TE OGH 2019/3/5 1Ob202/18i

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Veröffentlicht am 05.03.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Dr. E. Solé, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** reg.Genossenschaft mit beschränkter Haftung, *****, vertreten durch Mag. Georg Schmeissner, Rechtsanwalt in St. Gilgen, gegen die beklagte Partei P***** V*****, vertreten durch Dr. Bernhard Humer, Rechtsanwalt in Linz, wegen 5.212,77 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 20. Juni 2018, GZ 3 R 75/18s-20, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Spittal an der Drau vom 23. Februar 2018, GZ 2 C 118/17s-16, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin betreibt ein Heizwerk samt Fernwärmenetz und schloss am 19. 7. 2005 mit dem Beklagten als damaligem Eigentümer einer Liegenschaft einen Wärmeliefervertrag für sein darauf befindliches Haus. Der Wärmeenergiepreis je kW-Stunde wurde mit 5,5 Cent zuzüglich USt vereinbart, der monatliche Zählerkostenbeitrag mit 4 EUR zuzüglich USt festgesetzt. Weiters wurde vereinbart, dass bis zum Jahr 2007 der Wärmepreis nicht erhöht wird und der Preis für gelieferte Wärmeenergie durch Indexanpassung laut „Kostenblatt“ wertgesichert und auf volle Zehntel-Centbeträge aufgerundet wird, wobei Indexsteigerungen unter 5 % unberücksichtigt bleiben sollten. Im „Kostenblatt“, das dem Beklagten anlässlich der Unterfertigung ausgehändigt wurde, ist bezüglich der Indexanpassung festgehalten, dass die Wertsicherung mit Bindung an den Verbraucherpreisindex (VPI 1996) erfolgt. Der Beklagte hatte die Liegenschaft bis zum Verkauf im Frühjahr 2017 mit kurzen Unterbrechungen ständig vermietet gehabt. Vom 27. 2. 2014 bis zum 18. 12. 2016 hatte er das Anwesen an einen näher genannten Mieter vermietet, zuvor bis Anfang November 2013 an eine bestimmte Vormieterin.

Die Klägerin geriet aufgrund der zu niedrig festgesetzten Energiepreise in finanzielle Schwierigkeiten, weshalb sie im Jahr 2012 bestrebt war, die Energiepreise entsprechend anzuheben und so gegenüber ihren Kunden bzw Abnehmern entsprechende „Preisanpassungen“ vorzunehmen. Zum damaligen Zeitpunkt war der Beklagte Geschäftsführer eines Hotels im Ort und setzte sich in dieser Eigenschaft auch massiv dafür ein, dass es zu einer Anhebung der Energiepreise für Gewerbebetriebe kommt. Für den Hotelbetrieb schloss er als deren Geschäftsführer mit der Klägerin einen entsprechenden Nachtrag zum Wärmelieferungsvertrag ab, worin der Wärmeenergiepreis je kW-Stunde ab 1. 7. 2012 auf 7,88 Cent zuzüglich USt erhöht und auch eine neue Indexvereinbarung abgeschlossen wurde. Für seine Liegenschaft unterfertigte der Beklagte aber zu keiner Zeit eine entsprechende Nachtragsvereinbarung. Die Klägerin trat diesbezüglich an ihn auch nicht heran; „wahrscheinlich“ hätte er eine solche Vereinbarung „wohl unterfertigt“. Seine Zustimmung wurde aber von ihr nicht eingeholt. Die Klägerin hatte den Nachtrag zum Wärmeliefervertrag nur der Vormieterin zukommen lassen, die diesen zwar nicht unterfertigte, dessen Inhalt aber ausdrücklich zustimmte. In der Folge stellte die Klägerin die sich aus der Nachtragsvereinbarung ergebenden höheren Energiepreise der Vormieterin in Rechnung, die diese auch zahlte.

Nach Beendigung des Mietverhältnisses des Beklagten mit der Vormieterin im November 2013 fand er Ende Februar 2014 einen neuen Mieter, wovon er die Klägerin auch umgehend in Kenntnis setzte. Gleichzeitig wies er seinen Mieter an, sich mit der Klägerin in Verbindung zu setzen, damit diese die Wärmeenergielieferungen künftig direkt an den Mieter zur Verrechnung bringen kann. Der Mieter rief daraufhin bei der Klägerin an und forderte von ihrem Geschäftsführer, die den Wärmelieferungen zugrunde liegenden Rechnungen künftig an ihn auszustellen. Dieser Aufforderung kam die Klägerin auch nach. Entsprechend der vereinbarten Vorgangsweise übermittelte sie dem Beklagten die Wärmeabrechnung vom 26. 2. 2014 über den Zeitraum November 2013 bis einschließlich 2014 (das Haus war zu dieser Zeit nicht vermietet) von 906,83 EUR brutto. Diesen Betrag zahlte er ohne nähere Prüfung, wobei der Rechnung der ausgewiesene erhöhte kW-Stundenpreis von 7,88 Cent zugrunde lag. Die Klägerin teilte dem Beklagten weiters mit, dass sie ab 27. 2. 2014 die Verrechnung der Wärmelieferungen an den Mieter vornimmt und ihr die jeweiligen Zählerstände für die einzelnen Abrechnungen bereits telefonisch gemeldet worden seien.

