TE Vwgh Erkenntnis 1999/3/25 98/06/0203

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Veröffentlicht am 25.03.1999
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;

Norm

BauO Tir 1989 §3 Abs1;
BauO Tir 1989 §3 Abs4;
BauO Tir 1989 §7 Abs1;
BauO Tir 1989 §7 Abs2;
BauO Tir 1989 §7 Abs4;
BauO Tir 1989 §7 Abs6;
BauRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 98/06/0204

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde 1. der M, 2. der B, 3. der I, und 4. des R, alle in I und alle vertreten durch D und M, Rechtsanwälte in I, gegen 1. den Bescheid des Stadtsenats der Landeshauptstadt Innsbruck vom 21. September 1998, Zl. I-5106/1998 (zur Zl. 98/06/0203), und 2. gegen den Bescheid des Stadtsenats der Landeshauptstadt Innsbruck vom 16. September 1998, Zl. I-5105/1998 (zur Zl. 98/06/0204), jeweils betreffend Nachbareinwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien jeweils 1. AR in I, und 2. CR in I), zu Recht erkannt:

Spruch

I.

1. Der zu Zl. 98/06/0203 angefochtene Bescheid wird aufgrund der Beschwerde der Drittbeschwerdeführerin und des Viertbeschwerdeführers wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

2. Die Beschwerde zur Zl. 98/06/0203 der Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.

3. Die zur Zl. 98/06/0204 erhobene Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der Drittbeschwerdeführerin und dem Viertbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin haben (im Verfahren zur Zl. 98/06/0203) der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- zu gleichen Teilen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Alle Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Innsbruck (im Verfahren zur Zl. 98/06/0204) Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- zu gleichen Teilen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligten Parteien suchten um die Erteilung einer Baubewilligung für den Umbau zweier benachbarter Gebäude in der A-Straße an. Die auf Grund dieses Ansuchens im Instanzenzug erteilten Baubewilligungen wurden mit hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1997, Zlen. 95/06/0024 und 95/06/0025, auf Grund der Beschwerde der nunmehrigen Erst- und Zweitbeschwerdeführerin aufgehoben. Begründet wurde diese Aufhebung insbesondere damit, dass die Berechnung, ob das Dachgeschoß der beiden Gebäude als Vollgeschoß im Sinne des § 3 Abs. 4 Tiroler Bauordnung anzusehen ist oder nicht, insbesondere im Hinblick auf die dem Verfahren zugrundeliegenden Pläne nicht ausreichend nachvollziehbar gewesen sei.

Nachdem die Mitbeteiligten nach der Aufhebung des Berufungsbescheides mit dem oben genannten Erkenntnis das Baugesuch im zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren zurückgezogen hatten, hob die (damals als Berufungsbehörde zuständige) Bauberufungskommission den bei ihr angefochtenen Bewilligungsbescheid der Behörde erster Instanz ersatzlos auf.

Die mitbeteiligten Parteien suchten sodann neuerlich um die Erteilung der Baubewilligung für den Umbau derselben Gebäude an. Auch die nunmehr beschwerdegegenständlichen Projekte sehen jeweils ein ausgebautes Dachgeschoß vor. Diesbezüglich wurde von den mitbeteiligten Parteien im Laufe des Verfahrens ein Plan betreffend das Dachgeschoß mit einer Berechnung des Planverfassers vorgelegt, welche Flächen solche seien, über denen der Senkrechtabstand bis zur Dachhaut über 2,70 m beträgt.

Die belangte Behörde holte dazu eine Stellungnahme der Magistratsabteilung Bau- und Feuerpolizei zur Frage des Vorliegens eines Vollgeschoßes ein.

Mit Schreiben vom 27. März 1998 teilte die genannte Magistratsabteilung zum Projekt A-Straße 79 (hg. Zl. 98/06/0204)

Folgendes mit:

"Zur do. Anfrage vom 19.03.1998 wird wie folgt gutachtlich

Stellung genommen:

1) Vollgeschoße: Die baupolizeiliche Überprüfung hat ergeben, daß das Dachgeschoß kein Vollgeschoß ist.

