RS Vfgh 2019/3/13 E4081/2018

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Veröffentlicht am 13.03.2019
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
StbG 1985 §10 Abs1, §20 Abs1, Abs2
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Widerruf der Zusicherung der Staatsbürgerschaft mangels Vorliegens schwerwiegender Gründe

Rechtssatz

Der VfGH hat in VfSlg 19516/2011 ausgesprochen, dass es dem Gesetzgeber freistehe, "bei Vorliegen schwerwiegender Gründe einen Widerruf des Zusicherungsbescheides vorzusehen". In dem Sinn bedarf es für die Annahme eines nachträglichen Wegfalles der hier einschlägigen Verleihungsvoraussetzung gemäß §10 Abs1 Z6 StbG, wonach der Fremde nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bieten muss, dass er zur Republik bejahend eingestellt ist und weder eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt noch andere in Art8 Abs2 EMRK genannte öffentliche Interessen gefährdet, auch nach der Rechtsprechung des VwGH besonders gewichtiger und neu hinzutretender Umstände.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) geht demgegenüber bei seiner Beurteilung davon aus, dass, nachdem die Erstbeschwerdeführerin ihr Ausscheiden aus dem serbischen Staatsverband nachgewiesen hat, "die belangte Behörde neuerlich das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen geprüft" hat. In der Folge beurteilt das LVwG die Entscheidung der Behörde, mit der diese die Zusicherung widerruft, ausschließlich im Hinblick darauf, ob diese zu Recht angenommen habe, dass bezüglich der Erstbeschwerdeführerin die in §10 Abs1 Z6 StbG normierte Verleihungsvoraussetzung nicht gegeben sei. Dem in der vorliegenden Konstellation verfassungsrechtlich maßgeblichen Aspekt, dass der Widerruf der Zusicherung gemäß §20 Abs2 StbG den aus der Zusicherung der Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß §20 Abs1 StbG folgenden, nur durch den Nachweis des Ausscheidens aus dem bisherigen Staatsverband bedingten Anspruch auf Verleihung der Staatsbürgerschaft durchbricht und dafür eben schwerwiegende Gründe vorliegen müssen, schenkt das LVwG keine Beachtung. Es stellt ausschließlich darauf ab, dass "verfahrensgegenständlich die in §10 Abs1 Z6 StbG festgehaltene Erteilungsvoraussetzung nicht vorliegt".

Indem das LVwG die verfassungsrechtlich maßgebliche Bedeutung einer Zusicherung gemäß §20 Abs1 StbG für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für einen Widerruf nach §20 Abs2 StbG verkannt hat, hat es §20 Abs2 iVm §10 Abs1 Z6 StbG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Staatsbürgerschaftsrecht, Entscheidungsbegründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2019:E4081.2018

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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