TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/19 W168 2214601-1

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Veröffentlicht am 19.02.2019
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Entscheidungsdatum

19.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W168 2214601-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. China VR, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2019, Zl 19 -1216541007 / 190023827, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005,§ 9 BFA-VG, und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (BF) stellte nach unberechtigter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 08.01.2019 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016BF und gab hierbei die oben angeführten Personalien an.

Anlässlich der Erstbefragung am 08.01.2019 bei der Polizeiinspektion Graz, Hauptbahnhof, Europlatz 7, 8020 Graz gab die BF befragt zu Ihrem Fluchtgrund folgendes an:

Ich bin Landwirtin und hatte einen Bauernhof. Die Regierung hat mein Grundstück im Juni 2015 enteignet. Ich war der Meinung, mein Bauernhof hat einen Wert von ca. 500.000,-- Yuan Wert. Aber ich habe nur 60.000,-- Yuan dafür von der Regierung bekommen. Mein Bruder wohnte auch am Bauernhof bei mir. Es wurden bei mehreren Landwirten die Grundstücke von der Regierung enteignet. Deshalb sind wir dann alle zusammen nach Peking gefahren um dort bei der Regierung zu demonstrieren. Als wir wieder zu unserem Grundstücken zurückfuhren, wurden wir alle festgenommen. Wir wurden für ca. ein halbes Monat eingesperrt, das war im Juli 2015. Wir sind danach im September 2015 wieder nach Peking gefahren um zu demonstrieren. Daraufhin wurden wir für eineinhalb Monaten wieder eingesperrt. Nach der Entlassung sind daraufhin 5 Personen von uns spurlos verschwunden. Mein Bruder ist auch einer von den verschwundenen Personen. Danach wurde ich ständig von den Sicherheitsleuten von der Regierung bedroht, dass ich nicht weiter demonstrieren darf. Das ganze dauerte von September 2015 bis Februar 2018. Ich wurde in diesem Zeitraum nicht wieder festgenommen. Ich bin der Meinung, wenn ich China nicht verlassen hätte, würde ich wieder eingesperrt werden.

Am 23.01.2019 wurde die Beschwerdeführerin beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost, einvernommen. Die wesentlichen Angaben der Einvernahme gestalteten sich wie folgt:

F: Wie ist die Verständigung mit dem Dolmetscher?

A: Die passt.

Meine Muttersprache ist Chinesisch.

F: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die Befragung zu absolvieren?

A: Sehr gut.

F: Sind Sie in ärztlicher Behandlung oder leiden Sie an Krankheiten?

A: Nein.

F: Sie haben nun die Möglichkeit weitere Tatsachen und Beweismittel oder Identitätsbezeugende Dokumente anzuführen bzw. vorzulegen?

A: Nein.

F: Haben Sie einen Vertreter beziehungsweise einen Zustellbevollmächtigten in Ihrem Asylverfahren?

A: Nein.

F: Haben Sie im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

A: Nein.

F: Haben Sie in Österreich aufhältige Eltern oder Kinder (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet)?

A: Nein.

F: Wann haben Sie Ihr Heimatland verlassen?

A: Im Februar 2018.

F: Haben Sie eine Schule besucht oder haben Sie eine Ausbildung absolviert? Wenn ja, wie lange und in welcher Art?

A: Hauptschule abgeschlossen. 6 Jahre Volksschule, 3 Jahre Hauptschule.

F: Welchen Beruf haben Sie in Ihrem Heimatland ausgeübt?

A: Ich war Bäuerin. Nachgefragt gebe ich an, dass ich seit der Geburt bis jetzt Bäuerin war.

F: Wo waren Sie Bäuerin?

A: Liayang Stadt und Liaoning Provinz. Ich hatte in eigenes Ackerland und wir bauen normalerweise nur Gemüse an, mit meinen Eltern gemeinsam.

F: Wem gehört das Ackerfeld?

A: Das gehört mir selber.

F: Haben Sie somit das Geld verdient?

A: Ja.

F: Haben Sie im Herkunftsland Strafrechtsdelikte begangen?

A: Nein.

F: Haben Sie Angehörige in Ihrem Heimatland? Wenn ja, welche?

A: Meine Tochter. Ich habe eigentlich noch einen älteren Bruder, der ist einfach verschwunden.

F: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Tochter?

A: Ja.

F: WO lebt Ihre Tochter?

A: In der Stadt XXXX und Sie ist verheiratet.

F: Haben Sie eine Wohnung oder ein Haus im Heimatland?

A: Ich habe ein drei Zimmer Haus. Das ist aber abgerissen worden. Die Regierung will das Gebiet zu sich nehmen und daher ist das Haus abgerissen.

F: Haben Sie noch in Ihrem Heimatland Besitztümer (Häuser, Grundstücke,...)?

A: Nein. Es gibt nichts mehr.

F: Wo haben Sie bis zur Ihrer Ausreise gewohnt?

A: Ich habe eine Mietwohnung gemietet, nicht sehr weit von unserem Ackerland. Da habe ich alleine gewohnt.

F: Sind Sie arbeitsfähig?

A: Ja, es geht.

F: Sind Sie in Österreich Mitglied in irgendwelchen Vereinen oder Organisationen?

A: Nein.

F: Haben Sie in Österreich Deutsch-Kurse besucht?

A: Nur im Haus hier besucht.

F: Haben Sie da eine Bestätigung?

A: Nein.

F: Hatten Sie wirtschaftliche Gründe Ihre Heimat zu verlassen?

A: Mein Grund ist nach dem Abriss soll ich der Regierung eine Vergütung von 500 000 bis 600 000 Yon bekommen, aber ich habe leider nur 60 000 Yon bekommen.

F: Haben Sie Dokumente in Ihrem Heimatland besessen?

A: Nein.

F: Wie verdienten Sie Ihren Lebensunterhalt im Heimatland?

A: Durch meine bäuerlichen Tätigkeiten, 3000 bis 4000 Yon, bekomme ich im Sommer vom Gemüse anbauen. Im Winter muss ich dann wo anders arbeiten. Im Winter arbeite ich dann in der Stadt Shenyang als Putzfrau usw.

F: Wie konnten Sie sich die Ausreise aus Ihrem Heimatland finanzieren?

A: Ich habe wie gesagt 60 000 Yon als Vergütung bekommen, mit dem bin ich ausgereist.

F: Waren oder sind Sie im Heimatland Mitglied einer politischen Organisation oder eines

politischen Vereins?

A: Nein.

F: Welcher Volksgruppe/Religion gehören Sie an?

A: Ich bin Han.

F: Hatten Sie jemals Probleme aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit?

A: Nein.

F: Hatten Sie persönlich Probleme?

A: Durch diese Abrissarbeit habe ich keine richtige Vergütung bekommen.