In der Folge übermittelte die Klägerin die Rechnungen für die Wärmeenergielieferungen nur dem Mieter, dem sie auch eine Dauerrechnung hinsichtlich der monatlich zu leistenden Teilzahlungsbeträge übersandte. Der Mieter leistete bis zur Jahresabrechnung zum 30. 6. 2014 drei Teilzahlungsbeträge (284 EUR) von insgesamt 852 EUR. Den aus dieser Abrechnung noch verbleibenden Betrag von 335,96 EUR blieb er in der Folge schuldig. Gleichzeitig mit der Wärmeabrechnung wurde der Mieter aufgefordert, in Zukunft monatlich 285 EUR an Teilzahlungen zu leisten. Dieser Aufforderung kam er aber nicht nach, vielmehr leistete er im gesamten Abrechnungsjahr 2014/2015 überhaupt keine Zahlung. Erst als ihm die Wärmeabrechnung für den Zeitraum Juli 2014 bis Juni 2015 über 3.591,45 EUR übermittelt wurde, zahlte er diesen Betrag über Urgenz der Klägerin Ende Juli 2015. In weiterer Folge erbrachte der Mieter der Klägerin keine Zahlungen mehr. Ihm wurde im Juli 2016 die gelieferte Wärmeenergie für den Zeitraum Juli 2015 bis Juni 2016 mit 3.693,64 EUR und im Februar 2017 die verbrauchte Wärmeenergie für den Zeitraum 1. 7. 2016 bis 18. 12. 2016 von 1.183,17 EUR in Rechnung gestellt. Sämtlichen Rechnungen liegen die erhöhten Energiepreise entsprechend dem Nachtrag zum Wärmeliefervertrag zugrunde. Die Gesamtsumme der sich aus den gelegten Rechnungen aushaftenden Beträge beläuft sich auf 5.212,77 EUR.

Aufgrund seiner Zahlungsschwierigkeiten kam der Mieter aber auch den Mietzinszahlungen gegenüber dem Beklagten nur schleppend und unvollständig nach. Dies veranlasste den Beklagten, gegen den Mieter gerichtlich vorzugehen.

Die schlechte Zahlungsmoral des Mieters war im Frühjahr 2016 Anlass eines Gesprächs zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin und dem Beklagten. Der Beklagte brachte dabei in Erfahrung, dass der Mieter auch seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Klägerin nicht nachkam. Der Geschäftsführer der Klägerin wies den Beklagten darauf hin, dass er der Vertragspartner der Klägerin sei und ihr die aushaftenden Rechnungsbeträge schulden würde, was er jedoch in Abrede stellte und meinte, dass „ihn das Ganze nichts angehen würde“.

Am 3. 6. 2016 übermittelte die Klägerin dem (richtig:) Beklagten eine E-Mail, in der sie ihm mitteilte, dass der Mieter seiner Verpflichtung zu monatlichen Teilzahlungen nicht nachgekommen sei, seit Juli 2015 elf Monatsraten zu 299 EUR, insgesamt 3.289 EUR, offen seien und aus der Jahresabrechnung 2013/2014 noch ein Betrag von 335,96 EUR unberichtigt aushafte, die Abrechnung 2014/2015 jedoch bezahlt sei. Sie teilte dem Beklagten mit, dass sie vom Mieter ständig vertröstet werde und bat ihn um Unterstützung mit der Begründung, dass er ihr Vertragspartner sei und sie keine Möglichkeit habe, den Mieter zu belangen. Der Beklagte nahm daraufhin telefonisch Kontakt mit dem Mieter auf und forderte diesen auf, sowohl die ihm geschuldeten rückständigen Mieten als auch die offenen Forderungen gegenüber der Klägerin zu bezahlen. Darüber hinaus traf er aber keine weiteren Veranlassungen. Die Klägerin ihrerseits setzte keine Schritte, die aushaftenden Beträge beim Beklagten einbringlich zu machen.