Der baupolizeilichen Überprüfung ist der Plan Nr. 103 von Feber 1998 zu Grunde gelegen. Dabei ergab sich als Bezugsfläche 99,96 m2 und jene Fläche, die eine Höhe von mehr als 2,3 m bzw. 2,7 m hat, beträgt 33,47 m2. Somit ist diese Fläche kleiner als die Hälfte der Bezugsfläche. Dieses Geschoß ist demnach kein Vollgeschoß.

..."

Eine praktisch wortgleiche Stellungnahme wurde im Verfahren betreffend das Projekt A-Straße 79a (hg. Zl. 98/06/0203) abgegeben, die sich lediglich hinsichtlich der aus der vom Planverfasser vorgelegten Berechnung übernommenen, auf dieses Projekt bezüglichen konkreten Maßangaben von der vorgenannten Stellungnahme unterscheidet.

Mit Bescheid des Magistrats der Landeshauptstadt Innsbruck vom 2. Juni 1998 wurde den mitbeteiligten Parteien die beantragte Baubewilligung erteilt.

Die Beschwerdeführer erhoben Berufung.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurde den Berufungen keine Folge gegeben. Begründend wird in den Bescheiden weitgehend übereinstimmend ausgeführt, dass das zu beurteilende Bauvorhaben neben einem Erdgeschoß und zwei Obergeschoßen auch ein ausgebautes Dachgeschoß aufweise. Aus der von den Bauwerbern vorgelegten Flächenberechnung für dieses Dachgeschoß gehe dabei ohne jeden Zweifel hervor, dass die Gesamtfläche des Dachgeschoßes 99,96 m2 ausmache und jene Flächen mit einer Raumhöhe von mehr als 2,30 m bzw. einer solchen Höhe bis zum Schnittpunkt dieser gedachten Linie mit der Außenhaut der Dachkonstruktion von 2,70 m lediglich 33,47 m2 ausmachten, sodass zweifelsfrei dieses Dachgeschoß nicht als Vollgeschoß im Sinne des § 3 Abs. 4 Tiroler Bauordnung zu qualifizieren sei. Im Bescheid Zl. I-5106/1998, der im Verfahren zur hg. Zl. 98/06/0203 angefochten ist, wird gleichlautend ebenfalls festgestellt, dass jene Flächen mit einer Raumhöhe von mehr als 2,30 m bzw. einer solchen Höhe bis zum Schnittpunkt dieser gedachten Linie mit der Außenhaut der Dachkonstruktion von 2,70 m weniger als 50 % der Geschoßfläche ausmachten.

Wenn die Beschwerdeführer demgegenüber auf eine Stellungnahme des gerichtlich beeideten Sachverständigen Ing. P. Bezug nähmen, in welcher dieser darzulegen versuche, dass die Flächen mit Mindestraumhöhen über 2,30 m mehr als 50 % der Dachgeschoßgrundfläche ausmachten, so könne dem nicht gefolgt werden. Es sei dem Gutachten selbst zu entnehmen, dass in der Berechnung auch jene Räume aufschienen, die zwar laut Plan nur eine Raumhöhe von 2,26 m bzw. 2,28 m aufwiesen, die aber nach Meinung des Privatgutachters nach der Bestimmung des § 19 Abs. 1 TBV eine Raumhöhe von 2,30 m aufweisen müssten. § 19 Abs. 2 TBV bestimme, dass die lichte Höhe von Aufenthaltsräumen im Dachgeschoß über mindestens der Hälfte der Fußbodenfläche mindestens 2,30 m betragen müsse, im Übrigen mindestens 1,50 m. § 19 Abs. 1 TBV sei für das in Rede stehende Dachgeschoß nicht anwendbar und im Übrigen stehe fest, dass die zu beurteilenden Dachgeschoßräume die geforderten Ausmaße des § 19 Abs. 2 TBV einhielten.

