TE Vwgh Beschluss 1999/3/25 96/20/0487

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Veröffentlicht am 25.03.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §13 Abs1;
AsylG 1991 §13 Abs2;
AVG §21;
AVG §56;
AVG §63 Abs1;
AVG §9;
VwGG §34 Abs1;
ZustG §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Baur und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, in der Beschwerdesache des N S, geboren am 15. Oktober 1976, zuletzt wohnhaft gewesen in W, gegen die Erledigung des Bundesministers für Inneres vom 19. April 1995, Zl. 4.345.794/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste am 9. Jänner 1995 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 11. Jänner 1995 Asyl. Diesen Antrag wies das Bundesasylamt mit Bescheid vom 13. Jänner 1995 gemäß § 3 AsylG 1991 ab. Der Bescheid wurde dem zuständigen Jugendwohlfahrtsträger (Referat für Jugendwohlfahrt und Sozialarbeit beim Magistrat Eisenstadt) als gesetzlichem Vertreter des damals noch minderjährigen Beschwerdeführers am 16. Jänner 1995 zugestellt.

Am 30. Jänner 1995 erhob der Beschwerdeführer eine von ihm selbst verfaßte Berufung gegen diesen Bescheid. In dem daraufhin eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers und einer allfälligen Verbesserung der Berufungsschrift durch Unterfertigung durch den Jugendwohlfahrtsträger legte der Beschwerdeführer eine auf einen namentlich angeführten Mitarbeiter des "Unterstützungskomitees für politisch verfolgte Ausländer" vor, in welcher er diesem eine "umfassende" Berechtigung zur Vertretung seiner Angelegenheiten im Asylverfahren erteilte. Im Hinblick auf das vom Beschwerdeführer noch nicht vollendete 19. Lebensjahr veranlaßte die belangte Behörde schließlich eine Verbesserung der vom Beschwerdeführer selbst eingebrachten Berufungsschrift vom 30. Jänner 1995 durch Unterfertigung durch den zuständigen Jugendwohlfahrtsträger. Der gesetzliche Vertreter genehmigte dabei allerdings nur die Berufungsschrift vom 30. Jänner 1995, nicht hingegen die vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegte Vollmacht für den Mitarbeiter der erwähnten Organisation. Dennoch stellte die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen "Bescheid" vom 19. April 1995 diesem Mitarbeiter zu, nicht jedoch dem gesetzlichen Vertreter des damals Minderjährigen. Auf Grund eines von einem vom Beschwerdeführer frei gewählten Vertreter eingebrachten Antrages "auf Wiederaufnahme des Asylverfahrens" vom 3. Mai 1995 stellte die belangte Behörde Ermittlungen zur Vertretungsberechtigung des für den Beschwerdeführer einschreitenden Vertreters an. Dabei erhob die belangte Behörde beim gesetzlichen Vertreter, daß der Genannte "nicht vom dortigen Amt bevollmächtigt wurde". Mit diesem sei nur insoweit ein Kontakt aufgenommen worden, als das Jugendamt "die ihm übermittelte Berufung d. mj. Shandigul Nasirahmad genehmigte und am 31. 3. 95 an ihn zurückschickte". Der Jugendwohlfahrtsträger sei über die Erlassung des "Bescheides" vom 19. April 1995 nicht informiert worden und diesem sei dieser Bescheid auch nicht zugekommen.

In der Folge erließ die belangte Behörde den Bescheid vom 24. Mai 1995, Zl. 4.345.794/1-III/13/95, mit welchem die Berufung des Beschwerdeführers vom 30. Jänner 1995 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. Jänner 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen wurde. In diesem Bescheid wies die belangte Behörde darauf hin, daß ihre Erledigung vom 19. April 1995 "durch ein Versehen der Behörde" dem Mitarbeiter des "Unterstützungskomitees für politisch verfolgte Ausländer" zugestellt worden sei, es sich bei diesem jedoch um einen "falsus procurator" handle. Da diese Erledigung dem gesetzlichen Vertreter bislang nicht zugekommen sei, sei darin kein rechtswirksam erlassener Bescheid zu sehen. Dieser Bescheid vom 24. Mai 1995 wurde dem gesetzlichen Vertreter am 31. Mai 1995 zugestellt.

