TE Vwgh Beschluss 2019/4/9 Ro 2018/02/0012

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.04.2019
beobachten
merken

Index

E000 EU- Recht allgemein
E3R E06202020
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
37/01 Geldrecht Währungsrecht
37/02 Kreditwesen
67 Versorgungsrecht

Norm

BMSVG 2002 §31 Abs1 Z3 litb
BMSVG 2002 §31 Abs1 Z3a idF 2013/I/184
B-VG Art133 Abs4
BWG 1993 §22a
EURallg
SolvabilitätsV 2006 §10 Abs1
VwGG §34 Abs1
VwRallg
32013R0575 Liquiditätsdeckungsanforderung Art121 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Mag. Dr. Köller und Dr. N. Bachler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision der f AG in W, vertreten durch die Gassauer-Fleissner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wollzeile 3/Lugeck 6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11. April 2018, Zl. W230 2174977-1/6E, betreffend Bewilligung gemäß § 31 Abs. 1 Z 3a BMSVG (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG:

Finanzmarktaufsichtsbehörde; weitere Partei: Bundesminister für Finanzen), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die revisionswerbende Partei ist eine konzessionierte betriebliche Vorsorgekasse (§ 18 Betriebliches Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz - BMSVG) und nahm für bestimmte von ihr veranlagte Wertpapiere (als Ausnahme von der allgemeinen Bewertung nach dem Tageswertprinzip) die abweichende Bewertungsregel des § 31 Abs. 2 BMSVG in Anspruch. Diese gestattet, bestimmte Wertpapiere mit einer festen Laufzeit, die aufgrund einer gesonderten Widmung zuvor dafür bestimmt werden, bis zur Endfälligkeit gehalten zu werden, mit ihren fortgeführten Anschaffungskosten oder ihrem fortgeführten Tageswert zum Zeitpunkt der Widmung unter Verwendung der Effektivzinsmethode zu bewerten. Die Inanspruchnahme dieser Möglichkeit wird im Folgenden auch als HTM-Widmung bezeichnet (Hold-to-maturity-Widmung).

2 Mit Eingabe vom 10. März 2017 stellte die revisionswerbende Partei für zwei der von ihr HTM-gewidmeten Wertpapiere bei der Finanzmarktaufsichtsbehörde (im Folgenden: FMA) gemäß § 31 Abs. 1 Z 3a BMSVG den Antrag auf Bewilligung der "Entwidmung" (um von der Bewertung nach dem fortgeführten Tageswert zum Widmungszeitpunkt unter Verwendung der Effektivzinsmethode abzugehen) und berief sich dafür auf "besondere Umstände". Zur Begründung dieser "besonderen Umstände" brachte sie insbesondere vor, dass aufgrund eingeholter Ratings des von ihr beauftragten Unternehmens eine wesentliche Verschlechterung der Bonität der jeweiligen Emittenten, verglichen mit den zum Zeitpunkt der HTM-Widmung verwendeten Maßstäben gemäß § 31 Abs. 1 Z 3a lit. b BMSVG erkennbar sei und daher ein besonderer Umstand vorliege, der eine Entwidmung rechtfertige.

3 Die FMA wies diesen Antrag mit Bescheid vom 5. Juli 2017 mit der wesentlichen Begründung ab, dass keine besonderen Umstände im Sinne des § 31 Abs. 1 Z 3a BMSVG vorlägen.

4 Nach Einbringung einer gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde der revisionswerbenden Partei erließ die FMA am 29. September 2017 eine beschwerdeabweisende Beschwerdevorentscheidung. Infolge eines (am 13. Oktober 2017) eingebrachten Vorlageantrags legte die FMA die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

5 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 11. April 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der revisionswerbenden Partei als unbegründet ab und bestätigte die Beschwerdevorentscheidung der FMA vom 29. September 2017 (Spruchpunkt A).