FLUCHTGRUND:

F: Warum stellen Sie einen Asylantrag bzw. was veranlasste Sie, die Heimat zu verlassen? Schildern Sie bitte möglichst konkret und detailliert Ihre Fluchtgründe!

A: Durch diese zwangsweise Abrissarbeit, habe ich mit der Regierung Konflikt gehabt, deswegen kann ich nicht mehr in China bleiben. Ich wurde auch bedroht. Es wurden auch von anderen Personen die Häuser abgerissen, insgesamt 4-5 Personen. Diese Personen sind verschwunden. Ich kann nicht sagen, ob diese von der Regierung mitgenommen wurden, ich habe keine Beweise, aber ich glaube das war die Regierung.

F: Und was ist der Fluchtgrund?

A: Ich habe große Sorgen, dass ich auch verschwinden werde und mich die Regierung mitnimmt.

F: Hatten Sie eine Auseinandersetzung mit der Regierung?

A: Ja durch diese Abrissarbeit. Wir haben gestritten, ich war in der Stadt XXXX am Bahnhof um das Problem der oberstehenden Behörde anzugeben und hoffte, dass sie dieses Problem lösen können, aber die Polizeiinspektion der Stadt Liayang hat mich wieder zurückgeschickt.

F: Warum?

A: Um unseren weiteren Besuch an die Oberstehende Behörde zu verhindern und damit wir nicht die richtige Vergütung.

F: Geht es hier nur um die Vergütung?

A: Ja.

F: Haben Sie keine Anzeige erstattet?

A: Ja. Ich wandte mich zuerst an die Regierung XXXX . Das Problem wurde nicht gelöst.

F: Wurden Sie persönlich konkret bedroht oder verfolgt?

A: Zweimal bedroht und verfolgt.

F: Von wem?

A: Erste Mal wurde ich bei der Polizei in XXXX für 30 Tage eingesperrt.

F: Warum?

A: Weil ich nach XXXX gefahren bin um das Problem zu melden, aber sie wollen das nicht.

F: das zweite Mal?

A: War ich wieder eingesperrt in XXXX für 50 Tage.

F: Welches Problem meinen Sie hiermit genau?

A: Die Vergütung.

F: Sonst wurden Sie nicht verfolgt oder bedroht?

A: Nein.

F: Hatten Sie jemals Probleme mit der Polizei, weiteren (Sicherheits)Behörden, dem Militär oder Gerichten in China?

A: Nein.

F: Haben Sie in China von sich aus jemals eine Polizeidienststelle, ein Gericht oder sonstige Sicherheitsbehörden (insb. auch Militärbehörden) aufgesucht?

A: Nein.

F: Was müsste passieren, damit Sie wieder in Ihr Heimatland zurückkehren können?

A: Ich weiß nicht.

F: Was würde passieren, wenn Sie in Ihr Heimatland zurückkehren?

A: Ich glaube ich würde verschwinden, wie mein Bruder.

F: Wie lange ist ihr Bruder schon verschollen?

A: 2 Jahre.

F: Wann war der Abriss des Hauses?

A: Im Jahr 2015.

F: Sie sind bei uns in der Unterkunft Traiskirchen gemeldet?

A: Ja.

F: Wie sieht Ihr Privatleben aus? Was machen Sie in der Freizeit?

A: Ich habe zweimal Deutschunterrichte besucht sonst nichts.

F: Möchten Sie die Länderfeststellungen ausgefolgt bekommen? Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, eine schriftliche Stellungnahme einlangend bis zum 30.Jänner 2019 beim Bundesamt schriftlich abzugeben.

A: Nein, das brauche ich nicht.

Rechtsberater hat eine Frage an AW:

F: Warum wurde das Grundstück weggenommen?

A: Die Regierung möchte auf diesem Gebiet eine Wohnsiedlung aufbauen und dann an die Bürger verkaufen.

F: Ich beende jetzt die Befragung. Konnten Sie zum Verfahren alles umfassend vorbringen?

A: Ja.

F: Haben Sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden, konnten Sie der Einvernahme folgen?

A: Ja.

Es wird Ihnen nunmehr die Niederschrift rückübersetzt und Sie haben danach die Möglichkeit noch etwas richtig zu stellen oder hinzuzufügen.

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt.

F: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen vorzubringen?

A: Nein.

F: Wurde alles vollständig und richtig protokolliert?

A: Ja.

Anmerkung: AW möchte noch was anführen:

A: Bei der Festnahme bzw. Einsperrung wurde mein Fußgelenk geschlagen und somit gebrochen.

F: Von wem?

A: Von den Polizisten.

F: Genauer bitte?

A: Von einem Polizist mit Stock.

F: Wie hat dieser ausgehen?

A: Ein dicker, ca. 40 Jahre.

F: Haben Sie sich an wen gewendet?

A: Ich habe mich bei der Inspektion beschwert.

F: Was kam dabei raus?

A: Der Chef der Inspektion hat nichts gesagt.

Mit Verfahrensanordnung vom 01.02.2019 wurde der BF ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz I.) hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen, II.) gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat China abgewiesen, III.) ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, IV.) gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wird gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen, V.) gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach China zulässig ist, sowie VI.) wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer (4) BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, der Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wird die aufschiebende Wirkung aberkannt und ausgeführt, dass gemäß § 55 Absatz 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht, sowie wurde VII.) gemäß § 15b Absatz 1 Asylgesetz 2005 ab 17.01.2019 die Unterkunftnahme in der EAST- Ost AIBE Otto Glöckel-Straße 24-26 2514 Traiskirchen angeordnet.

Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass es im gegenständlichen Verfahren nicht feststellbar war, dass die BF einer asylrelevanten individuellen Verfolgung in China ausgesetzt war oder einer solchen im Falle einer Rückkehr ausgesetzt wäre. Auch hätte aus den sonstigen Umständen keine asylrelevante Verfolgung iSd Gründe der GFK, also aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, festgestellt werden. Zur Situation im Fall einer Rückkehr wurde festgehalten, dass unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen keine Umstände existieren würden, welche einer Ausweisung der BF aus dem Bundesgebiet nach China entgegenstünden. Die BF wäre arbeitsfähig und die elementare Grundversorgung in Ihrem Herkunftsland ist gewährleistet. Damit wäre insgesamt festzustellen, dass bei einer Rückkehr nicht mit dem Entzug der Lebensgrundlage der BF zu rechnen wäre und diese auch nicht in eine aussichtslose Situation geraten würde. Zu Ihrem Privat- und Familienleben wurde festgehalten, dass sich die BF erst seit kurzer Zeit in Österreich befinden würde. In Österreich würde sie über keinerlei familiäre oder verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte verfügen; die BF würde jedoch in Ihrem Heimatland über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen. Zur Anordnung der Unterkunftnahme wurde ausgeführt, dass im gegenständlichen Verfahren ein öffentliches Interesse für eine zügige Bearbeitung Ihres Asylverfahrens bestehen würde. Aus der allgemeinen Lage in ihrem Heimatland allein ergäbe sich keine Gefährdung. Aus den angegebenen Gründen vor dem Bundesamt für das Verlassen des Heimatlandes wäre weder ein Asylstatus noch subsidiäre Schutzberechtigung herzuleiten.

