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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §116;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des S in B, vertreten durch Dr. Ernst Summerer, Rechtsanwalt in 2070 Retz, Znaimer Straße 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 27. Februar 1997, GA 17-96/4176/13, betreffend Einkommensteuer 1988 bis 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
An der HS-GmbH war der Beschwerdeführer zu 50 %, HS zu 49 % und ES zu 1 % beteiligt. Geschäftsführer der Gesellschaft war HS. Die Gesellschaft betrieb eine Diskothek.
Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, daß nur etwa 30 bis 40 % der tatsächlich erzielten Einnahmen in die Buchhaltung der Gesellschaft Eingang gefunden hätten. Das Finanzamt nahm daher entsprechende Umsatzzuschätzungen vor.
Das Finanzamt ging weiters davon aus, daß die nicht erfaßten Erlöse nach Abzug von nicht aufgezeichneten Betriebsausgaben an die Gesellschafter ausgeschüttet worden seien. Der HS-GmbH wurde für diese verdeckte Gewinnausschüttung Kapitalertragsteuer vorgeschrieben, von ihr aber nicht entrichtet. In den - nach Wiederaufnahme der Verfahren - an den Beschwerdeführer ergangenen Einkommensteuerbescheiden 1988 bis 1992 erfaßte das Finanzamt jeweils 50 % der angenommenen verdeckten Gewinnausschüttung im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen.
In der Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide brachte der Beschwerdeführer vor, er habe von der HS-GmbH keinerlei Gewinnausschüttungen erhalten. Das gehe aus sämtlichen Niederschriften über Aussagen des HS betreffend die HS-GmbH hervor.
Im weiteren Berufungsverfahren verwies der Beschwerdeführer darauf, daß HS mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29. August 1995, 12d Vr 4163/95, Hv 3503/95, schuldig erkannt worden sei, als Geschäftsführer der HS-GmbH Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a FinStrG begangen zu haben. In der Urteilsbegründung finde sich u.a. die Aussage, daß sich HS die verschwiegenen Erlöse angeeignet habe.
Aus der Niederschrift vom 24. Juni 1992 über die Beschuldigtenvernehmung des HS ergibt sich dessen Aussage, daß die Ware, etwa das Bier bei der Brau-AG, zur Hälfte schwarz eingekauft worden sei. Der Vorgang des Einkaufens ohne Rechnung sei ihm vom Beschwerdeführer aufgetragen worden, der Beschwerdeführer sei sozusagen sein Lehrmeister gewesen. Der Beschwerdeführer habe die Belege betreffend das Rechnungswesen der HS-GmbH erhalten, insbesondere auch alle Belege über den Einkauf einschließlich jener über die Schwarzeinkäufe.
Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde über die Berufung ab. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, Gewinnzuschätzungen bei einer GmbH seien in der Regel allen Gesellschaftern als verdeckte Gewinnausschüttung zuzurechnen, wenn nicht eine andere Gewinnverteilung nachgewiesen sei. Im gegenständlichen Fall sei dem Beschwerdeführer der seinem Beteiligungsausmaß entsprechende Anteil am Mehrgewinn - die Anknüpfung an das Schätzungsergebnis stehe nicht in Streit - zuzurechnen. Abweichend von der Vorgangsweise des Finanzamtes dürfe die zugerechnete Gewinnausschüttung nicht um den Betrag der Kapitalertragsteuer erhöht werden, weil die HS-GmbH die Kapitalertragsteuer nicht entrichtet habe und in Anbetracht ihrer tristen finanziellen Situation kaum jemals werde entrichten können. An die Tatsachenfeststellung im Strafurteil vom 29. August 1995 sei die Behörde nicht gebunden, weil dieses Urteil nicht an den Beschwerdeführer ergangen sei; zudem gehe es im Urteil um die Hinterziehung von Abgaben der HS-GmbH und sei es in diesem Zusammenhang bedeutungslos, in welchem Verhältnis die Gewinnausschüttungen an HS bzw an den Beschwerdeführer gegangen seien. Der Spruch des Strafurteiles beruhe daher nicht auf der Feststellung, welchem der Gesellschafter (in welchem Ausmaß) die verdeckte Gewinnausschüttung zugekommen sei. Im übrigen ergebe sich aus dem Urteil wie auch aus der Niederschrift über die Vernehmung von HS vom 24. Juni 1992, daß der Beschwerdeführer der Lehrmeister von HS in Bezug auf die Schwarzgeschäfte gewesen sei. Bei dieser Sachlage widerspräche es der allgemeinen Lebenserfahrung, wenn die verdeckt ausgeschütteten Mehrgewinne ausschließlich an HS gegangen wären. Dem Berufungsvorbringen, aus sämtlichen Niederschriften über Aussagen des HS gehe hervor, daß der Beschwerdeführer keine Gewinnausschüttung erhalten habe, werde entgegengehalten, daß sich aus der Niederschrift vom 24. Juni 1992 der Empfänger der Ausschüttung überhaupt nicht ergebe. Hinsichtlich der Einkommensteuer 1988 werde bemerkt, daß der Bescheid außerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist ergangen sei. Da es sich aber um hinterzogene Abgaben handle, komme die zehnjährige Verjährungsfrist zur Anwendung. Diese sei noch nicht abgelaufen.
