Entscheidungsdatum
05.02.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L510 2177744-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Irak, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.11.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG idgF, §§ 57, 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG, §§ 52 Abs. 2 Z. 2 u. Abs. 9, 46 und 55 Abs. 1a FPG als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführende Partei (bP) stellte nach nicht rechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 17.10.2015 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz.
Die bP ist ein Mann irakischer Staatsangehörigkeit. Ihre Identität steht nicht fest.
Ihr Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 11.10.2017, Zl. XXXX, gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gem. § 57 AsylG nicht erteilt. Gem. § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen. Gem. § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung gem. § 46 FPG in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 07.05.2018, GZ: G305 2177744-1/7E, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen.
Diese Entscheidung erwuchs mit 18.05.2018 in Rechtskraft.
2. Am 26.11.2018 stellte die bP einen weiteren, den nunmehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Dieser Folgeantrag der bP wurde mit im Spruch bezeichneten Bescheid hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten jeweils gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.) Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.) Gem. § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gem. § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der bP in den Irak gem. § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gem. § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 FPG wurde gegen die bP ein auf Dauer von 2 Jahren befristetes einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII).
Dagegen wurde durch die Vertretung fristgerecht Beschwerde erhoben und der Antrag gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person der bP:
Die bP ist Staatsangehöriger des Irak, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und islamisch sunnitischen Glaubens. Ihre Muttersprache ist arabisch. Sie kann sich in Deutsch verständigen.
Die bP ist gesund und arbeitsfähig.
Die bP reiste im Oktober 2015 in das österreichische Bundesgebiet ein und hat Österreich seither nicht mehr verlassen.
In Österreich hält sich ein Cousin der bP auf, welchen sie ab und zu besucht. Ein Abhängigkeitsverhältnis oder ein besonderes Naheverhältnis zu diesem Cousin besteht nicht. Die bP hat eine Freundin, deren Namen sie im Verfahren nicht nennen wollte, da sie weder mit dieser zusammenlebt, noch ein Abhängigkeitsverhältnis in irgendeiner Form besteht. Die bP legte im Verfahren ein Unterstützungsschreiben der XXXX Versicherung und des Projektleiters von XXXX vor, wonach sie von 10.09.2018 bis 17.10.2018 an einem Projekt ("Raum der Möglichkeiten") mitgearbeitet hat. Sonstige besondere Verfestigungen in Österreich wurden nicht dargelegt.
Aktuell konnte eine wirtschaftliche Selbsterhaltung nicht festgestellt werden. Die bP scheint in der Grundversorgung als aktiv auf. Sie bP legte dar, dass sie von Freunden unterstützt wird.
Sie lebte überwiegend im Irak, absolvierte dort ihre Schulausbildung und arbeitete dort in verschiedenen Berufen, wie Maler, Anstreicher und Busfahrer. Sie wurde dort sozialisiert und spricht ihre Landessprache auf muttersprachlichem Niveau. Im Irak hat die bP nach wie vor familiäre Anknüpfungspunkte in Form von Onkeln, Tanten, Cousins und Cousinen. Ihren Lebensunterhalt sicherte sie sich ihre beruflichen Tätigkeiten.
1.2. Zu den Anträgen der bP auf internationalen Schutz:
Erster Antrag auf internationalen Schutz vom 17.10.2015 (Verfahren des maßgeblichen Vergleichsbescheides)
Im Zuge ihres ersten Antrages auf internationalen Schutz gab die bP befragt zu ihren Fluchtgründen an, dass sie ihren Herkunftsstaat am 24.09.2015 von Kirkuk aus mit dem Bus in Richtung Ankara, Türkei, verlassen habe. Hierzu führte sie aus, am 10.06.2014 sei ihre Heimatstadt XXXX vom IS angegriffen worden. Das Haus ihrer Eltern sei dabei vollständig verbrannt, woraufhin sie mit ihrer Familie gemeinsam nach Kirkuk geflohen sei. Dort habe ihre Familie zusammen mit anderen geflüchteten Personen in einem Flüchtlingslager gelebt. Dort seien sie Restriktionen ausgesetzt gewesen, wofür sie beispielhaft angab, dass man für die Verwendung des Internets festgenommen worden sei. Sie könne weder in den Nord- noch in den Südirak gehen, da in letzterem der IS oder die schiitischen Milizen regieren würden.
Am 24.08.2017 wurde sie vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Anlässlich dieser Einvernahme gab sie zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates im Wesentlichen zusammengefasst an, dass sie nach der Zerstörung ihrer Heimatstadt XXXX durch den IS im Juni 2014 nach Kirkuk geflohen sei und bis 24.09.2015 in diesem Flüchtlingslager geblieben sei. Als Araber sei man in diesem, am Rande des Nordiraks gelegenen, Flüchtlingslager schlecht behandelt worden und sei eine Einreise in den Nordirak selbst nicht möglich gewesen. Am 03.07.2015 sei ihr Vater vom Stammesführer des Stammes der bP angerufen worden, um ihm mitzuteilen, dass sein Sohn Schande über den Stamm gebracht hätte. So hätten sich auf dem Laptop der bP Fotos befunden, die diesen mit einem Angehörigen eines anderen Stammes zeigen und auf eine (außereheliche) Beziehung hindeuten würden. Der Stamm hätte die bP daher an den Stamm der Frau übergeben müssen. Einige Tage später habe der Stamm der Frau das Familienhaus der bP beschossen. Daraufhin sei die bP von ihrer Familie verstoßen worden, weshalb sie den Irak habe verlassen müssen. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BFA vom 11.10.2017 in allen Spruchpunkten abgewiesen. Es wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung der bP in den Irak zulässig ist. Beweiswürdigend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass es den bP nicht gelungen sei, eine begründete Furcht vor Verfolgung tatsächlich glaubhaft zu machen.
Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen.
Dieses Erkenntnis erwuchs mit 18.05.2018 in Rechtskraft.
Die ergangene rechtskräftige Entscheidung wurde wie folgt begründet:
"Sein Vorbringen zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates Irak und zu dessen Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat beruhen auf den Angaben des BF im Rahmen der Erstbefragung vom 17.10.2015 (AS 3f), der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde vom 24.08.2017 (AS 37f) und der verfahrensgegenständlichen Beschwerdeschrift. Zudem erschließen sich die vorgebrachten Fluchtgründe des BF aus dessen im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 06.04.2018 vor dem Bundesverwaltungsgericht dargelegten Ausführungen und aus dem in Vorlage gebrachten Beweismaterial.
