Index
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §116 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. Heinz Paradeiser und Dr. Raimund Danner, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48/I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 20. Februar 1997, Zl. 121-GA3BK-DRB/94, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1983 bis 1986 sowie Vermögensteuer zum 1. Jänner 1983, 1984 und 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Soweit der angefochtene Bescheid Umsatz- und Gewerbesteuer betrifft, wird er wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 12.980 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war Prosekturgehilfe im Landeskrankenhaus Salzburg. Im Zuge von in den Jahren 1992 und 1993 durchgeführten finanzstrafbehördlichen Erhebungen wurde festgestellt, daß er zusätzlich zu seinem Gehalt weitere Einkünfte erzielt habe. Zu seinen Tätigkeiten gehörte es ua, bei Schädelöffnungen entnommene Gehirne in Formalinlösung zu konservieren und für den Transport in das anatomische Institut in Innsbruck aufzubewahren; als Entschädigung hiefür wurden ihm vom genannten anatomischen Institut unterschiedliche Summen auf ein Sparbuch mit Losungswort überwiesen. Des weiteren entnahm der Beschwerdeführer über Ersuchen des Leiters eines Kinderspitals bei Obduktionen der Leichen die Hypophysen. Der Beschwerdeführer erhielt bei der Übergabe der von ihm gesammelten Hypophysen an den Abholer formlos einen Geldbetrag von 30 S pro Stück. An seinem Arbeitsplatz wurden von italienischen Ärzten Präparationen durchgeführt und in der Folge auch die präparierten Leichenteile ins Ausland verbracht; von diesen Ärzten erhielt der Beschwerdeführer kleine Zuwendungen. Für das Bekleiden von Leichen erhielt der Beschwerdeführer von 1983 bis 1987 Zahlungen von Bestattungsinstituten in Höhe von 300 S bis 500 S pro Leiche. Aufgrund einer ab 1987 geltenden Neuregelung hatten die Bestattungsunternehmer pro Leiche 350 S an das Landeskrankenhaus zu leisten. Dennoch vereinnahmte der Beschwerdeführer weiterhin Zahlungen von auswärtigen Bestattungsunternehmern.
Die Vermögensteuerpflicht des Beschwerdeführers beruht auf folgendem Vermögen: zwei Häuser (Einheitswert 1,223.000 S), Wertpapiere (zum 1. Jänner 1983: 1,330.000 S; zum 1. Jänner 1986:
2,632.450 S) und Sparbücher (60.000 S).
Aufgrund der Feststellungen der Prüfungsabteilung Strafsachen setzte das Finanzamt mit Bescheiden vom November 1993 Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für 1983 bis 1992 sowie Vermögensteuer ab 1. Jänner 1983, 1984, und 1986 fest. Dabei erhöhte es die im Lohnzettel ausgewiesenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um die noch nicht erfaßten Beträge mit den Titeln "Sondergebühren Sanitätspolizei, Einbalsamierung, Entschädigung Innsbruck, Entschädigung Hypophysen, Trinkgelder der Bestattung (ab 1987) und sonstige Ärzte-Italien (ab 1988)". Die Einnahmen aus dem Ankleiden der Leichen (Zahlungen der Bestattungsunternehmen) für die Jahre 1983 bis 1987 qualifizierte das Finanzamt als Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
In der Berufung gegen die Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide 1983 bis 1986 wurde der Eintritt der Bemessungsverjährung eingewendet. Das Finanzamt gehe von hinterzogenen Abgaben und daher nicht von einer bloß fünfjährigen, sondern von einer zehnjährigen Verjährungsfrist aus. Dem halte der Beschwerdeführer entgegen, daß die subjektive Tatseite einer Abgabenhinterziehung nicht gegeben sei. Einem Prosekturgehilfen könne keinesfalls unterstellt werden, er kenne die Verpflichtung zur Abgabe von Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen. Auslösendes Moment für den gesamten in Rede stehenden Aktenvorgang sei eine Anzeige des Beschwerdeführers gegen einen Mitarbeiter gewesen. Hätte der Beschwerdeführer gewußt, daß er irgend etwas Finanzstrafrechtliches zu