführerin zu den Fluchtgründen, zu ihren persönlichen Umständen im Herkunftsstaat sowie zu ihrer Integration in Österreich befragt wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verzichtete auf die Durchführung einer und auf die Teilnahme an einer Verhandlung.

Die Beschwerdeführerin legte im Rahmen dieser mündlichen Verhandlung im Wege ihrer Rechtsvertretung Unterlagen über die Teilnahme an einem Werte- und Orientierungskurs am 20.09.2017 sowie eine Stellungnahme der Diakonie vom 13.12.2018, die die Integrationsbemühungen der Beschwerdeführerin bescheinigen sollen, sowie einen Kurzarztbrief vom 01.08.2018 mit der Diagnose "Spannungskopfschmerz" und ein Rezept über "Betnesol N Augen-Ohren-Nasentropfen" vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist Muslimin schiitischer Ausrichtung. Sie führt den im Spruch angeführten Namen. Die Beschwerdeführerin wurde vermutlich im Jahr 1950 in Afghanistan in der Provinz Daikondi (Daikundi) geboren und ist dort aufgewachsen. Sie spricht Dari.

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine ca. 69jährige Frau, die begleitet von ihrem volljährigen Sohn nach Österreich gereist ist und im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan gemeinsam mit diesem volljährigen Sohn nach Afghanistan zurückkehren kann. Festgestellt wird in diesem Zusammenhang, dass die belangte Behörde mit Bescheid vom 10.08.2017 den Antrag des volljährigen Sohnes auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen hat. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt; gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Sohnes nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt IV.). Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.03.2019, W229 2169580-1/14E, wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Sohnes als unbegründet abgewiesen.

Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführerin in Afghanistan über keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte verfügt.

Die Beschwerdeführerin leidet aktuell an keinen lebensbedrohlichen körperlichen und psychischen Erkrankungen.

Die Beschwerdeführerin ist in Österreich bisher strafgerichtlich unbescholten.

Die Beschwerdeführerin ist nach ihrer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet seit ihrer Antragstellung am 27.07.2015 durchgehend auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts im Asylverfahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Sie bestreitet den Lebensunterhalt im Rahmen der Grundversorgung, einer legalen Erwerbstätigkeit in Österreich geht sie und ging sie bisher nicht nach. Die Beschwerdeführerin hat in Österreich einen Werte- und Orientierungskurs sowie Deutschkurse besucht, verfügt aber über nur über sehr geringe Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Die Beschwerdeführerin hat in Österreich - abgesehen von ihrem oben genannten Sohn - keine Verwandten, zu denen sie näheren Kontakt hätte, und keine sonstigen engen familienähnlichen Bindungen. Für außergewöhnliche Integrationsbestrebungen der Beschwerdeführerin gibt es keine Anhaltspunkte.

Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates:

Nicht festgestellt werden können die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Fluchtgründe. Es kann sohin nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin wegen einer ihr vor etwa zwei Jahrzehnten von ihrem Schwiegervater vor dessen Tod heimlich übergebenen Besitzurkunde über die Eigentumsverhältnisse an dessen sämtlichen Grundstücken sowie wegen eines Testamentes, im Rahmen dessen der Beschwerdeführerin eines der Grundstücke vermacht worden sei, Übergriffen maßgeblicher Intensität durch zwei andere Söhne ihres Schwiegervaters, konkret durch zwei Halbbrüder ihres Ehemannes, die Verbindungen zu Taliban gehabt hätten, ausgesetzt gewesen wäre. Nicht festgestellt werden kann in diesem Zusammenhang, dass die Beschwerdeführerin - je nach Darstellung - zwei- bzw. drei Mal von zwei oder mehr Personen zu Hause aufgesucht, bedroht, geschlagen und beraubt worden wäre, dies zu dem Zweck, in den Besitz der genannten Urkunden zu gelangen.

Nicht festgestellt werden kann daher, dass die Beschwerdeführerin in Afghanistan einer konkret und gezielt gegen ihre Person gerichteten individuellen Verfolgungsgefahr durch Taliban oder sonstige Personen oder Personengruppen wegen Grundstücksstreitigkeiten innerhalb der Familie ausgesetzt wäre.

Zur Lage im Herkunftsstaat wird festgestellt:

Sicherheitslage

Am 19.5.2018 erklärten die Taliban, sie würden keine Mitglieder afghanischer Sicherheitskräfte mehr angreifen, wenn diese ihre Truppen verlassen würden, und gewährten ihnen somit eine "Amnestie". In ihrer Stellungnahme erklärten die Aufständischen, dass das Ziel ihrer Frühlingsoffensive Amerika und ihre Alliierten seien (AJ 19.5.2018).

