Entscheidungsdatum
12.03.2019Norm
ASVG §113 Abs4Spruch
W263 2215465-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Christina KERSCHBAUMER als Einzelrichterin aufgrund des Vorlageantrages über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 04.12.2018, BZ: 12-2018-BW-MS2BN-004N0, nach
Beschwerdevorentscheidung vom 13.02.2019, GZ: VA/ED-S-0017/2019, zu
Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit dem Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (im Folgenden: NÖGKK) vom 04.12.2018 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 410 Abs. 1 Z 5 iVm § 113 Abs. 4 ASVG verpflichtet, wegen nicht fristgerechter Vorlage von Abrechnungsunterlagen einen Beitragszuschlag in der Höhe von 80,00 Euro zu entrichten.
Begründend führte die NÖGKK im Wesentlichen aus, dass die Beitragsnachweisung für den Beitragszeitraum Oktober 2018 der Kasse nicht fristgerecht am 26.11.2018 vorgelegt worden sei.
2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und begründend ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Übermittlungen an die NÖGKK nicht persönlich, sondern über seinen Steuerberater machen lasse. Daher habe der Beschwerdeführer nicht wissen können, dass sein Steuerberater die Unterlagen nicht zeitgerecht an die NÖGKK übermittelt habe. Außerdem könne sich der Beschwerdeführer nicht vorstellen, dass noch für den Beitragszeitraum Oktober 2018 Gebühren anfallen könnten, weil er seinen Betrieb am 30.09.2018 geschlossen habe. Somit habe er im Oktober keine Mitarbeiter mehr beschäftigt.
Es werde daher darum gebeten, keinen Beitragszuschlag zu verrechnen.
3. Im Verfahren über die Beschwerde erließ die NÖGKK als belangte Behörde am 13.02.2019 eine Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde. Die NÖGKK führte dazu begründend u.a. Folgendes aus:
Zum Vorbringen, dass für Oktober 2018 keine Beitragsnachweisung zu übermitteln gewesen wäre, weil der Betrieb per 30.09.2018 geschlossen worden wäre, wurde in Hinblick auf den konkreten Fall entgegnet: Weil die Urlaubsersatzleistung sozialversicherungsrechtlich erst im Monat Oktober 2018 zeitlich als Beitragsgrundlage zu berücksichtigen gewesen sei, hätte somit gemäß § 34 Abs. 2 ASVG die Abrechnung der Urlaubsersatzleistung (01.10.2018 bis 04.10.2018) in der Beitragsnachweisung für den Beitragszeitraum Oktober 2018 erfolgen müssen.
4. Der Beschwerdeführer stellte rechtzeitig einen Vorlagentrag und brachte zusammengefasst vor, dass er sich nicht als Schuldigen sehe. Als Arbeitgeber sei er sicher verpflichtet, die Unterlagen rechtzeitig an die NÖGKK zu senden. Hierfür habe er allerdings einen Steuerberater gehabt, welcher im gegenständlichen Zeitraum alle An- und Ummeldungen sowie Einreichungen an die NÖGKK gemacht habe. Der Beschwerdeführer habe daher nicht gewusst, dass der Steuerberater die letzte Meldung nicht gemacht habe. Außerdem habe der Beschwerdeführer die Lohnzettel für September 2018 erst nach mehrmaligem Ersuchen am 14.11.2018 erhalten. Zu diesem Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer leider auch nicht wissen können, dass für den Arbeitnehmer - für die letzten Tage seines Urlaubes - auch noch eine Einreichung gemacht werden müsse.
5. Mit Schreiben vom 04.03.2019 legte die NÖGKK die Beschwerde und den Vorlageantrag unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer hat die Beitragsnachweise für den Abrechnungszeitraum September 2018 verspätet an die NÖGKK übermittelt. In diesem Fall sah die NÖGKK von der Vorschreibung eines Beitragszuschlages ab.
1.2. Die Beitragsnachweise für den Abrechnungszeitraum Oktober 2018 langten nicht bis zur festgelegten Übermittlungsfrist, sondern erst am 26.11.2018 bei der belangten Behörde ein.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus der eindeutigen und unzweifelhaften Aktenlage des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde.
Die Feststellungen zur verspäteten Vorlage hinsichtlich des Beitragszeitraums September 2018 ergeben sich insbesondere aus dem Schreiben der NÖGKK vom 02.11.2017.
Die Feststellungen zur Vorlage der Beitragsnachweisung für Oktober 2018 ergeben sich aus den IT-Protokollen der erhaltenen Meldung und wurde der Übermittlungszeitpunkt auch nicht substantiiert bestritten. Weiters bestritt der Beschwerdeführer in seinem Vorlageantrag auch nicht mehr, dass die Urlaubsersatzleistung sozialversicherungsrechtlich erst im Monat Oktober 2018 als Beitragsgrundlage zu berücksichtigen war, weshalb die Abrechnung der Urlaubsersatzleistung in der Beitragsnachweisung für den Beitragszeitraum Oktober 2018 erfolgen hätte müssen (s.