Nachdem der Beklagte Anfang März 2017 die Liegenschaft verkauft hatte, ließ die Klägerin am 3. 3. 2017 eine Ablesung des Zählerstandes der Anlage vornehmen und übermittelte ihm Anfang April 2017 die Abrechnung über den Wärmebezug vom 18. 12. 2016 bis zum 3. 3. 2017 über 690,60 EUR brutto. Dieser Wärmeabrechnung lag ebenfalls der sich aus dem Nachtrag zum Wärmeliefervertrag ergebende kW-Stundenpreis zugrunde. Der Beklagte bezahlte umgehend diesen Betrag, ohne ihn näher auf seine Richtigkeit zu überprüfen. Da der Mieter die Rechnungsbeträge weiterhin schuldig blieb, stellte die Klägerin dem Beklagten erstmals am 22. 5. 2017 5.212,77 EUR in Rechnung. Er verweigerte die Zahlung.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Zahlung von 5.212,77 EUR samt Verzugszinsen. Sie habe mit ihm am 19. 7. 2005 einen Wärmeliefervertrag für die in seinem Eigentum befindliche Liegenschaft geschlossen. Er habe diese Liegenschaft vermietet gehabt und die Klägerin ersucht, die Vorschreibungen und Abrechnungen direkt an den Mieter zu übermitteln, der dem Schuldverhältnis beigetreten sei. Der Mieter sei seinen Zahlungspflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen, sodass per 22. 5. 2017 der eingeklagte Zahlungsrückstand aushafte. Der Beklagte habe 2012 die Anhebung des Wärmeenergiepreises (Nachtrag zum Wärmeliefervertrag) akzeptiert und auch die an ihn adressierten Rechnungen mit dem sich aus dem Nachtrag ergebenden kW-Stundenpreis beglichen. Der Mieter habe ihr im Jahr 2014 und 2015 Zahlungen geleistet, sodass von einer erkennbaren Zahlungsunfähigkeit des Mieters keine Rede sein könne.

Der Beklagte wendete im Wesentlichen ein, anlässlich der Vermietung seines Hauses sei mit der Klägerin vereinbart worden, dass der Mieter an seine Stelle trete. Damit habe sich die Klägerin einverstanden erklärt und seither auch ausschließlich an den Mieter fakturiert. Er sei nicht passiv legitimiert. Die Klägerin hätte den Wärmeliefervertrag umgehend auflösen müssen, als für sie ersichtlich gewesen sei, dass der Mieter seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkomme. Es sei zu einer Vertragsübernahme oder befreienden Schuldübernahme durch den Mieter gekommen. Dieser habe die Klägerin ausdrücklich zugestimmt. Er habe den Nachtrag zum Wärmeliefervertrag nicht unterfertigt und der Erhöhung der Energiepreise als Privatperson auch nicht zugestimmt. Durch die Zahlung der Rechnungen, in denen der erhöhte Energiepreis verrechnet worden sei, habe er auch nicht schlüssig zugestimmt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Verhalten der Klägerin könne aus Sicht des Beklagten und seines Mieters nicht anders gewertet werden, als dass sie einer befreienden Schuldübernahme zugestimmt habe bzw von Anfang an selbst von einer solchen ausgegangen sei. Ein bloßer Schuldbeitritt liege nicht vor. So habe die Klägerin bereits vor Begründung des Bestandverhältnisses mit dem Mieter der Vormieterin die auf das Mietobjekt entfallenden Energielieferungen in Rechnung gestellt und dieser (und nicht dem Beklagten) auch den Nachtrag zum Wärmeliefervertrag zur Genehmigung vorgelegt. Die Klägerin habe auch lediglich während jener Zeiten, zu denen das Objekt nicht vermietet gewesen sei, dem Beklagten gegenüber Rechnung gelegt und nach Bekanntwerden des (neuen) Mieters – dies über ausdrücklichen Wunsch des Beklagten und einer expliziten Aufforderung des Mieters – die Rechnungen umgehend wieder auf den Mieter umgestellt, ohne den Beklagten in weiterer Folge in irgendeiner Form über die weitere Geschäftsbeziehung mit dem Mieter zu informieren. Der Umstand, dass sie den Beklagten im Frühjahr 2016 als Vertragspartner angesprochen habe, könne nicht dazu führen, dass die bereits stillschweigend erfolgte Schuldübernahme sich wieder zu einem Schuldbeitritt umwandle. Der Beklagte sei nicht passiv legitimiert.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und dem Klagebegehren statt. Rechtlich führte es aus, die festgestellten Umstände rechtfertigten nicht die Annahme der Zustimmung der Klägerin als Gläubigerin zur Haftungsentlassung des Beklagten. Vielmehr habe der Geschäftsführer der Klägerin im Frühjahr 2016 den Beklagten darauf hingewiesen, dass er ihr Vertragspartner sei und die Rechnungsbeträge schulde. Dies habe die Klägerin im E-Mail vom 3. 6. 2016 bekräftigt. Aus der Unterlassung der „Einbringlichmachung“ der offenen Beträge beim Beklagten bis zum 22. 5. 2017 könne keine Zustimmung zur Haftungsentlassung abgeleitet werden. Der Beklagte hafte aus dem abgeschlossenen Wärmeliefervertrag. Dabei sei auch „die Preiserhöhung und Indexanpassung zu berücksichtigen“. Da der Mieter zwar in den Jahren 2014/2015 säumig gewesen sei, Ende Juli 2015 aber den Rechnungsbetrag von 3.591,55 EUR gezahlt habe, könne der Klägerin nicht zur Last gelegt werden, dass sie bei weiterer Säumigkeit nicht gleich gegen den Mieter vorgegangen sei bzw den Energiebezug
– Vertragspartner sei immerhin der Beklagte gewesen – eingestellt habe. Nach dem Gespräch im Frühjahr 2016 und der E-Mail der Klägerin vom 3. 6. 2016 habe der Beklagte selbst von der Säumnis gewusst und den Mieter zur Zahlung aufgefordert. Ein schuldhafter „Verzicht auf einen Lieferstopp“ sei nicht anzunehmen. Der aushaftende Betrag von 335,96 EUR für die Heizperiode bis Juni 2014 sei nicht verjährt. Auf die eingewendete Gegenforderung ging das Berufungsgericht nicht ein.