Zum Einwand, der zulässige Mindestgrenzabstand des 0,7-Fachen der Wandhöhe gemäß § 7 TBO wird ausgeführt, dass das von den Beschwerdeführern genannte höher gezogene Stiegenhaus gemäß § 7 Abs. 2 TBO bei der Berechnung der Wandhöhe als untergeordneter Bauteil nicht zu berücksichtigen gewesen sei.

Im Verfahren betreffend das Gebäude A-Straße 79a (hg. Zl. 98/06/0203) führt die belangte Behörde schließlich zu dem mit der Baubewilligung bewilligten sogenannten Garagenstapler aus, dass damit das Parken der Kraftfahrzeuge in einer mechanisch heb- und senkbaren Parkgrube in den Ausmaßen von 3,45 x 11,5 x 5,95 m unterirdisch erfolge, sodass der Garagenstaplermechanismus nur während der Beschickung bzw. während des Ausfahrtsvorganges an sich sichtbar sei, in der übrigen Zeit (Parkzeit) er sich bloß als befestigter Abstellplatz darstelle. Bei ordnungsgemäßem Betrieb sei er daher für den anrainenden Nachbarn nicht sichtbar und daher, weil baurechtlich wie ein oberirdischer Abstellplatz zu qualifizieren, nicht geeignet, Nachbarrechte zu verletzen.

Bezüglich der behaupteten, vom Stapelparker ausgehenden Lärmbelästigung stellte die belangte Behörde fest, dass die Anlage "gemäß § 94 der ADSV" geprüft sei und nach Testmessungen in einer Entfernung von 5,0 m maximal 55 dB verursache und somit in einem Areal, das als gemischtes Wohngebiet ausgewiesen sei, widmungskonform und zulässig sei.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen einerseits die Verletzung des Grundsatzes "ne bis in idem", andererseits die Verletzung des § 3 Abs. 4 TBO 1989 und die Verletzung des Mindestgrenzabstandes, sowie im Verfahren zur Zl. 98/06/0203 die Verletzung von Rechten durch die Bewilligung des Stapelparkers geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und jeweils eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die beiden Verfahren wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden und hat erwogen:

1. In beiden Verfahren machen die Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend, dass die Beurteilung der belangten Behörde betreffend die Geschoßeigenschaft des ausgebauten Dachgeschoßes und den Mindestgrenzabstand unzutreffend sei.

Im Verfahren betreffend das Projekt A-Straße 79a (hg. Zahl 98/06/0203) wenden sich die Beschwerdeführer überdies gegen die Erteilung der Genehmigung für den Stapelparker.

Zu der in den Beschwerden erhobenen Rüge der Verletzung des Grundsatzes "ne bis in idem" ist einleitend darauf hinzuweisen, dass nach der Zurücknahme eines Bewilligungsantrags (und der daraufhin im Beschwerdefall folgerichtig vorgenommenen Aufhebung des mit Berufung bekämpften erstinstanzlichen Bescheides aufgrund des ersten Antrags) die neuerliche Einbringung eines Antrages und die Entscheidung der zuständigen Behörde über diesen Antrag nicht unzulässig ist, da in diesem Fall keine Entscheidung über einen Antrag vorliegt, welche Rechtskraftwirkung (§ 68 AVG) entfalten könnte. Das diesbezügliche Vorbringen in den Beschwerden zeigt daher keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide auf.

2. Zur Frage der Anrechnung des Dachgeschoßes als Vollgeschoß:

Strittig ist im Beschwerdefall, ob das in beiden Gebäuden vorgesehene ausgebaute Dachgeschoß (drittes Obergeschoß) ein Vollgeschoß im Sinne der Tiroler Bauordnung darstellt. Da der maßgebliche Bebauungsplan die Bauhöhe mit maximal drei Vollgeschoßen festlegt, ist zu klären, ob das Dachgeschoß ein Vollgeschoß darstellt.