Beweiswürdigend wurde insbesondere auch ausgeführt, dass eine vom Asylwerber geltend gemachte Furcht nicht nur behauptet, sondern auch glaubhaft gemacht werden muss. Die BF wäre nicht in der Lage gewesen eine konkrete Verfolgung Ihrer Person detailliert anzugeben. Es sei weiters festzuhalten, dass im Heimatland der BF Bewegungsfreiheit existiere, sodass der BF jedenfalls die Möglichkeit offenstehe, sich an einem anderen Ort in Ihrem Herkunftsstaat zu begeben, um etwaig tatsächlich vorliegenden Problemen zu entgehen. Letztlich ergäbe sich auch unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Behauptungen, dass diese vor eine Bedrohung der behaupteten Art wirksamen Schutz der Behörden des Herkunftsstaates in Anspruch nehmen könne. Aus einer Gesamtschau der Angaben der BF würde sich ergeben, dass diese eine im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bestehende und dem Herkunftsstaat zurechenbare Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft gemacht worden wäre, bzw. insgesamt nicht vorgebracht worden wäre. Betreffend der Feststellungen zu der Situation der BF im Fall Ihrer Rückkehr wurde festgehalten, dass diese im Falle Ihrer Rückkehr nach China nicht um Ihr Leben fürchten müsse. Dies, da der BF keine Verfolgung drohe bzw. diese eine solche nicht glaubhaft gemacht habe. Ebenso bestehe für die BF die Möglichkeit sich in anderen Städten in China aufzuhalten. Die Behörde gehe davon aus, dass der BF im Herkunftsstaat auch keine Gefahren drohen, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden. Aus den Länderfeststellungen zu dem Heimatland der BF wäre ebenso hervorzuheben, dass auch sonst keine Informationen über eine gezielte Verfolgung von abgewiesenen Asylwerbern vorliegen, sodass Ihre Rückkehrbefürchtungen nicht nachvollziehbar zu befinden sind. Im gegenständlichen Verfahren hätten sich somit keine Anhaltspunkte ergeben, dass die BF selbst bei Ihrer Rückkehr Ihren Lebensunterhalt nicht durch berufliche Tätigkeiten bestreiten könnte. Bei der BF würde es sich offensichtlich um eine erwachsene, junge Frau handeln, die auch bis zur Ausreise gearbeitet hätte. Es wäre ferner ebenso in Betracht zu ziehen, dass die BF den Großteil Ihres Lebens in China verbracht habe und anscheinend gut zu Recht kam. Aufgrund der vorstehenden Überlegungen gehe das Bundesamt zweifelsfrei davon aus, dass die BF in Ihrem Heimatland keiner existenziellen Notlage ausgesetzt sind, nachdem Sie dort keine Verfolgung zu befürchten haben, Erwerbsfähigkeit gegeben ist und sich auch aus der allgemeinen Lage in Ihrem Heimatland nicht ergibt, dass praktisch jede dorthin zurückkehrende Person in eine Existenzgefährdende Lage gerät.

Zusammenfassend wäre die erkennende Behörde daher im Rahmen der von ihr vorzunehmenden Beweiswürdigung zu einem den Denkgesetzen und den Erfahrungen des Lebens entsprechenden Ergebnis gelangt, indem sie aufgrund der getroffenen Feststellungen, insbesondere aber aufgrund des Vorbringens zu den Fluchtgründen zu dem Schluss kommt, dass die BF mit diesem keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen konnte. Aufgrund der Behauptungen der BF wäre weder ein Asylstatus noch subsidiäre Schutzberechtigung herzuleiten noch ist jenes Vorbringen dazu geeignet eine begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der GFK glaubhaft zu machen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat der BF würden sich aus einer Vielzahl von unbedenklichen und aktuellen Quellen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen ableiten, welche durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt wurden.

In rechtlicher Hinsicht wurde betreffend Spruchpunkt I ausgeführt, dass sämtliche seitens der BF im Rahmen Ihres Verfahrens getätigten Aussagen als nicht asylrelevant zu befinden waren. Das Asylrecht schütze Personen, gegen die mit staatlichen Maßnahmen von erheblicher Intensität in Verfolgungsabsicht vorgegangen wird. In diesem Sinne würde als Verfolgung nur zielgerichtetes Handeln des Heimatstaates, das sich direkt gegen den einzelnen wendet. Derartige Maßnahmen hätte die BF im gesamten Verwaltungsverfahren mit keinem Wort dargelegt. Nach Ansicht der Behörde würde im gegenständlichen Verfahren kein asylbegründender Sachverhalt vorliegen, weshalb es keinesfalls zur Asylgewährung und damit verbunden zur Anerkennung als Flüchtling kommen könne. Die BF hätte nicht glaubhaft machen können, dass ihr in Ihrem Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung iS des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention drohe oder Sie einer wohlbegründeten Furcht vor solcher ausgesetzt gewesen wäre.

Betreffend Spruchpunkt II wurde festgehalten, dass aus der allgemeinen Lage im Heimatland der BF sich allein keine Gefährdung ergeben würde. Es wäre demnach auch kein Abschiebungshindernis im Sinne des § 8 AsylG ersichtlich gewesen. Ebenso wenig hätten sich in der Person der BF selbst gelegene Gründe, wie etwa eine lebensbedrohende Krankheit ergeben. Es wäre daher davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat in diesem Zusammenhang keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohe.