Das Berufungsgericht sprach nachträglich gemäß § 508 Abs 3 ZPO aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil die im Zulassungsantrag aufgeworfenen Fragen „der besonderen Sorgfalts- und Fürsorgepflicht bei der gegenständlichen Konstellation, als auch ... des Vertragsabschlusses ohne eine ein Anbot darstellende Willenserklärung und die ... Unmöglichkeit einer Schadensbegrenzung im Rahmen der Schadensminderungspflicht“ über den Rechtsstreit hinaus von Relevanz seien.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision des Beklagten ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1. Über die in erster Instanz vom Beklagten eingewendete Gegenforderung von 432,95 EUR (Überzahlung aus zwei Rechnungen) entschied das Berufungsgericht – vom Beklagten in der Revision nicht gerügt – im Spruch seiner Entscheidung nicht. Wurde aber gegen die Nichterledigung eines Sachantrags – etwa der einredeweisen Geltendmachung einer Gegenforderung – weder durch Ergänzungsantrag nach § 423 ZPO Abhilfe gesucht, noch in der Revision die unvollständige Erledigung des Sachantrags als Verfahrensmangel geltend gemacht (§ 503 Z 2 ZPO; RIS-Justiz RS0041472 [T3]), scheidet dieser Anspruch aus dem Verfahren aus (vgl RIS-Justiz RS0041486; RS0041490).

2. Auf die Frage der Verjährung (eines Teils) des Anspruchs kommt der Beklagte in der Revision nicht zurück, sodass diese Einwendung nicht mehr zu beachten ist (7 Ob 191/16p mwN; vgl RIS-Justiz RS0034743; RS0043573 [T4]).

3. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Die Klägerin erstattete konkretes Vorbringen zur verspäteten Zahlung des Mieters im Juli 2015. Ob ihr Säumigkeit in der Betreibung der Forderung gegenüber dem Mieter vorzuwerfen ist und sie Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber dem Beklagten treffen könnten, sind Fragen der rechtlichen Beurteilung.

4. Zutreffend legte das Berufungsgericht dar, dass weder eine befreiende (privative) Schuldübernahme des Wärmeliefervertrags durch den Mieter vorliegt, noch eine Vertragsübernahme. Für eine Befreiung des Beklagten oder gar eine Vertragsübernahme durch den Mieter finden sich nach dem Sachverhalt keine Anhaltspunkte, setzen diese doch eine – zumindest schlüssige (§ 863 ABGB) – Zustimmung der Klägerin voraus. Eine solche Zustimmung und Mitwirkung der Klägerin liegt aber nicht vor.