§ 3 Abs. 4 Tiroler Bauordnung 1989, LGBl. Nr. 33, idF. LGBl. Nr. 7/1994 (die im Beschwerdefall entsprechend der Antragstellung vor dem 1. März 1998 noch anzuwenden ist), lautete:

"(4) Vollgeschosse sind Geschosse, die zur Gänze über dem anschließenden Gelände liegen und über mindestens der Hälfte ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 Metern haben. Geschosse, in denen ausgebaute oder nicht ausgebaute Räume liegen, die das Dach berühren (Dachgeschosse), gelten auch dann als Vollgeschosse, wenn über mehr als der Hälfte der Grundfläche dieses Geschosses der Senkrechtabstand vom Fußboden zur Dachhaut mehr als 2,70 Meter beträgt. Wurde die Höhenlage des Geländes durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert, so ist von der Höhenlage vor dieser Veränderung auszugehen. Zur Berechnung der Bauhöhe sind auf die Anzahl der Vollgeschosse jedoch auch jene Geschosse anzurechnen, deren Deckenoberkante auch nur an einer Seite zum überwiegenden Teil mehr als 2 Meter über dem anschließenden Gelände liegt."

Im Verfahren erster Instanz wurde von den Mitbeteiligten der Plan Nr. 103 vom Februar 1998 zur Vollgeschoßberechnung vorgelegt. Mit diesem Plan wurde auch eine Berechnung der Grundfläche des dritten Obergeschoßes und eine Berechnung der "Fläche über 2,70 m" im dritten Obergeschoß vom Planverfasser vorgelegt. Die Stellungnahme der Bau- und Feuerpolizei in beiden Verfahren schließt unter Berufung auf diese Unterlage, dass "jene Fläche, die eine Höhe von mehr als 2,3 m bzw. 2,7 m hat," in beiden Fällen weniger als 50 % der Geschoßfläche ausmache.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid jeweils ausgeführt, dass aus der von den Mitbeteiligten vorgelegten Flächenberechnung "ohne jeden Zweifel" hervorgehe, dass die Gesamtfläche des Obergeschoßes eine bestimmte Quadratmeteranzahl ausmache und jene Flächen mit einer Raumhöhe von mehr als 2,30 m bzw. einer solchen Höhe bis zum Schnittpunkt dieser gedachten Linie mit der Außenhaut der Dachkonstruktion von 2,70 m einen bestimmten Wert ausmachten, sodass das Dachgeschoß zweifelsfrei nicht als Vollgeschoß im Sinne der Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 4 Tiroler Bauordnung 1989 zu qualifizieren sei.

Zu diesen Feststellungen ist darauf hinzuweisen, dass die in § 3 Abs. 4 normierten Voraussetzungen der Raumhöhe von mehr als 2,30 m oder des Senkrechtabstandes bis zur Außenhaut der Dachkonstruktion von 2,70 m zwei verschiedene Tatbestände konstituieren. Die vorgelegten Berechnungen des Planverfassers beziehen sich jeweils auf jene Flächen, über welchen der Senkrechtabstand zur Außenhaut der Dachkonstruktion 2,70 m beträgt. Insoferne ist der Schluss der belangten Behörde, dass aus der vorgelegten Flächenberechnung der mitbeteiligten Parteien hervorgehe, dass jene Flächen, über welchen die lichte Raumhöhe mehr als 2,30 m sei, weniger als die Hälfte der Geschoßfläche ausmachten, nicht unmittelbar nachzuvollziehen, sondern eine solche Aussage nur aus den Plänen abgeleitet werden kann (siehe dazu näher unten). Auch in der erwähnten Stellungnahme der Magistratsabteilung Bau- und Feuerpolizei wird nicht näher dargelegt, auf Grund welcher Überlegungen der Schluss gezogen wird, dass jene Fläche, über welcher die lichte Raumhöhe mehr als 2,30 m ausmacht, weniger als 50 % der Geschoßfläche ausmache. Die belangte Behörde hätte daher an sich näher begründen müssen, weshalb sie zu diesem Schluss kommt (vor allem ist keine Identität des Ausmaßes dieser Flächen gegeben, wie die belangte Behörde in ihrer ungenauen Begründung zugrunde legt). Die sachverständige Äußerung der Magistratsabteilung Bau- und Feuerpolizei ist insoferne nämlich nicht eine schlüssige und nachvollziehbare Darstellung, stellt sie doch lediglich die Übernahme von Ergebnissen aus den Einreichunterlagen dar, ohne die über die bezogenen Unterlagen hinaus gezogene Schlussfolgerung, dass auch die Fläche, über der die lichte Höhe 2,30 m beträgt, näher zu begründen (auch in der Stellungnahme der Magistratsabteilung wird von der Identität der nach § 3 Abs. 4 TBO relevanten Flächen ausgegangen).

