TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/14 W103 2214994-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.03.2019
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Entscheidungsdatum

14.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §55

Spruch

W103 2214994-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.01.2019, Zl. 750047804-180003870, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 7 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4, 8 Abs. 1, 57, 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie §§ 52 Abs. 2 Z 3 und Abs. 9, 46, 53 Abs. 1 Z 1, 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Verfahren über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten:

Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit, gelangte illegal in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 12.01.2005 einen Asylantrag, welchen er im Wesentlichen damit begründete, dass sein Vater und sein Onkel bei den Widerstandsgruppen gegen die Russen in exponierter Stellung tätig gewesen wären.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.10.2015, Zahl 05 00.478-BAT, wurde dem Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 stattgegeben, dem Beschwerdeführer in Österreich Asyl gewährt und gemäß § 12 AsylG 1997 festgestellt, dass diesem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

Der Beschwerdeführer wurde in der Folge mehrfach straffällig.

2. Gegenständliches Verfahren über die Aberkennung des Status des Asylberechtigten:

2.1. Mit Aktenvermerk vom 15.05.2018 respektive 16.11.2018 leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten gegen den Beschwerdeführer aufgrund des Vorliegens eines Asylausschlussgrundes ein, wovon der Beschwerdeführer mit Schreiben vom gleichen Datum im Rahmen des Parteiengehörs in Kenntnis gesetzt worden ist. Der Beschwerdeführer wurde durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aufgefordert, binnen Frist bekannt zu geben, aus welchem Grund er zum Entscheidungszeitpunkt in der Russischen Föderation eine Gefährdung befürchte, außerdem wurde er zur Darstellung seiner privaten und familiären Situation sowie seines Gesundheitszustands aufgefordert.

Mit Stellungnahme vom 29.11.2018 führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, er habe seit seiner Asylzuerkennung im Jahr 2006 gearbeitet, sei bis zu seiner Verhaftung fast durchgängig beschäftigt gewesen und habe Deutschkurse besucht. Für seine beiden Kinder habe er bis zu seiner Verhaftung Alimente bezahlt, zu Zeiten, in denen er beschäftigt gewesen wäre, in der Höhe von EUR 250,-, in Zeiten von Arbeitslosigkeit in Höhe von EUR 80,-. Seit seiner Verhaftung werde der Unterhalt durch das XXXX vorgeschossen, der Kontakt zu den Kindern sei vor der Haft aufrecht gewesen. Vor seiner Verhaftung habe er gemeinsam mit seiner Mutter in einer Wohnung gelebt und sich um diese gekümmert. Er habe außerdem zwei in Österreich lebende Geschwister, welche sich derzeit um die Mutter kümmern würden. Zu einem weiteren Bruder habe der Beschwerdeführer keinen Kontakt mehr, dieser sei seines Wissens nach im Jahr 2014 in Syrien gestorben. Im Hinblick auf seine Verurteilungen sehe er ein, Fehler gemacht zu haben, künftig werde er sich an die Gesetze Österreichs halten. In Tschetschenien lebe Verwandtschaft mütterlicherseits, zu der es sporadisch Kontakt gebe. Ein weiterer Bruder lebe in Belgien. Der gesundheitliche Zustand des Beschwerdeführers sei gut, dieser benötige keine Medikamente. Die gesamte Kernfamilie des Beschwerdeführers lebe in Österreich, weshalb auch der Beschwerdeführer in Zukunft in Österreich leben wolle und darum ersuche, von einer Aberkennung seines Asylstatus abzusehen. Am 21.01.2019 reichte der Beschwerdeführer einen Versicherungsdatenauszug nach.

2.2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.01.2019 wurde der dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 25.10.2005, Zahl: 05 00.478-BAT, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Weiters wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Zi 2 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.) und wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und 4 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine vierzehntägige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VII.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte die Identität des Beschwerdeführers fest und legte seiner Entscheidung Feststellungen zur aktuellen Situation in dessen Herkunftsstaat zugrunde. Das Bundesamt stellte desweiteren fest, dass der Beschwerdeführer der Volksgruppe der Tschetschenen angehöre, sich zum moslemischen Glauben bekenne, die tschetschenische Sprache beherrsche, an keinen lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Erkrankungen leide und arbeitsfähig sei. Zu den Gründen der Aberkennung des Status des Asylberechtigten verwies die Behörde auf die im Strafregister der Republik Österreich aufscheinenden rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers und hielt darauf Bezug nehmend fest, dass der Beschwerdeführer wegen eines besonders schweren Verbrechens verurteilt worden wäre und als gemeingefährlicher Täter anzusehen sei. Zur Situation im Falle seiner Rückkehr wurde festgehalten, dass sich der Beschwerdeführer rund sieben Jahre nach seiner Anerkennung als Asylberechtigter in Österreich im Jahr 2012 durch die Ausstellung eines russischen Reisepasses durch das russische Konsulat wieder in den Schutz seines Heimatlandes begeben hätte. Der Beschwerdeführer sei mit seinem Reisepass mehrfach zu Verwandten nach Tschetschenien gereist, weshalb nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Probleme, welche ihn zur Ausreise bewogen hätten, weiterhin bestünden. In Österreich würden die beiden Kinder des Beschwerdeführers leben, für welche dieser kein Sorgerecht besitze; der Beschwerdeführer habe sich bereits der Kindesentziehung schuldig gemacht und sei dafür am XXXX auch rechtskräftig verurteilt worden. Mit seinem Sohn sei er zuletzt im Jänner 2010 an einem gemeinsamen Wohnsitz gemeldet gewesen, mit seiner nach diesem Zeitpunkt geborenen Tochter, nie. Mehrfach seien gegen den Beschwerdeführer Betretungsverbote bezüglich der Wohnung seiner Ex-Lebensgefährtin und der gemeinsamen Kinder ausgesprochen worden. Mit Verfügung eines Bezirksgerichts sei ihm im Jahr 2011 auch die Mitnahme seiner Kinder untersagt worden. Es gebe keine Hinweise, dass der Beschwerdeführer für den Unterhalt seiner Kinder aufkomme. In Österreich würden desweiteren die Mutter sowie zwei volljährige Geschwister des Beschwerdeführers als anerkannte Flüchtlinge leben. Mit seinem Bruder habe er bis zu seiner Verhaftung in einem gemeinsamen Haushalt gelebt, eine besondere Abhängigkeit zu diesem in finanzieller oder sonstiger Art liege nicht vor. Mit seiner Mutter und Schwester habe laut ZMR nie ein gemeinsamer Haushalt bestanden. Ein weiterer, gemeinsam mit dem Beschwerdeführer eingereister, Bruder sei seit Juli 2014 nicht mehr im Bundesgebiet gemeldet und es bestünde der Verdacht, dass dieser in Syrien gestorben sei. Die von ihm angeführte "fast durchgehende" Beschäftigung habe der Beschwerdeführer nicht belegen können; hingegen fänden sich mehrere Hinweise, dass dieser ohne Arbeit gewesen bzw. als geringfügig beschäftigt gemeldet, jedoch schon gekündigt, gewesen sei. Zur Erlassung des Einreiseverbotes wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer rechtskräftig zu acht und achtzehn Monaten - nacheinander zu verbüßen - verurteilt worden sei. Die Erfüllung dieses Tatbestandes indiziere gemäß § 53 Abs. 3 FPG das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit.

