TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/12 W112 2202713-1

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Veröffentlicht am 12.03.2019
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Entscheidungsdatum

12.03.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §29 Abs5

Spruch

W112 2202713-1/12E

Gekürzte Ausfertigung des am 08.08.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA GAMBIA, gegen die Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A) Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt

der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 16.05.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen wies das Bundesasylamt mit Bescheid vom 24.05.2011 sowohl im Hinblick auf den Status des Asylberechtigten, als auch im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten ab und wies den Beschwerdeführer nach GAMBIA aus. Der Asylgerichtshof wies die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 05.09.2011 als unbegründet ab.

Über den Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom 04.03.2012 die Schubhaft verhängt. Es wurde für ihn ein Heimreisezertifikat bei der GAMBISCHEN Botschaft beantragt. Der Beschwerdeführer wurde am 08.03.2012 wegen Haftunfähigkeit infolge eines Hungerstreiks aus der Schubhaft entlassen.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 07.05.2012 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln zu einer für eine Probezeit von XXXX Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von XXXX Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 15.07.2013 wurde der Beschwerdeführer wegen des unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln zu einer Freiheitsstrafe von XXXX Monaten verurteilt; dabei sah das Gericht vom Widerruf der bedingt verhängten Strafe ab und verlängerte die Probezeit auf XXXX Jahre.

Die Landespolizeidirektion XXXX verhängte mit Bescheid vom 02.09.2013 gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 FPG eine Rückkehrentscheidung sowie gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 FPG ein auf XXXX Jahre befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum. Der Unabhängige Verwaltungssenat XXXX wies die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung mit Bescheid vom 21.10.2013 als unbegründet ab.

Der Beschwerdeführer wurde am 12.04.2018 festgenommen und niederschriftlich einvernommen. Mit Mandatsbescheid vom 13.04.2018, dem Beschwerdeführer zugestellt durch persönliche Übergabe am selben Tag um 22:30 Uhr, verhängte das Bundesamt über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung. Mit Verfahrensanordnung vom selben Tag wurde dem Beschwerdeführer ein Rechtsberater beigegeben.

Mit Eingabe vom 03.08.2018, hg. eingelangt am 06.08.2018, legte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht den Verwaltungsakt zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Anhaltung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor.

Am 08.08.2018 fand die mündliche Verhandlung statt, an der das Bundesamt nicht teilnahm.

Keine der Parteien stellte einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung des am 08.08.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer war nicht österreichischer Staatsbürger oder Unionsbürger und verfügte über keine Aufenthaltsberechtigung für Österreich oder in einem anderen Mitgliedsstaat der EU.

Der Beschwerdeführer stellte am 16.05.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Diesen wies das Bundesasylamt mit Bescheid vom 24.05.2011 sowohl im Hinblick auf den Status des Asylberechtigten, als auch im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten ab und wies den Beschwerdeführer nach GAMBIA aus. Er wirkte am verwaltungsbehördlichen Verfahren mit, verließ aber VIERZEHN Tage nach der Zustellung des Bescheides das Quartier der Grundversorgung und war unbekannten Aufenthalts. Er bezog seither keine Grundversorgung mehr.

Der Asylgerichtshof wies die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 05.09.2011 als unbegründet ab. Der Beschwerdeführer kam der Ausreiseverpflichtung nicht nach und verließ seither Österreich nicht. Er brachte zu keinem Zeitpunkt identitätsbezeugende Dokumente in Vorlage.

Der Beschwerdeführer begründete am 13.10.2011 eine Meldeadresse, an der er aber nicht wohnte. Am 03.12.2012 begründete er eine Meldeadresse bei seiner nunmehrigen Ex-Freundin. Es konnte nicht festgestellt werden, wann der Beschwerdeführer wo gewohnt hat.

Er führte in der am 04.03.2012 verhängten Schubhaft die Haftunfähigkeit durch Hungerstreik herbei. Mit Straferkenntnis vom 04.03.2012 wurde eine Geldstrafe wegen XXXX gegen den Beschwerdeführer verhängt. Er kam dem Ladungsbescheid für den 20.12.2012 vor die Landespolizeidirektion XXXX nicht nach. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil vom 07.05.2012 wegen eines Suchtmitteldelikts zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt. Innerhalb offener Probezeit wurde der Beschwerdeführer mit Urteil vom 15.07.2013 erneut wegen eines Suchtmitteldelikts zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt.

Mit Bescheid vom 02.09.2013 erließ die Landespolizeidirektion XXXX eine Rückkehrentscheidung verbunden mit einem auf XXXX Jahre befristeten Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum gegen den Beschwerdeführer. Der Unabhängige Verwaltungssenat XXXX wies mit Berufungsbescheid vom 21.10.2013 die Berufung gegen diesen Bescheid als unbegründet ab. Der Beschwerdeführer kam auch der Ausreiseverpflichtung auf Grund der Rückkehrentscheidung nicht nach.

Der Beschwerdeführer war nach der Strafhaft von 25.02.2014 bis 03.02.2015 in XXXX , von 03.02.2015 bis 03.12.2015 bei seiner Ex-Freundin in XXXX und von 03.12.2015 bis 21.09.2016 im selben Haus wie seine Ex-Freundin in einer anderen Wohnung gemeldet. Seitdem verfügte der Beschwerdeführer über keine Meldeadresse mehr.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Angehörige in Österreich hatte; er war in Österreich nie legal erwerbstätig und verfügte über keinen festen Wohnsitz. Er hatte Freunde, die ihm bisher einen Aufenthalt im Verborgenen ermöglicht hatten und im Falle der Haftentlassung wieder ermöglicht hätten.