Dieser Mangel ist nur dann nicht wesentlich, wenn die von der belangten Behörde aus den eingereichten Plänen gezogenen Schlüsse auch ohne Sachverständigengutachten nachvollziehbar sind. Dies ist im Beschwerdefall auch der Fall.

Die im Verfahren vorgelegten Berechnungen, auf welche sich die Stellungnahme und die belangte Behörde bezieht, betreffen die Frage, über welcher Fläche die lichte Raumhöhe 2,30 m beträgt, nicht ausdrücklich. Wie sich jedoch dem im Februar 1998 vorgelegten Plan 103 (im Verfahren betreffend das Projekt A-Straße 79), der auch mit dem Genehmigungsvermerk im Zusammenhang mit der erstinstanzlichen Baubewilligung vom 2. Juni 1998 versehen ist, entnehmen lässt, ist jene Fläche, über welcher die lichte Raumhöhe 2,30 m beträgt, etwas geringer als die in der Berechnung des Planverfassers ausgewiesene Fläche, über welcher der Senkrechtabstand zur Dachhaut mehr als 2,70 m beträgt. Gleiches gilt für den im Verfahren betreffend das Projekt A-Straße 79a vorgelegten Plan EN 103.

Auch diese Fläche beträgt daher weniger als 50 % der Geschoßfläche. Wie dem Plan zu entnehmen ist, beträgt die lichte Höhe im Bereich der Gaupenkonstruktion etwas weniger als 2,30 m, sodass zu der in jenem Grundriss des Dachgeschoßes, in dem im Plan 103 die Fläche F 13 (das ist jene Fläche, über der der Senkrechtabstand bis zur Dachhaut 2,70 m oder mehr beträgt) eingetragen ist, ersichtlichen Fläche, über der die lichte Höhe 2,30 m beträgt (die etwas kleiner ist als die Fläche F 13), keine weiteren Flächen hinzuzurechnen sind. Gleiches gilt hinsichtlich des Planes EN 103, in dem die vergleichbare Fläche mit F 10 bezeichnet ist. Die genannten Darstellungen der jeweiligen Fläche, über der die lichte Höhe 2,30 m beträgt, stimmen auch mit dem im Plan enthaltenen "Querschnitt" des Dachgeschoßes überein.

Die Beschwerdeführer haben im erstinstanzlichen Verfahren ihrerseits ein Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen P zur Berechnung der Fläche, über welcher die Raumhöhe 2,30 m beträgt, vorgelegt. Dieser Gutachter kommt zu anderen Werten als die Berechnung des Planverfassers, die von der belangten Behörde zugrunde gelegt wurde. Diese Abweichung wird aber in dem Gutachten dahingehend erläutert, dass bestimmte Flächen, deren Raumhöhe in den Plänen mit 2,26 m bzw. 2,28 m kotiert seien, die jedoch gemäß § 19 Abs. 1 TBV und § 3 Abs. 4 TBO mindestens 2,30 m betragen müssten, in die Berechnung miteinbezogen worden seien (der Gutachter bezieht sich dabei wohl ua. auf die oben erwähnten Flächen, über denen die Gaupenkonstruktion errichtet werden soll).