Im Rahmen der Beweiswürdigung hielt die Behörde insbesondere Folgendes fest:

"(...) Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten:

...

Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen stützen sich auf den aktuellen Strafregisterauszug und den Inhalt des eingeholten Aktes zu den strafgerichtlichen Verfahren.

Gegen Sie liegen sechs rechtskräftige Verurteilungen auf, alle einschlägige Verurteilungen wegen aggressiver Handlungen - Körperverletzung, schwere Körperverletzung, Sachbeschädigung, Nötigung, Vandalismus. Zuletzt wurden Sie am XXXX wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung zu 1,5 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Den Milderungsgründen eines teilweisen Geständnisses und des Umstandes, dass es nur beim Versuch geblieben ist, standen die Erschwerungsgründe der Begehung der strafbaren Handlung während anhängigem Strafverfahren und die einschlägigen Vorstrafen entgegen.

Auch wenn es sich einzeln betrachtet lediglich um "Vergehen" und "schwere Verbrechen" handelt, so ist in Summe doch von einem "besonders schweren Verbrechen" auszugehen. Zu diesem Schluss führt das Vorliegen der Vielzahl korrespondierender Anzeigen und Urteile ab dem Jahr 2007 und einer Steigerung Ihrer einschlägigen Handlungen über die Jahre.

Waren es zunächst Handgreiflichkeiten gegen Ihre damalige Frau nach moslemischem Ritus sowie Sachbeschädigungen, die Sie mit Ihrer Aggression begründeten, folgten weitere Handgreiflichkeiten inklusive Würgen, gefährlicher Drohung und Kindesentzug. Es kam auch wiederholt zu Widerstand gegen die Staatsgewalt (mit Körperverletzung an einem Exekutivorgan). Zuletzt verübten Sie dann gegenüber der Schwester Ihrer Ex-Frau eine schwere Körperverletzung gemäß § 84 (4) StGB, indem Sie auf diese einschlugen und - als sie am Boden lag - auch eintraten. In Strafhaft verfolgten Sie schließlich einen anderen Gefangenen und versuchten diesen zu treten, da er die "Respektlosigkeit gegenüber Ihrer Religion" begangen hätte, eine Zigarette neben einem Betenden zu rauchen, und Sie "als strenggläubiger Moslem" "diese Respektlosigkeit nicht dulden" könnten.

Auch wenn Sie sich jedes Mal scheinbar schuldeinsichtig zeigten und Besserung gelobten, war keine positive Änderung Ihres Verhaltens zu bemerken, sondern sogar eine Progression Ihrer Ausschreitungen. Sofort nach der Gerichtsverhandlung (mit gleichzeitig ausgesprochener, vorletzter Verurteilung wegen gefährlicher Drohung) hatten Sie erst Ihre Ex-Frau angerufen, um ihr und ihrer Mutter zu drohen, weil sie bei der Verhandlung gegen Sie ausgesagt hätten (wovon Sie in der späteren Verurteilung im Zweifel freigesprochen wurden). Im Anschluss daran suchten Sie Ihre Ex-Frau, nachdem diese nicht mehr mit Ihnen hatte sprechen wollen und aufgelegt hatte, in der Wohnung von deren Schwester auf, wo Sie noch vor dem Haus auf die genannte Schwester der Ex-Frau trafen, diese augenblicklich angriffen, mit der Faust ins Gesicht und nieder schlugen und auf sie eintraten. Sie zückten ein Messer und führten es langsam zur Brust der am Boden Liegenden. Durch das Geschrei Ihrer Exfrau vom Balkon wurden Sie laut Abschlussbericht des SPK XXXX davon abgehalten tatsächlich zuzustechen. Dann zerrten Sie deren Schwester an der Jacke und den Haaren über den Hof in Richtung des Stiegenhauses. In der Zwischenzeit rief Ihre Exfrau die Polizei zu Hilfe. Sie ließen von der Ex-Schwägerin ab, worauf diese zu einer Nachbarin flüchtete. Sie versuchten die Wohnung zu finden, aus der Ihre Frau gerufen hatte, klopften gegen die Türen und brüllten auf dem Gang. Da Sie nicht genau wussten, welche Türe die richtige ist, stürmten Sie wieder in den Hof. Nachdem Ihre Exfrau vom Balkon eine Kosmetikflasche und Plastikkübel in Ihre Richtung geworfen hatte, nahmen Sie Ihr Messer und schleuderten es in Richtung Ihrer Exfrau, wobei das Messer ohne Schaden anzurichten in der Wohnung landete. Sie bedrohten dann noch Ihre Exfrau und deren Mutter mit dem Umbringen. Schließlich konnten Sie durch einschreitende Beamte festgenommen werden und es wurde wieder ein Betretungsverbot gegen Sie ausgesprochen.

In der Justizanstalt, in die Sie aufgrund des Vorfalles überstellt wurden, wurden Sie erneut aggressiv auffällig, diesmal gegen einen Fremden, nämlich einen Mithäftling, durch dessen Rauchen Sie sich in Ihrem religiösen Gefühl verletzt fühlten, verfolgten ihn, bedrohten ihn, sodass er sichtlich eingeschüchtert war, und versuchten auf ihn hinzutreten, so dass von den zuständigen Behörden von einer Überstellung zur Einvernahme abgeraten wurde, da "3 - 4 Polizisten zur Sicherung notwendig wären". Bei der Personeninformation zu Ihnen findet sich dann auch noch der Hinweis auf eine "allgemein gefährliche Person".