Die belangte Behörde nahm mit dem angefochtenen Bescheid auch eine Änderung des Betrages der anzurechnenden Kapitalertragsteuer vor. Die auf Gewinnausschüttungen der HS-GmbH und auf Gewinnausschüttungen der D-GmbH rechnerisch entfallende Kapitalertragsteuer wurde nicht auf die Einkommensteuer angerechnet, weil diese Gesellschaften die Kapitalertragsteuer nicht entrichtet hatten. Hinsichtlich der Gewinnausschüttungen der A-GmbH erfolgt eine teilweise Anrechnung, weil die Kapitalertragsteuer nur teilweise entrichtet worden war. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Ausschüttungen stammten bei allen angeführten Gesellschaften aus Schwarzumsätzen. Es sei daher im Zuge der Ausschüttung keine Kapitalertragsteuer einbehalten worden. Die Kapitalertragsteuer sei zwar in der Folge vom Finanzamt vorgeschrieben worden, habe von den Gesellschaften aber nicht bzw. nicht zur Gänze entrichtet werden können. Die Anrechnung von auf verdeckte Gewinnausschüttungen entfallender, aber nicht entrichteter Kapitalertragsteuer sei im Gesetz nicht vorgesehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Verdeckte Gewinnausschüttungen können sich aus Gewinnzuschätzungen infolge abgabenbehördlicher Prüfungen bei Kapitalgesellschaften ergeben. Derartige Mehrgewinne sind den Gesellschaftern grundsätzlich nach dem auch sonst geltenden Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen, es sei denn, daß die Mehrgewinne abweichend vom allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel nur einem oder einigen der Gesellschafter zugeflossen sind. Daß die durch Gewinnzuschätzungen ermittelten Mehrgewinne überhaupt nicht zur Ausschüttung gekommen seien, also weiterhin bei der Gesellschaft verwendet worden seien, ist vom Abgabepflichtigen zu beweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1989, 89/14/0151).
In der Beschwerde wird vorgebracht, aus einer Niederschrift vom 24. Februar 1995 über eine Aussage von HS ergebe sich, daß dieser für diverse Malversationen allein verantwortlich sei. Das Finanzamt für Körperschaften habe in seiner Strafanzeige gegen HS ebenfalls ausgeführt, daß HS als Geschäftsführer die alleinige Verantwortung für die ihm angelasteten Malversationen trage und Beteiligungshandlungen des Beschwerdeführers in Abrede zu stellen seien. Auch im Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29. August 1995 werde ausgeführt, daß sich HS, wie sich aus dessen Geständnis ergebe, die verschwiegenen Erlöse zugeeignet habe. Aus dem Strafurteil ergebe sich eine Bindung hinsichtlich der darin festgestellten Tatsachen. Die Behörde hätte daher in den Strafakt betreffend HS und in den Abgabenakt betreffend die HS-GmbH Einsicht nehmen müssen. Dadurch hätte sie feststellen können, wem die verdeckte Gewinnausschüttung tatsächlich zugeflossen sei.