verantworten habe, so wäre es nach den Erfahrungen des täglichen Lebens nicht erklärbar, daß er eine Anzeige einbringe. In den Verhaltensweisen des Beschwerdeführers habe sich nicht bemerkbar gemacht, daß sein Bemühen auf die Abgabenhinterziehung gerichtet gewesen wäre. So habe er nicht einmal den Versuch unternommen, seine Aufzeichnungen bzw. Depotauszüge verborgen aufzubewahren. Er habe sich in Abgabensachen so wenig ausgekannt, daß er sich einer dritten Person für seinen Jahresausgleich bedient habe. Zudem habe die Abgabenbehörde selbst ursprünglich sämtliche in Rede stehenden Einnahmen der selbständigen Erwerbstätigkeit zugeordnet, während nunmehr eine Aufteilung auf nichtselbständige und selbständige Arbeit erfolgt sei. Der Beschwerdeführer habe als Dienstnehmer mit Wissen und Billigung des Arbeitgebers die Beträge kassiert; aufgrund des bestehenden Dienstverhältnisses habe er geglaubt, daß mit den Einnahmen keine steuerlichen Belastungen verbunden seien. Im übrigen behaupte der Beschwerdeführer - insbesondere im Hinblick auf die Umsatz- und Gewerbesteuer -, daß sämtliche Einnahmen ihre Wurzel im Dienstverhältnis hätten. Das schuldlose Verhalten bestehe auch hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen. Während der Beschwerdeführer ursprünglich nur über steuerfreie Wertpapiere verfügt habe, habe er 1984 in geringem Ausmaß nicht einkommensteuerbefreite Wertpapiere gekauft. Er habe jedoch geglaubt, daß jedwede Steuerpflicht durch die Einbehaltung der Zinsertragsteuer abgegolten sei.
Als Beilage zur Berufung wurde die Kopie eines Schreibens der Direktion der Landeskrankenanstalten Salzburg an das Amt der Salzburger Landesregierung vom 27. Jänner 1987 vorgelegt, in welchem ausgeführt wird, daß gegen die Nebentätigkeit des Beschwerdeführers keine Einwand erhoben werde. Trotz allfällig notwendiger Verlängerung der Dienstzeit habe der Beschwerdeführer keine Überstunden in Rechnung gestellt; die Nebentätigkeit könne daher als entsprechender Ausgleich angesehen werden.
In der Berufung gegen die Vermögensteuerbescheide wurde ebenfalls der Eintritt der Bemessungsverjährung eingewendet. Im Prüfungsbericht des Finanzamtes werde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe seine erheblichen Vermögenswerte nicht zur Vermögensteuer offengelegt; er habe wohl nicht davon ausgehen können, daß die Vermögensteuer durch die geringfügig einbehaltene Zinsertragsteuer abgegolten sei. Aus diesen Ausführungen leite der Beschwerdeführer ab, daß das Finanzamt von hinterzogenen Abgaben ausgehe. Dem halte er entgegen, daß ihm die Vermögensteuerpflicht erst im Zuge des laufenden Verfahrens bekanntgeworden sei. Zur Erstellung der Vermögensteuererklärung seien ihm für die beiden
Liegenschaften folgende Einheitswerte zur Verfügung gestanden:
Liegenschaft in G: Einheitswert zum 1. Jänner 1963: 78.000 S;
Liegenschaft in S: Einheitswert zum 1. Jänner 1983: 623.000 S. Diesen Einheitswerten seien persönliche Vermögensteuerfreibeträge (für den Beschwerdeführer, die Ehegattin und die Kinder) ab 1. Jänner 1983 von 700.000 S und ab 1. Jänner 1984 von 900.000 S gegenübergestanden. Neben dem Liegenschaftsbesitz seien steuerfreie Wertpapiere vorhanden gewesen. Der Beschwerdeführer habe daher mit Recht davon ausgehen können, daß keine Vermögensteuerpflicht gegeben sei. Hinsichtlich der geringfügig vorhandenen steuerpflichtigen Wertpapiere habe er angenommen, daß allfällige Steuerpflichten durch die Zinsertragsteuer abgegolten seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. Gemäß § 207 Abs 2 BAO betrage die Verjährungsfrist bei hinterzogenen Abgaben zehn Jahre. Beim Beschwerdeführer handle es sich um eine den Anforderungen des täglichen Lebens gewachsene Persönlichkeit, die sich einerseits hohes fachliches Können angeeignet und andererseits durch umsichtiges wirtschaftliches Verhalten große Vermögenswerte geschaffen habe. Die belangte Behörde