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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FSG 1997 §27 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des J in M, vertreten durch Dr. Manfred Buchmüller, Rechtsanwalt in Altenmarkt, Marktplatz 155, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 17. April 1998, Zl. 5/04-14/1266/4-1998, betreffend Wiederausfolgung des Führerscheines, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 23. Juli 1996 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B vorübergehend für die Dauer von 18 Monaten, gerechnet ab 1. Juni 1996, entzogen.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 4. März 1998 auf Wiederausfolgung seines Führerscheines gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 27 Abs. 1 Z. 1 Führerscheingesetz - FSG ab.
In der Begründung führte die belangte Behörde aus, auf den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederausfolgung des Führerscheines sei bereits das FSG anzuwenden gewesen. Nach dessen § 27 Abs. 1 Z. 1 erlösche eine Lenkberechtigung nach Ablauf einer Entziehungsdauer von 18 Monaten. Gemäß § 28 Abs. 1 leg. cit. sei der Führerschein auf Antrag u.a. nur dann wieder auszufolgen, wenn die Entziehungsdauer kürzer als 18 Monate gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 29. September 1998, B 1062/98-3, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie mit Beschluss vom 23. November 1998, B 1062/98-5, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Dem Beschwerdeführer wurde die Lenkerberechtigung im zeitlichen Geltungsbereich der §§ 64 bis 77 KFG 1967 vorübergehend entzogen. Diese Bestimmungen sind gemäß § 43 Abs. 3 FSG mit Ablauf des 31. Oktober 1997 außer Kraft getreten. Gemäß § 41 Abs. 1 FSG sind die zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens anhängigen Verfahren aufgrund der §§ 64 bis 77 KFG 1967 nach der bisher geltenden Rechtslage zu Ende zu führen.
Eine vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 hat zur Folge, dass die Lenkerberechtigung nach Ablauf der ausgesprochenen Entziehungsdauer ipso iure wieder auflebt und demnach die (alte) Lenkerberechtigung ab dem bestimmten Zeitpunkt wieder aufrecht ist (siehe dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1991, Zl. 91/11/0054, mwN). Diese Rechtswirkung hat auch der gegenüber dem Beschwerdeführer erlassene Entziehungsbescheid vom 23. Juli 1996, sodass die Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers nach Ablauf der Entziehungszeit am 1. Dezember 1997 wieder aufgelebt und nicht gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 FSG erloschen ist.
Die zuletzt genannte Vorschrift gilt nicht für die unter Anwendung des § 74 Abs. 1 KFG 1967 ausgesprochenen vorübergehenden Entziehungen. Dazu gehören sowohl die - wie im Falle des Beschwerdeführers - vor Inkrafttreten des FSG erlassenen Entziehungsbescheide als auch jene, die nach Inkrafttreten des FSG erlassen wurden, bei denen aber zufolge der Übergangsbestimmung des § 41 Abs. 1 FSG noch die bisher geltende Rechtslage anzuwenden war.
Die von der belangten Behörde herangezogenen Bestimmungen (§ 27 Abs. 1 Z. 1 und § 28 Abs. 1 letzter Halbsatz FSG) sind nur auf die aufgrund des FSG erlassenen Entziehungsbescheide anzuwenden. Während die §§ 73 und 74 KFG 1967 zwischen (endgültiger) Entziehung und vorübergehender Entziehung der Lenkerberechtigung unterschieden, was zur Folge hatte, dass bereits im Entziehungsbescheid klar zum Ausdruck kommen musste, welche Art der Entziehung ausgesprochen wurde, kennt das Führerscheingesetz nur eine Entziehung der Lenkberechtigung. Es unterscheidet in den Wirkungen insofern, als der Ablauf einer Entziehungsdauer von 18 Monaten gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 FSG zum Erlöschen der Lenkberechtigung führt. Darauf bezieht sich erkennbar auch § 28 Abs. 1 leg. cit., wonach der Führerschein nach Ablauf der Entziehungsdauer wieder auszufolgen ist, wenn die Entziehung kürzer als 18 Monate war. Der von der belangten Behörde angenommene Eingriff in die nach der alten Rechtslage erlassenen und zu erlassenden Bescheide wird durch das FSG nicht vorgenommen. Derartiges ist den Übergangs- und Schlussbestimmungen dieses Gesetzes nicht zu entnehmen. Die normativen Wirkungen der nach der alten Rechtslage erlassenen Bescheide sind daher nach dieser zu beurteilen.
Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. An Stempelgebühren konnte dem Beschwerdeführer nur die im § 24 Abs. 3 VwGG genannte Gebühr von S 2.500,-- ersetzt werden.
Wien, am 24. März 1999
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998110291.X00Im RIS seit
11.07.2001