Aufgrund der mehrmaligen einschlägigen Straffälligkeit sind Sie als gemeingefährlicher Täter anzusehen. Trotz einer Haftstrafe haben Sie nach der Entlassung sofort wieder Ihre Exfrau misshandelt und bedroht. Auch eine zweite unbedingte Verurteilung hat Sie nicht davon abgehalten nach der Urteilsverkündung noch am selben Tag Ihre Exfrau und deren Mutter zu bedrohen und deren Schwester auf offener Straße niederzuprügeln und zu treten. Während Ihres Gefängnisaufenthaltes haben Sie sogar im Gefängnis einen anderen Strafgefangenen mit versuchter Körperverletzung bedroht, da dieser Ihre Religion durch das Rauchen einer Zigarette beleidigt habe. Trotz Ihres (erneuten) Versprechens (in der schriftlichen Stellungnahme, zuvor bei verschiedenen Beschuldigtenvernehmungen und Normverdeutlichungsgesprächen) Ihre Aggressionen in den Griff zu bekommen, kann hinsichtlich Ihrer Zukunft keine positive Prognose erstellt werden. Zu dieser Schlussfolgerung führen letztendlich auch Ihre Angaben zu Ihrem Privatleben, so hat Sie Ihre Lebensgefährtin/ Frau nach muslimischem Recht bereits im Jahr 2014 wegen Ihrer Aggressionen verlassen und sich von Ihnen nach islamischem Recht scheiden lassen. Es ist aktenkundig, dass Ihre Exfrau, deren Mutter und Schwester - und sogar Ihre eigenen Kinder - Angst vor Ihnen und Ihren Ausschreitungen haben.

Aufgrund der Progression Ihrer Verfehlungen entgegen mehrmaliger Versicherung etwas gegen Ihre Aggressionen unternehmen und sich nunmehr an die Gesetze halten bzw. Ihre Ex-Lebensgefährtin nicht mehr misshandeln zu wollen, kann auch für die Zukunft keine positive Prognose gestellt werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich Ihre aggressive Haltung weiter verstärkt und Sie auch über den Familienkreis hinaus Ziele Ihrer Aggressionen suchen und finden werden. Zuletzt haben Sie, wie bereits erwähnt, Ihre (Ex-) Schwägerin, die nach tschetschenischer Tradition nicht zum direkten Verwandtschaftskreis eines (Ehe-)Mannes gehört, also quasi fremd ist, zu Boden geprügelt und getreten, in vollem Bewusstsein, dass es dabei zu schwersten Verletzungen kommen könnte, sowie in der Haftanstalt eine komplett fremde Person zu verletzen versucht, nur weil Sie "als strenggläubiger Moslem" "die Respektlosigkeit" des Rauchens neben einem anderen Moslem, der gerade betete, "nicht dulden" wollten. Es ist nicht auszuschließen, dass Ihr Verhalten in Zukunft in Österreich, in dem sich nicht jeder respektvoll gegenüber moslemischen Riten und tschetschenischen Gebräuchen verhält, eskaliert. Daraus resultiert eine zu prognostizierende Gefahr für die Allgemeinheit.

Sie verfügen über keine geregelte Arbeit oder Einkommen. Die von Ihnen als Hauptintegrationsfaktor geltend gemachte "fast durchgängige Beschäftigung" konnte nicht festgestellt werden. Einerseits blieben Sie einen diesbezüglichen versprochenen Nachweis bis dato schuldig, andererseits ist bereits den vorliegenden Polizeiberichten und Urteilen zu entnehmen, dass Sie mehrfach lediglich geringfügig beschäftigt bzw. arbeitslos waren (und sind) und jeweils Unterstützung vom Sozialamt bzw. Leistungen aus dem Titel der Arbeitslosenunterstützung bezogen. So können Sie auch lediglich 80,- Euro Unterhalt für Ihre beiden Kinder XXXX und XXXX leisten.

Zusammenfassend war bezüglich Ihres Verhaltens somit zu befinden, dass Sie Ihre Asylgewährung und Ihren Aufenthalt in Österreich größtenteils dazu genutzt haben, Straftaten in Zusammenhang mit Ihrem aggressiven Potential in Österreich zu begehen. Die Vielzahl der einschlägigen Straftaten und die mangelnden Anzeichen einer Sozialisierung bzw. Resozialisierung lassen für Sie auch keine günstige Zukunftsprognose erstellen. Vielmehr ist mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass Sie auch in Zukunft eine Gefahr für andere Menschen darstellen werden.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Dass Sie sich rund 7 Jahre nach Ihrer Anerkennung als Asylberechtigter in Österreich wieder unter den Schutz der Russischen Föderation stellten, ergibt sich aus der Ausstellung eines Russischen Reisepasses durch das russische Konsulat in XXXX , welche ebenso wie die mehrfachen Reisen in Ihr Herkunftsland aktenkundig ist.

Dass Ihr Name auf keiner russischen Fahndungsliste steht, kann in den diversen Internetzugängen festgestellt werden (Quelle u.a.: http://www.fedsfm.ru/documents/terr-list, Zugriff am 22.01.2019).

Es kann nicht glaubhaft davon ausgegangen werden, dass die Probleme, die Sie damals zur Ausreise bewogen haben, weiter bestehen.

Bei der seinerzeitigen Asylantragstellung im Jänner 2005 erklärten Sie, Sie bzw. Ihre Familie wären in der Russischen Föderation verfolgt worden, da Ihr 1994 (noch vor Beginn des ersten Tschetschenienkrieges/ 12/1994 - 1996) verstorbener Vater und Ihre Onkel bei den tschetschenischen Widerstandsgruppen tätig gewesen wären. Bis 2003 wären Familienmitglieder mitgenommen worden (Ihre 2007 eingereiste Mutter gab an, dass nach 2003 niemand mehr mitgenommen worden wäre). Aufgrund des damals stattfindenden zweiten Tschetschenienkrieges (Anmerkung: von 1999 - 2009) wurde Ihnen Asyl in Österreich gewährt.

Gemäß Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zur Russischen Föderation, Punkt Allgemeine Menschenrechtslage / Dschihadistische Kämpfer und ihre Unterstützer konnten in Bezug auf Verfolgung von Kämpfern des ersten und zweiten Tschetschenienkrieges keine Hinweise auf Anfragen oder Verfolgungshandlungen tschetschenischer Behörden nach dem Jahr 2011 gefunden werden, ebenso wenig wie Hinweise darauf, dass russische Behörden tschetschenische Kämpfer der beiden Kriege suchen würden. Hinweise darauf, dass Verwandte von Tschetschenien-Kämpfern durch russische oder tschetschenische Behörden zu deren Aufenthaltsort befragt wurden, konnten nicht gefunden werden. Daraus ergibt sich, dass der seinerzeit vorgebrachte Fluchtgrund aktuell zu keiner Bedrohung mehr führt.

Im selben Punkt des Länderinformationsblattes wird auch davon gesprochen, dass Familienmitglieder von "Foreign Fighters" weniger schweren Reaktionen seitens der Behörden ausgesetzt sein dürften, als Familienmitglieder von (aktuell aktiven) lokalen Militanten. Da Ihr Bruder XXXX Ihren Angaben zufolge in Syrien gekämpft hat (und dort verstorben sei), würde er höchstens als "Foreign Fighter" und nicht als lokaler Militant gelten. Eine asylrelevante Verfolgung aufgrund Ihrer Verwandtschaft zu ihm ist jedoch vor allem auch deshalb nicht zu erwarten, da er schon als verstorben gilt.

