TE OGH 2019/4/11 12Os160/18y

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Veröffentlicht am 11.04.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat am 11. April 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Korner als Schriftführerin in der Strafsache gegen David G***** und andere Beschuldigte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 82 St 18/17s der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption, über den Antrag des genannten Beschuldigten und der A***** AG auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption führt zu AZ 82 St 18/17s gegen David G***** und weitere Beschuldigte sowie auch gegen die A***** AG (§ 3 VbVG) ein Ermittlungsverfahren wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen.

Mit Beschluss vom 24. April 2018, GZ 354 HR 20/18t-86, ordnete das Landesgericht für Strafsachen Wien die Beschlagnahme von Guthaben auf näher bezeichneten Konten der A***** AG bei der E***** AG gemäß § 115 Abs 1 Z 2 und Z 3 zweiter Fall StPO an.

Der dagegen von David G***** und der A***** AG erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 29. November 2018, AZ 19 Bs 149/18b, nicht Folge.

Dagegen richtet sich der von David G***** und der A***** AG gemeinsam eingebrachte Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO. In diesem behaupten sie einen Verstoß gegen Art 1 des 1. ZPEMRK, weil die Beschlagnahme der Konten als Enteignung anzusehen wäre, und eine Verletzung des Art 6 EMRK, weil die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien auf bloßen Vermutungen beruhe und eine Verletzung des Rechts auf einen gesetzlichen Richter vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Bei einem – wie hier – nicht auf ein Urteil des EGMR gestützten Erneuerungsantrag handelt es sich um einen subsidiären Rechtsbehelf, weshalb alle gegenüber dem EGMR normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen der Art 34 und 35 Abs 1 und Abs 2 EMRK sinngemäß auch für einen solchen Antrag gelten (RIS-Justiz RS0122737).

Da die Opfereigenschaft nach Art 34 EMRK nur anzunehmen ist, wenn der Beschwerdeführer substantiiert und schlüssig vorträgt, in einem bestimmten Konventionsrecht verletzt zu sein, hat auch ein Erneuerungsantrag nach § 363a StPO deutlich und bestimmt darzulegen, worin eine (vom Obersten Gerichtshof sodann selbst zu beurteilende) Grundrechtsverletzung iSd § 363a Abs 1 StPO zu erblicken sei. Dabei hat sich der Erneuerungswerber mit der als grundrechtswidrig bezeichneten Entscheidung in allen relevanten Punkten auseinanderzusetzen (RIS-Justiz RS0124359) und – soweit er (auf Grundlage der Gesamtheit der Entscheidungsgründe) nicht Begründungsmängel aufzuzeigen oder erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit getroffener Feststellungen zu erwecken vermag – seine Argumentation auf Basis der Tatsachenannahmen der bekämpften Entscheidung zu entwickeln (RIS-Justiz RS0125393 [T1]).

Überdies kann der Oberste Gerichtshof erst nach Rechtswegerschöpfung angerufen werden, welchem Erfordernis (nur) dann entsprochen wird, wenn von allen effektiven Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht wurde (vertikale Erschöpfung) und die geltend gemachte Konventionsverletzung zumindest der Sache nach und in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften im Instanzenzug vorgebracht wurde (horizontale Erschöpfung; RIS-Justiz RS0122737 [T13]).

Diesen Anforderungen wird der Erneuerungsantrag nicht gerecht.

Einen Eingriff in das Grundrecht auf Schutz des Eigentums nach Art 1 des 1. ZPEMRK haben die Antragsteller erstmals im gegenständlichen Erneuerungsantrag vorgebracht, jedoch nicht in ihrer Beschwerde gegen den erwähnten erstinstanzlichen Beschluss, womit es insoweit schon an der Zulässigkeitsvoraussetzung der horizontalen Erschöpfung des Instanzenzugs mangelt.

Im Übrigen lassen die Erneuerungswerber jegliche Argumentation vermissen, weshalb es sich bei der vorliegenden Beschlagnahme nicht um eine (bloß vorübergehende) Nutzungsbeschränkung im Sinne des Art 1 Abs 2 1. ZPEMRK handeln sollte, die gesetzlich vorgesehen (§ 115 Abs 1 Z 2 und 3 zweiter Fall StPO), (im Allgemeininteresse) erforderlich sowie verhältnismäßig ist (vgl 15 Os 9/18i; Grabenwarter/Pabel, EMRK6 § 25 Rz 14, Rz 26 f; Mayer-Ladewig/von Raumer, EMRK4 Art 1 1. ZP Rz 32, Rz 48 ff).

Soweit der Erneuerungsantrag verbunden mit dem Vorwurf der Missachtung des Art 6 EMRK die Sachverhaltsbasis der Entscheidung bekämpft (vgl RIS-Justiz RS0125393 [T1]), gelingt es nicht, Begründungsmängel (Z 5 des § 281 Abs 1 StPO) aufzuzeigen oder erhebliche Bedenken (Z 5a des § 281 Abs 1 StPO) gegen die Richtigkeit der vom Oberlandesgericht betreffend die Verdachtslage getroffenen Feststellungen zu wecken. Die Behauptung, die Beschwerdeentscheidung enthalte lediglich „völlig unbegründete und unsubstanziierte Spekulationen“, das Gericht berufe sich auf keine Beweisergebnisse, es lägen bloße Vermutungen vor, nimmt nicht Maß an der bekämpften Entscheidung (vgl BS 3 ff).

Inwiefern eine Verletzung des Art 6 EMRK im „Recht auf einen gesetzlichen Richter“ (vgl Art 6 Abs 1 erster Satz EMRK) vorliegen sollte, wird nicht klar.

Der Erneuerungsantrag war daher gemäß § 363b Abs 2 Z 3 StPO bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen.

Textnummer

E124792

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0120OS00160.18Y.0411.000

Im RIS seit

29.04.2019

Zuletzt aktualisiert am

29.04.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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