Festzuhalten ist weiters, daß die mit hg. Beschluß vom 28. Februar 1996 bestellte Verfahrenshelferin vor Einbringung der gegenständlichen Beschwerde mit Schriftsatz vom 24. Mai 1996 mitteilte, sie gehe davon aus, daß der Beschwerdeführer "unter Verzicht auf die Weiterverfolgung seines in Österreich gestellten Asylantrages ein anderes Land aufgesucht (habe)". Sein "derzeitiger Aufenthalt ist dem Leiter des Evangelischen Flüchtlingsdienstes zwar bekannt, über Ersuchen des Herrn S wird er aber nicht bekanntgegeben". Demgemäß beantragte die Verfahrenshelferin, die mit Beschluß vom 28. Februar 1996 bewilligte Verfahrenshilfe für erloschen zu erklären. Mit hg. Beschluß vom 17. Juni 1996 wurde die Verfahrenshilfe deshalb "gemäß § 61 VwGG iVm § 68 Abs. 1 ZPO für erloschen" erklärt. Dieser Beschluß wurde nach Einbringung der vorliegenden Beschwerde zugestellt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der fristgerecht erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

Die Beschwerde erweist sich als unzulässig:

Voraussetzung für die Erhebung einer Beschwerde ist die Tatsache, daß ein Bescheid erlassen wurde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein schriftlicher Bescheid erst mit der Zustellung bzw. Ausfolgung seiner schriftlichen Ausfertigung an eine Partei als erlassen anzusehen.

Gemäß § 9 AVG ist die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, von der Behörde nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Der für die Vertretung von Minderjährigen im Verfahren nach dem Asylgesetz 1991 maßgebliche § 13 AsylG 1991 lautete wie folgt:

"(1) Asylwerber, die das 19. Lebensjahr vollendet haben, sind in Verfahren nach diesem Bundesgesetz handlungsfähig. Asylanträge können auch von unbegleiteten Fremden, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, gestellt werden.

(2) Im übrigen obliegt die Vertretung von Asylwerbern, die das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in Verfahren nach diesem Bundesgesetz dem örtlich zuständigen Wohlfahrtsträger, soweit ihre Interessen von ihrem gesetzlichen Vertreter nicht wahrgenommen werden können."

Demnach können Asylwerber, die zwar das 14., nicht aber das 19. Lebensjahr vollendet haben, nur Asylanträge selbständig stellen. Für alle anderen Verfahrenshandlungen bedürfen sie eines (gesetzlichen) Vertreters. Dies gilt somit insbesondere für die Einbringung einer Berufung, aber auch für die Erteilung einer Zustellbevollmächtigung bzw. einer Vollmacht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. September 1996, Zl. 96/20/0400).

Der damals noch minderjährige Beschwerdeführer bedurfte daher auch für die Bevollmächtigung des Mitarbeiters des "Unterstützungskomitees für politisch verfolgte Ausländer" für andere Vertretungshandlungen als die Stellung eines Asylantrages eines (gesetzlichen) Vertreters im Sinne des § 13 Abs. 2 AsylG 1991. Nach dem Akteninhalt, insbesondere den von der belangten Behörde gepflogenen Erhebungen, erfolgte zwar durch den zuständigen Jugendwohlfahrtsträger eine nachträgliche Genehmigung der vom Beschwerdeführer selbst eingebrachten Berufung vom 30. Jänner 1995, nicht jedoch der vom Beschwerdeführer dem Mitarbeiter der vorerwähnten Organisation erteilten Vertretungsbefugnis. (Zur Erwirkung einer derartigen nachträglichen Genehmigung durch den zuständigen Jugendwohlfahrtsträger vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 1996, Zlen. 95/01/0040, 0043.) Der belangten Behörde ist daher zuzustimmen, daß ein die Berufung des Beschwerdeführers vom 30. Jänner 1995 erledigender Bescheid gemäß § 21 AVG iVm § 9 ZustellG nur wirksam an den Jugendwohlfahrtsträger als gesetzlichen Vertreter zugestellt werden konnte. Die statt dessen an den vom Beschwerdeführer selbst beauftragten Mitarbeiter der erwähnten Organisation am 28. April 1995 durchgeführte Zustellung konnte insoweit keine Rechtswirkungen entfalten. Demnach ist der gegenständliche "Bescheid" vom 19. April 1995 gegenüber dem Beschwerdeführer nicht als ein rechtswirksamer Bescheid im Sinne des AVG, der vor dem Verwaltungsgerichtshof mit Beschwerde bekämpft werden könnte, anzusehen. Ein nicht erlassener Bescheid vermag keine Rechtswirkungen zu entfalten, weshalb der vorliegenden Beschwerde schon deshalb der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung anhaftet.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Ersatz des Aufwandes für die belangte Behörde stützt sich auf §§ 47 ff VwGG iVm mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. März 1999

Schlagworte

Handlungsfähigkeit Prozeßfähigkeit Minderjährige

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996200487.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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