Die Feststellung, dass Sie im Herkunftsstaat Familienangehörige haben, gründet auf Ihren Angaben im Verfahren.

Aufgrund dieser Tatsachen steht fest, dass Ihnen im Heimatland keine Verfolgung droht und Ihnen dort auch nicht die Lebensgrundlage fehlt. (...)"

In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer den Aberkennungstatbestand der Verurteilung wegen eines besonders schweren Verbrechens erfüllt hätte. Da er mehrere rechtskräftige Verurteilungen wegen Körperverletzung und schwerer Körperverletzung über einen längeren Zeitraum aufwiese, er zum wiederholten Male ein Verbrechen begangen hätte, trotz Verurteilung zu Freiheitsstrafen (sogar in Strafhaft) erneut einschlägig auffällig geworden sei und keine bzw. bloß mangelnde Integration vorweisen könnte, seien alle Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten gegeben. Die Vielzahl der einschlägigen Straftaten und die mangelnden Anzeichen einer Resozialisierung ließen für diesen keine günstige Zukunftsprognose zu. Die zahlreichen Tatwiederholungen und die Art und Weise der verübten Vergehen der Körperverletzung und Verbrechen der schweren Körperverletzung, wobei der Beschwerdeführer zuletzt der Schwester seiner Exfrau mit mehreren Faustschlägen ins Gesicht und Tritten gegen den Kopf und ins Gesicht Rissquetschwunden unter den Augen und hinter dem rechten Ohr, eine Schädelprellung, Hämatome am rechten Ober- und Unterarm, Prellungen mit Abschürfungen am linken Knie und Knöchel sowie eine Prellung am Grundgelenk des linken Zeigefingers zufügt hätte, ließen Rückschlüsse auf die bestehende Wiederholungsgefahr zu und auch deutlich dessen Einstellung gegenüber der Gemeinschaft der in Österreich lebenden Bürger erkennen. Sein Verhalten sei geeignet, das ordentliche und sichere Zusammenleben der Gemeinschaft zu gefährden, sodass dieser eine erhebliche Gefahr für die Gemeinschaft darstelle. Dazu zähle auch seine (extreme) religiöse Einstellung, der folgend er eigenen Angaben zufolge als strenggläubiger Moslem eine Respektlosigkeit gegenüber dem Islam nicht dulden könnte und diese auch (durch Körperverletzung wie etwa Tritte) zu ahnden versuchen würde. Diese religiös motivierten, aggressiven Handlungen habe er nachweislich gesetzt, als er sich bereits in Haft befunden hätte. Es sei nicht davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer aktuell eine Verfolgung in der Russischen Föderation drohe, was bereits durch die Ausstellung eines russischen Reisepasses belegt sei. Die Behörde gelange zur Ansicht, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Gefahr liefe, in der Russischen Föderation einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden, weshalb die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nicht vorlägen. Ebensowenig hätten sich Anhaltspunkte für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 57 AsylG 2005 ergeben. Im Falle des Beschwerdeführers liege kein unzulässiger Eingriff in dessen Recht auf Familienleben vor. Der Beschwerdeführer wiese Deutschkenntnisse auf und sei von Zeit zu Zeit, meist nur geringfügig, erwerbstätig gewesen. Er sei mehrfach straffällig geworden und habe die Gesetze in Österreich missachtet. Entgegen seiner wiederholten Beteuerung sei keine Besserung seines Verhaltens zum Positiven zu erblicken gewesen. Im Gegenteil seien seine Verfehlungen noch weiter eskaliert. Zurzeit befinde er sich in Strafhaft, wo er weiterhin gegen einen Mitmenschen habe tätlich werden wollen. Im Falle des Beschwerdeführers lägen demnach keine hervorzuhebenden integrativen Aspekte vor. Im Herkunftsstaat hielten sich unverändert Angehörige des Beschwerdeführers auf und es sei ihm dort, im Gegensatz zum Bundesgebiet, möglich gewesen, seinen Lebensunterhalt eigenständig zu bestreiten. Das gegen den Beschwerdeführer verhängte Einreiseverbot wurde auf § 53 Abs. 3 Z 1 FPG gestützt, aufgrund der mehrmaligen einschlägigen Straffälligkeit sei dieser als gemeingefährlicher Täter anzusehen; trotz einer Haftstrafe habe er nach Entlassung sofort wieder seine Exfrau misshandelt und bedroht. Auch eine zweite unbedingte Verurteilung habe diesen nicht davon abhalten können, noch am Tag der Urteilsverkündung eine schwere Körperverletzung zu begehen. Während seines nunmehrigen Gefängnisaufenthalts habe er einen anderen Strafgefangenen aufgrund seiner extrem religiösen Einstellung mit Körperverletzung bedroht. Insgesamt sei sohin keinerlei Besserung in seinem Verhalten zu erkennen, sondern im Gegenteil eine weiter fortschreitende Eskalation. Aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens sei unter Bedachtnahme auf das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers davon auszugehen, dass dieser eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Die Erlassung eines Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer sei gerechtfertigt und notwendig, um die vom Beschwerdeführer ausgehende schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern.