Sein Fluchtvorbingen stützt der BF zum einen auf eine vom IS bzw. den schiitischen Milizen ausgehende Gefährdung und die rassistische Behandlung in einem kurdischen Flüchtlingslager und zum anderen auf ein von einem anderen Stamm angeblich ausgehendes Risiko, einem Ehrverbrechen zum Opfern zu fallen.
Im Zuge der Erstbefragung vom 17.10.2015 führte der BF aus, seine Heimatstadt XXXX sei vom IS angegriffen und das Elternhaus vollständig verbrannt worden, woraufhin er mit seiner Familie nach KIRKUK geflohen sei. Dort hätte er gemeinsam mit seiner Familie gelebt, doch habe man ihn dort schlecht behandelt (AS 11). Er fürchte um sein Leben, "weil in [seiner] Heimatstadt schiitische Milizen und die IS gegeneinander kämpfen" würden (AS 13). Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde vom 24.08.2017 räumte der BF jedoch ein, dass XXXX von den schiitischen Milizen und "den Sunniten" befreit worden sei (AS 51) und führte er an anderer Stelle aus, er als aus XXXX stammender Sunnit, der dem selben Stamm wie Saddam Hussein angehören würde, würde "gezielt von den Milizen verfolgt" (AS 43). Im Lichte der länderkundlichen Quellen zur Situation in XXXX im Zusammenhang mit dem IS ist festzuhalten, dass der BF durchaus nachvollziehbar vorbringt, vor den Kämpfen zwischen der Armee, den Milizen und dem IS nach Kirkuk geflohen zu sein. Die von ihm in der Erstbefragung vom 17.10.2015 dargestellte Situation erweist sich vor diesem Hintergrund durchaus nachvollziehbar, doch räumte der BF im Rahmen seiner Befragung durch die belangte Behörde selbst ein, dass der IS aus XXXX vertrieben worden sei und steht auch dies mit den länderkundlichen Berichten verschiedener Quellen in Einklang. Aus diesen geht nachvollziehbar hervor, dass eine große Anzahl von Sunniten wieder nach XXXX zurückgekehrt wäre und dort der Wiederaufbau der Stadt begonnen hätte. Aus diesem Grunde war zunächst festzustellen, dass vom IS in der Herkunftsregion des BF für diesen kein Gefährdungspotential mehr ausgeht.
Versucht der BF, ein von schiitischen Milizen ausgehendes Bedrohungsszenario auf Grund seiner Zugehörigkeit zur sunnitischen Glaubensgemeinschaft und zu jenem Stamm, dem auch Saddam Hussein angehört habe, zu zeichnen, so ist ihm entgegen zu halten, dass er diesbezüglich keinerlei konkrete Vorkommnisse im Zusammenhang mit den Milizen geschildert hat und auch keine Übergriffe durch die Milizen behauptet. Vielmehr hält er dahingehende, generalisierte Angaben sehr oberflächlich und vermag das von ihm behauptete Gefährdungspotential nicht greifbar zu belegen.
Dabei hat das erkennende Gericht die interkonfessionellen Spannungen im Irak und den Umstand, dass XXXX durch die überwiegend schiitisch besetzten PMF vom IS befreit wurde, durchaus gewürdigt, doch gelang es ihm in keiner Weise, substantiiert zu belegen, einer individuellen und konkreten Verfolgung durch schiitische Milizen ausgesetzt gewesen zu sein, zumal länderkundliche Quellen gesichert dokumentieren, dass die meisten, aus dem vormals sunnitischen XXXX geflohenen Einwohner und Einwohnerinnen inzwischen zurückgekehrt sind und sich die Stadt im Wiederaufbau befindet.
In der niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA vom 24.08.2017 bringt der BF vor, er und andere junge Männer seien am 26.11.2014 aus dem Flüchtlingslager entführt worden. Man habe ihnen schwarze Säcke über den Kopf gezogen, sie gefesselt und sie mit einem KFZ an einen anderen Ort gebracht. Dort habe man sie dazu befragt, ob sie mit dem IS kooperiert hätten. Zudem habe man sie mehrfach geschlagen, drangsaliert und verletzt. Nach der Befragung sei der BF ca. 13 Tage lang in einer Zelle eingesperrt gewesen, man habe ihn beschimpft, jedoch nicht mehr geschlagen oder verletzt und er habe regelmäßig zu essen bekommen. Schließlich habe man ihn freigelassen, sich bei ihm entschuldigt, erklärt, dass es sich um ein Missverständnis gehandelt hätte und ihm Geld für ein Taxi zurück in das Flüchtlingslager gegeben (AS 49f, 53). In der mündlichen Verhandlung hingegen gab er an, man habe ihm den Sack über seinen Kopf niemals abgenommen, demgegenüber gab er in der niederschriftlichen Einvernahme ausdrücklich an, man habe ihm den Sack vom Kopf gezogen und er habe gesehen, wo er gewesen sei:
"[...] Am nächsten Tag wurde ich an einen anderen Platz gebracht und als wir den Platz erreicht haben, haben sie uns die schwarzen Säcke abgenommen und wir konnten sehen, wo wir waren. Es war ein Gefängnis [...]" (AS 53)
Zudem gab er in der mündlichen Verhandlung an, die Zeit, die er in diesem Gefängnis zugebracht hätte, wäre "von heftiger Gewalt geprägt" gewesen, doch führte er zuvor in der niederschriftlichen Einvernahme aus, er sei nach den ersten Befragungen nicht mehr geschlagen worden (AS 53).
