TE OGH 2019/4/23 8Bs102/12z

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Veröffentlicht am 23.04.2019
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Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richter Dr. Bergmayr als Vorsitzenden und Dr. Morbitzer und die Richterin Dr. Engljähringer in der Strafsache gegen A***** S***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des A***** S***** gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels vom 16. Mai 2012, 7 Hv 14/12m-104, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:

Spruch

 

 

Der Beschwerde wird insoweit Folge gegeben, als der angefochtene Beschluss aufgehoben wird; die Sache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

 

 

Text

BEGRÜNDUNG:

Mit Urteil vom 16. April 2012, rechtskräftig seit 20. April 2012, wurde über A***** S***** wegen eines Vermögens-, eines Tötungs- und eines Urkundendelikts eine Freiheitsstrafe in der Dauer von dreißig Monaten verhängt, auf welche gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB die (bis dahin) erlittene Untersuchungshaft des Angeklagten vom 18. November 2011 bis 16. April 2012 Anrechnung fand (ON 87).

In einem am 7. Mai 2012 bei Gericht eingelangten Schreiben (ON 102) machte der nach wie vor inhaftierte A***** S***** Strafaufschub gemäß § 39 Abs 1 SMG geltend. Dieses Begehren wies das Erstgericht mit dem nun angefochtenen Beschluss (ON 104) a limine ab, da die Antragstellung während bereits aufrechter Strafhaft des Verurteilten, somit verspätet, erfolgt sei.

Die dagegen erhobene Beschwerde des Verurteilten (ON 106) ist im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 39 Abs 1 SMG ist bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen ein Strafaufschub auch noch nach Übernahme in den Strafvollzug (§ 3 Abs 4 StVG) möglich.

Zutreffend leitet das Erstgericht nun, auch unter Bezug auf eine Entscheidung dieses Rechtsmittelsenats (8 Bs 187/11y OLG Linz), zwar ab, dass – unbeschadet der durch die SMG-Novelle 2007 eingefügten, indes den spätest möglichen Zeitpunkt der Aufschubsentscheidung festschreibenden Ausnahmebestimmung – der Aufschubsantrag des (inhaftierten) Verurteilten vor dessen Übernahme in den Strafvollzug gestellt worden sein muss. Dies ist hier aber zu bejahen: Denn die Vollzugsanordnung nach § 3 Abs 4 StVG (StPOForm StV 1; vgl Pieber in WK-StGB2 § 3 StVG Rz 2 und 4f), auf die § 39 Abs 1 SMG verweist, erfolgte nach Lage des Falls erst mit Verfügung vom 16. Mai 2012 (S 1f in ON 105), also deutlich nach Einlangen des umstrittenen Aufschubsgesuchs.

Dass bei der Strafzeitberechnung jede dem Vollzug eines Strafurteils dienende Haft ex lege Strafhaft ist (§ 1 Z 5 StVG) und demnach ein bei Eintritt der Rechtskraft eines Strafurteils in Untersuchungshaft Befindlicher von diesem Zeitpunkt an als in Strafhaft angehalten gilt (Fabrizy StPO11 § 397 Rz 1 mwN), vermag daran nichts zu ändern, ist doch trotzdem – wie der Blick auf das Regelungsgefüge des § 3 Abs 1 und Abs 4 StVG iVm § 397 StPO zeigt – ungesäumt nach Urteilsrechtskraft vom Vorsitzenden des erkennenden Gerichts der Vollzug anzuordnen (§ 3 Abs 1 erster Satz StVG; 15 Os 139/93) und eine (insoweit deklarative: 14 Os 15/89; Lässig in WK-StPO § 397 Rz 3 mwN) Vollzugsanordnung (ieS) zu erlassen, aufgrund derer der Verurteilte sodann vom Anstaltsleiter in den Strafvollzug zu übernehmen ist (Drexler/Weger StVG2 § 3 Rz 6). Schon die idente Formulierung in § 39 Abs 1 SMG einschließlich des Verweises auf § 3 Abs 4 StVG lassen demnach keinen vernünftigen Zweifel daran, dass der Gesetzgeber die Zulässigkeit von Strafaufschubsanträgen in zeitlicher Hinsicht mit der angesprochenen richterlichen Verfügung verknüpfen (und limitieren) wollte. Die gegenteilige Sichtweise hätte zur Konsequenz, dass inhaftierte Verurteilte ihren Antrag auf Gewährung von Strafaufschub gleichsam zwingend vor Urteilsrechtskraft einbringen müssten, wofür das Gesetz keine Grundlage bietet.

Der Antrag des Verurteilten wird vom Erstgericht in der Folge meritorisch zu erledigen sein.

 

RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gegen diese Entscheidung steht kein weiteres Rechtsmittel zu.

 

Textnummer

EL0000279

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0459:2019:0080BS00102.12Z.0423.000

Im RIS seit

29.04.2019

Zuletzt aktualisiert am

29.04.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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