Für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 57 AsylG von Amts wegen hätten sich keine Hinweise ergeben. Im gegenständlichen Verfahren hätten keine Personen festgestellt werden können, mit welchen die BF im gemeinsamen Haushalt leben oder zu denen ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis besteht würde, oder mit welchen diese im Sinne des Art. 8 EMRK ein relevantes Familienleben führe. Die BF reiste erst im Jänner 2019 in das Bundesgebiet ein und befinden sich daher erst seit sehr kurzer Zeit in Österreich. Die Außerlandesbringung würde ferner daher insgesamt keinen Eingriff in das in Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens darstellen. Ihre Abschiebung der BF nach China wäre daher zulässig. Die BF hätte entsprechend § 18 Abs. 1 AsylG Z4 Verfolgungsgründe nicht vorgebracht und daher hätte das Bundesamt der Beschwerde gegen die abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkannt. Es würde im gegenständlichen Verfahren ein öffentliches Interesse an der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz eine Anordnung zur Unterkunftnahme gem. §15b AsylG 2005 geboten sein, da seitens der BF keine Verfolgungsgründe vorgebracht wurden und das gegenständliche Verfahren dem öffentlichen und auch individuellen Interesse entsprechend raschest geführt und entschieden werden könne.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Hierin wurde zusammen-fassend insbesondere ausgeführt, dass betreffender Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufgrund von Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere wegen Verletzungen des Ermittlungsverfahrens in Folge von mangelhafter Beweisermittlung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung Beschwerde erhoben würde. Begründend wurde ausgeführt, dass die BF ihre Heimat aus wohlbegründeter Furcht verlassen habe, bzw. hätte diese auf alle Fragen geantwortet. Die Behörde hätte es verabsäumt den Ausführungen der BF von Amts wegen nachzugehen und sich mit dem individuellen Vorbringen sachlich in ausreichender Weise sachgerecht auseinanderzusetzen, bzw. ein adäquates Ermittlungsverfahren durchzuführen. Die belangte Behörde bedürfe um die Glaubwürdigkeit des Vorbringens zu untermauern. Aus diesen Gründen wurden die Anträge gestellt der BF Asyl gem. §3 AsylG zuzuerkennen, ihr allenfalls gem. §8 AsylG subsidiären Schutz zuerkennen, ihr in eventu einen Aufenthaltstitel gem. §§57, 55 AsylG zu erteilen, bzw. das Verfahren zu beheben und zur neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen. hätte der BF die Glaubwürdigkeit abgesprochen, obwohl sich diese nicht widersprochen hätte. Es handle sich um eine rein subjektive Wahrnehmung der Behörde, dass von einer Unglaubwürdigkeit auszugehen sei, bzw. es Emotionen

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die volljährige Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der VR China, gehört der Volksgruppe der Han an und ist ohne Bekenntnis. Die BF ist unberechtigt in das Bundesgebiet eingereist.

Die Beschwerdeführerin leidet an keinen schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen.

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine junge gesunde Frau im arbeitsfähigen Alter. Der Beschwerdeführerin ist eine weitere Teilnahme am Erwerbsleben im Herkunftsstaat zumutbar.

Die Beschwerdeführerin hat in Österreich keinen Personen zu denen ein besonders zu berücksichtigendes Nahe - bzw. Abhängigkeitsverhältnis besteht. Die Beschwerdeführerin verfügt über keine Deutschkenntnisse und hat keinen sonstigen Bezug zu Österreich.

Das Bestehen von besonderen Gründen, die für die Erteilung eines Aufenthaltstitels, bzw. ein Verbleiben der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet sprechen, sind dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

1.2. Zu den Beschwerdegründen:

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin die VR China aufgrund einer glaubwürdigen, sie unmittelbar persönlich treffenden asylrelevanten Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verlassen hat.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in der VR China wegen der von ihr angeführten Fluchtgründe asylrelevant bedroht wurde oder auf anderer Weise psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt war.

Die seitens der Beschwerdeführerin zu Protokoll gegebenen Gründe für das Verlassen der VR China sind insgesamt unglaubwürdig und weisen keine Asylrelevanz auf.

Bei einer Rückkehr der Beschwerdeführerin in die VR China besteht für diese als arbeitsfähige Frau im berufsfähigen Alter, mit angegeben mehreren familiären Bezugspunkten im Herkunftsstaat ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine berücksichtigungswürdige Bedrohungssituation, bzw. läuft diese dort auch nicht in Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Das Bestehen von besonderen Gründen die für ein Verbleiben der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet sprechen, sind dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

(gekürzt und zusammengefasst durch das BVwG)

Zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:

Zu China werden folgende Feststellungen getroffen:

(Anmerkung: Die Feststellungen sind durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt und entsprechen dem Stand vom 14.11.2017, letzte Kurzinformation eingefügt am 05.02.2018.)

0. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 05.02.2018: Festnahme des regierungskritischen Anwaltes Yu Wensheng, betrifft Abschnitt 10. Allgemeine Menschenrechtslage.

Yu Wensheng, ein regierungskritischer Anwalt, wurde nach Angaben seiner Frau am Morgen des 19.1.2018 festgenommen, als er mit seinem Sohn zur Schule ging (The Guardian 19.1.2018).

Wenige Stunden vor seiner Verhaftung forderte Yu Wensheng von Präsident Xi Jinping in einem offenen Brief Verfassungsreformen (DW 19.1.2018).

International bekannt wurde der prominente Kritiker, als er 2017 gemeinsam mit fünf anderen Anwälten versuchte, die Regierung seines Landes wegen des gesundheitsschädlichen Smogs zu verklagen (DZ 29.1.2018). Als Anwalt hat Yu mehrere andere Menschenrechtsanwälte und Demonstranten aus Hongkong vertreten, die dort für mehr Demokratie auf die Straße gegangen sind und festgenommen worden waren (DW 1.2.2018).

Im Oktober vergangenen Jahres wurde Yu Wensheng vorübergehend inhaftiert, weil er in einem offenen Brief Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping wegen dessen Stärkung des Totalitarismus als für das Amt nicht geeignet bezeichnet hatte (NZZ 1.2.2018).

Der Verbleib von Yu Wensheng war zunächst unklar (DP 19.1.2018); nach Angaben von Amnesty International übernahm die Polizei von Xuzhou in der ostchinesischen Provinz Jiangsu den Fall. Der Anwalt werde derzeit unter "Hausarrest an einem ausgesuchten Ort festgehalten, ohne dass dieser Ort bekannt wäre, so Amnesty International (DZ 29.1.2018).

Gemäß Amnesty International sei der chinesische Menschenrechtsanwalt der "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" beschuldigt worden (DP 19.1.2018). Der Vorwurf der Subversion ist eine schwerwiegende Anklage, die eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren bedeuten kann. Im vergangenen Dezember war etwa der regierungskritische Blogger Wu Gan deswegen zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden (DZ 29.1.2018).

Der kritische Jurist ist das jüngste Opfer der seit mehr als zwei Jahren anhaltenden Verfolgungswelle gegen Anwälte, Mitarbeitern von Kanzleien, Aktivisten und deren Familienmitgliedern. Mehr als 300 wurden nach Angaben von Menschenrechtsgruppen seit Juli 2015 inhaftiert, verhört, unter Hausarrest gestellt oder an der Ausreise gehindert. Vier wurden verurteilt, 16 warten noch auf ihren Prozess (DP 19.1.2018). Mindestens eine Person aus der angeführten Gruppe sei verschwunden (BBC 16.1.2018).

Politische Lage

Die Volksrepublik China ist mit geschätzten 1,374 Milliarden Einwohnern (Stand Juli 2016) und einer Fläche von 9.596.960 km² der bevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 26.7.2017).