2.3. Gegen den oben angeführten Bescheid wurde durch die nunmehr bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation mit Eingabe vom 19.02.2019 fristgerecht die verfahrensgegenständliche vollumfängliche Beschwerde eingebracht, in welcher begründend zusammengefasst ausgeführt wurde, die Behörde habe hinsichtlich der Unterstützungsmöglichkeiten des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt und verkenne, dass die wirtschaftliche und soziale Lage des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation aufgrund des fehlenden familiären Netzes keinesfalls gesichert sei. Weiters sei der Behörde eine Verletzung des Parteiengehörs anzulasten, da sie den Bescheid ohne vorangehende Einvernahme des Beschwerdeführers erlassen hätte, die ihm eingeräumte Gelegenheit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme könne nicht als ausreichend erachtet werden. Das Abraten von einer Überstellung an das BFA seitens der Justizanstalt entbinde die belangte Behörde keinesfalls von ihrer Ermittlungspflicht. Es sei darauf hingewiesen, dass für die Durchführung der Rechtsberatung keine Sicherheitsbedenken geäußert worden seien und der Beschwerdeführer regulär im Rahmen der Besuchszeiten ohne jegliche zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen besucht werden habe können. Nur über die persönliche Einvernahme hätte dieser die Gelegenheit gehabt, über seine Rückkehrbefürchtungen sprechen zu können. Seine Asylgründe, welche zur Gewährung des Status geführt hätten, seien nach wie vor aufrecht, zudem befürchte der Beschwerdeführer, dass er wegen seines in Syrien verstorbenen Bruders Schwierigkeiten in der Russischen Föderation bekommen werde, da er in Zusammenhang mit Terroristen gebracht werde. Die Behörde habe zu diesem vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vorgebrachten Aspekt keinerlei weiteren Ermittlungen durchgeführt. Weiters befürchte der Beschwerdeführer, bei einer Rückkehr mit seinem namentlich genannten Onkel, welcher bei einem näher bezeichneten Radiosender tätig sei und gegen das tschetschenische Regime gearbeitet hätte, in Verbindung gebracht zu werden. Die Behörde habe den Grundsatz des Parteiengehörs insofern verletzt, als sie dem Beschwerdeführer keine ausreichende Gelegenheit eingeräumt habe, auf die ihm im Vorfeld nicht zur Kenntnis gebrachten Feststellungen zu seinem Heimatland zu reagieren. Durch die Unterlassung einer Einvernahme und die fehlende Möglichkeit zur Einsichtnahme in die Länderfeststellungen sei der Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet. Das Vorbringen des Beschwerdeführers finde in näher angeführten Länderberichten Bestätigung; demzufolge würden in Tschetschenien Dschihadisten willkürlich verhaftet, inhaftiert, gefoltert, verschleppt und ihre Familien willkürlich bestraft werden; dies gelte auch für Verwandte von Rebellen, die in Syrien gekämpft hätten. Der Beschwerdeführer würde demnach aufgrund seiner Angehörigeneigenschaft zu einem tschetschenischen Terroristen als Zugehöriger zur sozialen Gruppe der Familie verfolgt werden; eine IFA in der Russischen Föderation stünde dem Beschwerdeführer nicht offen. Die dem bekämpften Bescheid zugrundeliegende Beweiswürdigung sei höchst einseitig und tendenziös; diese würdige weder die familiären und privaten Bindungen des Beschwerdeführers zu seinen in Österreich aufenthaltsberechtigten Verwandten und Familienangehörigen, noch, dass der Beschwerdeführer nach über zehn Jahren Abwesenheit aus der Russischen Föderation keine engen verwandtschaftlichen oder sonstigen Bindungen mehr habe. Dem eindeutigen Wortlaut von Art. 14 Abs. 4 lit b Status-RL zufolge sei es unzulässig, mehrere minder schwere Straftaten zusammenzufassen, um das Vorliegen eines besonders schweren Verbrechens zu rechtfertigen; im gegenständlichen Fall sei daher der objektive Tatbestand des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG nicht erfüllt. Aufgrund der bei der letzten Verurteilung vorgelegenen Milderungsgründe sei das vom Beschwerdeführer begangene Verbrechen in seiner Gesamtheit keinesfalls als subjektiv besonders schwerwiegend anzusehen. Der übermittelte Versicherungsdatenauszug zeige, dass der Beschwerdeführer seit 2006 fast durchgängig beschäftigt und stets bemüht gewesen sei, für sich und seine Familie zu sorgen und selbsterhaltungsfähig zu sein; dass dieser zwischendurch Arbeitslosengeld bezogen hätte, könne ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden, zumal Arbeitslosengeld als Einkommen zu werten sei. In Anbetracht der nach wie vor aufrechten Asylgründe sowie der neu hinzugekommenen Rückkehrbefürchtungen wäre der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation nach wie vor asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt. Zum Vorhalt, der Beschwerdeführer habe sich sieben Jahre nach seiner Anerkennung als Asylberechtigter in Österreich wieder unter den Schutz der Russischen Föderation gestellt, sei anzuführen, dass es richtig sei, dass sich der Beschwerdeführer einen Reisepass hat ausstellen lassen; dass er damit mehrfach in sein Heimatland gereist sei, entspreche jedoch nicht der Wahrheit und es sei auch nicht nachvollziehbar, woher die Behörde diese Information beziehe. Der Beschwerdeführer sei lediglich einmal mit dem PKW auf dem Landweg nach Nordossetien gefahren und aus Sicherheitsbedenken nicht geflogen; er habe sich lediglich eine Woche dort aufgehalten. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes seien einmalige Reisen von kurzer Dauer jedenfalls nicht unter Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv subsumierbar; aus der bloßen Anwesenheit auf dem Territorium des Herkunftsstaates könne nicht ohne Weiteres auf die Inanspruchnahme von "Schutz" geschlossen werden. Beim Beschwerdeführer liege kein Wille zur Normalisierung der Beziehung zu seinem Herkunftsstaat vor, zumal diesem weiterhin asylrelevante Verfolgung drohe. Der Beschwerdeführer habe keine Gelegenheit gehabt, sich zum Vorhalt der Behörde zu äußern. Der Beschwerdeführer sei nunmehr seit fast 15 Jahren in Österreich asylberechtigt und habe hier einen Großteil seines Lebens verbracht. Er sei hier stark familiär verankert, spreche sehr gut Deutsch und habe seit 2006 fast durchgängig gearbeitet. Zudem kümmere sich der Beschwerdeführer um seine Mutter, welche an mehreren Erkrankungen leide und die auf seine Unterstützung angewiesen wäre; eine Einvernahme der Genannten als Zeugin werde beantragt. Die Erlassung eines zehnjährigen Einreiseverbotes sei durch die Behörde unzureichend begründet worden, eine Auseinandersetzung mit dem positiven Lebenswandel des Beschwerdeführers sei nicht erfolgt. Der Beschwerdeführer verfüge im Gebiet der EU über mehrere Verwandte, was von der Behörde unberücksichtigt gelassen wäre.

2.4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 22.02.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Auf Grundlage des Verwaltungsakts der belangten Behörde und der in diesem Verfahren herangezogenen Hintergrundberichte zur aktuellen relevanten Lage in der Russischen Föderation respektive Tschetschenien wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes Folgendes festgestellt:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, welcher der tschetschenischen Volksgruppe angehört und sich zum moslemischen Glauben bekennt. Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2005 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte einen Asylantrag, dem mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.10.2005, Zahl: 05 00.478-BAT, gemäß § 7 Asylgesetz 1997 stattgegeben und dem Beschwerdeführer in Österreich Asyl gewährt wurde.

1.2. Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation festgestellt werden. Der Beschwerdeführer hat sich nach Zuerkennung des Status des Asylberechtigten einen russischen Reisepass ausstellen lassen und ist - zumindest für einen einwöchigen Aufenthalt in Nordossetien - in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt.

Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russischen Föderation respektive Tschetschenien in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre. Dem Beschwerdeführer ist alternativ eine Niederlassung außerhalb der Teilrepublik Tschetschenien zumutbar. Der Beschwerdeführer liefe dort nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer spricht Tschetschenisch auf muttersprachlichem Niveau, zudem spricht er Russisch. Der Beschwerdeführer, welcher sein Heimatland im Alter von 24 Jahren verlassen hat, leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen und war in der Vergangenheit zur Bestreitung seines Lebensunterhalts in der Russischen Föderation in der Lage. Im Herkunftsstaat halten sich unverändert Angehörige des Beschwerdeführers mütterlicherseits auf.

