Entscheidungsdatum
20.03.2019Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W141 2210750-1/ 12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Stephan WAGNER sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX ,
geboren am XXXX , bevollmächtigt vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien vom 28.08.2018,
OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 07.11.2018,
OB: XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid in Form der Beschwerdevorentscheidung behoben.
Die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass liegen vor.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers hat am 08.03.2018 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice, in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvolutes, einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, Eintragung des Zusatzvermerkes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass und Ausstellung eines Ausweises
gem. § 29b StVO gestellt.
1.2. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von einer Fachärztin für Innere Medizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 16.05.2018, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Gesamtgrad der Behinderung 50 vH betrage und die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzvermerkes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen.
1.3. Mit Schreiben vom 25.06.2018 hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens gemäß § 45 AVG zur Kenntnis gebracht und diesem die Möglichkeit eingeräumt, dazu innerhalb von drei Wochen nach Erhalt des Schreibens schriftlich Stellung zu nehmen.
1.4. Mit Schreiben vom 06.07.2018, bei der belangten Behörde eingelangt am 09.07.2018, hat der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers eine schriftliche Stellungnahme bei der belangten Behörde eingebracht.
Ohne Vorlage weiterer Beweismittel geht daraus im Wesentlichen hervor, dass die im Gutachten festgestellten Funktionseinschränkungen nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß des Beschwerdeführers entsprächen, diesem die Benützung öffentliche Verkehrsmittel nicht zumutbar sei und daher eine nochmalige Überprüfung beantragt werde.
1.5. Zur Überprüfung der Einwendungen wurde von der belangten Behörde eine ergänzende Stellungnahme derselben Fachärztin vom 24.08.2018, mit dem Ergebnis eingeholt, dass diese an den im Gutachten getroffenen Feststellungen festhalte.
1.6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.08.2018 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen.
Dem Bescheid waren das Sachverständigengutachten sowie die ergänzende Stellungnahme beigelegt.
1.7. Mit Schreiben vom 04.09.2018 wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde mit Wirksamkeit 08.03.2018 ein unbefristeter Behindertenpass ausgestellt und ein Grad der Behinderung von 50 vH eingetragen.
2.1 Am 09.10.2018 wurde vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.08.2018 erhoben.
Unter Vorlage eines weiteren medizinischen Beweismittels wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass im fachärztlichen Gutachten nicht ausreichend auf die körperlichen Einschränkungen des Beschwerdeführers eingegangen worden sei, dass diese ihrem Ausmaß nach nicht ausreichend beurteilt worden wären und beim Beschwerdeführer sehr wohl erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit im Sinne von kardiopulmonalen Funktionseinschränkungen sowie der unteren Extremitäten vorliegen würden.
2.2. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde von der belangten Behörde eine weitere ergänzende Stellungnahme derselben Fachärztin für Innere Medizin vom 06.11.2018 eingeholt. Die Sachverständige führt darin aus, dass es zu keiner abweichenden Beurteilung komme, da keine neuen fachärztlichen Befunde, Ambulanzberichte oder Krankenhausaufenthalte vorgelegt worden wären, welche eine erhebliche Einschränkung der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit begründen könnten.
2.3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.11.2018 hat die belangte Behörde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung, die am 09.10.2018 eingelangte Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.08.2018 betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 41, § 45 und § 46 BBG iVm § 14 und § 15 VwGVG abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass die ärztliche Begutachtung durch den Ärztlichen Dienst der belangten Behörde ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzvermerkes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen.
3.1. Mit Schreiben vom 28.11.2018 beantragte der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen.
Dem Schreiben wurden neue medizinische Beweismittel beigelegt und zusammenfassend vorgebracht, dass dem Beschwerdeführer die Bewältigung von Gehstrecken über 100 m nicht möglich sei und diesbezüglich auf die Ausführungen in der Beschwerde verweisen werde.
3.2. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstanden hat das Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten von einem Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 23.01.2019, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzvermerkes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen.
3.3. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs vom 04.02.2019 hat die belangte Behörde keine Einwendungen erhoben.
Der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers hat am 15.02.2019 mittels Stellungnahme das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis genommen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich der Beschwerdeführer mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.