könne daher davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer auch in anderen Lebensbereichen versiert gewesen sei und um die Möglichkeiten steuerlicher Unregelmäßigkeiten gewußt habe. Für das Vorliegen einer Abgabenhinterziehung genüge bedingter Vorsatz. Hiezu reiche es aus, daß der Täter die Tatbestandsverwirklichung ernstlich für möglich halte und sich damit abfinde. Hinsichtlich der Einnahmen aus dem Bekleiden von Leichen gehe die belangte Behörde von einer bedingt vorsätzlichen Abgabenverkürzung aus. Wie sich aus der Niederschrift über die Vernehmung des Beschwerdeführers als Verdächtigen durch die Bundespolizeidirektion Salzburg vom 21. Februar 1990 ergebe, habe dieser angegeben: "Bis zum Jahr 1987 war es normal, daß die Bestattungsunternehmen den Obkuktionsdienern für das jeweilige Bekleiden der Leichen direkt bezahlt haben. Anfangs waren es 50 S und zum Schluß 300 S pro Leiche. Für uns Obduktionsdiener war dies ein passables Nebeneinkommen. Im Jahr 1987 wurde dieser Vorgang seitens der Sbg. Landesregierung abgestellt. Man hat sich an unserem Nebeneinkommen gestört, unsere regelmäßigen Einkünfte überprüft und diese Art von Bezahlung unserer Tätigkeit als
Leichenankleider abgestellt. ... Von W werde ich angeblich
beschuldigt, daß ich trotz dieser Regelung für das Ankleiden von Leichen von auswärtigen Bestattungsunternehmen trotzdem eine Gebühr kassiert hätte und mir fälschlicherweise eine Bestätigung hätte ausstellen lassen, daß in diesen Fällen das Ankleiden von den Bestattern vorgenommen wurde. Dazu stelle ich fest, daß das
teilweise den Tatsachen entspricht. ... Zur ungleichen Aufteilung
zwischen W und mir möchte ich noch feststellen, daß mir als Verantwortlicher mehr zusteht als meinem Gehilfen. Ich muß ja den Kopf hinhalten. Es ist mir auch klar, daß durch meine Handlungsweise in Bezug auf das Leichenankleiden der Verwaltung des LKH Schaden zugefügt wird." Nach Ansicht der belangten Behörde habe der Beschwerdeführer nicht davon ausgehen können, daß die Einnahmen für das Bekleiden von Leichen als im Rahmen seines Dienstverhältnisses bezogen angesehen werden könnten. Der Beschwerdeführer sei nicht weisungsgebunden gewesen; die Tätigkeit des Leichenankleidens habe sich wesentlich von seiner anderen (üblichen) Tätigkeiten unterschieden und gehe auf mündliche Abmachungen mit den Bestattungsunternehmen zurück. Dem Einwand, das "Ins-Rollen-Bringen" der Sache sei ein Beweis für das Fehlen der Hinterziehungsabsicht halte die belangte Behörde entgegen, daß mit einer Weitergabe der Informationen von der Polizei bzw. dem Strafgericht an das Finanzamt nicht habe gerechnet werden müssen. Da der Abgabenanspruch jeweils einheitlich zu betrachten sei, genüge es für die Anwendbarkeit der zehnjährigen Verjährungsfrist, daß die Hinterziehung nur für einen Teil (hier: hinsichtlich der Einkünfte aus dem Leichenankleiden) bestehe. Der Festsetzung von Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für 1983 bis 1986 stehe daher nicht die Verjährung entgegen. In Bezug auf die Vermögensteuer sei relevant, daß der Beschwerdeführer Einheitswertbescheide betreffend das Grundvermögen in Höhe von 1,223.000 S erhalten habe. Dieser Betrag habe die für die Jahre des Berufungszeitraumes zu gewährenden persönlichen Freibeträge (750.000 S bzw. 900.000 S) überstiegen, sodaß die Verpflichtung zur Einreichung von Vermögensteuererklärungen bestanden habe. Auch für den Bereich der Vermögensteuer könne bedingter Vorsatz angenommen werden. Im Berufungsverfahren habe der Beschwerdeführer vorgebracht, er habe die Meinung vertreten, mit der Einbehaltung der Zinsertragsteuer sei jedwede Steuerpflicht in Bezug auf das Kapitalvermögen abgegolten. Daraus ergebe sich, daß sich der Beschwerdeführer Gedanken über das steuerliche Schicksal seiner Wertpapiere gemacht habe. Dieses Wissen um die Möglichkeit einer Steuerpflicht genüge für den bedingten Vorsatz.