Am 7.6.2018 verkündete Präsident Ashraf Ghani einen Waffenstillstand mit den Taliban für den Zeitraum 12.6.2018 - 20.6.2018. Die Erklärung erfolgte, nachdem sich am 4.6.2018 über 2.000 Religionsgelehrte aus ganz Afghanistan in Kabul versammelt hatten und eine Fatwa zur Beendigung der Gewalt aussprachen (Tolonews 7.6.2018; vgl. Reuters 7.6.2018, RFL/RL 5.6.2018). Durch die Fatwa wurden Selbstmordanschläge für ungesetzlich (nach islamischem Recht, Anm.) erklärt und die Taliban dazu aufgerufen, den Friedensprozess zu unterstützen (Reuters 5.6.2018). Die Taliban selbst gingen am 9.6.2018 auf das Angebot ein und erklärten einen Waffenstillstand von drei Tagen (die ersten drei Tage des Eid-Fests, Anm.). Der Waffenstillstand würde sich jedoch nicht auf die ausländischen Sicherheitskräfte beziehen; auch würden sich die Taliban im Falle eines militärischen Angriffs verteidigen (HDN 10.6.2018; vgl. TH 10.6.2018, Tolonews 9.6.2018).

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018).

Anschläge bzw. Angriffe und Anschläge auf hochrangige Ziele

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten auch weiterhin "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (USDOD 12.2017; vgl. SBS 28.2.2018, NZZ 21.3.2018, UNGASC 27.2.2018). Möglicherweise sehen Aufständische Angriffe auf die Hauptstadt als einen effektiven Weg, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu untergraben, anstatt zu versuchen, Territorium in ländlichen Gebieten zu erobern und zu halten (BBC 21.3.2018).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht (USDOD 12.2017). In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt (AJ 24.2.2018; vgl. Slate 22.4.2018). Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheitsoperationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden (BBC 21.3.2018); auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (WSJ 21.3.2018).

Registriert wurde auch eine Steigerung öffentlichkeitswirksamer gewalttätiger Vorfälle (UNGASC 27.2.2018)

Im August 2017 wurde berichtet, dass regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen - insbesondere die Taliban - ihre Aktivitäten landesweit verstärkt haben, trotz des Drucks der afghanischen Sicherheitskräfte und der internationalen Gemeinschaft, ihren Aktivitäten ein Ende zu setzen (Khaama Press 13.8.2017). Auch sind die Kämpfe mit den Taliban eskaliert, da sich der Aufstand vom Süden in den sonst friedlichen Norden des Landes verlagert hat, wo die Taliban auch Jugendliche rekrutieren (Xinhua 18.3.2018). Ab dem Jahr 2008 expandierten die Taliban im Norden des Landes. Diese neue Phase ihrer Kampfgeschichte war die Folge des Regierungsaufbaus und Konsolidierungsprozess in den südlichen Regionen des Landes. Darüber hinaus haben die Taliban hauptsächlich in Faryab und Sar-i-Pul, wo die Mehrheit der Bevölkerung usbekischer Abstammung ist, ihre Reihen für nicht-paschtunische Kämpfer geöffnet (AAN 17.3.2017).

Teil der neuen Strategie der Regierung und der internationalen Kräfte im Kampf gegen die Taliban ist es, die Luftangriffe der afghanischen und internationalen Kräfte in jenen Gegenden zu verstärken, die am stärksten von Vorfällen betroffen sind. Dazu gehören u.a. die östlichen und südlichen Regionen, in denen ein Großteil der Vorfälle registriert wurde. Eine weitere Strategie der Behörden, um gegen Taliban und das Haqqani-Netzwerk vorzugehen, ist die Reduzierung des Einkommens selbiger, indem mit Luftangriffen gegen ihre Opium-Produktion vorgegangen wird (SIGAR 1.2018).

Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans (SIGAR 30.4.2018). Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten (ODI 6.2018). Die Taliban halten auch weiterhin großes Territorium in den nördlichen und südlichen Gegenden der Provinz Helmand (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Die ANDSF haben, unterstützt durch US-amerikanische Truppen, in den ersten Monaten des Jahres 2018 an Boden gewonnen, wenngleich die Taliban nach wie vor die Hälfte der Provinz Helmand unter Kontrolle halten (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Helmand war lange Zeit ein Hauptschlachtfeld - insbesondere in der Gegend rund um den Distrikt Sangin, der als Kernstück des Taliban-Aufstands erachtet wird (JD News 12.3.2018; vgl. Reuters 30.3.2018). Die Taliban haben unerwarteten Druck aus ihrer eigenen Hochburg in Helmand erhalten: Parallel zu der Ende März 2018 abgehaltenen Friendens-Konferenz in Uzbekistan sind hunderte Menschen auf die Straße gegangen, haben eine Sitzblockade abgehalten und geschworen, einen langen Marsch in der von den Taliban kontrollierten Stadt Musa Qala zu abzuhalten, um die Friedensgespräche einzufordern. Unter den protestierenden Menschen befanden sich auch Frauen, die in dieser konservativen Region Afghanistans selten außer Hauses gesehen werden (NYT 27.3.2018).

Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, an Nangarhar im Südosten, an Logar im Süden und an (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Provinz Kabul besteht aus folgenden Einheiten (Pajhwok o.D.z): Bagrami, Chaharasyab/Char Asiab, Dehsabz/Deh sabz, Estalef/Istalif, Farza, Guldara, Kabul Stadt, Kalakan, Khak-e Jabbar/Khak-i-Jabar, Mirbachakot/Mir Bacha Kot, Musayi/Mussahi, Paghman, Qarabagh, Shakardara, Surobi/Sorubi (UN OCHA 4-2014; vgl. Pajhwok o.D.z).

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander in Kabul Stadt (Pajhwok o.D.z). Menschen aus unsicheren Provinzen, auf der Suche nach Sicherheit und Jobs, kommen nach Kabul - beispielsweise in die Region Shuhada-e Saliheen (LAT 26.3.2018). In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer/innen und IDPs wohnen (TG 15.3.2018).

Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen: den Hamid Karzai International Airport (HKIR) (Tolonews 25.2.2018; vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35). Auch soll die vierspurige "Ring Road", die Kabul mit angrenzenden Provinzen verbindet, verlängert werden (Tolonews 10.9.2017; vgl. Kapitel 3.35.).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen (Reuters 14.3.2018), die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben (Reuters 14.3.2018; vgl. UNGASC 27.2.2018). Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen (Khaama Press 26.3.2018; vgl. FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018). Im Jahr 2017 und in den ersten Monaten des Jahres 2018 kam es zu mehreren "high-profile"-Angriffen in der Stadt Kabul; dadurch zeigte sich die Angreifbarkeit/Vulnerabilität der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte (DW 27.3.2018; vgl. VoA 19.3.2018 SCR 3.2018, FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018).

Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen.

Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (UNAMA 2.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in der Provinz Kabul

Sowohl die Taliban als auch der IS verüben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in der Stadt Kabul (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 17.3.2018, Dawn 31.1.2018), auch dem Haqqani-Netzwerk wird nachgesagt, Angriffe in der Stadt Kabul zu verüben (RFE/RL 30.1.2018; vgl. NYT 9.3.2018, VoA 1.6.2017). So existieren in der Hauptstadt Kabul scheinbar eine Infrastruktur, Logistik und möglicherweise auch Personal ("terrorists to hire"), die vom Haqqani-Netzwerk oder anderen Taliban-Gruppierungen, Splittergruppen, die unter der Flagge des IS stehen, und gewaltbereiten pakistanischen sektiererischen (anti-schiitischen) Gruppierungen verwendet werden (AAN 5.2.2018).

Zum Beispiel wurden zwischen 27.12.2017 und 29.1.2018 acht Angriffe in drei Städten ausgeführt, zu denen neben Jalalabad und Kandahar auch Kabul zählte - fünf dieser Angriffe fanden dort statt. Nichtsdestotrotz deuten die verstärkten Angriffe - noch - auf keine größere Veränderung hinsichtlich des "Modus Operandi" der Taliban an (AAN 5.2.2018).

Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.). Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min. 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (UNODC 11.2017).

Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).

Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 Km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m³ turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen (PPG 26.2.2018; vgl. RFE/RL 23.2.2018). Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen (Tolonews 4.3.2018). Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017).

Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017).

Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Herat

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.6.2017; vgl. AAN 11.1.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen (MdD o. D.).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Herat

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018;

vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren (RFE/RL 23.2.2018;

vgl. Gandhara 22.2.2018, IP 13.8.2017, NYT 5.8.2017). Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an (FAZ 1.8.2017; vgl. DW 1.8.2017). Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen (AF 14.3.2018; vgl. Tolonews 4.3.2018). Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban-Gruppierungen (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017).

Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (UNAMA 2.2018).

ACLED registrierte für den Zeitraum 1.1.2017-15.7.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat (ACLED 23.2.2017).

Quellen:

-ACLED - Armed Conflict Location & Event

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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