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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §861;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des K, der K und des P in G, alle vertreten durch Dr. Gerhard Richter und Dr. Rudolf Zahlbruckner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Bürgergasse 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 25. Jänner 1996, Zl. B 218-3a/89, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1983, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen von insgesamt S 565.- zu gleichen Teilen zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer waren an der PK & Co KG (in der Folge KG) beteiligt. Diese KG veräußerte mit Kaufvertrag vom 28. Dezember 1983 eine Liegenschaft im Ausmaß von 20.412 m2 an Dr. HK. Mit Auflösungsvertrag vom 11. Oktober 1984, ebenfalls abgeschlossen zwischen Dr. HK und der KG, diese vertreten durch den allein zeichnungsberechtigten Präsidenten Dr. HK, wurde der Kaufvertrag vom 28. Dezember 1983 hinsichtlich des größten Teiles der Liegenschaft aufgehoben.
Entgegen dem Begehren der Beschwerdeführer nahm das Finanzamt den Kaufvertrag und den Aufhebungsvertrag nicht als einheitliches Rechtsgeschäft an, sondern ging von einer Entnahme der gesamten Liegenschaft zum Teilwert im Jahr 1983 und von einer Teileinlage zum entsprechenden Teilwert im Jahr 1984 aus.
Im angefochtenen Bescheid folgte die belangte Behörde der erwähnten Rechtsansicht des Finanzamtes hinsichtlich der Nichtanerkennung als einheitliches Rechtsgeschäft und führte aus:
Rückwirkende Rechtsgeschäfte seien ungeachtet ihrer zivilrechtlichen Zulässigkeit für den Bereich des Steuerrechts grundsätzlich nicht anzuerkennen. Ausnahmen seien nur dort möglich, wo der Gesetzgeber selbst diesen Grundsatz durchbrochen habe. Unbestritten sei dieser Grundsatz jedenfalls dann, wenn sich die Rückwirkung auf ein bereits abgelaufenes Jahr beziehe. Ein gemäß § 4 BAO einmal entstandener Abgabenanspruch könne nämlich als öffentlich-rechtlicher Anspruch durch privatrechtliche Vereinbarungen nicht mehr rückgängig gemacht werden. Spätere Änderungen könnten eine entstandene Steuerschuld nur dann in Wegfall bringen, wenn sie einen steuervernichtenden Tatbestand erfülle. Die in der Handelsbilanz berücksichtigte Rückwirkung des Auflösungsvertrages vom 11. Oktober 1984 gelte daher nicht für den Bereich des Steuerrechts. Der von den Beschwerdeführern angesprochene Grundsatz der besseren Einsicht zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung beziehe sich lediglich auf Sachverhaltsmomente, die zum Bilanzstichtag bereits vorhanden, jedoch noch nicht bekannt gewesen seien, nicht jedoch auf Ereignisse, die erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten seien. Ein erst später abgeschlossener Vertrag sei bei der Erstellung der Bilanz daher nicht zu berücksichtigen. Auch im Bereich der Umsatzsteuer seien rückwirkende Parteivereinbarungen grundsätzlich ausgeschlossen und es sei der diesbezügliche Hinweis der Beschwerdeführer nicht zielführend, weil im Bereich der Umsatzsteuer zwischen der Rückgängigmachung einer Lieferung und der Rücklieferung zu unterscheiden sei. Abgesehen davon, dass die Regelungen des Umsatzsteuerrechtes nicht auf das Ertragsteuerrecht übertragen werden könnten, beträfen die von den Beschwerdeführern angesprochenen Fälle der Rückgängigmachung einer Lieferung typischerweise formmangelhafte und anfechtbare Rechtsgeschäfte. Ein solches Rechtsgeschäft stelle der am 28. Dezember 1983 abgeschlossene Kaufvertrag unbestrittenermaßen nicht dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Das Bundesministerium für Finanzen legte die Verwaltungsakten mit dem Antrag der belangten Behörde vor, die Beschwerde abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. Februar 1990, Zl. 88/13/0241, Slg. 6479 F) sind rückwirkende Rechtsgeschäfte ungeachtet ihrer zivilrechtlichen Zulässigkeit für den Bereich des Steuerrechtes nicht anzuerkennen, es sei denn, der Gesetzgeber selbst hätte diesen Grundsatz durch eine besondere Vorschrift ausdrücklich oder schlüssig zu Gunsten einer steuerlichen Relevanz rückwirkender Tatbestände durchbrochen.
Die Steuerschuld entsteht mit der Verwirklichung des Steuertatbestandes unmittelbar auf Grund des Gesetzes und kann in der Regel durch nachträgliche privatrechtliche Vereinbarungen, mag diesen von den Parteien auch Rückwirkung beigelegt worden sein, nicht beseitigt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1981, Zl. 439/80 und Zl. 1307/80).
Diese Unbeachtlichkeit rückwirkender Rechtsgeschäfte vertrat der Gerichtshof auch in Fällen, in denen ein steuerrelevanter Sachverhalt nachträglich geändert wurde. Der Verwaltungsgerichtshof verwies auf die österreichische steuerrechtliche Literatur, wonach privatrechtliche Vereinbarungen auch innerhalb eines Geschäftsjahres grundsätzlich abgabenrechtlich keine rückwirkende Bedeutung haben könnten (vgl. das Erkenntnis vom 3. Mai 1983, Zl. 82/14/0277).
Im vorliegenden Fall vermögen die Beschwerdeführer keine gesetzliche Bestimmung aufzuzeigen, der zufolge die rückwirkende Änderung des Vertrages steuerrechtlich relevant wäre.
Zusammenfassend kann somit die Ansicht der belangten Behörde, dem Auflösungsvertrag komme keine steuerliche Relevanz für die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften im Jahr 1983 zu, nicht als rechtswidrig angesehen werden.
Da dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 25. März 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1996150079.X00Im RIS seit
20.11.2000