Diesem Vorbringen ist folgendes entgegenzuhalten:
HS war der Geschäftsführer der HS-GmbH. Gemäß § 80 Abs. 1 BAO war er somit verpflichtet, für die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der HS-GmbH Sorge zu tragen. Es ist daher naheliegend, daß er für die Verletzung dieser abgabenrechtlichen Pflichten verantwortlich ist. Davon zu unterscheiden ist aber die Frage, ob die Gewinnausschüttung ihm allein oder anteilig auch dem Beschwerdeführer, der über eine Stammeinlage im Ausmaß von 50% des Stammkapitals verfügt, zugekommen ist.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht eine Bindung der Abgabenbehörde an jene tatsächlichen Feststellungen in strafgerichtlichen Urteilen, auf denen der Spruch basiert, mit welchem der Beschuldigte eines Deliktes für schuldig befunden wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. September 1996, 95/13/0214). Wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, kann eine solche Bindung aber nicht hinsichtlich solcher Personen bestehen, auf die sich das Strafverfahren nicht bezogen hat. Dazu kommt, daß es im Strafverfahren gegen HS nicht entscheidend darauf angekommen ist, ob die verdeckte Gewinnausschüttung ausschließlich an ihn oder anteilig auch an den Beschwerdeführer geflossen ist. Die im Spruch des Strafurteiles beschriebene Abgabenhinterziehung durch Verkürzung bestimmt genannter Kapitalertragsteuerbeträge liegt auch dann vor, wenn ein Teil der Gewinnausschüttung an den Beschwerdeführer gegangen ist. Die in der Begründung des Strafurteiles getroffene Aussage, wonach die verschwiegenen Erlöse an HS gegangen seien, deckt sich im übrigen deshalb nicht mit dem Spruch des Urteiles, weil der Berechnung der Kapitalertragsteuer zu Recht nicht der Betrag der Erlöszuschätzung zugrunde gelegt worden ist, sondern ein nach Abzug zugeschätzter Betriebsausgaben von jährlich zwischen 2,069.000 S und 5,970.000 S ermittelter Betrag.
Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung auf die Niederschriften über Aussagen des HS verwiesen. Aus der Niederschrift vom 24. Juni 1992 ergibt sich die Aussage des HS, wonach ihm der Beschwerdeführer als "Lehrmeister" die Losungsverkürzung und den Einkauf ohne Rechnung aufgetragen habe und der Beschwerdeführer über die Schwarzgeschäfte informiert gewesen sei. Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf diese Aussage und unter Bezugnahme auf die allgemeine Lebenserfahrung, wonach ein über Schwarzgeschäfte einer GmbH informierter 50 %-Gesellschafter auch einen Anteil an den Geschäften einfordert, von einem entsprechenden anteiligen Zufluß der Gewinnausschüttungen an den Beschwerdeführer ausgegangen ist. Der Beschwerdeführer hat weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde dargetan, welche konkreten Aussagen des HS bzw. welche konkreten Teile aus dem Strafakt bzw dem Steuerakt der GmbH Hinweise dafür böten, daß ihm kein Anteil an den verdeckten Gewinnausschüttung zugekommen wäre.
Der Beschwerdeführer wendet sich weiters dagegen, daß die auf verdeckte Gewinnausschüttungen der HS-GmbH, der D-GmbH und der A-GmbH rechnerisch entfallende Kapitalertragsteuer, soweit sie von diesen Gesellschaften trotz bescheidmäßiger Vorschreibung nicht entrichtet worden ist, bei seiner Einkommensteuer nicht in Anrechnung gebracht worden ist.
Gemäß § 46 EStG Abs. 1 Z. 2 EStG 1988 werden die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge, soweit sie auf die veranlagten Einkünfte entfallen, auf die Einkommensteuerschuld angerechnet.
Gemäß § 95 Abs. 5 Z. 1 EStG 1988 ist dem Empfänger der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat.
Aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 46 EStG ergibt sich, daß die einbehaltene Kapitalertragsteuer auch dann anzurechnen ist, wenn sie nicht an das Finanzamt abgeführt worden ist (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG 1988 § 46 Tz 6). Im Falle verdeckter Gewinnausschüttung wird aber in der Regel Kapitalertragsteuer nicht einbehalten. In einem solchen Fall wird es der Einbehaltung gleichzuhalten sein, wenn der Gesellschafter nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung den Betrag in Höhe der Kapitalertragsteuer ersetzt oder wenn die Gesellschaft ohne Einforderung eines Ersatzes vom Gesellschafter - und damit in Zuwendung eines weiteren Vorteils an den Gesellschafter (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1997, 96/15/0180, 0204) - die Kapitalertragsteuer an das Finanzamt entrichtet.
Beim gegebenen Sachverhalt konnte die belangte Behörde davon ausgehen, daß Kapitalertragsteuer nicht einbehalten worden ist und auch kein Fall vorliegt, der der Einbehaltung gleichzuhalten ist.
Der Beschwerdeführer bringt schließlich vor, die belangte Behörde habe nicht erhoben, ob die den jeweiligen Gesellschaften vorgeschriebene Kapitalertragsteuer tatsächlich bezahlt worden sei. Hiezu ist darauf zu verweisen, daß die belangte Behörde entsprechende Ermittlungen durch Abfrage der Abgabenkonten angestellt und dem Beschwerdeführer mit Vorhalt vom 10. Jänner 1997 davon Mitteilung gemacht hat.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.
Wien, am 25. März 1999
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997150059.X00Im RIS seit
21.02.2002