Das von den Beschwerdeführern vorgelegte Gutachten und das darauf aufbauende Vorbringen in der Beschwerde ist insoweit nicht geeignet, die Wesentlichkeit des in der mangelhaften Begründung des angefochtenen Bescheides liegenden Verfahrensmangels aufzuzeigen.

Im Hinblick auf den Wortlaut des § 3 Abs. 4 TBO, der einerseits auf eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m, andererseits für Dachgeschoße zusätzlich auf den Senkrechtabstand von mehr als 2,70 m zwischen Fußboden und Dachhaut abstellt, ist nämlich die in der Stellungnahme des Sachverständigen P. zugrunde gelegte Annahme, dass auch Flächen, über denen die Raumhöhe 2,30 m betragen sollte, in die Berechnung miteinzubeziehen seien, unzutreffend.

Da in dem Gutachten des Ing. P. die Berechnung, die von den Mitbeteiligten vorgelegt wurde, grundsätzlich nicht in Zweifel gezogen wird, sondern die Differenz nur mit der anderen zugrunde gelegten Auffassung betreffend die Notwendigkeit der Einbeziehung von Flächen erklärt wird, über denen auch nach der Aussage im Gutachten des Sachverständigen P die lichte Höhe nicht 2,30 m erreicht, ist das von den Beschwerdeführern vorgelegte Gutachten nicht geeignet, aufzuzeigen, dass die belangte Behörde bei Vermeidung des Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Wenngleich die belangte Behörde gehalten gewesen wäre, in der Begründung ihrer Bescheide jeweils darzulegen, weshalb sie der von den Mitbeteiligten vorgelegten Berechnung, die in der Stellungnahme der Bau- und Feuerpolizei zugrunde gelegt wurde, folgt (und nicht dem von den Beschwerdeführern vorgelegten Gutachten des Sachverständigen P.), bzw. ihren Schluss, dass auch die Fläche, über der die lichte Höhe mehr als 2,30 m beträgt, weniger als 50 % der Geschoßfläche ausmacht, begründen hätte müssen, stellt somit dieser Verfahrensmangel keinen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG dar.

Die angefochtenen Bescheide leiden daher insofern nicht an einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit und sind in diesem Zusammenhang auch nicht wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Zum Abstand von der Grundstücksgrenze:

Die Erst-, Zweit- und Viertbeschwerdeführer wenden sich in beiden Verfahren gegen die Nichtberücksichtigung des Stiegenhaustraktes bei der Berechnung des Abstandes gemäß § 7 Abs. 1 TBO 1989 von der Grundstücksgrenze.

Die belangte Behörde hat den in Rede stehenden Bauteil als untergeordneten Bauteil im Sinne des § 7 Abs. 2 fünfter Satz TBO 1989 qualifiziert. In der Beschwerde wird gegen diese Beurteilung vorgetragen, dass es sich nicht um ein Stiegenhaus im Sinne der genannten Gesetzesbestimmung handle, weil es nicht "als eigenes, gegenüber der Fassade hervortretendes, vom Erdgeschoß aufsteigendes (arg.: "... haus") Stiegenhaus konzipiert" sei, sondern vielmehr in "einer Weise in Erscheinung tritt, dass die Anwendung der Ausnahmebestimmungen des § 7 Abs. 2 TBO 1989 nicht gerechtfertigt erscheint".