1. Feststellungen:
Das Bundesverwaltungsgericht geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem, für die Entscheidung maßgeblichen, Sachverhalt aus.
1.1. Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Behindertenpasses.
1.2. Zur beantragten Zusatzeintragung:
Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.
1.2.1. Art der Funktionseinschränkungen:
-
Zustand nach Unterschenkelamputation rechts
-
PAVK Bein links
-
Zustand nach Mitralklappenersatz, Trikuspidalklappenrekonstruktion, VVI-Schrittmacher
-
Aortenklappenstenose
-
Permanentes Vorhofflimmern unter oraler Antikoagulation
-
H-TEP links
1.2.2. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:
Caput: sichtbare Häute und Schleimhäute gut durchblutet, Bulbusmotorik seitengleich, beidseits prompte Pupillenreaktion.
Wirbelsäule: im Lot, kein Schulter- oder Beckenschiefstand, kein Klopfschmerz, im Seitaspekt physiologischer Krümmungsverlauf.
Obere Extremitäten: die Schulterrotation endlagig etwas beeinträchtigt, die übrigen Gelenke frei, periphere DMS in Ordnung.
Untere Extremitäten: lateral an der linken Hüfte an typischer Stelle bland abgeheilte Narbe nach Prothesenversorgung, Hüfte beidseits S 0/0/100, R 20/0/10, Abduktion 10°. Das rechte Knie bis 130° beugbar, 15 cm unterhalb des Kniegelenks zeigt sich ein blander Unterschenkelstumpf, das knöcherne Schienbein an der Vorderkante des Stumpfes unter der Haut tastbar. Knie links S 0/0/130, Bandapparat stabil. Unterschenkel warm, Sprunggelenke frei, Wackelbewegungen der Zehen möglich. Distale Pulse ab der Kniekehle nicht tastbar.
Thorax: symmetrisch, Herzaktion mit systolischen Strömungsgeräusch ohne Fortleitung, arhythmisch, Pulmo beidseits VA.
Abdomen: weich, über Thoraxniveau, kein Druckschmerz, keine Abwehrspannung.
Gesamtmobilität, Gangbild:
Der Beschwerdeführer kommt mit einer Unterarmstützkrücke rechts zu Untersuchung, mit der Krücke ist das Gangbild sicher, die Schrittlänge seitengleich, sicher, auch ohne Gehhilfe eine kurze Strecke möglich, hier gibt der Beschwerdeführer jedoch gleich Schmerzen im Bereich des Unterschenkelstumpfes an.
1.2.3. Zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionseinschränkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Es liegen keine erheblichen Einschränkungen psychischer oder intellektueller Fähigkeiten bzw. Funktionen vor. Aber es liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit sowie erhebliche Einschränkungen der unteren Extremitäten vor. Der Beschwerdeführer ist nicht mehr in der Lage, ausreichend sicher eine Strecke von 300 bis 400 Meter zurückzulegen und auch nicht in der Lage, die bei öffentlichen Verkehrsmitteln üblichen Niveauunterschiede ausreichend sicher zu überwinden.
1.3. Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und Eintragung des Zusatzvermerkes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ist am 08.03.2018 bei der belangten Behörde eingelangt.
1.4. Der Verwaltungsakt ist unter Anschluss der Beschwerdeschrift am 05.12.2018 im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
2. Beweiswürdigung:
Aufgrund der vorliegenden Beweismittel und des Aktes der belangten Behörde ist das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76).
Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".
Zu 1.1) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Zu 1.2) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel.
Das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten ist schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen.
Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen. Diese stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigengutachtens, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde und es enthält auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.
Der Inhalt des medizinischen Sachverständigengutachtens wurde auch im Rahmen des Parteiengehörs unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen.
Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, der befasste Sachverständige hat sich eingehend damit auseinandergesetzt und fasst deren Inhalt nachvollziehbar wie folgt zusammen:
* Internistische Stellungnahme XXXX 11/2018: Schwer einstellbare arterielle Hypertonie, chirurgisch sanierte Mitralklappenendocarditis, schwere pAVK, frustraner Bypassversuch rechts, der in einer Unterschenkelamputation mündete, echocardiographisch Druckerhöhung im kleinen Kreislauf, permanent notwendige Antikoagulation, die Linksventrikelfunktion in Ruhe normwertig, eine beginnende Aortenklappenstenose ist zu sehen. Herzinsuffizienz NYHA ll-lll, die Unterschenkelprothese rechts als Provisorium zu betrachten, links bezüglich der pAVK eine kompensierte Situation. Die Koordinationsleistung ist als ausgezeichnet zu bewerten. Die coronare Situation bedenklich, klinisch asymptomatisch. Bezüglich der freien Gehstrecke ist eine Gehstrecke >100 m am Stück mit Sicherheit nicht zurückzulegen, es besteht ein hohes Risiko im Falle eines Sturzes (Medikation mit Vertirosan), bei hocheingesteilter Antikoagulation einer relevanten Verletzung. Zudem besteht eine deutliche Herzinsuffizienz, insbesondere die chronische Rechtsherzbelastung und beginnende Aortenklappenstenose sind hier erwähnenswert.
Im Sachverständigengutachten wird nachvollziehbar und schlüssig dargestellt, dass sich im Rahmen der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten objektivieren lassen. Beim Beschwerdeführer liegt ein Zustand nach einer Unterschenkelamputation rechts vor, wobei seit der Amputation ein Konflikt zwischen Stumpf und Prothesenschaft besteht. Der untersuchende Sachverständige führt diesbezüglich überzeugend aus, dass es beim Beschwerdeführer durch den schlecht angepassten Prothesenstumpf bereits bei einer kurzen Wegstrecke aufgrund von Schmerzen zu einer erheblichen Einschränkung in der Funktion des rechten Beins kommt. Die periphere Durchblutungssituation im linken Bein wird derzeit kompensiert, aufgrund der eingeschränkten Durchblutungssituation ist jedoch auch hier eine Einschränkung vorhanden.
Des Weiteren wird im Sachverständigengutachten darüber hinaus ausführlich beschrieben, dass beim Beschwerdeführer erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit aufgrund der kardialen Vorerkrankungen unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beeinflussungen vorliegen. Beim Beschwerdeführer hat sich über die Jahre eine zunehmende Aortenklappenstenose eingestellt. Der Sachverständige erläutert in diesem Zusammenhang, dass diese zusammen mit der als bedenklich einzustufenden koronaren Situation eine maßgebliche Einschränkung der koronaren Reserve und damit der körperlichen Belastbarkeit darstellt.
Aufgrund der schlecht sitzenden provisorischen Unterschenkelprothese rechts ist der Beschwerdeführer auf eine Unterarmstützkrücke angewiesen. Der Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin beschreibt diesbezüglich anschaulich, dass der Beschwerdeführer diese regelmäßig gegen einen Rollator austauschen muss, welcher von einer Begleitperson ständig mitgeführt wird. Dies stellt einen limitierenden Faktor für die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel dar.
Der medizinische Sachverständige beschreibt in Zusammenschau mit dem erhobenen Status anschaulich und nachvollziehbar, dass aus rein funktioneller Sicht eine altersentsprechend gute Funktionalität der oberen Extremitäten vorliegt. Die eingeschränkte körperliche Belastbarkeit aufgrund der beeinträchtigten koronaren Reserve stellt jedoch eine maßgebliche Einschränkung dar, welche sich ebenfalls negativ auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Aus fachärztlicher Sicht erscheint die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel deshalb maßgeblich erschwert.
Ferner ist laut Sachverständigengutachten eine erhebliche Einschränkung psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten bzw. Funktionen, eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit befundmäßig nicht belegt und liegt beim Beschwerdeführer nicht vor.
Aus internistischer Sicht liegen somit infolge der Unterschenkelamputation rechts bei schlecht angepasstem Protehesenschaft erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor. Der Sachverständige führt in seinem Gutachten schlüssig und nachvollziehbar aus, dass der Beschwerdeführer an erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten und der körperlichen Belastbarkeit, infolge der kardialen Vorerkrankung, leidet, die es ihm unmöglich machen, eine Strecke von 300 bis 400 Meter ausreichend sicher zurückzulegen. Auch das sichere Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel ist nicht gegeben. Ebenso wenig ist der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel gegeben. Dazu gehören auch die Sitzplatzsuche und das Anhalten.