China ist in 22 Provinzen, die fünf Autonomen Regionen der nationalen Minderheiten Tibet, Xinjiang, Innere Mongolei, Ningxia und Guangxi, sowie vier regierungsunmittelbare Städte (Peking, Shanghai, Tianjin, Chongqing) und zwei Sonderverwaltungsregionen (Hongkong, Macau) unterteilt. Nach dem Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme", welcher der chinesisch-britischen "Gemeinsamen Erklärung" von 1984 über den Souveränitätsübergang im Jahr 1997 zugrunde liegt, kann Hongkong für 50 Jahre sein bisheriges Gesellschaftssystem aufrecht erhalten und einen hohen Grad an Autonomie genießen. Trotz starker öffentlicher Kritik in Hongkong hält die chinesische Regierung bezüglich einer möglichen Wahlrechtsreform für eine allgemeine Wahl des Hongkonger Regierungschefs (Chief Executive) an den Vorgaben fest, die der Ständige Ausschuss des Pekinger Nationalen Volkskongresses 2014 zur Vorabauswahl von Kandidaten gemacht hat. Dies hat in Hongkong zur Blockade der vorgesehenen Reform geführt und zu einem Erstarken von Bestrebungen nach größerer Autonomie, vereinzelt sogar zu Rufen nach Unabhängigkeit, auf die Peking scharf reagiert. Nach einem ähnlichen Abkommen wurde Macau am 20. Dezember 1999 von Portugal an die Volksrepublik China zurückgegeben. Die Lösung der Taiwanfrage durch friedliche Wiedervereinigung bleibt eines der Hauptziele chinesischer Politik (AA 4.2017a).

Gemäß ihrer Verfassung ist die Volksrepublik China ein "sozialistischer Staat unter der demokratischen Diktatur des Volkes, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht" (AA 4.2017a). China ist ein autoritärer Staat, in dem die Kommunistische Partei (KP) verfassungsmäßig die höchste Autorität ist. Beinahe alle hohen Positionen in der Regierung sowie im Sicherheitsapparat werden von Mitgliedern der KP gehalten (USDOS 3.3.2017). Die KP ist der entscheidende Machtträger. Nach dem Parteistatut wählt der alle fünf Jahre zusammentretende Parteitag das Zentralkomitee (376 Mitglieder, davon 205 mit Stimmrecht), das wiederum das Politbüro (25 Mitglieder) wählt. Ranghöchstes Parteiorgan und engster Führungskern ist der zurzeit siebenköpfige "Ständige Ausschuss" des Politbüros. Dieser gibt die Leitlinien der Politik vor. Die Personalvorschläge für alle diese Gremien werden zuvor im Konsens der Parteiführung erarbeitet (AA 4.2017a; vgl. USDOS 3.3.2017).

An der Spitze der Volksrepublik China steht der Staatspräsident, der gleichzeitig Generalsekretär der KP und Vorsitzender der Zentralen Militärkommission ist und somit alle entscheidenden Machtpositionen auf sich vereinigt. Der Ministerpräsident (seit März 2013 Li Keqiang) leitet den Staatsrat, die eigentliche Regierung. Er wird von einem "inneren Kabinett" aus vier stellvertretenden Ministerpräsidenten und fünf Staatsräten unterstützt. Der Staatsrat fungiert als Exekutive und höchstes Organ der staatlichen Verwaltung. Alle Mitglieder der Exekutive sind gleichzeitig führende Mitglieder der streng hierarchisch gegliederten Parteiführung (Ständiger Ausschuss, Politbüro, Zentralkomitee), wo die eigentliche Strategiebildung und Entscheidungsfindung erfolgt (AA 4.2017a).

Der 3.000 Mitglieder zählende Nationale Volkskongress (NVK) wird durch subnationale Kongresse für fünf Jahre gewählt. Er wählt formell den Staatspräsidenten für fünf Jahre und bestätigt den Premierminister, der vom Präsidenten nominiert wird (FH 1.2017a). Der NVK ist formal das höchste Organ der Staatsmacht. NVK-Vorsitzender ist seit März 2013 Zhang Dejiang (AA 4.2017a). Der NVK ist jedoch vor allem eine symbolische Einrichtung. Nur der Ständige Ausschuss trifft sich regelmäßig, der NVK kommt einmal pro Jahr für zwei Wochen zusammen, um die vorgeschlagene Gesetzgebung anzunehmen (FH 1.2017a). Eine parlamentarische oder sonstige organisierte Opposition gibt es nicht. Die in der sogenannten Politischen Konsultativkonferenz organisierten acht "demokratischen Parteien" sind unter Führung der KP Chinas zusammengeschlossen; das Gremium hat lediglich eine beratende Funktion (AA 4.2017a).

Beim 18. Kongress der KP China im November 2012 wurde, nach einem Jahrzehnt, ein Führungswechsel vollzogen (AI 23.5.2013). Bei diesem Parteitag wurden die Weichen für einen Generationswechsel gestellt und für die nächsten fünf Jahre ein neues Zentralkomitee, Politbüro und ein neuer Ständiger Ausschuss bestimmt (AA 4.2017a). Xi Jinping wurde zum Generalsekretär der KP und zum Vorsitzenden der Zentralen Militärkommission gekürt. Seit dem 12. Nationalen Volkskongress im März 2013 ist Xi Jinping auch Präsident Chinas (AA 4.2017a; vgl. FH 1.2017a). Er hält damit die drei einflussreichsten Positionen (USDOS 3.3.2017). Die neue Staatsführung soll - wenngleich die Amtszeit offiziell zunächst fünf Jahre beträgt - mit der Möglichkeit einer Verlängerung durch eine zweite, ebenfalls fünfjährige, Amtsperiode bis 2022 (und möglicherweise auch darüber hinaus) an der Macht bleiben (HRW 12.1.2017). Vorrangige Ziele der Regierung sind eine weitere Entwicklung Chinas und Wahrung der politischen und sozialen Stabilität durch Machterhalt der KP. Politische Stabilität gilt als Grundvoraussetzung für wirtschaftliche Reformen. Äußere (u.a. nachlassende Exportkonjunktur) und innere (u.a. alternde Gesellschaft, Umweltschäden, Wohlfahrtsgefälle) Faktoren machen weitere Reformen besonders dringlich. Die Rolle der Partei in allen Bereichen der Gesellschaft soll gestärkt werden. Gleichzeitig laufen Kampagnen zur inneren Reformierung und Stärkung der Partei. Prioritäten sind Kampf gegen die Korruption und Verschwendung, Abbau des zunehmenden Wohlstandsgefälles, Schaffung nachhaltigeren Wachstums, verstärkte Förderung der Landbevölkerung, Ausbau des Bildungs- und des Gesundheitswesens, Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und insbesondere Umweltschutz und Nahrungsmittelsicherheit. Urbanisierung ist und bleibt Wachstumsmotor, bringt aber gleichzeitig neue soziale Anforderungen und Problemlagen mit sich. Erste Ansätze für die zukünftige Lösung dieser grundlegenden sozialen und ökologischen Entwicklungsprobleme sind sichtbar geworden, haben deren Dimension aber zugleich deutlich aufgezeigt (AA 4.2017a).