In der Einvernahme vom 24.08.2017 erläuterte er zum genannten Vorfall zunächst, man habe ihn und andere junge Männer mitgenommen, ohne ihnen zu erklären, warum sie dies tun würden (AS 51). Als er die Ereignisse in derselben Befragung eingehender schilderte, gab er hingegen an, man habe ihm im Rahmen des Vorfalles durchaus offen gelegt, dass es sich um eine Befragung zur Kooperation des BF mit dem IS gehandelt habe (AS 53). Demgegenüber gab der BF in der Erstbefragung an, im Flüchtlingslager in Kirkuk könne es passieren, dass man interniert werde, weil man im Lager das Internet benutzen würde (AS 11) und wiederholte diese Behauptung auch in der mündlichen Verhandlung, wobei aus der gesamten Darstellung der Ereignisse um seine "Entführung" nicht hervorkam, dass er wegen der Nutzung des Internets eingesperrt gewesen wäre. Letztlich räumte er in der mündlichen Verhandlung selbst ein, er wisse nicht, um wen es sich bei den "Entführern" überhaupt gehandelt hätte. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass es den Ausführungen des BF zu diesen Vorfällen an Stringenz mangelt und bei seiner Schilderung der Ereignisse grobe Widersprüche offen zu Tage getreten sind. Es ist jedoch davon auszugehen, dass ihm ein dermaßen einschneidender Vorfall so in Erinnerung geblieben wäre, dass er diesen stets genau und immer in derselben Weise erzählt hätte, hätte sich dieser Vorfall tatsächlich in dieser Form abgespielt. Darüber hinaus sticht es ins Auge, dass dieser Vorfall in der Erstbefragung vom 17.10.2015 keine Erwähnung findet, sondern der BF an dieser Stelle vielmehr allgemein von solchen Vorfällen erzählt. Die Überlegung, er würde ein derartiges Erlebnis im Zuge der Erstbefragung unterwähnt lassen, entbehrt jeglicher Logik, zumal kein objektiv ersichtlicher oder vom BF behaupteter Grund zu Tage getreten ist, einen solch einprägsamen Vorfall nicht bereits bei der Erstbefragung zu schildern. Das Auftreten derartiger Vorkommnisse in irakischen Flüchtlingslagern ist zwar durchaus denkbar, doch konnte er nicht glaubhaft darlegen, dass ihm selbst jemals derartiges zugestoßen sei.
Selbst bei Wahrunterstellung eines Vorfalles dieser Art ist hervorzuheben, dass der BF das Flüchtlingslager bzw. seinen Herkunftsstaat nicht sofort nach seiner vermeintlichen Freilassung verließ, sondern dort noch einige Monate verblieb. Daraus ist zu schließen, dass die dargestellten Ereignisse für ihn nicht fluchtauslösend sein konnten und er von einer derartigen Bedrohungssituation selbst nicht ausgegangen war. Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass er selbst mehrfach aussagte, dass sich die mutmaßlichen Entführer beim BF "für das Missverständnis entschuldigt" und ihm Geld für die Taxifahrt zurück in das Flüchtlingslager gegeben hätten. Auch in Anbetracht der sukzessiven Zurückdrängung des IS und der damit einhergehenden Entspannung der Lage zwischen den Kurden und den arabischstämmigen Bewohnern der Flüchtlingslager war letztlich zu dem Schluss zu kommen, dass der BF mit der Darlegung der oben genannten Ereignisse eine aktuelle und individuelle Bedrohungs- und Verfolgungslager nicht substantiiert belegen konnte.
Der BF gab anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 24.08.2017 erstmals an, dass bei der Befreiung der Stadt XXXX durch sunnitische Einsatzkräfte sein Laptop, auf dem sich Fotos von diesem und einer jungen Frau namens XXXX befunden hätten, gestohlen worden wäre. Am 03.07.2015 habe der Stammesführer des Stammes des BF den Vater des BF angerufen, um diesem mitzuteilen, dass der BF Schade über diesen Stamm gebracht habe. Der BF führte dazu aus, dass er und die Frau eine Beziehung geführt hätten (AS 51). Der Stammesführer habe seinem Vater mitgeteilt, dass man den BF an den Stamm des Mädchens ausliefern müsse, da eine außereheliche Beziehung im Irak nicht akzeptiert werde. Nach Hervorkommen der Fotos habe der Stamm des Mädchens das Haus der Familie des BF in XXXX beschossen. Daraufhin habe die Familie des BF diesen verstoßen, weshalb dieser den Irak verlassen habe (AS 51). Zunächst ist zu bemerken, dass der BF im Rahmen der Erstbefragung angegeben hat, das Haus seiner Familie sei im Zuge des IS Angriffes auf seine Heimatstadt am 10.06.2014 "vollständig verbrannt" (AS 11). Im Zuge der Einvernahme vom 24.08.2017 bestärkte er dies indem er angab, dass das Haus nicht mehr existiere (AS 47). Auf den in Vorlage gebrachten Fotos (AS 117ff) ist jedoch demgegenüber ein an den Grundfesten beschädigtes Gebäude mit teilweise eingestürzten Wänden zu sehen. Zudem führte er in der Einvernahme (AS 51) und in der mündlichen Verhandlung aus, die Habseligkeiten seiner Familie seien im Rahmen der Befreiung der Stadt durch die PMF aus dem Haus der Familie gestohlen worden und der Stamm der vermeintlichen Freundin des BF habe das Haus der Familie des BF im Juli 2015 unter Beschuss genommen. Vor dem Hintergrund, dass die Familie des BF seit dem 10.06.2014 nicht mehr in ihrer früheren Unterkunft lebte, wäre es vollkommen sinnwidrig, dass dieser Stamm ein leerstehendes und zudem verwüstetes Haus beschossen hätte. Somit konnte er nicht glaubhaft machen, dass das Haus zerstört wurde; auch konnte er nicht glaubhaft machen, dass dieses von Milizen oder Stammesangehörigen unter Beschuss genommen wurde. In seiner Gesamtheit ist das Vorbringen des BF unglaubwürdig. Da der Beschuss des Hauses des BF nicht glaubhaft belegt wurde, ist hervorzuheben, dass der Stamm der Freundin des BF überhaupt nicht persönlich an ihn herangetreten ist. In diesem Kontext ist weder von einer konkreten oder individuellen Verfolgung oder Bedrohung zu sprechen; so erwähnt der BF selbst, dass es keine (weiteren) Drohungsgebärden gegen ihn gegeben habe (AS 53).