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, die rechtliche Qualifikation der belangten Behörde als verfehlt erscheinen zu lassen. Der Umstand allein, dass das Stiegenhaus in den unteren Geschoßen nicht vor die Fassade vorspringt, sondern erst ab dem zweiten Obergeschoß und auf der Ebene des Dachgeschoßes als eigener Bauteil hervortritt, vermag die Qualifikation als untergeordneter Bauteil nicht auszuschließen. § 7 Abs. 2 fünfter Satz setzt nicht voraus, dass die dort beispielhaft genannten Stiegenhäuser bereits vom Boden auf als eigenständiges Stiegenhaus (dadurch, dass sie vor die übrige Fassade vorragen) sichtbar sein müssen. Auch bei der im Beschwerdefall gegebenen Ausgestaltung (Hervortreten des Stiegenhauses erst in den oberen Geschoßen, insbesondere im Dachbereich) kann die dargestellte Ausnahmeregelung grundsätzlich zur Anwendung kommen. Im Hinblick auf die geringe Breite des Stiegenhauses (3,25 m) im Verhältnis zur Gesamtlänge der Fassade bestehen keine Bedenken gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Qualifikation als untergeordneter Bauteil.

4. Damit ergibt sich, dass das im Verfahren zur hg. Zl. 98/06/0204 unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit erstattete Vorbringen nicht geeignet ist, eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des in diesem Verfahren angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Wenn unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften darauf hingewiesen wird, dass der der Bewilligung hinsichtlich des Dachgeschoßes zugrunde gelegte Plan Nr. 103 in Widerspruch zu den in der Bauverhandlung erörterten Plänen stünde, ist darauf hinzuweisen, dass eine Planänderung während des Verwaltungsverfahrens nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur zulässig ist, sondern im Zusammenhang mit der Vermeidung eines Abweisungsgrundes die Baubehörde sogar gehalten ist, dem Konsenswerber die Gelegenheit für eine Projektsänderung zu geben, bevor das Ansuchen abgewiesen wird. Aus der Tatsache der Antragsänderung allein kann daher das Vorliegen eines Verfahrensmangels nicht abgeleitet werden. In welcher Hinsicht die Pläne ungenügend sein sollten, wird in der Beschwerde auch nicht näher dargelegt.

Da somit die Beschwerde zur Zahl 98/06/0204 keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigt, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Zur Bewilligung des Stapelparkers (hg. Zl. 98/06/0203):

Die belangte Behörde vertritt die Auffassung, dass die beantragte Konstruktion, bei der die zu parkenden Kfz in den Boden versenkt werden können, deshalb bewilligungsfähig sei, weil sie während des Parkens der Kfz oberirdisch nicht in Erscheinung trete und damit einem Kfz-Abstellplatz entspreche.

Die belangte Behörde übergeht mit dieser Argumentation den Umstand, dass der Stapelparker bei bestimmungsgemäßer Nutzung jedenfalls während der Beschickung der Parkplätze bzw. beim Wegfahren mit einem Kfz "ausgefahren" werden muss. Je nach Anzahl der Fahrbewegungen (der Stapelparker soll fünf Kfz Platz bieten) tritt die Konstruktion somit für eine nicht zu vernachlässigende Anzahl von Parkvorgängen oberirdisch in Erscheinung.

Es lässt sich nun der Tiroler Bauordnung nicht entnehmen, dass ihre Abstandsvorschriften nicht zum Tragen kommen sollten, wenn sich eine bauliche Anlage nicht permanent in derselben Lage befindet (und demnach in der überwiegenden Zeit wie im vorliegenden Fall bei Variabilität der Höhe nach insbesondere die Vorschriften über die Höhe baulicher Anlagen einhält). Hätte der Landesgesetzgeber Ausnahmen für "bewegliche Bauteile" zulassen wollen, hätte er dies explizit zum Ausdruck bringen können. Im Beschwerdefall kommt hinzu, dass § 7 Abs. 6 TBO, um dessen Auslegung es geht, bereits eine Ausnahmeregelung für die Bebauung der seitlichen Abstandsfläche darstellt. Eine ausdehnende Auslegung einer derartigen Vorschrift kommt nur bei Vorliegen besonderer Gründe in Betracht.