Sicherheitslage

Proteste auf lokaler Ebene haben in ganz China stark zugenommen. Sie richten sich vor allem gegen steigende Arbeitslosigkeit und Vorenthaltung von Löhnen, hauptsächlich von Wanderarbeitern. Bei den bäuerlichen Protesten auf dem Land geht es meistens um die (entschädigungslose oder unzureichend entschädigte) Enteignung von Land und fehlende Rechtsmittel. Auch stellen die chemische Verseuchung der Felder durch Industriebetriebe oder Umweltkatastrophen Gründe für Proteste dar. Nachdem die Anzahl sogenannter. "Massenzwischenfälle" über Jahre hinweg rasch zunahm, werden hierzu seit 2008 (mehr als 200.000 Proteste) keine Statistiken mehr veröffentlicht. Zwei Aktivisten, die seit 2013 durch eigene, über Twitter veröffentlichte Statistiken diese Lücke zu schließen versuchten, wurden im Juni 2016 verhaftet. Die lokalen Behörden verfolgen in Reaktion zumeist eine Mischstrategie aus engmaschiger Kontrolle, die ein Übergreifen nach außen verhindern soll, gepaart mit einem zumindest partiellen Eingehen auf die Anliegen (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 15.12.2016)

Xinjiang

Widerstand gegen die Zentralregierung und die lokale Regierungspolitik wurde 2016 in friedlichen Protesten, aber auch durch Einsatz von Sprengsätzen und andere gewalttätigen Angriffe ausgedrückt. Die chinesische Regierung behauptet, in der Region terroristischen Kräften gegenüber zu stehen und führt Counterterror-Operationen durch (HRW 12.1.2017). Im Namen der Terrorismusbekämpfung kam es zu Belästigungen durch Beamte, zu willkürlichen Festnahmen und zu beschleunigten Gerichtsverfahren gegenüber Personengruppen, welche friedlich ihrem Recht auf Meinungsäußerung nachkamen (HRW 12.1.2017; vgl. USDOS 3.3.2017). Details über Proteste, Gewalt und Terrorismus sind jedoch aufgrund der wenigen unabhängigen Informationsquellen rar. Dies gilt auch für Informationen über die Terrorismusbekämpfung (HRW 12.1.2017).

In der Autonomen Region Xinjiang (XUAR) verfolgt die chinesische Zentralregierung einen zweigleisigen Ansatz: zum einen verstärkte Sicherheitsmaßnahmen zur Bekämpfung der Gefährdungs-Triade (religiöser) Extremismus, (ethnischer) Separatismus und (internationaler) Terrorismus, zum anderen Wirtschaftsförderung und Erhöhung des Lebensstandards der Menschen mit dem Ziel der Gewährleistung sozialer Stabilität bzw. Eindämmung von Unruhepotential (AA 15.12.2016). 2013 erfolgte eine Eskalation der Gewalt, bei der ca. 200 Menschen ums Leben kamen. Die Gewaltspirale wird dabei zunehmend auch in andere Regionen Chinas getragen. 2013/2014 kam es zu drei, offenbar von Uiguren verübten Anschlägen, die sich gegen Unbeteiligte richteten (AA 15.10.2014). Die Gewalt in Xinjiang hat sich auch 2015 auf beunruhigend hohem Niveau fortgesetzt. Der letzte (bekannt gewordene) blutige Anschlag großen Ausmaßes ereignete sich im September 2015, als im Bezirk Aksu über 50 Han-chinesische Minenarbeiter nachts in ihrem Schlafsaal ermordet wurden. Darauf antworteten die chinesischen Sicherheitskräfte einige Wochen später mit der Erschießung von 18 uigurischen Tatverdächtigen, darunter auch Frauen und Kinder. Diese harte Reaktion der Sicherheitsbehörden ist Teil der im Mai 2014 gestarteten "strike hard" Kampagne in Xinjiang, über die Schnellverfahren und Massenurteile institutionalisiert wurden. 2015 hat sich nach chinesischen Angaben die Zahl der Verurteilungen wegen Terrorismus und Separatismus auf über 1.400 verdoppelt. Der allergrößte Teil dieser Urteile steht aller Voraussicht nach in Zusammenhang mit Xinjiang, wo im August 2016 das erste provinzeigene Antiterrorgesetz verabschiedet wurde. Seit Beginn des Jahres scheint diese Härte Wirkung zu zeigen. Die Regierung stuft die Lage mittlerweile als "relativ stabil" ein, woraufhin Berichten zufolge auch einige Bewegungsbeschränkungen gelockert worden sein sollen (AA 15.12.2016).

Ethnische Diskriminierung, religiöse Repressionen und Erhöhung der kulturellen Unterdrückung durch die Regierung im Namen des "Kampfes gegen Separatismus, religiösen Extremismus und Terrorismus" führen weiterhin zu steigenden Spannungen in Xinjiang (HRW 12.1.2017).

China macht seit Jahren im Exil lebende uigurische Separatisten für eine Reihe von Angriffen in Xinjiang verantwortlich (Aljazeera 1.3.2017).

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Führung unternimmt Anstrengungen, das Rechtssystem auszubauen. Dem steht jedoch der Anspruch der Kommunistischen Partei (KP) auf ungeteilte Macht gegenüber. Gewaltenteilung und Mehrparteiendemokratie werden ausdrücklich abgelehnt. Von der Verwirklichung rechtsstaatlicher Normen und einem Verfassungsstaat ist China noch weit entfernt. Im Alltag sind viele Chinesen weiterhin mit Willkür und Rechtlosigkeit konfrontiert (AA 4.2017a). Eine unabhängige Strafjustiz existiert in China folglich nicht. Strafrichter und Staatsanwälte unterliegen der politischen Kontrolle von staatlichen Stellen und Parteigremien (AA 15.12.2016). Die Kontrolle der Gerichte durch politische Institutionen ist ein verfassungsrechtlich verankertes Prinzip (ÖB 11.2016). Die KP dominiert das Rechtssystem auf allen Ebenen und erlaubt Parteifunktionären, Urteile und Verurteilungen zu beeinflussen. Die Aufsicht der KP zeigt sich besonders in politisch heiklen Fällen durch die Anwendung sog. "Leitlinien". Während Bürger in nicht-politischen Fällen ein gewisses Maß an fairer Entscheidung erwarten können, unterliegen diejenigen, die politisch sensible Fragen oder die Interessen mächtiger Gruppen berühren, diesen "Leitlinien" der politisch-juristischen Ausschüsse (FH 1.2017a). Seit dem vierten Jahresplenum des 18. Zentralkomitees 2014 betont die Führung die Rolle des Rechts und ergriff Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität gerichtlicher Verfahren und zum Aufbau eines "sozialistisches Rechtssystem chinesischer Prägung" unter dem Motto "yi fa zhi guo", wörtlich "den Gesetzen entsprechend das Land regieren". Echte Rechtsstaatlichkeit im Sinne der Achtung des Legalitätsprinzips in der Verwaltung und der Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit wird dabei aber dezidiert abgelehnt. Das in den Beschlüssen reflektierte Verständnis von Recht soll die Macht des Staates, dh. der Partei, keinesfalls einschränken, sondern vielmehr stärken (ÖB 11.2016).

