TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/19 W112 2204780-2

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Veröffentlicht am 19.03.2019
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Entscheidungsdatum

19.03.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §29 Abs5

Spruch

W112 2204780-2/13E

Gekürzte Ausfertigung des am 05.10.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA INDIEN, gegen die Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A) Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt

der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt ins Bundesgebiet ein und stellte am 27.04.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz, den das Bundesasylamt mit Bescheid vom 30.04.2010 sowohl im Hinblick auf den Status des Asylberechtigten, als auch im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten abwies; unter einem wies es den Beschwerdeführer nach INDIEN aus. Der Asylgerichtshof wies mit Erkenntnis vom 28.02.2011 die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab; es wurde dem Beschwerdeführer am 01.03.2011 durch Anschlag an der Amtstafel zugestellt und am 25.03.2011 ausgehändigt. Der Verfassungsgerichtshof gab dem Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen dieses Erkenntnis nicht statt. Beschwerde wurde nicht erhoben.

Der Beschwerdeführer wurde am 13.03.2018 festgenommen. Er wurde am 14.03.2018 der Delegation der INDISCHEN Botschaft vorgeführt. Im Anschluss daran verhängte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) über ihn die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung. Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 09.04.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen versuchten XXXX , XXXX , XXXX und XXXX zu einer XXXX wöchigen Freiheitsstrafe verurteilt. Der Beschwerdeführer wurde am 27.04.2018 zum Vollzug der Freiheitsstrafe aus der Schubhaft entlassen. Im Anschluss an die Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft wurde er festgenommen und vom Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Mit Mandatsbescheid vom 18.05.2018, dem Beschwerdeführer zugestellt durch persönliche Übernahme am selben Tag um 15:50 Uhr, verhängte das Bundesamt gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG aF über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung. Mit Verfahrensanordnung vom selben Tag wurde dem Beschwerdeführer ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

Der Beschwerdeführer wurde am 10.07.2018 und am 23.08.2018 vom Bundesamt zur Erlangung eines Heimreisezertifikates niederschriftlich einvernommen.

Mit Erkenntnis vom 11.09.2018 stellte das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig war.

Am 28.09.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt niederschriftlich einvernommen.

Mit Eingabe vom 28.09.2018, hg. eingelangt am 01.10.2018, legte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht den Verwaltungsakt zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Anhaltung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor.

Am 05.10.2018 fand die hg. mündliche Verhandlung statt, an der das Bundesamt nicht teilnahm.

Keine der Parteien stellte einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung des am 05.10.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer war nicht österreichischer Staatsbürger oder Unionsbürger und verfügte über keine Aufenthaltsberechtigung für Österreich oder in einem anderen Mitgliedsstaat der EU.

Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 30.04.2010 den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl im Hinblick auf den Status des Asylberechtigten, als auch im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten ab und den Beschwerdeführer nach INDIEN aus. Der Asylgerichtshof wies mit Erkenntnis vom 28.02.2011 die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab; es wurde dem Beschwerdeführer am 01.03.2011 durch Anschlag an der Amtstafel zugestellt und am 25.03.2011 ausgehändigt. Der Verfassungsgerichtshof gab dem Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen dieses Erkenntnis nicht statt. Beschwerde wurde nicht erhoben.

Der Beschwerdeführer war nicht ausreisewillig und hatte Österreich seit der Erlassung der Ausweisung nicht verlassen.

Er brachte zu keinem Zeitpunkt Dokumente in Vorlage und machte keine gleichbleibenden Angaben zu seinen Dokumenten. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer sich darum bemüht hatte, Dokumente von den INDISCHEN Verwandten geschickt zu bekommen oder sich an die INDISCHE Botschaft gewandt hatte, um einen Pass ausgestellt zu bekommen. Das gegenteilige Vorbringen des Beschwerdeführers in der hg. mündlichen Verhandlung hiezu und zur Ausreisewilligkeit stellte eine Schutzbehauptung dar, um aus der Schubhaft entlassen zu werden. Es konnte nicht festgestellt werden, dass er sich jemals an eine Rückkehrberatungsorganisation gewandt hatte oder einen Antrag auf freiwillige Rückkehr gestellt hatte.

Der Beschwerdeführer verließ statt an der Überstellung in ein Quartier der Grundversorgung in XXXX mitzuwirken drei Tage nach der Zustellung des abweisenden Bescheides die Betreuungsstelle XXXX und bezog seither keine Grundversorgung mehr. Er arbeitete seither für die XXXX als XXXX ; es handelt sich dabei um Schwarzarbeit.

Statt seines Wohnsitzes in XXXX , den der Beschwerdeführer der Behörde nicht bekannt gab, begründete er eine Obdachlosenmeldeadresse XXXX . Am 28.03.2011 begründete er eine Meldeadresse und kam der Ladung für den 06.05.2011 nach, bei der er auch den Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates ausfüllte. Danach begründete er eine Meldeadresse in XXXX , bei der es sich allerdings um eine Scheinmeldung handelte, die behördlich abgemeldet wurde. Er zog in XXXX , ohne dort eine Meldeadresse zu begründen; dies tat er erst, nachdem er dort polizeilich betreten worden war. Er meldete diese Adresse nicht ab, nachdem er dort ausgezogen war; sie wurde behördlich abgemeldet. Der Beschwerdeführer lebte von diesem Zeitpunkt bis 2017 untergetaucht im Bundesgebiet. Es bestanden ein Festnahmeauftrag und eine Personenfahndung durch die Staatsanwaltschaft, aber der Beschwerdeführer war nicht auffindbar. Seinen Wohnsitz in XXXX teilte er niemandem mit und meldete er auch nicht an. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer mangels eines Ausweises daran gehindert war, sich anzumelden, dass er der Ladung zur Abholung eines Screenshots nachkam und dass er danach an der Erfüllung seiner Meldeverpflichtung gehindert war, weil er den Screenshot in der Waschmaschine kaputt gemacht hatte.