Aufgrund der von ihm in Vorlage gebrachten Fotografien kann nicht auf die Art der Beziehung zu dieser Frau geschlossen werden. Zwar befindet sich auf einem der Fotografien eine intime Aufnahme des Dekolletés der Frau, doch ist auf diesen Bildern der BF selbst nicht zu sehen. Wenn der BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angab, dass es bereits ein Problem darstellen würde, dass er mit einer Frau auf einem Foto abgebildet ist, so ist dies im Lichte seiner Schilderung, derzufolge er die Frau auf einer Feier an einer Universität kennengelernt haben wollte und schon das Kennenlernen dieser Frau offenbar ohne Probleme möglich war, wenig nachvollziehbar. All jene Fotos, auf denen er und die Frau gemeinsam zu sehen sind, sind in Anbetracht der immer gleich bleibenden Kleidung der beiden Personen allesamt am selben Tag und am selben Ort aufgenommen worden. Hätte tatsächlich zwischen dem Jahr 2013 und dem Jahr 2014 eine Beziehung zwischen dem BF und der Frau bestanden, so wäre es kaum nachvollziehbar, dass es nur diese wenigen gemeinsamen Fotos gibt. Die Schilderungen des BF im Hinblick auf seine Beziehung, z.B. deren Dauer und deren konkrete Ausgestaltung, bleiben zudem völlig konturlos und ist daher am Bestand der Beziehung überhaupt zu zweifeln. Selbst bei Wahrunterstellung ist in Erinnerung zu rufen, dass dem BF nach eigenem Vorbringen die möglichen Konsequenzen, die das Bekanntwerden solcher Bilder nach sich ziehen könnte, bekannt waren. In diesem Kontext widerspricht es jeglicher Lebenserfahrung, dass er den Laptop mit den gegenständlichen Fotos bei seiner Flucht nicht mitnahm, sondern im Haus beließ, zumal ein Laptop ein portables Gerät darstellt. In Anbetracht des Zustandes eines auf den vorgelegten Fotos erkennbaren Gebäudes, bei dem es sich mangels Anhaltspunkten um ein beliebiges handeln kann, scheint es zudem äußerst unwahrscheinlich, dass sein Laptop ein Jahr nachdem er ihn zurückgelassen haben will, aus den Trümmern des Hauses unbeschadet geborgen wurde, wie Glauben machen wollte.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht führte der BF aus, dass er den Laptop nicht wieder bekommen habe und seinem Vater die Fotos vom Stammesführer übermittelt worden. Der BF hatte diese Bilder zum Zeitpunkt der Einreise ins Bundesgebiet bereits am Handy (AS 51) und es ist fraglich, warum er dieses Fluchtvorbringen nicht bereits in der Erstbefragung erstattete und die Fotos nicht bereits zu diesem Zeitpunkt in Vorlage brachte, stellt der BF die angebliche Verfolgung wegen Ehrverletzung doch als das ausschlaggebendstes Fluchtvorbringen dar. So führte er in seiner Erstbefragung lediglich aus, dass er im Falle der Rückkehr Sanktionen von schiitischen Milizen zu erwarten hätte; dagegen erwähnte er allfällige Stammeskonflikte mit keinem Wort. Dass er in der Erstbefragung wesentliche Teile seines Fluchtvorbringens völlig verschweigt, wohingegen er in der selben Befragung durchaus Details erläutert, z.B. den Verlust seiner Arbeitsstelle als Busfahrer, und die ihn angeblich treffenden Stammeskonflikte erst in der Befragung durch das BFA erwähnt und somit bewusst das Risiko eingegangen ist, nicht glaubwürdig zu wirken, entbehrt jeglicher Nachvollziehbarkeit und lässt an der Authentizität der geschilderten Ereignisse erhebliche Zweifel aufkommen.
Der BF gab an, dass ihn seine Familie aufgrund der am 03.07.2015 bekannt gewordenen Fotos verstoßen hätte; es ist jedoch zu bemerken, dass er nicht sofort aus seinem Herkunftsstaat ausgereist ist. Seiner eigenen Darstellung zufolge sei er mit seinem Bruder von 23.08.2015 bis zum 26.08.2015 in den Iran gereist, was gegen den Abbruch seiner familiären Bande spricht.
Nach seinem Aufenthalt im Iran ist der BF, trotz der von ihm behaupteten Bedrohungssituation, wieder in den Irak zurückgekehrt und hielt sich dort noch bis 24.09.2015 (im Flüchtlingslager in KIRKUK) auf. Der BF konnte somit nicht glaubhaft machen, dass er von seiner Familie verstoßen worden wäre. So gab er anlässlich seiner Erstbefragung auch an, er habe seinen Reisepass "wieder nach Hause geschickt, da ich Angst hatte, dass er mir von den Schleppern weggenommen wird" (AS 9) und lässt jeglichen familiären Konflikt vollkommen unerwähnt. Eine derartige Vorgehensweise wird von demjenigen, der sich in einem familiären Konflikt befindet, nach der allgemeinen Lebenserfahrung in der Regel nicht gewählt, vielmehr von demjenigen, der sich in einem guten Verhältnis mit seiner Familie befindet.
Der BF lebte zwischen dem Bekanntwerden der Fotos am 03.07.2015 bis zum 24.09.2015 unbehelligt im Irak, musste sich in diesem Zeitraum nicht verstecken und ist in dieser Zeit weder von einer Miliz noch vom Stamm der XXXX bedroht worden, wodurch an einer tatsächlichen, konkreten Verfolgung des BF begründete Zweifel nicht von der Hand zu weisen sind.
Aus den angeführten Gründen waren die Konstatierungen zum Vorbringen des BF im Rahmen der dem Gericht zukommenden freien Beweiswürdigung zu treffen.
In Anbetracht des gesamten Vorbringens des BF von der Erstbefragung zur mündlichen Verhandlung ist eine klare Tendenz zur Steigerung und Dramatisierung des eigenen Vorbringens deutlich zu erkennen, so lässt der BF wesentliche Teile seiner Fluchtgeschichte in der Erstbefragung zunächst unerwähnt und bringt diese erst später (überaus detailreich) vor; dadurch belastete er seine Glaubwürdigkeit in einem erheblichen Ausmaß.
Der BF vermochte ein aktuelles und individuelles Bedrohungs- oder Verfolgungsszenario nicht glaubhaft darzulegen oder eine wohlbegründete Furcht nachvollziehbar zu veranschaulichen. Anlassbezogen konnte weder eine konkret gegen den BF gerichtete Bedrohung noch eine gegen diesen aktuell bestehende Gefahr der Verfolgung festgestellt werden, noch sind im Beschwerdeverfahren Anhaltspunkte hervorgekommen, die bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat eine mögliche Verfolgung wahrscheinlich erscheinen ließen."
Zur allgemeinen Lage wurde dargelegt:
"...Die länderkundlichen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak gründen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes und auf den als notorisch zu qualifizierenden aktuellen Ereignissen im Herkunftsstaat des BF in Verbindung mit den dazu ergänzend eingesehenen länderkundlichen Informationsquellen. Diesen war auch kein über die oben erörterten, vom BF selbst dargebotenen Verfolgungsgründe hinausgehender Sachverhalt zu entnehmen, der allenfalls Anhaltspunkte für eine aus sonstigen Gründen dem BF drohende individuelle Gefährdung beinhaltet hätte."
