TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/15 W171 2209154-4

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Veröffentlicht am 15.03.2019
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Entscheidungsdatum

15.03.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W171 2209154-4/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zl. XXXX , über die weitere Anhaltung von XXXX , alias XXXX , XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Tunesien, in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) ist Staatsangehöriger Tunesiens. Er stellte erstmalig - nach illegaler Einreise - am 09.11.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) sowohl hinsichtlich der Gewährung von Asyl als auch von subsidiärem Schutz abgewiesen und mit einer Ausweisung in den Herkunftsstaat verbunden. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht rechtskräftig mit Erkenntnis vom 02.02.2018, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung (vollständig) abgewiesen. Damit begann die dem Beschwerdeführer im oben angeführten Bescheid gesetzte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise zu laufen.

Am 02.07.2018 wurde betreffend den Beschwerdeführer eine Wohnsitzauflage (in Tirol) erlassen. Am 29.08.2018 wurde betreffend dieses Wohnsitzes ein Betretungsverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen. Dieses wurde am folgenden Tag von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft bestätigt. Ebenfalls am 30.08.2018 wurde der Beschwerdeführer aus der Grundversorgung entlassen.

2. Am 22.09.2018 wurde der Beschwerdeführer im Zuge eines Polizeieinsatzes aufgegriffen und festgenommen.

Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am selben Tag gab er an seit ungefähr drei Wochen in Wien zu leben. Er wohne in der Nähe des Bahnhofs XXXX , wo er einen Monat lang bleiben könne - wo er danach übernachten werde, wisse er noch nicht. Er werde von Freunden finanziell unterstützt. In Österreich habe er keine Familienangehörigen. Er habe vorgehabt, am heutigen Tag mit einer Ungarin - "Anna", den Familiennamen kenne er nicht - in die Schweiz zu fahren. Sie habe dort Freunde, die sie besuchen wollten.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt/BFA) vom 22.09.2018 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sich illegal in Österreich aufhalte und nicht kooperativ sei. Er könne auch keine substanzielle Integration nachweisen. Mit der Anordnung des gelinderen Mittels könne angesichts der genannten Umstände nicht das Auslangen gefunden werden. Insgesamt erweise sich die Schubhaft angesichts der vorliegenden "ultima-ratio-Situation" auch als verhältnismäßig. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag durch persönliche Übergabe (gemeinsam mit der Verfahrensanordnung betreffend die Beigabe eines Rechtsberaters) zugestellt.

4. Am 08.11.2018 brachte der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter eine Beschwerde gegen die Schubhaft ein.

5. Das Bundesamt legte am 09.11.2018 den Verfahrensakt vor und verwies auf die rechtskräftige Rückkehrentscheidung, die Identifizierung durch die tunesischen Behörden am 07.11.2018 und das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers, insbesondere das dadurch bedingte Betretungsverbot betreffend seine letzte Unterkunft. Der Beschwerdeführer sei auch nicht als vertrauenswürdig einzustufen.

Beantragt wurden die Abweisung der Beschwerde, der Ausspruch der Zulässigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft sowie den Beschwerdeführer zum Ersatz der angeführten Kosten zu verpflichten.

6. Am 14.11.2018 teilte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht ergänzend mit, dass die begleitete Rückführung des Beschwerdeführers für den 09.12.2018 geplant sei.

7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.11.2018 wurde gerichtlich festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig sei.

8. Eine Abschiebung erfolgte jedoch nicht, da der BF die geplante PA nach Tunis/Tunesien am 09.12.2018 aufgrund des extrem aggressiven Verhaltens während der SIKO am T 240 und aufgrund der wiederholten Androhung der Vereitelung der Abschiebung abgebrochen werden musste.

XXXX wurde nach Rücksprache mit dem BFA wieder in das PAZ eingeliefert.

9. Vor Ablauf der gesetzlich vorgesehenen 4- Monatsfrist (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) legte das BFA den verfahrensgegenständlichen Akt zur Durchführung der vorgesehenen Verhältnismäßigkeitsprüfung zur Verlängerung der aufrechten Schubhaft dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

Mit Begleitschreiben vom 14.01.2019 legte die Verwaltungsbehörde den Verwaltungsakt vor und begehrte die weitere Anhaltung in Schubhaft; begründend führte sie unter anderem aus:

"Am 16.11.2018 wurde eine Prüfung gem. § 80 Abs. 6 FPG durchgeführt.