6 Die Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig (Spruchpunkt B).

7 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Bundesverwaltungsgericht wie folgt:

"Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Zwar liegt zu § 31 Abs. 1 Z 3a BMSVG das Erkenntnis VwGH vom 15.12.2014, 2013/17/0497, vor, anhand dessen sich wesentliche Fragen des Beschwerdefalles lösen lassen, jedoch erging dieses Erkenntnis zu einer früheren Fassung der zitierten Bestimmung, die noch nicht an das Regelungssystem der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 anknüpfte, das eine ‚pauschalisierende' Zuweisung eines Risikogewichts für Risikopositionen gegenüber ‚unbeurteilten Instituten' nach Art. 121 der Verordnung vorsieht."

8 Dagegen richtet sich die vorliegende ordentliche Revision mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge gemäß § 42 Abs. 4 VwGG das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes dahingehend abändern, dass den Entwidmungsanträgen der revisionswerbenden Partei vom 10. März 2017 stattgegeben werde. In eventu möge die Entscheidung "gemäß § 42 Abs. 2 VwGG mit Erkenntnis" aufgehoben werden.

9 In ihren Zulässigkeitsausführungen übernimmt die revisionswerbende Partei die Zulässigkeitsbegründung des Bundesverwaltungsgerichtes wortwörtlich.

10 Die FMA erstattete eine Revisionsbeantwortung, in welcher sie beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge die vorliegende Revision unter Aufwandersatz "als unzulässig zurückweisen bzw. als unbegründet abweisen".

11 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

13 Nach § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

14 Die Revision erweist sich aus folgenden Gründen als nicht zulässig:

15 Das Bundesverwaltungsgericht begründet seinen Zulässigkeitsausspruch damit, dass das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.12.2014, 2013/17/0497, zu § 31 Abs. 1 Z 3a BMSVG idF BGBl. I Nr. 35/2012 erging, als dieses noch nicht an die VO (EU) Nr. 575/2013, sondern an § 22a BWG in der damaligen Fassung anknüpfte.

16 Die Novelle, mit der § 31 Abs. 1 Z 3a BMSVG infolge des Inkrafttretens der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 geändert wurde, hat jedoch zu keiner für den gegenständlichen Sachverhalt maßgeblichen Neuerung des Regelungsgehaltes geführt. Durch BGBl. I Nr. 184/2013 wurde in § 31 Abs. 1 Z 3a BMSVG der Verweis "§ 22a BWG" jeweils durch den Verweis "Teil 3 Titel II Kapitel 2 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013" ersetzt. Dabei handelt es sich - wie die Materialien ausführen - um eine "redaktionelle Anpassung" (EBRV 2438 BlgNR 24. GP, 84).

17 § 31 Abs. 1 Z 3a lit. b BMSVG in der Fassung vor BGBl. I Nr. 184/2013 verwies auf § 22a BWG in der damals geltenden Fassung. Letztere Bestimmung enthielt eine pauschalierende Zuweisung von (zum Zeitpunkt der HTM-Widmung) unbeurteilten Instituten. Wie die FMA in ihrer Revisionsbeantwortung zutreffend festhält, bedeutet dies, dass zur Frage nach der Widmungsfähigkeit auch nach der für das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.12.2014, 2013/17/0497, maßgebenden Rechtslage auf die Bonitätsstufe des Sitzstaates abgestellt wurde. Grundlage war die in § 10 Abs. 1 Solvabilitätsverordnung (SolvaV) angeführte Tabelle. Die genannte Tabelle enthielt eine pauschalierende Zuweisung des Risikogewichtes, die sich - wie die Nachfolgebestimmung in Art. 121 Abs. 1 VO (EU) Nr. 575/2013 - an der Bonitätsstufe des entsprechenden Sitzstaates orientiert und die gleichen Werte wie Art. 121 Abs. 1 leg.cit. vorsieht.

18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen eine im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

19 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 9. April 2019

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2Gemeinschaftsrecht Verordnung EURallg5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018020012.J00

Im RIS seit

03.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

03.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten