Entscheidungsdatum
19.02.2019Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W134 2213391-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Thomas GRUBER über die Beschwerde der Stadtgemeinde XXXX , vom 12.12.2018 gegen den Bescheid des Vermessungsamtes St. Pölten, Praterstraße 37, 3100 St. Pölten, Geschäftsfallnummer (GFN): 1114/2018/19 vom 27.11.2018, folgenden Beschluss:
A)
Der Bescheid des Vermessungsamtes St. Pölten vom 27.11.2018, GFN 1114/2018/19, wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Die Stadtgemeinde XXXX hat mit Antrag vom 04.04.2018 um Durchführung des Teilungsplanes XXXX vom 16.10.2017 mit der GZ 41183 in der KG. 19724/Haag nach den Sonderbestimmungen des § 15 LiegTeilG ersucht.
Mit Bescheid des Vermessungsamtes St. Pölten vom 27.11.2018, GFN 1114/2018/19, wurde dieser Antrag abgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass gemäß § 16 LiegTeilG die Vermessungsbehörde in der Beurkundung nach Maßgabe der tatsächlichen Verhältnisse zu bestätigen habe, dass eine der in § 15 LiegTeilG angeführten Anlagen errichtet bzw. aufgelassen wurde. Im Zuge des vom Vermessungsamt durchgeführten Ermittlungsverfahren sei festgestellt worden, dass für das Trennstück 3 dies tatsächlich nur für etwa 2/3 der Fläche zutreffe. Da für das südliche Drittel des Trennstücks 3 keine Straßen- oder Wegeanlage in der Natur ersichtlich sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 12.12.2018 Beschwerde erhoben. Darin gibt die Beschwerdeführerin Folgendes an: "Die auf diesem öffentlichen Gut errichtete Straßenanlage weist eine Länge von rund 55 m auf. Lediglich die letzten rund 27 m wurde nicht straßenbaumäßig befestigt, da dieser Teil des Trennstückes bisher nicht zur Aufschließung von Bauplätzen erforderlich war."
Mit Schreiben des Vermessungsamtes St. Pölten vom 10.1.2019 begründete diese den angefochtenen Bescheid wie folgt: "Die mit § 15 LiegTeilG zur Verbücherung beantragte Anlage muss aus der Sicht des Vermessungsamtes somit in ihrer Gesamtheit errichtet sein. Diese Voraussetzung ist im gegenständlichen Fall aber nicht gegeben. Ein Drittel der Straßenanlage ist zwar projektiert, aber noch nicht errichtet, da - wie die Stadtgemeinde selbst ausführt - dieser Teil bisher nicht zur Aufschließung von Bauplätzen erforderlich war.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Bescheid des Vermessungsamtes St. Pölten vom 27.11.2018, GFN 1114/2018/19, wurde der Antrag vom 04.04.2018 abgewiesen. Dem Akt kann nicht entnommen werden, dass die Behörde ermittelt hat, ob die zu verbüchernde Besitzänderung durch eine in der Natur bereits durchgeführte Straßenanlage herbeigeführt wurde. (Akt des Vermessungsamtes)
Die Parteien stimmen darüber überein, dass etwa 66 % des gegenständlichen Grundstückes zur Herstellung einer Straßenanlage verwendet worden sind. (angefochtener Bescheid, Beschwerde)
2. Beweiswürdigung:
Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus der in Klammer genannten Quelle, deren inhaltliche Richtigkeit außer Zweifel steht.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Gemäß § 6 BVwGG iVm § 3 Abs. 3 VermG hatte das BVwG gegenständlich durch Einzelrichter zu entscheiden und dabei mangels Sonderverfahrensvorschriften im VermG das VwGVG und subsidiär das AVG als Verfahrensgesetz anzuwenden.
Eine wesentliche Voraussetzung für die Anwendung des vereinfachten Verbücherungsverfahrens nach §§ 15 ff LiegTeilG besteht darin, dass die Besitzänderungen durch eine bereits vollendete, in der Natur vorhandene Straßen-, Weg-, Eisenbahn- oder Wasserbauanlage herbeigeführt wurden. (vgl. OGH vom 15.05.2001, 5 Ob 101/01s)
Aufgabe des Vermessungsamtes ist dabei, die Tatsache des Vorliegens einer der im Gesetz näher genannten Anlagen zu bestätigen und damit auch die Tatsache des tatsächlich bereits vollzogenen Besitzüberganges (vgl. Kienast, a.a.O., 128; vgl. VwGH vom 15.09.2009, 2008/06/0016).