Der Beschwerdeführer machte in der zweiten Schubhafteinvernahme falsche Angaben zu seiner Staatsangehörigkeit. Er trat auch in der zweiten Schubhaft in den Hungerstreik, den er freiwillig beendete.

Der Beschwerdeführer stellte zwar am 26.04.2018 einen Antrag auf unterstützte freiwillige Ausreise, war aber nicht ausreisewillig; er stellte den Antrag nur, um enthaftet zu werden, und erfüllte die Bedingungen für die Unterstützung der freiwilligen Ausreise nicht. Er wurde am 27.07.2018 von der Expertendelegation der Botschaft von GAMBIA identifiziert. Die Ausstellung des Heimreisezertifikats wurde von dieser gegen Vorlage der Flugbuchung zugesagt. Der Flug wurde am 06.08.2018 gebucht. Die Abschiebung war für den XXXX anberaumt.

Der Beschwerdeführer hätte sich im Falle der Enthaftung durch Untertauchen der Abschiebung entzogen. Er war haftfähig und wurde seit 13.04.2018 im Polizeianhaltezentrum XXXX in Schubhaft angehalten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergaben sich aus den hg. mündlichen Verhandlungen am 08.08.2018, den beigeschafften Verwaltungsakten der Asyl-, fremdenpolizeilichen und Schubhaftverfahren, Auskünften aus dem ZMR, IZR, SIS, Strafregister und der Anhaltdatei, den medizinischen Unterlagen betreffend der Haftfähigkeit des Beschwerdeführers, sowie aus dem Schreiben des Bundesamtes zum Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates vom 07.08.2018 und den Abschiebeunterlagen vom selben Tag.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Fortsetzungsausspruch

Der Beschwerdeführer befand sich seit 13.04.2018 in Schubhaft und wurde im Entscheidungszeitpunkt auf Grund des Bescheides vom 13.04.2018 in Schubhaft angehalten. Das Gericht hatte daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu überprüfen.

Die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft gemäß § 76 Abs. 1, 2 Z 1 FPG lagen vor: Der volljährige Beschwerdeführer war nicht österreichischer Staatsbürger oder Unionsbürger und verfügte über kein Aufenthaltsrecht in Österreich: Sein Antrag auf internationalen Schutz in Österreich vom 16.05.2011 war mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 05.09.2011 abgewiesen worden. Auf Grund des Berufungsbescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates XXXX vom 21.10.2013 bestand gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung verbunden mit einem Einreiseverbot.

Es lag erhebliche Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG vor: Der Beschwerdeführer wirkte am Asylverfahren ab der Beschwerdeerhebung nicht mit (§ 76 Abs. 3 Z 3 FPG), vereitelte bisher die Abschiebung durch Hungerstreik, Untertauchen, falsche Angaben zu seiner Staatsangehörigkeit, Nichtbefolgen einer Ladung und Nichtvorlage von Dokumenten (§ 76 Abs. 3 Z 1 FPG) und verfügte über keine Bindungen im Bundesgebiet, die der Annahme von Fluchtgefahr entgegengestanden wären (§ 76 Abs. 3 Z 9 FPG).

Es bestand weiterhin erhebliche Fluchtgefahr, weshalb mit der Verhängung gelinderer Mittel auf Grund des Vorverhaltens des Beschwerdeführers sowie seinen Einlassungen in der hg. mündlichen Verhandlung nicht das Auslangen gefunden werden konnte. Dabei war zu berücksichtigen, dass gegen den Beschwerdeführer Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot bestanden (§ 76 Abs. 3 Z 3 FPG) und dass er zweifach vorbestraft war (§ 76 Abs. 2a FPG), wobei er die zweite Tat innerhalb der Probezeit nach der bedingten Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe beging und er auch danach mehrmals im Besitz von XXXX betreten wurde.

Die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft war auch verhältnismäßig: Er war gesund und haftfähig. Mit der Ausstellung eines Heimreiszertifikates und der Durchführung der Abschiebung am XXXX , sohin innerhalb von XXXX Wochen, war mit hinreichender Sicherheit zu rechnen.

Auch die über vier Monate dauernde Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft war auf Grund des Vorverhaltens des Beschwerdeführers, der erheblichen Fluchtgefahr und der effizienten Verfahrensführung sowie auf Grund des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers verhältnismäßig und zum Zeitpunkt der Entscheidung lagen die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vor.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Die Revision war gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil es an einer Rechtsprechung zu § 22a Abs. 4 BFA-VG und § 80 Abs. 4 FPG fehlte.

Begründung der gekürzten Ausfertigung

Gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden, wenn von den Parteien auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt wird. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten.

Diese gekürzte Ausfertigung des nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 08.08.2018 verkündeten Erkenntnisses ergeht gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG, da ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG durch die hiezu Berechtigten innerhalb der zweiwöchigen Frist nicht gestellt wurde.

Schlagworte

Einreiseverbot, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, gekürzte
Ausfertigung, Identität, Revision zulässig, Schubhaft,
Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung, Überprüfung,
Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W112.2202713.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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