Zweiter Antrag der bP auf internationalen Schutz vom 26.11.2018
Am 26.11.2018 stellte die bP den zweiten und gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge der Erstbefragung am 26.11.2018 gab sie zu ihrem Fluchtgrund befragt im Wesentlichen folgend an:
"Es gibt neue Gründe: Ich habe beim ersten Antrag die richtigen Fluchtgründe nicht erwähnt, da ich Angst hatte. Ich habe damals erwähnt, dass ich Araber sei. Doch dies stimmt nicht. Ich bin Kurde. Ich kann dies auch jederzeit beweisen. Es gibt vieles, was stimmte, was ich damals angegeben habe. Jedoch das wichtigste, dass ich Kurde bin, habe ich nicht gesagt. Ich habe in XXXX gearbeitet und auch ein Mädchen geliebt. Als der IS einmarschiert ist, musste ich nach Kirkuk gehen, wo ich bei meinen Eltern gewohnt habe. Ich wurde dort festgenommen und eingesperrt. Dies habe ich erwähnt bei der ersten Einvernahme. Doch die wahren Gründe sagte ich nicht. Ich wurde von den Kurden festgenommen, weil sie damit erreichen wollten, dass ich wieder zurück in ihre Partei kehren würde. Diese Partei heißt Kurdistan Democratic Party. Diese Partei verlangte, dass man für sie spioniert. Zu diesem Zeitpunkt wollte der IS die Stadt einnehmen, aber ebenso auch die arabischen Milizen. Um wieder aus dem Gefängnis rauszukommen musste ich zur genannten Partei zurückkehren. Dies brachte die Araber dazu, mich zu bedrohen. Ich hätte getötet werden sollen, außerdem habe ich noch ein Problem mit einem Familienclan, wegen dem Mädchen, welches ich liebte. Ich werde politisch verfolgt. Von mir werden viele Sachen verlangt. Doch ich will weder töten noch getötet werden... Diese Gründe sind seit Beginn bekannt, ich habe nur beim Erstantrag nicht ganz die Wahrheit gesagt, da ich Angst hatte..."
Am 20.12.2018 wurde die bP beim BFA niederschriftlich einvernommen. Die wesentlichen Passagen dieser Einvernahme gestalteten sich dabei wie folgt:
"...L: Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?
A: Es gibt schon auch was Falsches, das ich früher gesagt habe.
L: Sind Sie aktuell in medizinischer Behandlung, nehmen Sie Medikamente oder sind medizinische Behandlungen geplant?
A: Nein, ich bin gesund.
L: Haben Sie Beweismittel oder Identitätsbezeugende Dokumente, die Sie vorlegen können und welche Sie bisher noch nicht vorgelegt haben?
A: Ja. Ich habe eine Lebensmittelkarte, die beweist, dass ich Kurde bin und aus dem
kurdischen Gebiet komme. Damit erhalten ich und meine Familie Lebensmittel. Das bekommt
jede Familie dort. Dann habe ich ein Bild von mir, als ich 2011 beim Militär war. Dann lege ich
den Pass meines Vaters vor, darauf steht aus welchem Clan und welche Sippe ich komme.
Dann habe ich auch noch einen Mitgliedsausweis von meinem Vater, dass er bei der kurdischen Partei ist.
L: Bitte geben Sie Ihre Personaldaten, Ihre Staatsangehörigkeit, Ihre Schulbildung und Ihren Beruf bekannt!
A: XXXX, Irak, XXXX in der Provinz XXXX geboren. Ich bin 9 Jahre in die Schule gegangen. Ich habe als Maler und Anstreicher gearbeitet und dann als Busfahrer.
L: Wie viel haben Sie da verdient?
A: Als Maler habe ich ca. 12 Dollar verdient und als Busfahrer habe ich ca. 1000 Dollar verdient.
L: Haben Sie in Österreich Verwandte?
A: Ja, ich habe einen Cousin in Österreich.
L: Wie ist der Kontakt zu Ihrem Cousin?
A: Ich besuche ihn ab und zu am Wochenende.
L: Bestehen irgendwelche finanziellen Abhängigkeiten zu Ihrem Cousin?
A: Nein.
L; Wie heißt ihr Cousin?
A: XXXX. Er ist seit ca. 18 Jahren in Österreich.
L: Leben Sie in Österreich mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft, wenn ja, beschreiben Sie diese Gemeinschaft?
A: Ich habe eine Freundin, aber ich möchte ihren Namen nicht erwähnen. Ich lebe mit ihr nicht zusammen. Ich bin auch finanziell nicht von ihr abhängig.
L: Wann sind Sie in Österreich eingereist?
A: Ich bin am 16.10.2015 in Österreich eingereist.
L: Sind Sie seither durchgehend in Österreich aufhältig?
A: Ja, durchgehend.
L: Sie haben bereits am 17.10.2015, unter der Zahl XXXX einen Asylantrag gestellt, der rechtskräftig abgewiesen wurden. Warum stellen Sie neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz?
A: Weil ich habe meine richtigen Asylgründe nicht wirklich angegeben.
L: Warum nicht?
A: Aus Angst.
L: Aus welcher Angst?
A: Ich hatte Angst um mein Leben und das Leben von meiner Familie.
L: Warum ist diese Angst jetzt weg?
A: Ich bin jetzt gezwungen, mein Asylverfahren wurde negativ entschieden. Jetzt muss ich das angeben.
L: Warum haben Sie bei der mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht nicht die Gründe angegeben?
A: Ich hatte da noch Angst.
L: Seit wann bestehen diese Gründe, die Sie nicht angegeben haben?
A: Diese Vorfälle und diese Gründe haben am 10.06.2014 angefangen.
L: Das heißt, Ihre Angaben im Vorverfahren stimmen nicht?
A: Nein, alles ist nicht falsch. Aber das waren nicht in erster Linie meine Fluchtgründe, die gab es schon auch, aber die Gründe, die ich jetzt angebe, sind wichtiger.