Am 09.12.2018 scheiterte ein Abschiebeversuch an dem aggressiven Verhalten des Herrn (...).

Es wurde eine weitere begleitete Abschiebung für den 06.01.2019 organisiert.

Am 14.12.2018 erfolgte eine Prüfung gem. § 80 Abs. 6 FPG.

Am 06.01.2019 scheitere die Abschiebung neuerlich am Verhalten des Herrn (...).

Am 11.01.2019 wurde eine Prüfung gem. § 80 Abs. 6 FPG durchgeführt.

Aufgrund des bisherigen Verhaltens wird derzeit ein neuerlicher Abschiebeversuch durch die RD NÖ vorbereitet.

Die Identität der Partei wurde durch die tunesischen Behörden festgestellt. Die Ausstellung eines HZ wurde zugesagt.

Herr (...) vereitelte zwei Abschiebeversuche und zeigt dieses Verhalten, dass die Gründe, die zur Erlassung des Schubbescheides geführt haben, noch immer vorliegen. Vielmehr hat die Partei durch Ihren Widerstand aufgezeigt, dass eine Abschiebung nur im Stande der Schubhaft organisiert werden kann. Jede Entlassung würde unweigerlich zu einem Untertauchen der Partei führen. Herr (...) ist nicht bereit im Verfahren mitzuwirken und wird jede Möglichkeit nützen, um sich einer Abschiebung zu entziehen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Risiko, dass der BF untertaucht, um sich dem Verfahren zur Sicherung der Abschiebung nach Tunesien zu entziehen, als schlüssig anzusehen ist.

Der Sicherungsbedarf ist noch immer gegeben."

10. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.01.2019 (Entscheidung vor Ablauf der 4-Monatsfrist) wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig sei.

11. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.02.2019 (Entscheidung vor Ablauf der 4-Wochenfrist) wurde nach gesetzmäßiger Wiedervorlage neuerlich festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig sei.

12. Das BFA legte in weiterer Folge am 11.03.2019 dem Bundesverwaltungsgericht Teile des Verfahrensakts zur Entscheidung nach § 22a Abs. 4 BFA-VG (weitere 4-Wochenfrist) hinsichtlich der neuerlichen Prüfung des Bestehens der Verhältnismäßigkeit der andauernden Schubhaft vor und gab dazu ergänzend wie schon bisher an, dass hinsichtlich des BF nach wie vor Sicherungsbedarf bestünde und eine Fortsetzung der Haft nach Sicht des BFA rechtskonform sei.

Am 13.03.2019 erfolgte aufgrund eines hierfür erteilten Auftrages durch das Gericht eine Haftprüfungseinvernahme durch die Behörde. Dabei gab der BF an, dass sich bisher in seinen persönlichen Verhältnissen nichts geändert habe und er keine wesentlichen gesundheitlichen Beschwerden habe. Er sei gesund, vertrage aber das Essen nicht und habe Probleme mit dem Magen. Er wolle nicht mehr länger in Schubhaft sitzen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Allgemein:

1.1. Der BF befindet sich seit 22.09.2018 in Schubhaft. Die gesetzlich normierte gerichtliche Frist (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) im laufenden Verfahren (Vierwochenfrist) läuft am 20.03.2019 ab.

1.2. Der der laufenden Haft zugrunde liegende Schubhaftbescheid ist vom BF selbst in Beschwerde gezogen worden. Das BVwG hat mit Erkenntnis vom 15.11.2018 nach eingehender Prüfung die Rechtmäßigkeit der Verhängung und die Zulässigkeit der Weiterführung der Schubhaft ausgesprochen. Eine Änderung der Umstände für die seinerzeitige Verhängung der Schubhaft hat sich im Verfahren nicht ergeben.

1.3. Eine für den 25.02.2019 geplante Abschiebung auf dem Seeweg musste aufgrund der unerwarteten Verweigerung der Zustimmung der tunesischen Behörden storniert werden. Seitens des BFA laufen intensive Bemühungen zur Akkordierung der nächsten Abschiebung des BF.

1.4. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft liegen zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung weiterhin vor.