Gemäß § 7 Abs. 6 TBO können in den Abstandsflächen (lit. a) oberirdische Anlagen errichtet werden, wenn die Höhe der der Grundstücksgrenze zugekehrten Wand 2,80 m, bei baulichen Anlagen im Gewerbe- und Industriegebiet sowie bei Glashäusern für gärntnerische Zwecke 3,50 m nicht übersteigt. Bauliche Anlagen sind nach § 3 Abs. 1 TBO mit dem Erdboden verbundene Anlagen, zu deren fachgerechter Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind. Die in Rede stehende Stapelparker-Konstruktion stellt eine solche Anlage dar, die mit dem Erdboden zu verbinden ist und zu deren fachgerechter Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind. Die Anlage stellt nämlich in ausgefahrenem Zustand eine über 5 m hohe Konstruktion dar, die jedenfalls einer Parkplatzüberdachung gleichzuhalten wäre. Der Umstand der maschinellen Beweglichkeit (Möglichkeit des Hebens und Senkens der Pkw-Standplätze) ändert an dieser Eigenschaft nichts, vielmehr werden Fragen der Standsicherheit der Anlage in einem solchen Fall in besonderem Maße bautechnische Kenntnisse für die Errichtung der Anlage erfordern. Die Abstandsbestimmung des § 7 Abs. 4 TBO für "andere" bauliche Anlagen (außer den in den Abs. 1 und 3 erfassten Gebäuden) ist daher auch für die vorliegende Anlage anwendbar. Die Ausnahmebestimmung des § 7 Abs. 6 TBO, derzufolge insbesondere die Höhe der Anlage begrenzt ist, ist daher auch bei der Genehmigung einer solche Stapelpark-Konstruktion einzuhalten.

Aus den obigen Ausführungen folgt, dass ein Bauwerk, das in seiner Lage veränderlich ist, nicht schon dann im Seitenabstand errichtet werden kann, wenn es (nur) je nach Verwendungszustand (mag dies auch - bei Einhaltung der von den Behörden erteilten Auflage - zeitmäßig überwiegend der Fall sein) die Vorschriften über die Höhe von Gebäuden im Seitenabstand einhält. Entscheidend ist, dass sich in jenen Zeiten, in denen die Benützung der Anlage erfolgt, ein Widerspruch zu den Bauvorschriften ergibt, ohne dass die Bauordnung eine Ausnahme zugunsten derartiger (im Zeitablauf sich ergebender) partieller Überschreitungen der baurechtlich zulässigen Höhe enthielte. In ähnlicher Weise hat der Verwaltungsgerichtshof etwa zu einer Ortsbildschutzvorschrift ausgesprochen, dass Rollos nicht bereits deshalb nicht unter die einschlägige Vorschrift (betreffend die Veränderung des Aussehens von Gebäuden) subsumierbar seien, weil sie im aufgerollten Zustand das Ansehen des Hauses nicht veränderten; bei einem am Fenster angebrachten eingerollten Rollo sei davon auszugehen, dass es seinem Verwendungszweck entsprechend benützt werde (Erkenntnis vom 27. Februar 1998, Zl. 98/06/0011). Der von der belangten Behörde vorgenommene Vergleich mit einem oberirdischen Parkplatz geht daher fehl.

Da der in Rede stehende Stapelparker plangemäß an der der Grenze zum Grundstück der Drittbeschwerdeführerin und der Grenze zum Grundstück des Viertbeschwerdeführers zugekehrten Seite des Grundstücks errichtet werden soll, verletzt der angefochtene Bescheid die sich aus § 7 Abs. 6 TBO ergebenden Rechte der Drittbeschwerdeführerin und des Viertbeschwerdeführers.

Der angefochtene Bescheid war daher aufgrund der Beschwerde dieser beiden Beschwerdeführer wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Beschwerde der Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin war jedoch auch hinsichtlich der zur Zl. 98/06/0203 protokollierten Beschwerde abzuweisen, da sich diese Beschwerdeführerinnen im Hinblick auf die Situierung des Stapelparkers nicht auf eine Verletzung eines ihnen zustehenden Rechtes berufen können.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 53 Abs. 1 VwGG, in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. März 1999

Schlagworte

Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Abstandsvorschriften BauRallg5/1/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998060203.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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