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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §18 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des Dr. P in W, vertreten durch Dr. Heinz-Eckard Lackner, Rechtsanwalt in Wien I, Grillparzerstraße 5, gegen den Bescheid des Vorstandes der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs vom 16. März 1996, Zl. 301-60/96, betreffend Anerkennung als Fachtierarzt, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 13. April 1995 auf "De facto-Anerkennung des Titels Fachtierarzt für Kleintiere" gemäß § 72 Abs. 4 und 6 Tierärztegesetz (in der Fassung BGBl. Nr. 99/1993) abgewiesen.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 27. November 1997, B 1568/96, die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der Übergangsbestimmung des § 72 Abs. 4 Tierärztegesetz sind Tierärzte auf deren Antrag von den Voraussetzungen gemäß § 14b Abs. 1 Z. 3 bis 6 für den Erwerb eines Fachtierarzttitels zu befreien, wenn die in den Z. 1 bis 3 des § 72 Abs. 4 angeführten Voraussetzungen vorliegen. Dazu gehört nach Z. 2, dass der Antragsteller nachweist, dass er auf dem Fachgebiet, für das er den Fachtierarzttitel anstrebt, mindestens sechs Jahre lang regelmäßig und überwiegend ganztägig und in hauptberuflicher Stellung tätig war. Gegen die Entscheidung nach Abs. 4 steht gemäß § 72 Abs. 6 Tierärztegesetz dem Antragsteller das Recht der Berufung an den Vorstand der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs zu.
Der Beschwerdeführer erblickt eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, dass die belangte Behörde nicht seinem Berufungsbegehren entsprechend den erstinstanzlichen Bescheid vom 3. Februar 1996 wegen sachlicher Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde aufgehoben hat. Dieser Bescheid sei nämlich nicht von der dafür zuständigen Fachtierarzt-Prüfungskommission für Kleintiere, sondern von deren Vorsitzendem allein erlassen worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits in seinem Erkenntnis vom 21. April 1998, Zl. 96/11/0134, mit einem gleichartigen Einwand auseinander gesetzt. Er ist damals bei einem insoweit gleich gelagerten Sachverhalt zum Ergebnis gelangt, es liege ein zulässiger Intimationsbescheid des Vorsitzenden der Prüfungskommission vor, der aufgrund der ausdrücklichen Bezugnahme in der Begründung auf die vorangegangene Willensbildung innerhalb der Fachtierarzt-Prüfungskommission dieser Behörde zuzurechnen sei. Die Ausführungen im zitierten Erkenntnis, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird, kommen im Beschwerdefall in gleicher Weise zum Tragen. Der angefochtene Bescheid ist daher nicht mit der in Rede stehenden Rechtswidrigkeit behaftet.
Der Beschwerdeführer behauptet, er betreibe seit 1981 eine private Kleintierpraxis mit Ordinationszeiten von Montag bis Freitag zwischen 17 Uhr und 19 Uhr. Seit 1983 stehe er überdies in einem Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien als Amtstierarzt. Mindestens die Hälfte der amtstierärztlichen Tätigkeit sei "speziell kleintiermedizinisch bezogen".
Die belangte Behörde beurteilte diesen Sachverhalt dahin, dass auch in der Zusammenschau der nebenberuflich ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers als Tierarzt und seiner hauptberuflich ausgeübten Tätigkeit als Amtstierarzt keine den Erfordernissen des § 72 Abs. 4 Z. 2 Tierärztegesetz genügende Praxis nachgewiesen sei. Die amtstierärztliche Tätigkeit könne nur zu einem Bruchteil als fachlich einschlägig qualifiziert werden und die freiberufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers sei schon in zeitlicher Hinsicht so gering, dass von einer überwiegend ganztägig und in hauptberuflicher Stellung ausgeübten fachspezifischen Tätigkeit nicht gesprochen werden könne.
Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde habe § 72 Abs. 4 Z. 2 Tierärztegesetz insofern unrichtig interpretiert, als sie offenbar rechtswidrig davon ausgegangen sei, dass ein Amtstierarzt grundsätzlich keine kleintierspezifischen Tätigkeiten zu verrichten habe. Die Tatsache, dass jemand als Amtstierarzt tätig sei, lasse nicht den Schluss zu, dass schon deshalb eine fachspezifische Spezialisierung nicht gegeben sei.