Die wichtigste Einrichtung der KP zur Kontrolle des Rechtssystems ist die Kommission des Zentralkomitees für Politik und Recht (ZKPR). Das ZKPR ist in unterschiedlichen Unter-Formaten auf jeder gerichtlichen Ebene verankert, wobei die jeweiligen Ebenen der übergeordneten Ebene verantwortlich sind.

Die Macht des Komitees, das auf allen Ebenen auf Verfahren Einfluss nimmt, wurde auch seit den Beschlüssen des Vierten Plenums der KP im Oktober 2014 bewusst nicht angetastet (ÖB 11.2016).

Die Richter-Ernennung erfolgt auf Provinzebene durch Rechtskomitees, welchen hochrangige Partei-Funktionäre angehören und welche von einem KP-Inspektorat überwacht werden. Richter sind verpflichtet, über Einflussnahmen seitens lokaler Politiker auf Verfahren Bericht zu erstatten. Es ist für Richter schwierig, zwischen "Unabhängigkeit" von lokalen politischen Einflüssen, und Loyalität zur KP-Linie (welche regelmäßig miteinander und mit einflussreichen Wirtschafts- und Privatinteressen verbunden sind) zu navigieren. Trotz laufender Reformbemühungen gibt es - vor allem auf unterer Gerichtsebene - noch immer einen Mangel an gut ausgebildeten Richtern (ÖB 11.2016). Ein umfassender Regelungsrahmen unterhalb der gesetzlichen Ebene soll "Fehlverhalten" von Justizbeamten und Staatsanwälten in juristischen Prozessen unterbinden. Das Oberste Volksgericht (OVG) unter seinem als besonders "linientreu" geltenden Präsidenten und die Oberste Staatsanwaltschaft haben in ihren Berichten an den Nationalen Volkskongress im März 2014 in erster Linie gefordert, "Falschurteile" der Gerichte zu verhindern, die Richterschaft an das Verfassungsverbot von Folter und anderen Zwangsmaßnahmen bei Vernehmungen zu erinnern und darauf hinzuweisen, dass Verurteilungen sich nicht allein auf Geständnisse stützen dürfen. Die Regierung widmet sowohl der juristischen Ausbildung als auch der institutionellen Stärkung von Gerichten und Staatsanwaltschaften seit mehreren Jahren große Aufmerksamkeit (AA 15.12.2016). Das umstrittene System der "Umerziehung durch Arbeit" ("laojiao") wurde aufgrund entsprechender Beschlüsse des 3. Plenums des ZK im November 2013 offiziell am 28.12.2013 abgeschafft.

Es liegen Erkenntnisse vor, wonach diese Haftanstalten lediglich umbenannt wurden, etwa in Lager für Drogenrehabilitation, rechtliche Erziehungszentren oder diese als schwarze Gefängnisse weiter genutzt werden (AA 15.12.2016). Mit der letzten großen Novellierung 2013 sieht die Strafprozessordnung genaue Regeln für Festnahmen vor, führt den "Schutz der Menschenrechte" an und verbietet Folter und Bedrohung bzw. Anwendung anderer illegaler Methoden zur Beweisermittlung. Es besteht jedoch eine teilweise erhebliche Divergenz zwischen den Rechtsvorschriften und deren Umsetzung, und werden diese zum Zwecke der Unterdrückung von politisch unliebsamen Personen instrumentalisiert. Laut Strafprozessordnung müssen auch im Falle einer Festnahme wegen Terrorismus, der Gefährdung der Staatssicherheit oder der schwerwiegenden Korruption die Angehörigen von in Untersuchungshaft sitzenden Personen innerhalb von 24 Stunden über die Festnahme informiert werden, nicht jedoch über den Grund der Festnahme oder über den Aufenthaltsort. Zudem besteht diese Informationspflicht nicht, wenn durch diese Information die Ermittlungen behindert würden - in diesen Fällen müssen Angehörige erst nach 37 Tagen informiert werden. Was eine "Behinderung der Ermittlung" bedeutet, liegt im Ermessen der Polizei, es gibt kein Rechtsmittel dagegen. Da Verdächtige sich formell in Untersuchungshaft befindet, muss der Ort der Festhaltung laut Gesetz auch in diesen Fällen eine offizielle Einrichtung sein. Der Aufenthaltsort kann auch außerhalb offizieller Einrichtungen liegen. Diese Möglichkeit wurde mit der Strafprozessnovelle 2012 eingeführt und von Rechtsexperten wie dem Rapporteur der UN-Working Group on Enforced or Involuntary Disappearances wegen des inhärenten Folterrisikos als völkerrechtswidrig kritisiert (ÖB 11.2016; vgl. AI 22.2.2017). Willkürliche Verhaftungen oder Hausarrest ("soft detention") ohne gerichtliche Verfahren kommen häufig vor. Die Staatsorgane griffen verstärkt auf den "Hausarrest an einem festgelegten Ort" zurück - eine Form der geheimen Inhaftierung ohne Kontakt zur Außenwelt, die es der Polizei erlaubt, eine Person für die Dauer von bis zu sechs Monaten außerhalb des formellen Systems, das die Inhaftierung von Personen regelt, und ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand der eigenen Wahl, zu Familienangehörigen oder anderen Personen der Außenwelt festzuhalten. Dadurch wurden diese Personen der Gefahr ausgesetzt, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden. Diese Inhaftierungspraxis dient dazu, die Tätigkeit von Menschenrechtsverteidigern - einschließlich der von Rechtsanwälten, politisch engagierten Bürgern und Angehörigen von Religionsgemeinschaften - zu unterbinden (ÖB 11.2016; vgl. AA 15.12.2016, AI 22.2.2017).

