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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
ApG 1907Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer, Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision des G K in P, vertreten durch Mag. Markus Lechner, Rechtsanwalt in 6911 Lochau, Althaus 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 21. August 2018, Zl. KLVwG-98/8/2018, betreffend Bewilligung einer Hausapotheke (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land; mitbeteiligte Partei: G H in G, vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Nußdorferstraße 10-12), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Revisionswerber hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1 1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 22. Dezember 2017 wurde dem Revisionswerber die Bewilligung zur Haltung einer Hausapotheke an seinem Berufssitz in P. versagt.
2 Begründend führte die belangte Behörde aus, der Revisionswerber habe mit Eingabe vom 3. Juli 2017, geändert durch die Eingabe vom 8. September 2017, die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke beantragt. Der Revisionswerber habe als Nachfolger von Dr. R., der seine Kassenordination mit 1. Juli 2017 eingestellt und die damit verbundene ärztliche Hausapotheke zurückgelegt habe, mit 1. Oktober 2017 seine Tätigkeit als kassenführender Arzt für Allgemeinmedizin am Ordinationssitz in P., W.-Park 11, aufgenommen. In der Gemeinde P. befinde sich keine öffentliche Apotheke. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Dezember 2017 seien jedoch dem Inhaber der öffentlichen K.-Apotheke die Standorterweiterung und Verlegung der derzeitigen Betriebsstätte K.-Straße 6 in G. an die voraussichtliche Betriebsstätte O.-Straße 5 in G. genehmigt worden. Die Entfernung des Ordinationssitzes des Revisionswerbers in P., W.-Park 11, zur öffentlichen K.-Apotheke in G. betrage (nach deren Verlegung) nunmehr nur noch ca. 2,8 km und unterschreite somit die gesetzlich geforderte Entfernung von vier Straßenkilometern (§ 29 Abs. 1a Apothekengesetz - ApG).
3 2. Nach Durchführung einer Verhandlung wies das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers gemäß § 28 VwGVG als unbegründet ab.
4 Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - aus, die mit - inzwischen rechtskräftig gewordenem - Bescheid der belangten Behörde vom 14. Dezember 2017 genehmigte Standorterweiterung und Verlegung der öffentlichen K.-Apotheke in die O.-Straße 5 seien im Sinn der höchstgerichtlichen Judikatur als Betriebsstätte iSd § 29 Abs. 1a ApG zu qualifizieren. Dem legte das Verwaltungsgericht die hg. Rechtsprechung zugrunde, der zufolge für die Einspruchsberechtigung gemäß § 48 Abs. 2 ApG der rechtliche Bestand der Apotheke maßgeblich sei, nicht die faktische Ausübung der verliehenen Apothekenkonzession (Hinweis auf VwGH 19.3.2002, 2001/10/0114, VwSlg. 15.795 A). Unter einer bestehenden Apotheke - so das Verwaltungsgericht weiter - sei im Sinne des § 10 Abs. 3 ApG auch eine zeitweise stillgelegte Apotheke zu verstehen, weil es nicht auf die faktische Ausübung der Berechtigung, sondern auf den rechtlichen Bestand der Apotheke anzukommen habe (Hinweis auf VwGH 23.4.1959, 1722/56, VwSlg. 4949 A).
5 Es komme daher nicht darauf an, dass der Apothekenbetrieb am neuen - mit Bescheid vom 14. Dezember 2017 bewilligten - Standort O.-Straße 5 in G. noch nicht aufgenommen worden sei, sondern es sei lediglich der rechtliche Zustand maßgeblich, "mit dem" der mitbeteiligten Partei die Standorterweiterung und Verlegung des Standortes der Betriebsstätte an einen neuen Standort genehmigt worden seien.
6 Die Revision ließ das Verwaltungsgericht mit der Begründung zu, dass es noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu gebe, ob hinsichtlich der Bestimmung des § 29 Abs. 1a ApG und des darin verwendeten Begriffes "Betriebsstätte" der rechtliche Bestand der Apotheke oder die faktische Ausübung der rechtskräftig genehmigten Standortweiterung und Verlegung des Berufssitzes einer öffentlichen Apotheke maßgeblich sei.