Im Jahr 2011 war ich als Soldat in Beshmerka. Ich habe für die kurdischen Einheiten ein halbes Jahr mitgearbeitet, danach bin ich in die Stadt XXXX gezogen. Dort habe ich ein normales Leben geführt als Maler und Busfahrer in der Firma "XXXX" bis der IS in der Stadt XXXX einmarschiert ist. Ich musste, nachdem die IS dort einmarschiert ist, in die Stadt Kirkuk zurückziehen. Weil ich die Beshmerka verlassen habe, musste ich bei der Rückkehr bestraft werden. Nachgefragt gibt AW an, dass das dort ein Gesetz ist. Zu dieser Zeit haben die kurdischen Gruppierungen erfahrene Soldaten gebraucht. Zu dieser Zeit hat es in Kirkuk Auseinandersetzungen zwischen den kurdischen Gruppierungen der IS und der irakischen Milizen gegeben. Die Beshmerka haben Soldaten gebraucht. Auf mich wurde Druck ausgeübt, dass ich wieder mitarbeiten soll. Ich musste Mitglied werden in der kurdischen Partei, sonst durfte ich dort nicht arbeiten und nicht leben. Nachgefragt gibt AW an, dass damit nicht eine normale Arbeit gemeint ist, sondern in einer staatlichen Einrichtung. Ich bin dann einen Monat in die Türkei gereist, weil ich den Druck nicht ausgehalten habe. Ich kann mich erinnern, dass ich am 26.11.2014 festgenommen wurde und 14 Tage in Haft gesessen bin. Diese Festnahme habe ich auch in meinem Vorverfahren schon erwähnt, aber ich habe den Grund nicht erwähnt. Während dieser Festnahme wurde ich gefoltert, man wollte, dass ich wieder in der kurdischen Partei mitarbeite. Ich habe zustimmen müssen, wieder für sie zu arbeiten. Es wurde von uns verlangt, dass wir über die damaligen Kollegen und die Araber, die in Kirkuk leben, spionieren sowie auch Menschen töten. Das wollte ich nicht. Deshalb bin ich geflohen.
L: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland?
A: Ich habe Angst im Falle der Rückkehr. Entweder werden mich die kurdische Einheit oder die arabischen Milizen töten. Ich möchte anmerken, als das irakische Militär die Stadt Kikurk eingenommen hat, haben sie bereits unsere persönlichen Daten bekommen.
L: Wer befindet sich jetzt im Irak von Ihrer Familie?
A: Nur eine Schwester von mir. Sie ist bereits verheiratet.
L: Wo lebt ihre Familie?
A: Ich weiß, dass sie in der Türkei leben, aber wegen dieser Vorfälle hat mich meine Familie ausgeschlossen. Ich habe nur mehr Kontakt zu meiner Schwester im Irak und zu einer weiteren Schwester, die in London lebt.
L: Was erzählt Ihre Schwester, die im Irak lebt?
A: Sie warnt mich, dass ich nicht zurückkehren darf.
L: Warum nicht? Gab es irgendwelche Vorfälle?
A: Meine Schwester weiß, dass mein Leben in Gefahr ist.
L: Inwieweit würden aufenthaltsbeendende Maßnahmen in Ihr Familien- und Privatleben eingreifen?
Anmerkung: Die Fragestellung näher erläutert, insbesondere dass im Rahmen einer Ausweisungsprüfung verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte in Österreich, Aufenthaltsberechtigungen für Österreich, gewichtige private Interessen an einem Verbleib in Österreich, udgl. berücksichtigt werden.
A: Ich möchte hier Asyl und in Frieden leben. Ich werde anständig leben. Ich würde mein Leben verlieren, wenn ich wieder zurückgehe.
L: Welchen Glauben haben Sie?
A:. Ich bin Moslem.
L: Sind Sie in Österreich einer Beschäftigung nachgegangen oder waren Sie in Österreich berufstätig?
A: Nein. Nur ehrenamtlich habe ich gearbeitet.
L: Wie bestreiten Sie derzeit Ihren Lebensunterhalt?
A: Ich wurde von Freunden unterstützt. Ich bin immer woanders. Die Adresse in XXXX stimmt aber.
L: Sind Sie oder waren Sie in irgendwelchen Vereinen oder Organisationen in Österreich tätig?
A: Nein.
L: Wie gut sprechen Sie Deutsch? Haben Sie schon Kurse besucht?
A:. Ich mache gerade den B1 Kurs.
L: Welche Sprache sprechen Sie am besten?
A: Kurdisch und Arabisch. Etwas Türkisch und Deutsch.
L: Haben Sie jemals erwogen, den Wohnort im Irak zu wechseln, damit sie ihren Problemen entgehen?
A: Ich bin im gesamten Irak bedroht, egal wo ich lebe. Ich bin von beiden Seiten bedroht. Die arabischen Milizen, das irakische Militär werden mich wegen meiner damaligen Tätigkeit bei der Partei töten.
L: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint?
A: Ja..."
Dieser Antrag wurde mit im Spruch bezeichneten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.) Gem. § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gem. § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der bP in den Irak gem. § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gem. § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 FPG wurde ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).