Vorlageantrag: "... Zu diesem Zeitpunkt konnte ich leider auch nicht wissen, dass für Herrn [...], für die letzten Tage seines Urlaubes, auch noch eine Einreichung gemacht werden muss."; siehe dazu auch die vorliegenden Abmeldung vom 31.10.2018 betreffend den gegenständlichen Dienstnehmer, auf welcher die Urlaubsersatzleistung bis 04.10.2018 angeführt ist).
3. Rechtliche Beurteilung:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.).
Zu A) Abweisung der Beschwerde und Bestätigung der Beschwerdevorentscheidung:
Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) lautet in der anzuwendenden Fassung (vgl. § 689 Abs. 8 ASVG idF BGBl. I Nr. 30/2018) wie folgt:
"Beitragszuschläge
§ 113.
(1) - (3) ...
(4) Werden gesetzlich oder satzungsmäßig festgesetzte oder vereinbarte Fristen für die Umschuldung Vorlage von Versicherungs- oder Abrechnungsunterlagen nicht eingehalten, so kann ein Beitragszuschlag bis zum Zehnfachen der Höchstbeitragsgrundlage (§ 45 Abs. 1) vorgeschrieben werden.
(5) - (7) ..."
"Meldung von Änderungen
§ 34 (1) ...
(2) Erfolgt die Abrechnung der Beiträge nach dem Lohnsummenverfahren (§ 58 Abs. 4), so hat der Dienstgeber nach Ablauf eines jedes Beitragszeitraumes mittels elektronischer Datenfernübertragung (§ 41 Abs. 1 und 4) die Gesamtsumme der in diesem Zeitraum gebührenden und darüber hinaus gezahlten Entgelte zu melden (Beitragsnachweisung). Die Frist für die Vorlage der Beitragsnachweisung endet mit dem 15. des Folgemonats. Der beim zuständigen Krankenversicherungsträger oder beim Finanzamt der Betriebsstätte (§ 81 EStG 1988) einzubringende Lohnzettel (§ 84 EStG 1988) hat auch die Summe der allgemeinen Beitragsgrundlagen sowie der Sonderzahlungen und die Adresse der Arbeitsstätte am 31. Dezember bzw. am letzten Beschäftigungstag innerhalb eines Jahres zu enthalten. Die Übermittlung der Lohnzettel hat elektronisch bis Ende Februar des folgenden Kalenderjahres zu erfolgen. Ist dem Dienstgeber bzw. der auszahlenden Stelle die elektronische Übermittlung der Lohnzettel mangels technischer Voraussetzungen unzumutbar, so hat die Übermittlung der Lohnzettel auf dem amtlichen Vordruck bis Ende Jänner des folgenden Kalenderjahres zu erfolgen. Wird das Dienstverhältnis beendet, so hat die Übermittlung des Lohnzettels bis zum Ende des Folgemonats zu erfolgen."
"Höchstbeitragsgrundlage
§ 45. (1) Die allgemeine Beitragsgrundlage, die im Durchschnitt des Beitragszeitraumes oder des Teiles des Beitragszeitraumes, in dem Beitragspflicht bestanden hat, auf den Kalendertag entfällt, darf die Höchstbeitragsgrundlage nicht überschreiten. Als Höchstbeitragsgrundlagegilt der gemäß § 108 Abs. 1 und 3 festgestellte Betrag. Umfaßt der Beitragszeitraum einen Kalendermonat und hat für den ganzen Kalendermonat Beitragspflicht bestanden, so ist bei der Anwendung der Höchstbeitragsgrundlage der Beitragszeitraum jedenfalls mit 30 Tagen anzusetzen.
..."
Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen sowie der Materialien (EBRV BlgNR 23. GP 77) ist Zweck der Beitragszuschläge, den wegen der Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwand in der Verwaltung ("Bearbeitungskosten") auszugleichen, sohin einen Kostenbeitrag demjenigen vorzuschreiben, der diese Kosten auch verursacht hat ("Verursacherprinzip") und damit als Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (vgl. VwGH 07.08.2002, 99/08/0074).
Die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 4 ASVG liegt sowohl dem Grunde (arg "kann") als auch der Höhe nach (bis zum Zehnfachen der Höchstbeitragsgrundlage) im Ermessen der Behörde (vgl. VwGH 30.05.2001, 96/08/0261).
Zufolge der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 10.07.2013, 2013/08/0117) ist die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nicht als Verwaltungsstrafe zu werten, sondern als eine wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwandes sachlich gerechtfertigte weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung.
Es kommt auch nicht auf das subjektive Verschulden des Dienstgebers (bzw. des vertretungsbefugten Organs) an, sondern darauf, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen (vgl. VwGH 29.04.2015, 2013/08/0141).