7 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, die das Verwaltungsgericht samt den Akten des Verfahrens vorgelegt hat.
8 Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung, wobei die belangte Behörde Aufwandersatz nicht begehrte.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 1. Die vorliegende ordentliche Revision schließt sich den Zulassungsausführungen des angefochtenen Erkenntnisses an. Darüber hinausgehende eigene Zulässigkeitsgründe sind der Revision nicht zu entnehmen.
10 Die Revision ist mit Blick auf die Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichts zulässig. Sie ist allerdings nicht berechtigt.
11 2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907 idF BGBl. I Nr. 59/2018 (ApG), lauten auszugsweise:
"Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke
§ 29. (1) Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen
Hausapotheke ist einem Arzt für Allgemeinmedizin auf Antrag zu
erteilen, wenn
1. dieser in einem dem § 342 Abs. 1 entsprechenden
Vertragsverhältnis steht, oder als Arzt für Allgemeinmedizin an
einer Gruppenpraxis, die in einem Vertragsverhältnis nach § 342
Abs. 1 ASVG steht, beteiligt ist,
2. sich in der Gemeinde, in welcher der Arzt seinen
Berufssitz hat, keine öffentliche Apotheke befindet, und
3. der Berufssitz des Arztes von der Betriebsstätte der
öffentlichen Apotheke mehr als sechs Straßenkilometer entfernt ist. (...)
(1a) Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist auf Antrag dem Nachfolger eines Arztes für Allgemeinmedizin mit Hausapothekenbewilligung abweichend von Abs. 1 Z 2 oder 3 zu erteilen, wenn der Nachfolger in einem Vertragsverhältnis zu einem Träger der Krankenversicherung nach Abs. 1 Z 1 steht und die Entfernung zwischen dem Berufssitz des hausapothekenführenden Arztes und der Betriebsstätte der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke mehr als vier Straßenkilometer beträgt.
(...)
(3) Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist
nach Maßgabe des Abs. 4 bei Neuerrichtung einer öffentlichen
Apotheke zurückzunehmen, wenn
1. die Wegstrecke zwischen dem Berufssitz des Arztes und
der Betriebsstätte der neu errichteten öffentlichen Apotheke vier
Straßenkilometer nicht überschreitet, und
2. sich die ärztliche Hausapotheke weder in einer Gemeinde
gemäß § 10 Abs. 2 Z 1 noch in einer Gemeinde gemäß § 10 Abs. 3 befindet.
(4) Der Inhaber der neu errichteten öffentlichen Apotheke ist verpflichtet, den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Apotheke der Behörde mitzuteilen. Die Behörde hat die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung auf Antrag des Inhabers der öffentlichen Apotheke mit Bescheid so rechtzeitig auszusprechen, dass die Einstellung des Hausapothekenbetriebes drei Jahre nach Rechtskraft des Bescheides erfolgt, mit dem die Konzession für die öffentliche Apotheke erteilt wurde. Wird die öffentliche Apotheke nach diesem Zeitpunkt in Betrieb genommen, ist die Hausapothekenbewilligung so zurückzunehmen, dass die Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke und die Einstellung des Hausapothekenbetriebes zum selben Zeitpunkt erfolgen.
(...)
§ 48.
Verlautbarung bei Neuerrichtungen.
Längstens innerhalb 14 Tagen nach Einlangen eines Gesuches um die Bewilligung zum Betriebe einer neu zu errichtenden Apotheke hat die Bezirksverwaltungsbehörde, falls das Gesuch nicht im Sinne der Bestimmungen des vorhergehenden Paragraphen ohne weiteres Verfahren abgewiesen worden ist, die Bewerbung unter Anführung des Namens, der Berufsstellung und des Wohnortes des Gesuchstellers und des für die Apotheke in Aussicht genommenen Standortes auf Kosten des Gesuchstellers in der für amtliche Bekanntmachungen bestimmten Zeitung zu verlautbaren.