Nach Einbringung der Beschwerde wurde der Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Finanzamtes Salzburg-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz des Vergehens der Abgabenverkürzung nach § 33 Abs. 1 FinStrG schuldig erkannt. Er habe vorsätzlich, unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Nichtabgabe von Umsatz-, Einkommen-, Gewerbe- und Vermögensteuererklärungen für 1986 und 1987 sowie von Einkommen- und Vermögensteuererklärungen für 1988 bis 1991 Abgaben verkürzt. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, der Beschwerdeführer habe zweifellos erkannt, daß Einnahmen grundsätzlich der Steuerpflicht unterlägen. Unter Bedachtnahme auf die Höhe des "Zusatzeinkommens" (dieses habe regelmäßig seinen Gehalt überstiegen) habe er durch einen Blick in die Gehaltsabrechnung feststellen können, daß diese Einkünfte dort nicht erfaßt und daher Abgaben nicht einbehalten worden seien. Dazu kommt, daß er die konkrete Höhe des "Zusatzeinkommens" dem Dienstgeber nicht bekanntgegeben habe. Zur Vermögensteuer wird ausgeführt, der Beschwerdeführer habe bereits seit 1983 über Wertpapiere und Sparguthaben von weit mehr als 1 Mio. S verfügt und sicherlich nicht davon ausgehen können, daß die einbehaltene Zinsertragsteuer die Vermögensteuer abgelte, zumal er auch noch über erhebliche andere Vermögenswerte verfügt habe. Die Berufung gegen das Straferkenntnis wurde mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 26. März 1998, RV 16/1-6/98, als unbegründet abgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Der Tatbestand der hinterzogenen Abgaben iSd § 207 Abs. 2 BAO ist nach § 33 FinStrG zu beurteilen. Wenn eine Verurteilung wegen Hinterziehung einer bestimmten Abgabe vorliegt, dann ist die Abgabe im Abgabenverfahren als hinterzogen zu behandeln, zumal das Tatbestandsmerkmal der Hinterziehung im Abgabenverfahren und Finanzstrafverfahren insoweit gleiche materiell-rechtliche Bedeutung hat und auch die Verfahrensgrundsätze, insbesondere die Amtswegigkeit des Verfahrens, die gleichen sind, daher eine Bindung iSd § 116 Abs 2 BAO besteht (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2169). Wenn allerdings bis zur Erlassung des angefochtenen Abgabenbescheides eine das Vorliegen der Abgabenhinterziehung aussprechende Entscheidung der Strafbehörde nicht bereits vorliegt, hat die Abgabenbehörde die Hinterziehung als Vorfrage zu beurteilen. Die Abgabenbehörde hat diesfalls die maßgeblichen Hinterziehungskriterien des Straftatbestandes nachzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1994, 90/14/0142).
Die Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG erfordert Vorsatz.
Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.