Der Beschwerdeführer weist die folgenden strafgerichtlichen Verurteilungen auf:

* -XXXX Urteil vom XXXX rechtskräftig seit XXXX wegen § 15 § 269/1 (1. FALL), §270/1, § 15 § 83/1 StGB;

* -XXXX GZ XXXX , Urteil vom XXXX rechtskräftig seit XXXX wegen § 125 StGB;

* -XXXX GZ XXXX rechtskräftig seit XXXX wegen §§ 83 (1), 84 (2) Z 4 StGB, § 15 StGB § 105 (1) StGB, § 15 StGB § 269 (1) 1. Fall StGB;

Freiheitsstrafe von 3 Monaten, unbedingt

* -XXXX GZ XXXX Urteil vom XXXX rechtskräftig seit XXXX , wegen § 105 (1) StGB, § 195 (2) StGB)

* -XXXX vom XXXX (rechtskräftig seit XXXX ), XXXX wegen § 107 Abs. 1 StGB, Freiheitsstrafe 8 Monate;

* -XXXX vom XXXX (rechtskräftig seit XXXX wegen §§ 15, 84 Abs. 4 StGB, Freiheitsstrafe 18 Monate

Der letztangeführten Verurteilung lag im Wesentlichen zugrunde, dass der Beschwerdeführer am XXXX seine Schwägerin schwer am Körper verletzen zu versucht hat, indem er ihr mehrere Faustschläge ins Gesicht und, als sie am Boden gelegen sei, mehrere Tritte gegen den Kopf und in das Gesicht versetzt hätte, wodurch sie Rissquetschwunden unter beiden Augen und hinter dem rechten Ohr, eine Schädelprellung, Hämatome am rechten Ober- und Unterarm, Prellungen mit Abschürfungen am linken Knie und am linken Außenknöchel und eine Prellung im Bereich des Grundgelenks des linken Zeigefingers erlitten hätte.

Zu den näheren Tatumständen wird im angeführten Strafurteil ausgeführt, dass am genannten Datum eine Verhandlung wegen gefährlicher Drohung am XXXX stattgefunden hat, in welcher der Beschwerdeführer ebenfalls angeklagt gewesen war. Seine Ex-Frau hatte in der Verhandlung gegen ihn ausgesagt, deren Schwester und Mutter sind ebenfalls bei der Verhandlung anwesend gewesen. Nach Ende der Verhandlung rief der Beschwerdeführer seine Ex-Gattin, das Opfer im damaligen Strafverfahren, anonym an und erkundigte sich bei dieser aufgebracht, weshalb sie gegen ihn ausgesagt hätte. Nachdem die Ex-Gattin aufgelegt hatte, fuhr der Beschwerdeführer zu deren Wohnanschrift und traf dort auf die Schwester seiner Ex-Gattin, welche gerade aus dem Haus gekommen war, und versetzte dieser sogleich mehrere Schläge auf den Kopf und auf den Nacken. Die Genannte flüchtete in den Hof des Wohnhauses, damit ihre Schwester sie hören und ihr zur Hilfe kommen könnte. Im Hof holte der Beschwerdeführer die Genannte ein und versetzte ihr weitere Schläge mit der Faust ins Gesicht und auf den Kopf. Nachdem die Frau zu Boden gegangen war, trat der Beschwerdeführer mehrfach mit dem Fuß auf sie ein und traf sie im Bauch/Brustbereich. Das Opfer schrie um Hilfe; der Beschwerdeführer zückte ein Messer aus seiner Tasche und führte es langsam zur Brust seiner Schwägerin, hatte jedoch nicht die Intention zuzustechen. In diesem Moment schrie die Ex-Gattin des Beschwerdeführers, welche auf die Situation aufmerksam geworden war, vom Balkon ihrer Wohnung in den Hof hinunter und rief die Polizei. Der Beschwerdeführer versuchte, seine Schwägerin hochzuheben und zerrte sie an der Jacke und an ihren Haaren über den Hof in Richtung Stiegenhaus. Dann ließ der Beschwerdeführer von ihr ab und lief ins Stiegenhaus. Neben den eingangs erwähnten körperlichen Verletzungen leidet das Opfer seit dem Vorfall an einer posttraumatischen Belastungsstörung mit massiven Schlafstörungen, Angstzuständen und Flashbacks und weist eine Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik auf. Sie befand sich insgesamt drei Monate im Krankenstand. Der Beschwerdeführer fand in der Folge die Wohnung seiner Frau, klopfte mehrere Male an die Tür und brüllte. Dann ließ er von der Tür ab, da er nicht sicher gewesen ist, ob es sich um die richtige Wohnung handle, und stürmte erneut in den Hof. Seine Ex-Frau stand in der offenen Balkontüre der im ersten Stock gelegenen Wohnung und warf eine Make-Up-Flasche und Plastikkübel vom Balkon herunter. Der Beschwerdeführer nahm sein Messer und warf es in Richtung der Balkontüre, wo sich seine Ex-Gattin befand. Das Messer flog in die Wohnung. Dass es dem Beschwerdeführer darauf ankam, seine Ex-Gattin durch den Messerwurf in Furcht und Unruhe zu versetzen, konnte nicht mit der für die Verurteilung erforderlichen Sicherheit festgestellt werden. Im Zuge der Strafbemessung wurden als mildernd der Beitrag zur Wahrheitsfindung und der Umstand, dass es hinsichtlich der schweren Körperverletzung beim Versuch geblieben sei gewertet; als erschwerend wurden die drei einschlägigen Vorverurteilungen sowie die Begehung der strafbaren Handlung während eines anhängigen Strafverfahrens erachtet.

Der Beschwerdeführer verfügt über ein hohes Aggressionspotential und hat sein strafrechtswidriges Verhalten zuletzt deutlich gesteigert. Während des Strafvollzugs hat er laut Bericht einer Justizanstalt, im August 2018 einen anderen Strafgefangenen körperlich attackiert. Eine positive Zukunftsprognose kann nicht gestellt werden.

Ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet würde eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen.

Im Bundesgebiet leben die Ex-Lebensgefährtin sowie zwei minderjährige Kinder des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer besitzt kein Sorgerecht für seine beiden Kinder, leistet diesen keinen Unterhalt und hat zuletzt im Jänner 2010 an einer gemeinsamen Anschrift mit seiner Ex-Lebensgefährtin und seinem Sohn gelebt, mit seiner im XXXX geborenen Tochter hat er nie in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. Die Beziehung des Beschwerdeführers zur Kindesmutter war von wiederkehrenden Drohungen und Gewaltanwendungen des Beschwerdeführers ihr gegenüber geprägt, gegen den Beschwerdeführer wurden bezüglich der Wohnung seiner Ex-Lebensgefährtin und der gemeinsamen Kinder mehrfach Betretungsverbote ausgesprochen, zudem wurde ihm mit Verfügung eines Bezirksgerichts im Jahr 2011 auch eine Mitnahme der gemeinsamen Kinder untersagt.