(2) In diese Verlautbarung ist eine Bestimmung aufzunehmen, daß die Inhaber öffentlicher Apotheken sowie gemäß § 29 Abs. 3 und 4 betroffene Ärzte, welche den Bedarf an der neuen öffentlichen Apotheke als nicht gegeben erachten, etwaige Einsprüche gegen die Neuerrichtung innerhalb längstens sechs Wochen, vom Tage der Verlautbarung an gerechnet, bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bezirk der Standort der neuen öffentlichen Apotheke in Aussicht genommen ist, geltend machen können, daß später einlangende Einsprüche aber nicht in Betracht gezogen werden.
(...)
Verfahren bei der Bewilligung zum Betriebe von Filialen, ärztlichen Hausapotheken und Anstaltsapotheken.
§ 53. Für das Verfahren bei Anträgen auf Bewilligung zum Betrieb einer Filiale einer öffentlichen Apotheke sowie zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke im Sinne des § 29 und zum Betrieb einer Anstaltsapotheke sind die §§ 47 bis 51 sinngemäß anzuwenden."
12 3. Dem vorliegenden Fall liegt zugrunde, dass der Revisionswerber als Nachfolger eines Arztes für Allgemeinmedizin mit Hausapothekenbewilligung die Erteilung einer Bewilligung zur Haltung einer Hausapotheke beantragt hat, wobei die Ordination des Revisionswerbers in P. 2,8 km von der zukünftigen Betriebsstätte der K.-Apotheke in G., für welche nach den unbestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ein rechtskräftiger Genehmigungsbescheid für die Standortweiterung samt Betriebsstättenverlegung vorliegt, entfernt ist.
13 Die Bewilligung zur Haltung einer Hausapotheke ist dem Nachfolger eines Arztes für Allgemeinmedizin mit Hausapothekenbewilligung gemäß § 29 Abs. 1a ApG (bei Vorliegen bestimmter weiterer Voraussetzungen) zu erteilen, wenn die Entfernung zwischen dem Berufssitz des hausapothekenführenden Arztes und der Betriebsstätte der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke mehr als vier Straßenkilometer beträgt.
14 Das Verwaltungsgericht geht im angefochtenen Erkenntnis davon aus, dass unter dem Begriff der "Betriebsstätte der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke" in § 29 Abs. 1a ApG bereits die (vorliegend gegebene) rechtskräftig bewilligte Betriebsstätte zu verstehen sei. Im Gegensatz dazu vertritt der Revisionswerber die Auffassung, dass es auf die Aufnahme des faktischen Betriebes der öffentlichen Apotheke ankäme.
15 4.1. Nach der Konzeption des ApG geht der Gesetzgeber von der - verfassungsrechtlich unbedenklichen - Systementscheidung aus, dass die Heilmittelversorgung der Bevölkerung primär durch öffentliche Apotheken gewährleistet werden soll. Hausapotheken kommt in diesem System im Regelfall lediglich eine Surrogatfunktion zu (vgl. aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs etwa VfGH 16.12.2009, B 990/09, VfSlg. 18.966, sowie VfGH 1.3.2016, E 2091/2015, VfSlg. 20.054, jeweils mwN).
16 Vor diesem Hintergrund ist auch die hier in Rede stehende Bestimmung des § 29 Abs. 1a ApG und der dort verwendete Begriff der "Betriebsstätte der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke" auszulegen.
17 4.2. Die vom Revisionswerber vertretene Rechtsauffassung, wonach darunter nur eine tatsächlich bereits in Betrieb genommene öffentliche Apotheke zu verstehen sei, ist mit dem - eben erwähnten - den öffentlichen Apotheken zukommenden Primat nicht vereinbar, würde doch die Erteilung der Bewilligung für die Haltung einer ärztlichen Hausapotheke trotz bereits rechtskräftig erteilter Apothekenkonzession oder - wie hier - trotz bereits erfolgter rechtskräftiger Bewilligung der Standortweiterung samt Betriebsstättenverlegung einer öffentlichen Apotheke in einer Entfernung von höchstens vier Straßenkilometern bewirken, dass die öffentliche Apotheke und die ärztliche Hausapotheke innerhalb dieser Entfernung nebeneinander bestünden. Gerade dieses Nebeneinander in geringem Abstand soll aber durch die Bestimmung über die Mindestentfernung in § 29 Abs. 1a ApG vermieden werden.
18 Daran ändern - entgegen der Meinung des Revisionswerbers - auch die Bestimmungen des ApG über die Zurücknahme der Bewilligung ärztlicher Hausapotheken, die (bei Vorliegen bestimmter weiterer Voraussetzungen) bei Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke innerhalb von vier Straßenkilometern die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung nach Ablauf bestimmter Fristen vorsehen und damit ein vorübergehendes Nebeneinander von Hausapotheke und öffentlicher Apotheke ermöglichen (vgl. § 29 Abs. 3 und 4 ApG), nichts. Dass die Zurücknahme einer bestehenden Hausapotheke (erst) mit der Neuerrichtung, worunter nach der hg. Judikatur die Inbetriebnahme zu verstehen ist (vgl. VwGH 10.7.1992, 90/10/0031, VwSlg. 13.685 A, sowie darauf verweisend VwGH 22.12.2003, 2003/10/0263, VwSlg. 16.262 A, und VwGH 5.4.2004, 2004/10/0006), erfolgen darf, bedeutet nämlich nicht gleichzeitig, dass bis zur Inbetriebnahme einer rechtskräftig bewilligten öffentlichen Apotheke auch die Erteilung einer Hausapothekenbewilligung rechtens wäre. Es geht in dieser Regelung (§ 29 Abs. 3 und 4 ApG) vielmehr um bereits bestehende Hausapotheken, deren Bewilligung - einerseits dem Primat der öffentlichen Apotheke, andererseits dem Ziel der Gewährleistung einer ununterbrochenen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung Rechnung tragend (vgl. nochmals VwGH 90/10/0031, VwGH 2003/10/0263 und VwGH 2004/10/0006) - (erst) mit Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke zurückzunehmen ist.
19 4.3. Der Verwaltungsgerichtshof kommt daher - ungeachtet dessen, dass das Vorliegen einer Verwaltungsverfahrensgemeinschaft im Verhältnis eines Konzessionsverfahrens zur Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke und eines Verfahrens zur Erteilung der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke zu verneinen ist (vgl. VwGH 24.10.2018, Ro 2017/10/0010) - zu dem Ergebnis, dass unter der in § 29 Abs. 1a ApG genannten "Betriebsstätte der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke" bereits die im rechtskräftig abgeschlossenen Apothekenkonzessionsverfahren bzw. - wie hier - Standorterweiterungsverfahren bewilligte (noch nicht faktisch in Betrieb stehende) Betriebsstätte einer öffentlichen Apotheke zu verstehen ist (vgl. auch § 28 Abs. 3 ApG, welcher ebenfalls auf die rechtskräftige Konzession der öffentlichen Apotheke abstellt).
20 5. Für dieses Ergebnis sprechen auch die Bestimmungen des § 48 Abs. 2 iVm § 53 ApG und die dazu ergangene, vom Verwaltungsgericht in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses herangezogene hg. Rechtsprechung:
21 5.1. Nach § 48 Abs. 2 ApG, der gemäß § 53 ApG für das Verfahren bei Anträgen zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke sinngemäß anzuwenden ist, ist in die Verlautbarung eines Gesuches um die Bewilligung zum Betrieb einer neu zu errichtenden Apotheke eine Bestimmung aufzunehmen, dass die Inhaber öffentlicher Apotheken sowie gemäß § 29 Abs. 3 und 4 betroffene Ärzte, welche den Bedarf an der neuen öffentlichen Apotheke als nicht gegeben erachten, etwaige Einsprüche gegen die Neuerrichtung innerhalb längstens sechs Wochen, vom Tag der Verlautbarung an gerechnet, geltend machen können.
22 Diese Bestimmung vermittelt den Inhabern benachbarter Apotheken bei Erfüllung der hier normierten Voraussetzungen ein rechtliches Interesse an der Nichterteilung einer Apothekenkonzession, wenn es iSd § 10 Abs. 2 ApG am Bedarf an der neuen öffentlichen Apotheke mangelt (vgl. VwGH 2001/10/0114). Gleiches gilt gemäß § 53 ApG sinngemäß für das Verfahren betreffend die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke (vgl. VwGH Ro 2017/10/0010, mwH).
23 Dabei ist für die Einspruchsberechtigung der rechtliche Bestand der Apotheke maßgeblich, nicht die faktische Ausübung der verliehenen Apothekenkonzession (vgl. nochmal VwGH 2001/10/0114, mwN, sowie darauf verweisend VwGH Ro 2017/10/0010).
24 5.2. Da nach dem Gesagten dem Inhaber einer rechtskräftigen, aber faktisch noch nicht ausgeübten Apothekenkonzession ein rechtliches Interesse an der Nicht-Erteilung einer Hausapothekenbewilligung und damit Parteistellung im Verfahren zur Erteilung einer Hausapothekenbewilligung zukommt, wäre es nicht konsequent, dessen Parteistellung zwar zu bejahen, in weiterer Folge aber dem Durchbruch seiner rechtlichen Interessen mangels faktischer Ausübung der verliehenen Konzession von vornherein den Erfolg zu versagen.
25 6. Das Argument des Revisionswerbers, dass die Betriebsstätte einer öffentlichen Apotheke innerhalb eines rechtskräftig genehmigten Standortes frei gewählt werden könne und sich der Begriff "Betriebsstätte" daher nur auf eine faktisch betriebene öffentliche Apotheke beziehen könne, weil andernfalls die in § 29 Abs. 1a ApG normierte Mindestentfernung von vier Straßenkilometern nicht gemessen werden könne, verfängt nicht.
26 So ist der Standort der in Aussicht genommenen Betriebsstätte einer öffentlichen Apotheke bereits im Antrag auf Erteilung einer Apothekenkonzession zu nennen und die Mindestentfernung von dieser im Antrag angegebenen Betriebsstätte aus zu beurteilen (vgl. die zu § 10 Abs. 2 Z 2 ApG ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 13.11.2000, 98/10/0079, und darauf verweisend VwGH 11.6.2001, 2000/10/0165, VwSlg. 15.625 A). Die Mindestentfernung wird im Apothekenkonzessionsverfahren daher von der im Konzessionsantrag in Aussicht genommenen Betriebsstätte (die naturgemäß mangels erteilter Konzession noch nicht in Betrieb stehen kann) aus gemessen.
27 Vor diesem Hintergrund spricht nichts dagegen, im Hausapothekenbewilligungsverfahren die Messung der in § 29 Abs. 1a ApG vorgeschriebenen Mindestentfernung zwischen der Betriebsstätte der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke und der Hausapotheke von der im rechtskräftig abgeschlossenen Apothekenkonzessionsverfahren bzw. - wie hier - Standorterweiterungsverfahren in Aussicht genommenen Betriebsstätte aus vorzunehmen.
28 7. Mit dem weiteren Vorbringen, § 29 Abs. 1 Z 2 ApG stelle darauf ab, ob sich eine öffentliche Apotheke in einer Gemeinde "befindet", worunter der faktische Bestand einer Apotheke gemeint sei, ist für den Revisionswerbers schon deshalb nichts zu gewinnen, weil § 29 Abs. 1 ApG im vorliegenden Fall eines Antrags eines Nachfolgers eines Arztes für Allgemeinmedizin mit Hausapothekenbewilligung nicht zur Anwendung gelangt. Eine Auseinandersetzung mit dieser Regelung kann im Revisionsfall daher unterbleiben.
29 8. Die sich somit als unbegründet erweisende Revision war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
30 Der Ausspruch über Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 27. März 2019
Schlagworte
Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen RechtspersönlichkeitParteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RO2019100003.J00Im RIS seit
29.06.2020Zuletzt aktualisiert am
29.06.2020