In den ErläutRV (542 BlgNR 23. GP 13 f) heißt es dazu:
"Die Neufassung des § 16 sieht vor, dass die Vermessungsbehörde im Anmeldungsbogen nicht nur das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen nach § 15 beurkundet, sondern - nach dem Vorbild des § 13 - auch den Antrag auf bücherliche Durchführung."
Die Anwendung des Sonderverfahrens setzt nach dem klaren Wortlaut des § 15 Z 1 LiegTeilG die tatsächliche Verwendung der betroffenen Grundstücke für die Herstellung einer Anlage voraus. Die Eigentumsveränderung muss demnach durch die Errichtung der Anlage selbst herbeigeführt worden sein (vgl. OGH vom 10.11.1992, 5 Ob 52/92; OGH vom 26.09.1995, 5 Ob 104/95)
Demgemäß sieht § 15 LiegTeilG vor, dass das vereinfachte Verbücherungsverfahren lediglich auf Grundstücke anzuwenden ist, die auch nur teilweise zur "Herstellung, Umlegung oder Erweiterung und Erhaltung" einer bestimmten Anlage "verwendet worden sind"; weiters auf Grundstücke (oder Teile davon), die bei der "Herstellung" einer solchen Anlage "frei geworden" sind, also nicht mehr von der Anlage erfasst werden; und schließlich auf Grundstücksreste, die durch die Anlage - nach grundbücherlicher Durchführung von den Stammgrundstücken abgeschnitten wären. (vgl. K. Binder in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 15 LiegTeilG, Rz 8)
Die Parteien stimmen darüber überein, dass etwa 66 % des gegenständlichen Grundstückes zur Herstellung einer Straßenanlage verwendet worden sind. Die belangte Behörde geht in dem angefochtenen Bescheid jedoch von der Rechtsansicht aus, dass wenn lediglich 66 % des gegenständlichen Grundstückes zur Herstellung einer Straßenanlage verwendet worden sind, die Voraussetzungen des § 15 LiegTeilG nicht gegeben sind. Dies widerspricht einerseits dem Wortlaut des §15 LiegTeilG, der von Grundstücken, die zur Herstellung einer Straßenanlage verwendet worden sind spricht, ohne dass darin geregelt ist, dass das entsprechende Grundstück zur Gänze zur Herstellung der Anlage verwendet worden sein muss. Auch K. Binder in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 15 LiegTeilG, Rz 8 geht davon aus, dass auch eine nur teilweise Herstellung einer im Gesetz genannten Anlage ausreicht. Für die Anwendbarkeit des § 15 LiegTeilG reicht es somit aus, wenn auch nur teilweise eine im Gesetz genannte Anlage auf dem Grundstück errichtet worden ist. Für diese Rechtsansicht spricht auch die Tatsache, dass gem. § 15 Z. 2 und 3 LiegTeilG das vereinfachte Verfahren auch bei Grundstücksresten und aufgelassenen Straßenkörpern gelten soll, denn auch hier befindet sich eine im Gesetz genannte Anlage (teilweise) nicht oder nicht mehr auf dem Grundstück, wobei ein Zusammenhang mit der Anlage gegeben ist.
§ 28 Abs 3 VwGVG, BGBl I Nr 33/2013, lautet:
"(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."
Eine Zurückverweisung der Sache nach § 28 Abs. 3 VwGVG ist dann zulässig, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Aufgrund der Judikatur des VwGH kommt dies insbesondere in Betracht, wenn die Behörde bloß ansatzweise ermittelt hat (vgl VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063). Ein solcher Fall liegt gegenständlich vor, da das Vermessungsamt St. Pölten die notwendigen Ermittlungen dahingehend unterlassen hat, ob die Besitzänderungen durch den fertiggestellten Bau einer Anlage iSd § 15 Z 1 LiegTeilG herbeigeführt worden sind.
Die als erforderlich aufgezeigten Ermittlungen können durch die belangte Behörde als insoweit technikbasiert eingerichtete und örtlich nähere Spezialbehörde mit entsprechendem Sachverstand jedenfalls einfacher und kostensparender bzw. rascher durchgeführt werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Absatz 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, Grundstück,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W134.2213391.1.00Zuletzt aktualisiert am
29.04.2019