Der Beschwerdeführer hatte keine Verwandten in Österreich, er war in Österreich nicht legal erwerbstätig und verfügte über keinen gemeldeten Wohnsitz. Er hatte ein soziales Netz, das ihm bisher einen Aufenthalt im Verborgenen ermöglichte und im Falle der Haftentlassung wieder ermöglicht hätte.

Es stand fest, dass der Beschwerdeführer im Falle der Entlassung aus der Schubhaft untergetaucht wäre.

Das Bundesamt stellte am 04.11.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer. Der Beschwerdeführer wurde am 14.03.2018 der INDISCHEN Botschaft vorgeführt. Das Bundesamt urgierte in seinem Verfahren die Ausstellung eines Heimreisezertifikates am 19.04.2018, 09.08.2018, 05.09.2018, 13.09.2018 und 27.09.2018. Am Tag der hg. Entscheidung wurde der Fall des Beschwerdeführers in der INDISCHEN Botschaft besprochen. Vor diesem Hintergrund war mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit hinreichender Sicherheit zu rechnen.

Der Beschwerdeführer war nach XXXX gesund und haftfähig. Er befand sich seit 18.05.2018 in Schubhaft, die im Polizeianhaltezentrum XXXX vollzogen wurde. Seit 11.09.2018 wurde der Beschwerdeführer auf Grund des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.09.2018 zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft angehalten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergaben sich aus der hg. Verhandlung, den beigeschafften Verwaltungsakten des Asyl- und Schubhaftverfahrens, den Gerichtsakten des Asyl- und Schubhaftverfahrens, Auskünften aus dem IZR, ZMR, dem Strafregister, der Anhaltedatei und dem GVS sowie aus den amtsärztlichen Unterlagen. Die Feststellungen zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer beruhten auf der Mitteilung der Direktion des Bundesamtes vom 05.10.2018.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A.I.) Fortsetzungsausspruch

Der Beschwerdeführer wurde seit 18.05.2018 auf Grund des Bescheides des Bundesamtes vom selben Tag zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft angehalten, seit 11.09.2018 auf Grund des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom selben Tag. Die Schubhaft wurde im Polizeianhaltezentrum XXXX vollzogen. Das Gericht hatte daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu überprüfen.

Die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 1, 2 Z 2 FPG nF lagen vor: Der volljährige Beschwerdeführer war INDISCHER Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger und verfügte weiterhin über kein Aufenthaltsrecht für Österreich oder einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union. Eine durchführbare und rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme lag auf Grund des Erkenntnisses des Asylgerichtshofs vom 28.02.2011 weiterhin vor.

Im Falle des Beschwerdeführers lag erhebliche Fluchtgefahr vor: Er vereitelte die Abschiebung SIEBEN Jahre lang durch Nichtvorlage von Dokumenten, Untertauchen im Bundesgebiet, unzutreffende Aussagen zu seinen Dokumenten und zur Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe, die Verwendung eines XXXX und XXXX Ausweises sowie durch Verwendung zweier XXXX Ausweise (§ 76 Abs. 3 Z 1 FPG). Er verfügte über keine Bindungen im Bundesgebiet, die der Annahme von Fluchtgefahr entgegengestanden wären (§ 76 Abs. 3 Z 9 FPG).

Mit der Verhängung gelinderer Mittel konnte auf Grund des Vorverhaltens des Beschwerdeführers und dem persönlichen Eindruck, den er in der mündlichen Verhandlung vermittelte, auch weiterhin nicht das Auslangen gefunden werden.

Die Anhaltung in Schubhaft war auch weiterhin verhältnismäßig: Mit der Ausstellung eines Heimreiszertifikates und der Durchführung der Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer war auf Grund der Mitteilung des Bundesamtes vom 05.10.2018 mit hinreichender Sicherheit zu rechnen. Das Verfahren wurde von Seiten des Bundesamtes konsequent geführt. Der Beschwerdeführer war nach Durchführung XXXX gesund und haftfähig. Es war auch zu berücksichtigen, dass eine durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorlag (§ 76 Abs. 3 Z 3 FPG) und dass der Beschwerdeführer vorbestraft war (§ 76 Abs. 2a FPG), ebenso das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Schwarzarbeit.

Zum Zeitpunkt der Entscheidung lagen daher die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vor.

Auch die fünf Monate dauernde Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft war auf Grund des Vorverhaltens des Beschwerdeführers, der erheblichen Fluchtgefahr, der effizienten Verfahrensführung sowie auf Grund des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers verhältnismäßig.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Die Revision war gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil es an einer Rechtsprechung zu § 22a Abs. 4 BFA-VG fehlte.

Begründung der gekürzten Ausfertigung

Gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden, wenn von den Parteien auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt wird. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten.

Diese gekürzte Ausfertigung des nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 05.10.2018 verkündeten Erkenntnisses ergeht gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG, da ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG durch die hiezu Berechtigten innerhalb der zweiwöchigen Frist nicht gestellt wurde.

Schlagworte

Ausreisewilligkeit, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft,
gekürzte Ausfertigung, Revision zulässig, Schubhaft,
Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung, Überprüfung,
Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W112.2204780.2.00

Zuletzt aktualisiert am

29.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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