Der Beklagte „setzte“ die Klägerin vom neuen Mieter „in Kenntnis“ und wies diesen an, sich mit der Klägerin in Verbindung zu setzen, damit die Wärmeenergielieferungen „künftig direkt an ihn“ verrechnet werden, was dann auch geschah. Umstände, die auf eine Befreiung des Beklagten als Schuldner des 2005 abgeschlossenen Wärmeliefervertrags hindeuten könnten, liegen nicht vor. Vielmehr sprach ihn die Klägerin sowohl im Frühjahr 2016 als auch im E-Mail vom 3. 6. 2016 als ihren Vertragspartner an. Ein Verhalten, aus dem sich eine Einwilligung der Klägerin zur Übernahme der Schuld allein durch den Mieter ableiten lässt, vermag auch der Beklagte nicht konkret aufzuzeigen. Der Beklagte ist daher weiterhin Vertragspartner der Klägerin aus dem Wärmeliefervertrag.

5. Entgegen der Ansicht des Beklagten kommt es auf eine allfällige Schadensminderungspflicht der Klägerin schon deshalb nicht an, weil sie kein Schadenersatzbegehren stellt, sondern Zahlung für ihre Wärmeenergielieferungen begehrt. Ein allfälliger Verstoß gegen die behauptete nebenvertragliche Schutz- und Sorgfaltspflicht der Klägerin gegenüber dem Beklagten als ihrem Vertragspartner in Bezug auf das Zahlungsverhalten des Mieters ist mangels eines Schadenersatzbegehrens ebenfalls nicht relevant. Für den Anspruch der Klägerin auf Zahlung wegen erbrachter Wärmeenergielieferungen spielen Überlegungen zu Sorgfaltspflichten und zum Schadenersatz keine Rolle.

6. Berechtigt ist die Revision des Beklagten aber insofern, als er mit der Klägerin nicht die Nachtragsvereinbarung über die Anhebung der Energiepreise abschloss. Nur zwischen der Klägerin und der Vormieterin kam die Vereinbarung über die Anhebung der Energiepreise zustande, ohne dass dies den Beklagten binden würde. Mangels behaupteter und festgestellter Bevollmächtigung der Mieter, für ihn zu handeln, braucht sich der Beklagte
– entgegen der Meinung der Klägerin in der Revisionsbeantwortung – nicht deren Verhalten betreffend die „Energiepreiserhöhung“ zurechnen zu lassen. Für seine Liegenschaft unterfertigte er zu keiner Zeit eine entsprechende Nachtragsvereinbarung und die Klägerin holte auch seine Zustimmung dazu nicht ein. Damit fehlt es aber für eine Erhöhung des Wärmeenergiepreises auf einen kW-Stundenpreis von 7,88 Cent an einer entsprechenden Vereinbarung. Dass der Beklagte zwei Rechnungen der Klägerin, in denen die erhöhten Energiepreise verrechnet wurden, ohne nähere Prüfung bezahlte, bewirkt keine entsprechende Vertragsänderung (vgl RIS-Justiz RS0014148). Das Berufungsgericht führt – ebenso wie die Revisionsgegnerin – insofern nur Sachverhaltselemente an, ohne konkret darzulegen, woraus sich rechtlich eine Vereinbarung über die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung höherer Wärmeenergiepreise ergeben könnte.

7. Grundlage für die von der Klägerin an den Mieter erbrachten Wärmeenergielieferungen, die sie dem beklagten Vertragspartner verrechnen kann, sind die im Wärmeliefervertrag vom 19. 7. 2005 vereinbarten Entgelte. Dass die vereinbarte Indexanpassung wirksam ist, bestreitet der Beklagte in der Revision nicht mehr. Nach der getroffenen Indexanpassung richtet sich die Wertsicherung nach dem Verbraucherpreisindex 1996, wobei Ausgangswert der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ist. Eine Intransparenz im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG liegt nicht vor und wird vom Beklagten in der Revision auch nicht behauptet. Feststellungen zur Beurteilung der zutreffenden Höhe des Entgelts für die Wärmelieferungen im Zeitraum vom 27. 2. 2014 bis zum 30. 6. 2014 und vom 1. 7. 2015 bis zum 18. 12. 2016 fehlen aber.

8. Der Revision des Beklagten ist daher Folge zu geben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind aufzuheben. Das Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung auf der Grundlage, dass der Beklagte der Klägerin die entsprechend dem im Juli 2005 abgeschlossenen Wärmeliefervertrag vereinbarten Energiekosten zu zahlen hat, zu fällen haben. Dazu fehlen Feststellungen, die vom Erstgericht nachzuholen sind.

9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Textnummer

E124807

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0010OB00202.18I.0305.000

Im RIS seit

30.04.2019

Zuletzt aktualisiert am

30.04.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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