Gegen diesen Bescheid wurde durch die Vertretung der bP innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Es wurde im Wesentlichen dargelegt, dass seit dem Abschluss des Vorverfahrens neue Verfolgungsmomente aufgetreten seien, hinsichtlich welcher der Berechtigte Angst um sein Leben habe und die heimatlichen Behörden ihm gegenüber weder schutzwillig noch schutzfähig seien, insbesondere in Bezug auf seine politische Betätigung sowie der Änderung der Rechtslage und Situation im Irak. Außerdem habe er infolge seines langen Aufenthaltes in Österreich bereits jegliche Bindung zum Irak verloren. Das BFA hätte feststellen müssen, dass ein maßgeblich veränderter Sachverhalt sehr wohl vorliege und dass eine inhaltliche Prüfung des Asylantrages nicht unterlassen werden könne. Weder die Einvernahme noch die oberflächliche Beweiswürdigung würden jedoch ein solches Interesse erkennen lassen. Eine aktuelle Beurteilung habe hinsichtlich der Länderberichte nicht stattgefunden. Es seien keine Recherchen zu den vorgebrachten Fluchtgründen getätigt worden. Es seien eine Reihe von Neuerungen vorgebracht worden, weshalb nicht von entschiedener Sache ausgegangen werden dürfe. Der BF habe sehr konkrete Angaben gemacht, welche zu würdigen gewesen wären. Die Länderberichte würden die zunehmende Eskalation des interkonfessionellen Bürgerkriegs im Irak belegen. Dies sei für den BF bedeutsam. Es sei darauf hinzuweisen, dass die Sicherheitslage im Irak insgesamt im Jahr 2015 als weiterhin höchst instabil zu bezeichnen sei. Auch einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung könne Asylrelevanz zukommen, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen zu unterbinden. Es wurde auf systematische Menschenrechtsverletzungen hingewiesen. Weder die Einvernahme noch die ebenso oberflächliche Beweiswürdigung lasse jedoch auch nur das geringste Interesse seitens des Bundesamtes erkennen, den Sachverhalt zu ermitteln. Die allgemeine Sicherheitslage lasse eine Rückkehr nicht zu. Auch hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers erfolgte eine nur unzureichende Behandlung mit seinem Vorbringen. Der bloße Verweis des Bundesamtes auf die Aufenthaltsdauer könne die Integration des Beschwerdeführers in Österreich nicht entkräften, und könne jedenfalls alleine kein überzeugender Grund für eine Ablehnung der Schützenswürdigkeit seines Privat- und Familienlebens sein. Der Beschwerdeführer habe sich in der Zeit seines Aufenthaltes in Österreich intensiv um eine Integration bemüht, die deutsche Sprache bereits in beeindruckendem Ausmaß erlernt und soziale Kontakte geknüpft, die ihm bei seiner weiteren Integration sehr behilflich sein würden. Auch sei er ebenso arbeitsfähig wie arbeitswillig und er wäre im Falle der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung keinesfalls eine Belastung für die Gebietskörperschaft. Die Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung sei daher keiner adäquaten Beurteilung, insbesondere keiner aktuellen Beurteilung, unterzogen worden und die Ausweisung stelle daher einen Widerspruch zu Art 8 und ebenso Art 2 bzw. 3 EMRK dar. Zusammenfassend müsse festgestellt werden, dass es dem Bundesamt aus den oben genannten Gründen in keiner nachvollziehbaren Weise gelungen sei, die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers zu widerlegen; dies sei im Wesentlichen nicht einmal versucht worden. Auf die Fluchtgründe des Beschwerdeführers sei in der Beweiswürdigung nicht substantiell in erkennbarer Weise eingegangen worden, wodurch dem angefochtenen Bescheid ein massiver Begründungsmangel anhafte. Die Beweiswürdigung des Bundesamtes beschränke sich im Wesentlichen auf das Zitieren vorgeformter, formelhafter Textbausteine, denen jeglicher Begründungswert fehle, ohne den Fall des Beschwerdeführers einer ordnungsgemäßen Prüfung zu unterziehen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers entspreche der Wahrheit, sei glaubwürdig und gründlich substantiiert. Dem Beschwerdeführer drohe in seiner Heimat Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und es wäre ihm daher Asyl zu gewähren gewesen. Überdies bestehe für den Fall einer Abschiebung des Beschwerdeführers die reale Gefahr menschenrechtswidriger Behandlung aufgrund der ausgesprochen schlechten Sicherheitslage im Irak und es wäre ihm deshalb jedenfalls subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen. Allenfalls wäre in seinem Fall aufgrund seiner erfolgreichen Integration in Österreich eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären gewesen. Hinsichtlich der aufschiebenden Wirkung sei zu berücksichtigen, dass bei Nichtgewährung ein effektiver Rechtsschutz nicht gegeben wäre. Darüber hinaus falle die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung weniger schwer ins Gewicht, als der Schaden, den der Beschwerdeführer im Falle einer sofortigen Abschiebung erleiden würde. Dies umso mehr, als der Beschwerdeführer von der Abschiebung bedroht sei. Hinsichtlich des Einreiseverbotes sei außerdem festzustellen, dass die Begründung, der Beschwerdeführer würde eine Gefährdung der Öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen unverständlich sei. Für die Erlassung eines Einreiseverbotes bestehe daher kein dringender Anlass, weder aus präventiven Gründen, noch zur Wahrung der Interessen Österreichs.
Es wurde das Ermittlungsverfahren des BFA moniert.
1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat Irak:
Das BFA legte seiner Entscheidung umfassende Länderfeststellungen zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat bzw. zur Situation der bP im Falle einer Rückkehr zugrunde, denen die bP nicht substantiiert entgegengetreten ist. Erst in der Beschwerde wurden Quellen angesprochen. Die Quellen des BFA liegen auch dem BVwG vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des BVwG, das sich aus der ständigen Beobachtung der aktuellen Quellenlage zur Lage im Herkunftsstaat ergibt. Angesichts der erst kürzlich ergangenen Entscheidung des BFA weisen die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit auf.
In der Beschwerde wurde zwar eine Änderung der allgemeinen Lage behauptet, jedoch nicht dargelegt, inwiefern die bP selbst konkret davon betroffen wäre, wenn man die Würdigung des BFA in seinem Bescheid berücksichtigt, wie auch aus den rechtlichen Ausführungen hervorgeht.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsverfahrensaktes des BFA zum vorangegangenen und zum gegenständlichen Verfahren.
Die Feststellungen zur Identität der bP ergeben sich aus der Tatsache, dass diese im Verfahren kein unbedenkliches nationales Identitätsdokument vorlegte, wie vom BFA ausgeführt wurde. Hinsichtlich der sonstigen Feststellungen zur bP wurde ihren Angaben im Erstverfahren gefolgt, welche auch rechtskräftig festgestellt wurden. Nicht gefolgt wurde den nunmehrigen Angaben im Zweitverfahren. Das BFA schenkte diesen Angaben aus Sicht des BVwG nachvollziehbar keinen Glauben. Vor diesem Hintergrund war davon auszugehen, dass nach familiäre Anknüpfungspunkte im Irak gegeben sind. Der diesbezüglichen Beweiswürdigung des BFA wird seitens des BVwG nicht entgegengetreten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Zu Spruchpunkt I.
Zur Abweisung gem. § 68 Abs. 1 AVG
3.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, welche die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, außer in den Fällen der §§ 69 und 71 AVG und wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
§ 68 Abs. 1 AVG soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern (VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).
Bei der Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig ausgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich gebliebener Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Berufung nicht neu geltend gemacht werden oder im Berufungsverfahren von der Partei ausgewechselt werden (s. z.B. VwSlg. 5642 A, VwGH 28.11.1968, 571/68, 23.5.1995, 94/04/0081; zu Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. aber VwSlg. 12799 A).
Identität der Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegt auch dann vor, wenn sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid bereits abgewiesenen nur dadurch unterscheidet, dass eine bisher von der Partei nicht ins Treffen geführte Rechtsfrage aufgegriffen wird oder die Behörde in den bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren die Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (VwGH 30.1.1989, 88/10/0150).