Gesundheitszustand bzw. Haftfähigkeit:

2.1. Der BF ist gesund. Die Haftfähigkeit der Verfahrenspartei ist zum Entscheidungszeitpunkt gegeben.

Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung (Prognose):

3.1. Die Abschiebung des BF wurde seitens der tunesischen Behörden im Rahmen der bisherigen Versuche stets genehmigt. An einer Lösung des derzeit bestehenden Problems wird gearbeitet. Es ist davon auszugehen, dass eine Zustimmung zur Abschiebung des BF zeitnah (wieder) erlangt werden kann.

3.2. Die gegenständliche Überprüfung der Verhältnismäßigkeit vor Ablauf der 4- Wochenfrist hat keine Änderungen hinsichtlich der Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung ergeben.

Privat- und Familienleben bzw. Fluchtgefahr:

4.1. Der BF hat keine Familienangehörigen im Bundesgebiet und ist in Österreich weder legal erwerbstätig, noch sozialversichert. Der BF hat freundschaftliche Kontakte, jedoch keine substanziellen Anknüpfungspunkte zu Österreich und verfügt über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet. Er verfügt nicht über Barmittel und brachte keine identitätsbezeugenden Dokumente in Vorlage. Er ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig.

4.2. Der BF ist zur Kooperation mit den Behörden nicht willig. Bereits im Asylverfahren gab er zum Zweck der Verschleierung der Identität mehrere Namen an. Unter anderem sollte der BF bereits mehrmals abgeschoben werden, widersetzte sich jedoch bisher erfolgreich. Im Falle des BF liegt daher weiterhin Fluchtgefahr vor.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.: Die Angaben über den Verfahrensgang und die hierzu ergangenen Feststellungen beziehen sich auf die Angaben im vorliegenden Akt sowie dem Akteninhalt der Akten XXXX und XXXX . Unter Heranziehung der Bestimmungen zur Fristenberechnung gemäß § 32 AVG ergibt sich, dass der Ablauf der 4-Monatsfrist auf den 22.01.2019, sohin der Ablauf der gerichtlichen Entscheidungsfrist seinerzeit auf dem 23.01.2019 gefallen ist. Die darauffolgende 4-Wochenfrist für die weitere Überprüfung endete am 20.02.2019. Die für das gegenständliche Überprüfungsverfahren (weitere vier Wochen) geltende Frist daher am 20.03.2019.

Zu 1.2.: Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass der seinerzeitige Schubhaftbescheid in Beschwerde gezogen, die Rechtmäßigkeit der Schubhaftverhängung und die Zulässigkeit der Fortsetzung jedoch gerichtlich bestätigt wurde. Ebenso konnte aufgrund der Aktenlage festgestellt werden, dass sich die wesentlichen Umstände im Rahmen der Schubhaft seit der seinerzeitigen Verhängung der Schubhaft durch Bescheid nicht verändert haben. Die formalen Voraussetzungen für die laufende Schubhaft sind daher unverändert gegeben.

Zu 1.3.: Die Feststellung, dass die letztens geplante Abschiebung auf dem Seeweg aufgrund der Verweigerung der tunesischen Behörden storniert werden musste, ergibt sich aus den Unterlagen im Akt sowie aus der aktuellen Stellungnahme des BFA. Daraus geht auch hervor, dass diesbezüglich intensive Bemühungen zur Wiedererlangung der Zustimmung seitens Tunesiens im Laufen sind.

Zu 1.4.: Eine Veränderung der formalen Grundlagen für die Aufrechterhaltung einer Schubhaft hat sich im Verfahren nicht ergeben.

Zu 2. Die Feststellungen zum aktuellen Gesundheitszustand und zur Haftfähigkeit ergeben sich aus dem Verfahrensakt und der glaubhaften Aussage des BF in der Einvernahme am 13.03.2019.

Zu 3.1.-3.2.: Die Feststellung dahingehend, dass die tunesischen Behörden bisher einer Abschiebung des BF zugestimmt hatten und davon auszugehen ist, dass hier in naher Zukunft wieder eine Zustimmung zur Abschiebung des BF erlangt werden wird, gründet sich im Wesentlichen darauf, dass eine weitere willkürliche Verweigerung der Rücknahme des BF aus diplomatischem Kalkül nicht anzunehmen ist. Aus der vorgelegten Stellungnahme seitens des BFA geht zudem hervor, dass bereits intensive Bemühungen zur Lösung des Problems im Laufen sind und diese zumeist positiv abgeschlossen werden können.