Im Bundesgebiet halten sich darüber hinaus die Mutter, zwei volljährige Geschwister und weitere Verwandte auf, mit denen der Beschwerdeführer in keinem gemeinsamen Haushalt lebt und zu denen jeweils kein finanzielles oder persönliches Abhängigkeitsverhältnis besteht. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Mutter des Beschwerdeführers, der aktuell noch bis Jänner 2021 eine Strafhaft verbüßt, aufgrund ihres Gesundheitszustandes auf Pflege des Beschwerdeführers angewiesen ist. Der Beschwerdeführer hat sich Deutschkenntnisse angeeignet. Seit April 2015 lebte der Beschwerdeführer vorwiegend vom Bezug von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe. Der Beschwerdeführer kann den Kontakt zu seinen im Bundesgebiet lebenden Angehörigen vom Herkunftsstaat aus telefonisch und über Internet aufrechterhalten.

Eine den Beschwerdeführer betreffende aufenthaltsbeendende Maßnahme würde keinen ungerechtfertigten Eingriff in dessen gemäß Art. 8 EMRK geschützte Rechte auf Privat- und Familienleben darstellen.

1.3. Insbesondere zur allgemeinen Situation und Sicherheitslage, zur allgemeinen Menschenrechtslage, zu Grundversorgung und Wirtschaft sowie zur Lage von Rückkehrern wird unter Heranziehung der erstinstanzlichen Länderfeststellungen Folgendes festgestellt:

Der Inhalt dieser Kurzinformation wird mit 15.10.2018 in das LIB Russische Föderation übernommen (Relevant für Abschnitt Bewegungsfreiheit bzw. Tschetschenen in der Russischen Föderation außerhalb Tschetscheniens).

Bekanntlich werden innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten innerhalb Russlands seitens renommierter Menschenrechtseinrichtungen meist unter Verweis auf die Umtriebe der Schergen des tschetschenischen Machthabers Kadyrow im ganzen Land in Abrede gestellt. Der medialen Berichterstattung zufolge scheint das Netzwerk von Kadyrow auch in der tschetschenischen Diaspora im Ausland tätig zu sein. Dem ist entgegenzuhalten, dass renommierte Denkfabriken auf die hauptsächlich ökonomischen Gründe für die Migration aus dem Nordkaukasus und die Grenzen der Macht von Kadyrow außerhalb Tschetscheniens hinweisen. So sollen laut einer Analyse des Moskauer Carnegie-Zentrums die meisten Tschetschenen derzeit aus rein ökonomischen Gründen emigrieren: Tschetschenien bleibe zwar unter der Kontrolle von Kadyrow, seine Macht reiche allerdings nicht über die Grenzen der Teilrepublik hinaus. Zur Förderung der sozio-ökonomischen Entwicklung des Nordkaukasus dient ein eigenständiges Ministerium, das sich dabei gezielt um die Zusammenarbeit mit dem Ausland bemüht (ÖB Moskau 10.10.2018).

Quellen:

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ÖB Moskau (10.10.2018): Information per Email

Der Inhalt dieser Kurzinformation wird mit 15.10.2018 in das LIB Russische Föderation übernommen (Relevant für Abschnitt Rechtsschutz / Justizwesen).

Die russischen Behörden zeigen sich durchaus bemüht, den Vorwürfen der Verfolgung von bestimmten Personengruppen in Tschetschenien nachzugehen. Bei einem Treffen mit Präsident Putin Anfang Mai 2017 betonte die russische Ombudsfrau für Menschenrechte allerdings, dass zur Inanspruchnahme von staatlichem Schutz eine gewisse Kooperationsbereitschaft der mutmaßlichen Opfer erforderlich sei. Das von der Ombudsfrau Moskalkova gegenüber Präsident Putin genannte Gesetz sieht staatlichen Schutz von Opfern, Zeugen, Experten und anderen Teilnehmern von Strafverfahren sowie deren Angehörigen vor. Unter den Schutzmaßnahmen sind im Gesetz Bewachung der betroffenen Personen und deren Wohnungen, strengere Schutzmaßnahmen in Bezug auf die personenbezogenen Daten der Betroffenen sowie vorläufige Unterbringung an einem sicheren Ort vorgesehen. Wenn es sich um schwere oder besonders schwere Verbrechen handelt, sind auch Schutzmaßnahmen wie Umsiedlung in andere Regionen, Ausstellung neuer Dokumente, Veränderung des Aussehens etc. möglich. Die Möglichkeiten des russischen Staates zum Schutz von Teilnehmern von Strafverfahren beschränken sich allerdings nicht nur auf den innerstaatlichen Bereich. So wurde im Rahmen der GUS ein internationales Abkommen über den Schutz von Teilnehmern im Strafverfahren erarbeitet, das im Jahr 2006 in Minsk unterzeichnet, im Jahr 2008 von Russland ratifiziert und im Jahr 2009 in Kraft getreten ist. Das Dokument sieht vor, dass die Teilnehmerstaaten einander um Hilfe beim Schutz von Opfern, Zeugen und anderen Teilnehmern von Strafverfahren ersuchen können. Unter den Schutzmaßnahmen sind vorläufige Unterbringungen an einem sicheren Ort in einem der Teilnehmerstaaten, die Umsiedlung der betroffenen Personen in einen der Teilnehmerstaaten, etc. vorgesehen (ÖB Moskau 10.10.2018).

Quellen:

ÖB Moskau (10.10.2018): Information per Email

1. Politische Lage

Die Russische Föderation hat ca. 143 Millionen Einwohner (CIA 12.7.2018, vgl. GIZ 7.2018c). Russland ist eine Präsidialdemokratie mit föderativem Staatsaufbau. Der Präsident verfügt über weit reichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik (GIZ 7.2018a, vgl. EASO 3.2017). Er ernennt auf Vorschlag der Staatsduma den Vorsitzenden der Regierung, die stellvertretenden Vorsitzenden und die Minister und entlässt sie (GIZ 7.2018a). Wladimir Putin ist im März 2018, bei der Präsidentschaftswahl im Amt mit 76,7% bestätigt worden. Die Wahlbeteiligung lag der Nachrichtenagentur TASS zufolge bei knapp 67% und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration (Standard.at 19.3.2018). Putins wohl ärgster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motivierten Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.3.2018). Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2.400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, um an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin (Tagesschau.de 19.3.2018, FH 1.2018). Putin kann dem Ergebnis zufolge nach 18 Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen. Gemäß der Verfassung darf er nach dem Ende seiner sechsjährigen Amtszeit nicht erneut antreten, da es eine Beschränkung auf zwei aufeinander folgende Amtszeiten gibt (Tagesschau.de 19.3.2018, vgl. OSCE/ODIHR 18.3.2018).

