Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl, den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision der M T in F, vertreten durch Mag. Georg Luckmann, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Alter Platz 30, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 19. Juli 2018, Zl. KLVwG- 1018/23/2017, betreffend Abweisung eines Antrags auf Rodungsbewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land (die belangte Behörde) wies den Antrag der Revisionswerberin vom 31. Mai 2016 auf Erteilung der dauernden Rodungsbewilligung für eine Teilfläche eines näher bezeichneten Grundstückes im Ausmaß von 1.914 m2 zum Zweck der Schaffung von landwirtschaftlicher Nutzfläche mit Bescheid vom 19. April 2017 ab.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 19. Juli 2018 wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten (LVwG) die dagegen von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
3 Dabei stellte das LVwG u.a. fest, die Revisionswerberin bewirtschafte einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit einer Fläche von ca. 55 ha. Sie halte 38 Rinder und beabsichtige den Aufbau einer Brillenschafzucht. Gegenwärtig besitze die Revisionswerberin 3 Brillenschafe. Die Weide für die Brillenschafe solle auf der gegenständlichen Rodungsfläche, auf der 2,7 Brillenschafe erhalten werden könnten, geschaffen werden. Die beabsichtigte Rodung und die geplante Verwendung der Rodungsfläche als Weide für Schafe könnten den Betrieb der Revisionswerberin in seiner Existenz festigen.
4 In rechtlicher Hinsicht verneinte das LVwG ein in der Agrarstrukturverbesserung begründetes öffentliches Interesse an einer Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche als Weide für Brillenschafe. Aufgrund der Größe des Betriebes der Revisionswerberin sei nicht ersichtlich, inwieweit die zusätzliche Haltung von 2,7 Brillenschafen der Existenzsicherung des Betriebes dienen solle. Die vom Amtssachverständigen angeführte "angrenzende landwirtschaftliche Bewirtschaftung" reiche nicht zur Annahme einer Agrarstrukturverbesserung, zumal die angrenzenden Flächen nicht von der Revisionswerberin bewirtschaftet würden und sich insoweit dadurch keine Bewirtschaftungsvorteile ergäben. In diesem Zusammenhang habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass der Umstand, dass die Rodungsfläche eben sei und teilweise an bereits landwirtschaftlich genutzte Flächen anschließe, nicht zur Annahme einer Agrarstrukturverbesserung reiche (VwGH 18.12.1984, 82/07/0153).
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision wird geltend gemacht, es fehle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die beantworte, ob ein durch Rodung ermöglichtes zusätzliches Halten von 2,7 Schafen eine Agrarstrukturverbesserung darstelle oder dies erst der Fall sei, wenn mehr Schafe gehalten werden könnten. Es finde sich zudem keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob eine Rodung erst dann im öffentlichen Interesse liege, wenn angrenzenden Grundeigentümern Bewirtschaftungsvorteile zukämen. Das Erkenntnis widerspreche zudem der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum öffentlichen Interesse der Agrarstrukturverbesserung.
9 Mit diesem Vorbringen wird allerdings nicht dargelegt, warum das rechtliche Schicksal der Revision von den angesprochenen Fragen abhängen soll, geht die Revisionswerberin damit doch nicht vom festgestellten Sachverhalt aus: Nach der auf sachverständiger Grundlage getroffenen (unstrittigen) Feststellung des LVwG "kann die beabsichtigte Rodung und die geplante Verwendung als Weide für Schafe den Betrieb der (Revisionswerberin) in seiner Existenz festigen".
10 Ausgehend von dieser Sachverhaltsannahme kann keine Rede davon sein, dass das LVwG ein in der Agrarstrukturverbesserung begründetes Interesse an der Verwendung der Rodungsfläche als Weide schlechthin verneint hat. Allerdings ist die beantragte Maßnahme demnach lediglich zur (finanziellen) Stärkung des Betriebes der Revisionswerberin geeignet.
11 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein in der Agrarstrukturverbesserung begründetes öffentliches Interesse an einer andere Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche dann zu bejahen, wenn die Rodung eine Maßnahme darstellt, die für die Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebes unter dem Gesichtspunkt der Existenzsicherung dieses Betriebes oder dem gleichermaßen bedeutsamen Blickwinkel der Erfordernisse eines zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebes notwendig ist; rein privatwirtschaftliche Nützlichkeits- oder Zweckmäßigkeitserwägungen
reichen zur Begründung eines öffentlichen Interesses an einer anderweitigen Verwendung von Waldboden (unter dem Gesichtspunkt der Agrarstrukturverbesserung) nicht aus (vgl. VwGH 9.11.2016, Ro 2014/10/0043, mwN).
Vielmehr kommen nur solche Maßnahmen in Betracht, die einen entscheidenden Beitrag zur dauerhaften Existenzsicherung des Betriebes leisten oder in gleicher Weise notwendig sind, um einen zeitgemäßen Wirtschaftsbetrieb zu gewährleisten. Die Revisionswerberin zeigt mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen kein Abweichen von dieser Rechtsprechung auf.
12 Die ins Treffen geführte Rechtsfrage, ob eine Rodungsmaßnahme erst dann im öffentlichen Interesse liege, wenn auch für angrenzende Grundstückseigentümer Bewirtschaftungsvorteile gegeben seien, geht - wie das vom LVwG zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.12.1984, 82/07/0153, zeigt - an der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses vorbei. Nach diesem Erkenntnis vermag die Tatsache, dass eine Rodungsfläche eben ist und teilweise an bereits landwirtschaftlich genutzte Flächen des Rodungswerbers anschließt, die Aussage eines Sachverständigen "die Betriebsstruktur" des Rodungswerbers werde "wesentlich verbessert" nicht zu begründen. Davon, dass Bewirtschaftungsvorteile für angrenzende Grundstückseigentümer gegeben sein müssten, um von einer Agrarstrukturverbesserung auszugehen, ist im angefochtenen Erkenntnis keine Rede.
13 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 27. März 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018100135.L00Im RIS seit
18.07.2019Zuletzt aktualisiert am
18.07.2019