Im Zusammenhang mit verwaltungsstrafrechtlich bewehrten rechtswidrigen Handlungen kann die Polizei zudem "Verwaltungsstrafen" verhängen. Diese Strafen reichen von Ermahnungen über Geldbußen bis hin zu einer "Verwaltungshaft" (ohne richterliche Entscheidung) von bis zu 15 Tagen. Der Aufenthalt in den offiziell nicht existenten "black jails" kann zwischen wenigen Tagen und in einigen Fällen langjährigen Haftaufenthalten variieren (AA 15.12.2016). Das 2013 in Kraft getretene revidierte Strafverfahrensgesetz verbessert v.a. die Stellung des Verdächtigen/Angeklagten und der Verteidigung im Strafprozess; die Umsetzung steht aber in der Praxis in weiten Teilen noch aus. Auch der Zeugenschutz wird gestärkt. Chinesische Experten gehen davon aus, dass die Durchsetzung dieser Regeln viele Jahre erfordern wird (AA 15.12.2016). Der Schutz jugendlicher Straftäter wurde erhöht (ÖB 11.2014).

2014 wurden schrittweise weitere Reformen eingeleitet, darunter die Anordnung an Richter, Entscheidungen über ein öffentliches Onlineportal zugänglich zu machen sowie ein Pilotprojekt in sechs Provinzen um die Aufsicht über Bestellungen und Gehälter auf eine höhere bürokratische Ebene zu verlagern. Beim vierten Parteiplenum im Oktober 2014 standen Rechtsreformen im Mittelpunkt. Die Betonung der Vorherrschaft der Partei über das Rechtssystem und die Ablehnung von Aktionen, die die Unabhängigkeit der Justiz erhöhen würden, wurde jedoch beibehalten. Dies führte zu Skepsis hinsichtlich der tatsächlichen Bedeutung der Reform (FH 1.2015a).

Das chinesische Strafgesetz hat die früher festgeschriebenen "konterrevolutionären Straftaten" abgeschafft und im Wesentlichen durch Tatbestände der "Straftaten, welche die Sicherheit des Staates gefährden" (Art. 102-114 chin. StG) ersetzt. Danach können vor allem Personen bestraft werden, die einen politischen Umsturz/Separatismus anstreben oder das Ansehen der VR China beeinträchtigen. Gerade dieser Teil des Strafgesetzes fällt durch eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe auf (AA 15.12.2016). Die Regierung hat weitere Gesetze zur nationalen Sicherheit ausgearbeitet und verabschieden lassen, die eine ernste Gefahr für den Schutz der Menschenrechte darstellen. Das massive landesweite Vorgehen gegen Menschenrechtsanwälte und politisch engagierte Bürger hielt das ganze Jahr über an (AI 22.2.2017). Prozesse, bei denen die Anklage auf Terrorismus oder "Verrat von Staatsgeheimnissen" lautet, werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Was ein Staatsgeheimnis ist, kann nach chinesischer Gesetzeslage auch rückwirkend festgelegt werden. Angeklagte werden in diesen Prozessen weiterhin in erheblichem Umfang bei der Wahrnehmung ihrer Rechte beschränkt. U.a. wird dem Beschuldigten meist nicht erlaubt, Verteidiger seiner Wahl zu beauftragen; nur in seltenen Ausnahmefällen wird vom Gericht überhaupt eine Verteidigung bestellt (AA 15.12.2016).

Auch 2016 setzten sich die Übergriffe der Behörden auf Menschenrechtsanwälte das ganze Jahr hindurch mit Verhaftungen und strafrechtlichen Verfolgungen fort (FH 1.2017a). Rechtsanwälte, die in kontroversen Fällen tätig wurden, mussten mit Drangsalierungen und Drohungen seitens der Behörden rechnen, und in einigen Fällen wurde ihnen die weitere berufliche Tätigkeit verboten. Dies hatte zur Konsequenz, dass der Zugang der Bürger zu einem gerechten Gerichtsverfahren sehr stark eingeschränkt war. Mangelhafte nationale Gesetze und systemische Probleme im Strafrechtssystem hatten weitverbreitete Folter und anderweitige Misshandlungen sowie unfaire Gerichtsverfahren zur Folge (AI 22.2.2017).

Seit der offiziellen Abschaffung der administrativen "Umerziehung durch Arbeit" im Jänner 2014 werden Menschenrechtsaktivisten vermehrt auf Basis der Strafrechtstatbestände der Unruhestiftung oder des Separatismus verurteilt und somit in Strafhaft gesperrt, wobei aufgrund der vagen Tatbestände ein strafrechtsrelevanter Sachverhalt relativ leicht kreiert werden kann (ÖB 11.2016). Häufig wurden Anklagen wegen "Untergrabung der staatlichen Ordnung", "Untergrabung der Staatsmacht", "Anstiftung zum Separatismus" "Anstiftung zu Subversion" oder "Weitergabe von Staatsgeheimnissen", sowie "Weitergabe nachrichtendienstlicher Informationen an das Ausland" erhoben und langjährige Gefängnisstrafen verhängt (ÖB 11.2016; vgl. AI 22.2.2017).

Wegen der mangelnden Unabhängigkeit der Justiz wählen viele Betroffene von Behördenwillkür den Weg der Petition bei einer übergeordneten Behörde (z.B. Provinz- oder Zentralregierung). Petitionen von Bürgern gegen Rechtsbrüche lokaler Kader in den Provinzen nehmen zu. Allein in Peking versammeln sich täglich Hunderte von Petenten vor den Toren des staatlichen Petitionsamts, um ihre Beschwerde vorzutragen. Chinesischen Zeitungsberichten zufolge werden pro Jahr landesweit ca. 10 Mio. Eingaben eingereicht. Petenten aus den verschiedenen Provinzen werden häufig von Schlägertrupps im Auftrag der Provinzregierungen aufgespürt und in ihre Heimatregionen zurückgebracht. Zwischen Februar und April 2014 wurden verschiedene Reformen des Petitionssystems verabschiedet, die eine schnellere Bearbeitung und Umstellung auf mehr Online-Plattformen beinhaltet. Das 4. Plenum des Zentralkomitees der KP hat im Oktober 2014 weitere Schritte zur Regelung des Petitionswesens getroffen, deren Umsetzung aber noch aussteht. Diese Reformen werden von Beobachtern dafür kritisiert, dass sie die Effektivität der Bearbeitung der Petitionen kaum steigern, sondern vor allem dazu dienen, Petitionäre von den Straßen Pekings fernzuhalten (AA 15.12.2016).

Sicherheitsbehörden

Sicherheitsbehörden sind das Ministerium für Staatssicherheit, das Ministerium für Öffentliche Sicherheit, und die Bewaffnete Volkspolizei (BVP) der Volksbefreiungsarmee. Das Ministerium für Staatssicherheit soll vor Staatsfeinden, Spionen und konterrev

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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