Die Verfassung wurde per Referendum am 12.12.1993 mit 58,4% der Stimmen angenommen. Sie garantiert die Menschen- und Bürgerrechte. Das Prinzip der Gewaltenteilung ist zwar in der Verfassung verankert, jedoch verfügt der Präsident über eine Machtfülle, die ihn weitgehend unabhängig regieren lässt. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trägt die Verantwortung für die Innen- und Außenpolitik und kann die Gesetzentwürfe des Parlaments blockieren. Die Regierung ist dem Präsidenten untergeordnet, der den Premierminister mit Zustimmung der Staatsduma ernennt. Das Parlament - Staatsduma und Föderationsrat - ist in seinem Einfluss stark beschränkt. Der Föderationsrat ist als "obere Parlamentskammer" das Verfassungsorgan, das die Föderationssubjekte auf föderaler Ebene vertritt. Er besteht aus 178 Abgeordneten: Jedes Föderationssubjekt entsendet je einen Vertreter aus der Exekutive und Legislative in den Föderationsrat. Die Staatsduma mit 450 Sitzen wird für vier Jahre nach dem Verhältniswahlrecht auf der Basis von Parteilisten gewählt. Es gibt eine Siebenprozentklausel. Wichtige Parteien sind die regierungsnahen Einiges Russland (Jedinaja Rossija) mit 1,9 Millionen Mitgliedern und Gerechtes Russland (Spravedlivaja Rossija) mit 400.000 Mitgliedern. Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) mit 150.000 Mitgliedern, die die Nachfolgepartei der früheren KP ist. Die Liberaldemokratische Partei (LDPR) mit 185.000 Mitgliedern, die populistisch und nationalistisch ausgerichtet ist, die Wachstumspartei (Partija Rosta), die sich zum Neoliberalismus bekennt; Jabloko, eine demokratisch-liberale Partei mit 55.000 Mitgliedern, die Patrioten Russlands (Patrioty Rossii), linkszentristisch, mit 85.000 Mitgliedern, die Partei der Volksfreiheit (PARNAS) und die demokratisch-liberale Partei mit 58.000 Mitgliedern (GIZ 7.2018a). Die Zusammensetzung der Staatsduma nach Parteimitgliedschaft gliedert sich wie folgt: Einiges Russland (339 Sitze), Kommunistische Partei Russlands (42 Sitze), Liberaldemokratische Partei Russlands (40 Sitze), Gerechtes Russland (23 Sitze), Vaterland-Partei (1 Sitz), Bürgerplattform (1 Sitz) (AA 5.2018b).

Russland ist eine Föderation, die aus 85 Föderationssubjekten (einschließlich der international umstrittenen Einordnung der Republik Krim und der Stadt föderalen Ranges, Sewastopol) mit unterschiedlichem Autonomiegrad besteht. Die Föderationssubjekte (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Gebiete, Regionen und Föderale Städte) verfügen über jeweils eine eigene Legislative und Exekutive (GIZ 7.2018a, vgl. AA 5.2018b). Die Gouverneure der Föderationssubjekte werden auf Vorschlag der jeweils stärksten Fraktion der regionalen Parlamente vom Staatspräsidenten ernannt. Dabei wählt der Präsident aus einer Liste dreier vorgeschlagener Kandidaten den Gouverneur aus (GIZ 7.2018a).

Es wurden acht Föderationskreise (Nordwestrussland, Zentralrussland, Südrussland, Nordkaukasus, Wolga, Ural, Sibirien, Ferner Osten) geschaffen, denen jeweils ein Bevollmächtigter des Präsidenten vorsteht. Der Staatsrat der Gouverneure tagt unter Leitung des Präsidenten und gibt der Exekutive Empfehlungen zu aktuellen politischen Fragen und zu Gesetzesprojekten. Nach der Eingliederung der Republik Krim und der Stadt Sewastopol in die Russische Föderation wurde am 21.3.2014 der neunte Föderationskreis Krim gegründet. Die konsequente Rezentralisierung der Staatsverwaltung führt seit 2000 zu politischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit der Regionen vom Zentrum. Diese Tendenzen wurden bei der Abschaffung der Direktwahl der Gouverneure in den Regionen und der erneuten Unterordnung der regionalen und kommunalen Machtorgane unter das föderale Zentrum ("exekutive Machtvertikale") deutlich (GIZ 7.2018a).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (5.2018b): Russische Föderation - Außen- und Europapolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/russischefoederation-node/russischefoederation/201534, Zugriff 1.8.2018

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CIA - Central Intelligence Agency (12.7.2018): The World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rs.html, Zugriff 1.8.2018

-

EASO - European Asylum Support Office (3.2017): COI-Report Russian Federation - State Actors of Protection, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1489999668_easocoi-russia-state-actors-of-protection.pdf, Zugriff 1.8.2018

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FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2017 - Russia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1428824.html, Zugriff 1.8.2018

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (7.2018a): Russland, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/russland/geschichte-staat/#c17836, Zugriff 1.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (7.2018c): Russland, Gesellschaft, https://www.liportal.de/russland/gesellschaft/, Zugriff 1.8.2018

-

OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights (18.3.2018): Russian Federation Presidential Election Observation Mission Final Report,

https://www.osce.org/odihr/elections/383577?download=true, Zugriff 29.8.2018

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Presse.at (19.3.2018): Putin: "Das russische Volk schließt sich um Machtzentrum zusammen",

https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5391213/Putin_Das-russische-Volk-schliesst-sich-um-Machtzentrum-zusammen, Zugriff 1.8.2018

-

Standard.at (19.3.2018): Putin sichert sich vierte Amtszeit als Russlands Präsident,

https://derstandard.at/2000076383332/Putin-sichert-sich-vierte-Amtszeit-als-Praesident, Zugriff 1.8.2018

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Tagesschau.de (19.3.2018): Klarer Sieg für Putin, https://www.tagesschau.de/ausland/russland-wahl-putin-101.html, Zugriff 1.8.2018

1.1. Tschetschenien

Die Tschetschenische Republik ist eine der 22 Republiken der Russischen Föderation. Die Fläche beträgt 15.647 km2 (Rüdisser 11.2012) und laut offizieller Bevölkerungsstatistik der Russischen Föderation zum 1.1.2018 beläuft sich die Einwohnerzahl Tschetscheniens auf 1,4 Millionen (GKS 25.1.2018), wobei die offiziellen Angaben von unabhängigen Medien infrage gestellt werden. Laut Aussagen des Republiksoberhauptes Ramzan Kadyrow sollen rund 600.000 Tsch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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