Zu 4.1.: Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des BF sowie über dessen fehlende Barmittel und dessen mangelnde Fähigkeit, sich in Österreich selbst zu erhalten, ergeben sich im Wesentlichen aus den unwidersprochen gebliebenen Angaben im Schubhaftbescheid. Des Weiteren ist auf die Angaben des BF im Rahmen der Schubhafteinvernahme vom 13.03.2019 sowie auf die bisherigen gerichtlichen Feststellungen zu verweisen.

Zu 4.2.: Die Feststellung zum mangelnden Kooperationswillen des BF ergibt sich aus dem Verfahrensakt. Hinzu kommt, dass er bereits mehrere Abschiebungen durch sein aggressives Verhalten verhindert hat. Dem kommt jedenfalls Gewicht zu. Es ist auch damit zu rechnen, dass der BF in Freiheit belassen untertauchen würde, um die eigene Abschiebung zu vereiteln.

Die Behörde hat daher zu Recht das Bestehen einer erheblichen Fluchtgefahr unterstellt.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A. - Fortsetzungsausspruch:

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 Gelinderes Mittel lautet:

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1

FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakte so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakte gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl.

2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.1.3.

Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakte zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Ebenso bei einer Überschreitung von weiteren vier Wochen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung über die gesetzlich vorgesehene Viermonatsfrist hinaus, weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse so zeigt sich, dass er im Bundesgebiet weder über Familienangehörige, noch über sonstige wesentlich ins Gewicht fallende soziale Kontakte verfügt. Er ist zudem in Österreich weder legal erwerbstätig, noch sozialversichert. Er hat letztendlich keine tragfähigen Anknüpfungspunkte zu Österreich und verfügt auch über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet. Der BF hat keine Barmittel und brachte bisher auch keine identitätsbezeugenden Dokumente in Vorlage. Er ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig. Außerdem verweigerte er schon bisher (erfolgreich) seine Abschiebung und kann daher auch nicht als vertrauenswürdig angesehen werden. Im Zuge der durchzuführenden Abwägung bleibt daher festzuhalten, dass (wenn überhaupt) lediglich geringe soziale Bindungen des BF zu Österreich entstanden sind und Selbsterhaltungsfähigkeit nicht gegeben war.

Das Verfahren hat in keiner Weise ergeben, dass der BF durch die Inhaftierung einer unzumutbaren (unverhältnismäßigen) Belastung ausgesetzt sein könnte.

Aufgrund der dem Gericht vorgelegten Stellungnahme des BFA lässt sich aus derzeitiger Sicht auch erkennen, dass eine zügige Außerlandesbringung des BF nach Klärung der Umstände mit den tunesischen Behörden zu erwarten ist. Das Gericht geht daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zum Zeitpunkt der Entscheidungserlassung davon aus, dass eine Außerlandesbringung des BF nach heutigem Wissensstand erfolgen kann und in absehbarer Zeit auch erfolgen wird.

Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung auch die Voraussetzungen für eine nunmehr über die 4-Wochenfrist hinausgehende Schubhaft weiter vorliegen.

Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt, führt zu dem Ergebnis, dass ein gelinderes Mittel nicht zur Anwendung kommen kann. Eine Sicherheitsleistung kommt auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des BF nicht zur Anwendung. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft und/oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens - insbesondere die Tatsache dass er durch die beharrliche Verweigerung einer Kooperationsbereitschaft mit den Behörden gezeigt hat - nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des BF besteht. Dies umso mehr, als bereits mehrere Abschiebeversuche fehlgeschlagen sind.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher nach Ansicht des Gerichtes weiterhin nicht in Betracht.

3.1.4. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten. Aufgrund der vorliegenden Informationen im Gerichtsakt lässt sich aus derzeitiger Sicht erkennen, dass seitens der Behörde stets Bemühungen gesetzt wurden, die Dauer der laufenden Schubhaft zu verkürzen. Es war jedoch durch den notwendigen großen organisatorischen Aufwand und der Verweigerungen des BF dennoch bisher nicht möglich, den BF abzuschieben.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die für ihre Fortsetzung maßgeblichen Voraussetzungen im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.2. Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Identität, Schubhaft,
Sicherungsbedarf, Überprüfung, Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W171.2209154.4.00

Zuletzt aktualisiert am

29.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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