Ob der nunmehr vorgetragene Sachverhalt, der sich vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag zugetragen haben soll, im Erstverfahren auch vorgetragen wurde oder nicht, ist im Folgeverfahren bei der Prüfung der Rechtskraft ohne belange. Auch ein Sachverhalt, der nicht vorgetragen wurde, ist von der Rechtskraftwirkung des Vorbescheides mitumfasst (vgl. auch Erk. d. VwGH vom 17.9.2008, 2008/23/0684, AsylGH vom 17.4.2009, GZ. E10 316.192-2/2009-8E).
Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.3.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).
Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat (bzw. welche als allgemein bekannt anzusehen sind, vgl. z.B. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321); in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. zB VwSlg. 5642 A/1961; 23.05.1995, 94/04/0081; 15.10.1999, 96/21/0097; 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235), wobei für die Prüfung der Zulässigkeit des Zweitantrages von der Rechtsanschauung auszugehen ist, auf die sich die rechtskräftige Erledigung des Erstantrages gründete (VwGH 16.7.2003, 2000/01/0237, mwN).
Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen (Hinweis EB E 26.4.1995, 92/07/0197, VwSlg 14248 A/1995); die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Entschiedene Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss. Erk. d. VwGH v.26.2.2004, 2004/07/0014; 12.12.2002, 2002/07/0016; 15.10.1999; 9621/9997). Identität der Sache i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG liegt selbst dann vor, wenn die Behörde in einem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren etwa eine Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hätte (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 08.04.1992, Zl. 88/12/0169, ebenso Erk. d. VwGH v. 15.11.2000, 2000/01/0184).
Da sich der Antrag auf internationalen Schutz nicht nur auf den Status eines Asylberechtigten, sondern "hilfsweise" bei Nichtzuerkennung dieses Status auch auf die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten richtet, sind bei Folgeanträgen nach dem AsylG 2005 auch Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus einer Prüfung zu unterziehen (VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).
Nach der Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft - der also für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen keine Asyl- oder Refoulementrelevanz zukäme, sodass eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages von vornherein ausgeschlossen erscheint -, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. etwa VwGH vom 04.11.2004, 2002/20/0391; 19.2.2009, 2008/01/0344).
Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (vgl. die Erkenntnisse vom 10.06.1998, 96/20/0266, und vom 15. Oktober 1999, 96/21/0097).
3.2. Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Als Vergleichsbescheid ist im Falle mehrfacher Asylfolgeanträge derjenige Bescheid heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden - und nicht etwa nur ein Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen - wurde (vgl. in diesem Sinn das Erkenntnis vom 26.06.2005, 2005/20/0226, mwN).
Wie aus dem gegenständlichen Verfahrensgang hervorgeht, stellt den maßgeblichen Vergleichsbescheid das Erkenntnis des BVwG vom 07.05.2018 dar, womit die Beschwerde gegen die Abweisung des ersten Antrages auf internationalen Schutz in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen wurde. Das Erkenntnis wurde rechtswirksam zugestellt und erwuchs mit 18.05.2018 in Rechtskraft.
Das BVwG bestätigte darin im Wesentlichen, dass das als ausreisekausal dargelegte Vorbringen nicht glaubhaft war und sich auch aus der allgemeinen Lage im Irak kein Grund für die Zuerkennung von internationalem Schutz bzw. subsidiärem Schutz ergibt.
Das gegenständliche Verfahren betreffend ist bei der Prüfung gem. § 68 AVG maßgeblich, dass die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen muss, dem Asyl- oder Refoulementrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages - allenfalls auf der Grundlage eines durchzuführenden Ermittlungsverfahrens - mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen (vgl. VwGH 4.11.2004 sowie u.a. die Erkenntnisse vom 25.10.2005, 2005/20/0372, vom 22.12.2005, 2005/20/0556 sowie 2005/20/0300; 19.2.2009, 2008/01/0344).
Eine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes liegt nicht vor, wenn die ursprüngliche Entscheidung davon ausging, dass das Vorbringen nicht glaubhaft sei und mit dem neuerlichen Antrag unter Vorlage entsprechender Beweismittel darzutun versucht wird, dass die Angaben sehr wohl wahr seien (VwGH 30.1.1989, 88/10/0150).
Im gegenständlichen Verfahren legte das BFA nachvollziehbar dar, dass die Feststellung, dass die bP im gegenständlichen Verfahren keinen nach rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens neu entstandenen und asylrelevanten Sachverhalt vorgebracht hat, sich aus deren Angaben bei der Erstbefragung am 26.11.2018 und bei der Einvernahme am 20.12.2018 zum gegenständlichen Verfahren ergibt. Die von der bP vorgebrachten Gründe für die neuerliche Antragstellung haben bereits zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Erstverfahrens bestanden und hat sich seither kein entscheidungsrelevant geänderter Sachverhalt im Sinne der vorstehenden Ausführungen zu §68 AVG ergeben.
Zur Glaubwürdigkeit der nunmehrigen Angaben legte das BFA überdies dar, dass es jeder Lebenserfahrung widerspricht, dass ein durchschnittlich sorgfältiger Asylwerber tatsächlich bestehende Verfolgung wider besseren Wissens verschweigt, da man von einer Person, welche tatsächlich im Herkunftsstaat Verfolgung erfahren hätte bzw. solche befürchten würde, erwarten müsste, dass sie ein derartig wichtiges Faktum nicht dermaßen leichtfertig in jenem Staat verschweigt, von dem sie sich Schutz erwartet und obendrein noch bewusst falsche Angaben machen würde, indem sie wissentlich fälschlich eine diesbezügliche Frage seitens des befragenden Organs wahrheitswidrig verneint.
Gerade von einem juristischen Laien muss vor dem Hintergrund der Tatsache, dass eine solche Person über das Asylrecht in allen Einzelheiten nicht im Vorhinein informiert ist, davon ausgegangen werden, dass ein solcher Mensch im Bestreben, seine Position im Asylverfahren nicht zu gefährden, auf eine Frage seitens der Asylbehörde nach dem Bestehen eines nicht unwesentlichen Sachverhaltselements spontan und freiwillig wahrheitsgemäß beantwortet, anstatt diesen besseren Wissens zu verschweigen, weil es auch einem juristischen Laien aus seiner Wissenssphäre notorisch erkennbar ist, dass wahrheitswidrige Angaben die Glaubwürdigkeit im Asylverfahren und somit seine Position im Asylverfahren beeinträchtigen. Es ist daher g