Es kommt daher im Vergleich zum Sachverständigengutachten vom 16.05.2018 sowie den medizinischen Stellungnahmen vom 24.08.2018 und vom 06.11.2018 bezüglich der Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu einer geänderten Einschätzung. Festzuhalten ist, dass einige Leiden des Beschwerdeführers nicht bzw. nicht ausreichend gewertet wurden, wodurch sich eine inhaltliche Diskrepanz zum Gutachten erster Instanz sowie zu den ergänzenden Stellungnahmen ergibt.
Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.
Das Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Die Angaben des bevollmächtigten Vertreters des Beschwerdeführers in der Beschwerde und die vorgelegten Befunde waren sohin geeignet, das der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten sowie die ergänzenden medizinischen Stellungnahmen zu entkräften und eine geänderte Beurteilung herbeizuführen.
Zur Erörterung der Rechtsfrage, ob dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II 3.1.
Zu 1.3.) Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und Eintragung des Zusatzvermerkes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass weisen am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum 08.03.2018 auf.
Zu 1.4.) Das Schreiben mit welchem die Beschwerdevorlage durch die belangte Behörde erfolgt ist weist am Eingangsvermerk des Bundesverwaltungsgerichtes das Datum 05.12.2018 auf.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG kann die Behörde die Beschwerde binnen zwölf Wochen nach Einlangen bei der Behörde erster Instanz durch Beschwerdevorentscheidung erledigen. Sie kann die Beschwerde nach Vornahme notwendiger Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens als unzulässig oder verspätet zurückweisen, den Bescheid aufheben oder nach jeder Richtung abändern.
Gemäß § 15 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 43 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen im Falle des Eintretens von Änderungen durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen. (§ 43 Abs. 1 BBG)
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 46 BBG idF des BGBl. Nr. 57/2015 dürfen in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
Gemäß § 54 Abs. 18 BBG tritt § 46 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 mit 1. Juli 2015 in Kraft.
Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung einzutragen, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
In den Erläuterungen zur oben genannten Verordnung wird auszugsweise Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 (auszugsweise):
Abs. 2 unterscheidet zwei Arten von Eintragungen; solche, die die Art der Behinderung des Passinhabers/der Passinhaberin betreffen und jene, die Feststellungen über Erfordernisse des Menschen mit Behinderung im täglichen Leben treffen, etwa die behinderungsbedingte Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensations-möglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
-
arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
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Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
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hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
-
Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
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COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
-
Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
-
mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128 und die dort angeführte Vorjudikatur sowie VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242 und 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242).
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH vom 14.05.2009,
Zl. 2007/11/0080).
Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014).
Der Beschwerdeführer ist aufgrund erheblicher Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten, aufgrund der vorliegenden Unterschenkelamputation recht, und der körperlichen Belastbarkeit, durch die kardialen Vorerkrankungen, nicht in der Lage, eine Gehstrecke von 300 bis 400 m zurückzulegen. Es sind auch das Überwinden von Niveauunterschieden, das Ein- und Aussteigen aus öffentlichen Verkehrsmitteln sowie die sichere Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln nicht gewährleistet.
Unter Berücksichtigung der durchgeführten persönlichen Untersuchungen mit dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer eine Gehstrecke von 300 bis 400 m nicht möglich ist sowie der Tatsache, dass die provisorische Unterschenkelprothese rechts schlecht sitzt und der Beschwerdeführer auf eine Unterarmstützkrücke bzw. regelmäßig auf einen Rollator angewiesen ist, gemeinsam mit der eingeschränkten körperlichen Belastbarkeit aufgrund der beeinträchtigten koronaren Reserve, welche eine maßgebliche Einschränkung darstellt, liegen die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung vor.
Unter Verweis auf die zuvor wiedergegebenen Ausführungen in den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen sowie der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, ist dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen ein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.
Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit, sich zu äußern. Das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde jedoch nicht bestritten. Es wurden der Beschwerde keine Beweismittel beigelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W141.2210750.1.00Zuletzt aktualisiert am
29.04.2019