Die belangte Behörde stützte ihre Beurteilung der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Amtstierarzt vornehmlich auf eine von ihm vorgelegte Stellungnahme des Veterinärdirektors von Wien, in der das Aufgabengebiet der im Veterinäramt tätigen Amtstierärzte dargestellt wird. Danach umfasst diese Tätigkeit neben den allgemeinen Angelegenheiten des Veterinärwesens und des Tierschutzes die von den Amtstierärzten wahrzunehmenden Aufgaben bei der Vollziehung der einschlägigen Gesetze und Verordnungen. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Aufsichts- und Überwachungstätigkeiten. Die belangte Behörde wies zutreffend darauf hin, dass in der Auflistung des Veterinärdirektors "keine ausschließlich kleintierrelevanten Punkte" enthalten seien. Sie zog daraus den Schluss, dass kleintiermedizinische Aufgaben nur einen kleinen Bruchteil des gesamten Aufgabenbereichs von Amtstierärzten ausmachen könnten. Dagegen bestehen insoferne keine Bedenken, als von einer überwiegenden Tätigkeit iSd § 72 Abs. 4 Z. 2 Tierärztegesetz auf kleintiermedizinischem Gebiet nicht die Rede sein kann. Diese Beurteilung bezieht sich auf die Tätigkeit von Amtstierärzten (die grundsätzlich nicht speziell auf Kleintiere bezogen ist) schlechthin. Dazu kommt, dass deren Tätigkeit im Wesentlichen auf die Vorbeugung und Abwehr von Tierseuchen, die Sicherung einwandfreier tierischer Nahrungsmittel für den Menschen und auf den Tierschutz allgemein gerichtet ist. Die Tätigkeit eines Amtstierarztes ist demnach vornehmlich von anderen Aufgaben und damit von anderen Anforderungen bestimmt als die Tätigkeit eines freiberuflichen Tierarztes (im Wesentlichen Diagnose und Therapie kranker Tiere im Einzelfall), die die Voraussetzung für eine de facto-Anerkennung nach § 74 Abs. 4 Tierärztegesetz bildet. Es kann dahinstehen, ob ausnahmsweise auch die Tätigkeit eines Amtstierarztes, sofern der ausschließlich oder doch überwiegend mit derartigen Aufgaben dienstlich befasst ist, eine de facto-Anerkennung nach § 72 Abs. 4 Tierärztegesetz rechtfertigen kann. Im vorliegenden Fall findet sich jedenfalls kein Hinweis auf eine solche spezifisch gelagerte dienstliche Tätigkeit des Beschwerdeführers auf kleintiermedizinischem Gebiet; auch der Beschwerdeführer hat Derartiges nie behauptet. Angesichts dessen ist die Auffassung der belangten Behörde, bei der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Amtstierarzt handle es sich nicht um eine überwiegend ganztägige und hauptberufliche Tätigkeit im Sinne des § 72 Abs. 4 Z. 2 Tierärztegesetz auf dem Gebiet der Kleintiermedizin, nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Die Verfahrensrügen, die belangte Behörde habe den maßgebenden Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt und insbesondere keine konkreten Feststellungen über die tatsächliche Tätigkeit des Beschwerdeführers als Amtstierarzt getroffen, vermögen schon deshalb keinen wesentlichen Verfahrensmangel aufzuzeigen, weil der Beschwerdeführer nicht konkret ausführt, zu welchen Feststellungen die belangte Behörde andernfalls gekommen wäre und inwiefern dies zu einem anderen Bescheid geführt hätte. Im Übrigen wäre es angesichts der aufgezeigten Besonderheit der Tätigkeit von Amtstierärzten Sache des Beschwerdeführers gewesen (arg.: "nachweist"), bereits im Verwaltungsverfahren konkretes Vorbringen über seine Tätigkeit als Amtstierarzt zu erstatten.
Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. März 1999
Schlagworte
Behördenbezeichnung Fertigungsklausel Intimation Zurechnung von BescheidenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998110054.X00Im RIS seit
02.04.2001