Auf den Beschwerdefall bezogen:
Der Beschwerdeführer war als Dienstgeber gemäß § 34 Abs. 2 ASVG grundsätzlich verpflichtet, die Beitragsnachweisung für den Zeitraum Oktober 2018 bis spätestens des 15. des Folgemonats (November) an die belangte Behörde zu übermitteln (vgl. dazu auch Derntl in Sonntag, ASVG § 360b Rz 1ff in Verbindung mit § 33 Abs. 2 AVG). Die Meldung langte jedoch erst am 26.11.2018 via ELDA ein und war daher unzweifelhaft verspätet.
Die Frage des subjektiven Verschuldens am Meldeverstoß ist im Lichte der zitierten VwGH-Judikatur unmaßgeblich. Entscheidend ist, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen.
Ein Meldepflichtiger muss sich bei der Erfüllung der gegenüber der Kasse konkret bestehenden Verpflichtung ein allfälliges Verschulden der Kanzlei, bei welche die Lohnverrechnung erfolgte und der offenbar auch der Verkehr mit der Kasse oblag, zurechnen lassen (vgl. VwGH vom 22.05.2014, 2013/08/0038). Die NÖGKK als belangte Behörde darf vom Beschwerdeführer als Dienstgeberin bzw. von seinem Steuerberater zu Recht die Einrichtung einer Organisationsstruktur samt einem wirksamen Kontrollsystem zur Fehlervermeidung erwarten. Die Meldeverspätung ist der Sphäre des Beschwerdeführers zuzurechnen.
Zutreffend sind auch die Ausführungen der NÖGKK in der Beschwerdevorentscheidung, dass - sofern die Abrechnung der Beiträge nach dem Lohnsummenverfahren erfolgt - die Dienstgeber gemäß § 34 Abs. 2 ASVG nach Ablauf eines jeden Beitragszeitraumes die Gesamtsumme der in diesem Zeitraum gebührenden und darüber hinaus gezahlten Entgelte zu melden haben. Da die Urlaubsersatzleistung sozialversicherungsrechtlich erst im Monat Oktober 2018 zeitlich als Beitragsgrundlage zu berücksichtigen war, hätte somit gemäß § 34 Abs. 2 ASVG die Abrechnung der Urlaubsersatzleistung (01.10.2018 bis 04.10.2018) in der Beitragsnachweisung für den Beitragszeitraum Oktober 2018 erfolgen müssen.
Die Alleinverantwortung für das Meldewesen hat der Dienstgeber zu tragen. Dieser hat sich über die Meldevorschriften zu informieren und durch organisatorische Maßnahmen für eine fristgerechte Meldeübermittlung zu sorgen, um Meldeversäumnisse hintanhalten zu können.
Die vorgebrachten organisatorischen Probleme sind der Sphäre des Beschwerdeführers bzw. dessen steuerlichen Vertretung zuzuordnen. Zudem wäre es am Beschwerdeführer bzw. dessen Vertreter gelegen, vor Ablauf der Meldefrist durch geeignete organisatorische Maßnahmen zu überprüfen, ob die Meldung tatsächlich übermittelt wurde. Die tatsächliche Vorlage am 26.11.2018 lässt jedoch erkennen, dass fallbezogen kein Kontrollsystem zeitnahe angewendet wurde.
Die belangte Behörde hat in ihrer Beschwerdevorentscheidung nachvollziehbar die Kriterien des von ihr ausgeübten Ermessens aufgezeigt. Sie hat zu erkennen gegeben, dass sie bereits, ohne dass darauf ein Rechtsanspruch bestünde, bei einem erstmaligen Meldeverstoß des Beschwerdeführers (für die erste nicht fristgerecht übermittelte Beitragsnachweisung) mit Schreiben vom 02.11.2018 von der Vorschreibung eines Beitragszuschlages abgesehen hat.
Hinsichtlich der Höhe des vorgeschriebenen Beitragszuschlages ist auszuführen, dass der belangten Behörde nach § 113 Abs. 4 ASVG eine Vorschreibung eines Beitragszuschlages bis zum Zehnfachen der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 45 Abs. 1 ASVG möglich gewesen wäre. Der hier vorgeschriebene Beitragszuschlag bewegt sich daher im untersten Bereich dieses Rahmens und erscheint angemessen. Die Behörde ist in einem Fall wie dem hier vorliegenden, nicht verpflichtet, den ihr entstandenen Verwaltungsmehraufwand im Einzelnen nachzuweisen, sondern ermächtigt - zum Schutz der Versichertengemeinschaft und ihres geordneten Funktionierens - im Fall eines Meldeverstoßes oder einer verspäteten Vorlage von Versicherungs- und Abrechnungsunterlagen (im Rahmen des von ihr ausgeübten Ermessens) Beitragszuschläge zu verhängen.
Die Vorschreibung des verfahrensgegenständlichen Beitragszuschlages erfolgte somit gemäß § 113 Abs. 4 ASVG sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Beitragszuschlag, MeldeverstoßEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W263.2215465.1.00Zuletzt aktualisiert am
29.04.2019