In der Beschwerde wird im wesentlichen vorgebracht, es habe dem Beschwerdeführer nicht klar sein können, ob und welche steuerlichen Tatbestände er durch seine Handlungen ausgelöst habe. Zunächst sei nicht einmal der Abgabenbehörde klar gewesen, ob Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vorlägen. Ein möglicher Irrtum sei zu Gunsten des Beschwerdeführers anzunehmen. Der Dienstgeber des Beschwerdeführers habe bis zum Jahr 1987 die Tätigkeit des Beschwerdeführers geduldet; das gehe aus der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Bestätigung vom 27. Jänner 1987 hervor, die im angefochtenen Bescheid nicht berücksichtigt worden sei. Im Jahr 1987 seien die Nebeneinkünfte durch den Dienstgeber überprüft und sodann die Tätigkeiten des Bekleidens von Leichen mit Weisung abgestellt worden. Dem Beschwerdeführer sei die Pflicht zur Einreichung von Gewerbesteuererklärungen nicht bewußt gewesen, zumal er seine Einkünfte in enger Abhängigkeit von seinem Dienstgeber bezogen habe. Gegen den Vorsatz des Beschwerdeführers spreche auch, daß er sich keine Gedanken darüber gemacht habe, daß Belege, die er den Bestattungsunternehmern ausgestellt habe, in deren Buchhaltung aufgenommen würden, und somit seine Handlungen überprüfbar wären. Rechtsirrig sei es, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen sei, daß die von der Behörde angenommene Hinterziehung der Gewerbesteuer auf das Schicksal der anderen Abgaben durchschlagen könne. Hinsichtlich der Vermögensteuer sei beachtlich, daß für Wertpapierzinsen Zinsertragsteuer einbehalten worden sei. Die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer zugestanden, daß er im Hinblick auf den Zinsertragsteuerabzug von einer Abgeltung der Einkommensteuer ausgegangen sei. Sie widerspreche sich jedoch, wenn sie dies dem Beschwerdeführer nicht auch hinsichtlich der Vermögensteuer zubillige.
Die Kenntnis über das grundsätzliche Bestehen der Einkommensteuer- und Vermögensteuerpflicht kann jedenfalls bei einer intellektuell durchschnittlich begabten Person vorausgesetzt werden. Soweit die belangte Behörde davon ausgegangen ist, daß dem Beschwerdeführer die Pflicht zur einkommensteuerlichen Erfassung der Einkünfte aus dem Bekleiden von Leichen bewußt gewesen ist, kann ihr schon im Hinblick darauf nicht entgegengetreten werden, daß der Beschwerdeführer in der Vernehmung vom 21. Februar 1990 selbst von "Nebeneinkommen" gesprochen hat. Da nach den in der Beschwerde nicht bestrittenen Ausführungen des angefochtenen Bescheides dem Beschwerdeführer Einheitswertbescheide betreffend seine Liegenschaften zugekommen waren, aus denen sich in Summe ein Einheitswert von 1,2 Mio. S ergab, und er über beträchtliches Kapitalvermögen verfügte, konnte die belangte Behörde auch unbedenklich annehmen, daß dem Beschwerdeführer die Pflicht zu Einreichung von Vermögensteuererklärungen bewußt war. Daß ein Steuerabzug an der Quelle auch die Vermögensteuer abgelten kann, hat der Gesetzgeber erstmals im EndbesteuerungsG, BGBl. 11/1993, normiert. Für Zeiten vor der Beschlußfassung über das EndbesteuerungsG ist die Behauptung, der Steuerpflichtige wäre von einer Abgeltungswirkung für die Vermögensteuer ausgegangen, ohne nähere Begründung nicht glaubwürdig.
Die bescheidmäßig festgesetzten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (unter Einbeziehung der in der finanzstrafbehördlichen Prüfung aufgedeckten Beträge) überstiegen die Einkünfte aus dem Bekleiden von Leichen stets nur geringfügig. Aus diesem Umstand und weil die Einkünfte aus dem Leichenankleiden unbestritten dem Dienstgeber des Beschwerdeführers vor 1987 nicht bekannt waren, kann unbedenklich der Schluß gezogen werden, daß der Beschwerdeführer nicht von einer steuerlichen Erfassung im Wege des Lohnsteuerabzuges ausgegangen ist.
Die belangte Behörde hat sohin ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften die Feststellung getroffen, daß der Beschwerdeführer die grundsätzliche Steuerpflicht der laufenden Einkünfte aus dem Bekleiden von Leichen samt der betreffenden Steuererklärungspflicht ernstlich für möglich gehalten hat, bzw. daß sie ihm bekannt gewesen ist. Die belangte Behörde konnte aus der Unterlassung der Einreichung von Abgabenerklärungen auch schließen, daß sich der Beschwerdeführer mit der Abgabenverkürzung abgefunden hat, zumal nicht das geringste Anzeichen dafür erkennbar ist, daß er die Verkürzung nicht habe herbeiführen wollen. Der Umstand, daß er sich keine Gedanken über das weitere Schicksal der von ihm ausgestellten Belege gemacht hat, steht dem nicht entgegen.
Der Abgabenanspruch für eine bestimmte Abgabenart und einen bestimmten Zeitraum ist ein einheitlicher Anspruch. Daher verjährt eine Abgabe als hinterzogene Abgabe in zehn Jahren, wenn auch die Abgabe nur zum Teil durch einen Hinterziehungssachverhalt belastet ist (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2169). Die Hinterziehung im Hinblick auf die Einnahmen eines jeden Jahres aus dem Bekleiden von Leichen bestimmt daher die Verjährung hinsichtlich der Einkommensteuer des betreffenden Jahres als solcher. Nichts anderes will aber der angefochtene Bescheid zum Ausdruck bringen. Die Hinterziehung von Gewerbesteuer als solche zeitigt keinen unmittelbaren Einfluß auf die Verjährungsfrist bei der Einkommensteuer und Umsatzsteuer.
Hinsichtlich Gewerbe- und Umsatzsteuer zeigt das Beschwerdevorbringen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Auf den vielschichtigen (zeitlichen, sachlichen und persönlichen) Zusammenhang zwischen dem Dienstverhältnis einerseits und dem Bekleiden der Leichen andererseits hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren hingewiesen. Auch hat er ein Schreiben der Direktion der Landeskrankenanstalten vorgebracht, wonach gegen die Nebentätigkeit des Beschwerdeführer kein Einwand bestehe und sie als entsprechender Ausgleich betrachtet werden könne. Der angefochtene Bescheid enthält zwar knappe Ausführungen zur objektiven Gewerbe- bzw. Umsatzsteuerpflicht, beschränkt sich zur Frage der subjektiven Einstellung des Beschwerdeführer aber auf die undifferenzierte Behauptung, dieser habe nicht davon ausgehen können, daß die Einnahmen als im Rahmen eines Dienstverhältnisses mit dem Landeskrankenhaus bezogen gelten sollten. Diesen Ausführungen ist allerdings kein Begründungswert zuzumessen. Ihnen ist nicht zu entnehmen, warum die belangte Behörde davon ausgeht, daß der Beschwerdeführer nicht aufgrund eines allfälligen Irrtums iSd § 9 FinStrG die Auffassung vertreten haben sollte, daß die Zahlungen für das Bekleiden von Leichen - wie die anderen nicht erklärten Einnahmen - als Entgelt von dritter Seite im Rahmen des bestehenden Dienstverhältnisses anzusehen seien. Solcherart ist der angefochtene Bescheid hinsichtlich Gewerbe- und Umsatzsteuer mit wesentlichen Begründungsmängeln belastet.
Soweit der angefochtene Bescheid Gewerbe- und Umsatzsteuer betrifft, war er sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994. Da der angefochtene Bescheid nur einfach vorgelegt werden mußte, war die Beilagengebühr nur für eine Ausfertigung zuzusprechen.
Wien, am 25. März 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997150056.X00Im RIS seit
21.02.2002Zuletzt aktualisiert am
19.07.2012