TE Vwgh Erkenntnis 1999/3/26 95/18/1151

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Veröffentlicht am 26.03.1999
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Index

19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
AufG 1992;
AVG §38;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hofbauer, über die Beschwerde des R R, (geb. 22.2.1965), vertreten durch Dr. Karl Schön, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. März 1995, Zl. SD 133/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. März 1995 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer, der sich seit August 1991 im Bundesgebiet befinde, sei bis zum 5. Jänner 1994 im Besitz eines Sichtvermerks gewesen. Seit diesem Zeitpunkt verfüge er jedoch über keine Aufenthaltsberechtigung und sei wegen dieses illegalen Aufenthalts bereits zweimal von der Erstbehörde bestraft worden. Demnach lägen im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 (erster Halbsatz) FrG vor.

Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG betreffe, sei festzuhalten, daß sich auch die Familienangehörigen des Beschwerdeführers "(Gattin und Kind)" unrechtmäßig in Österreich aufhielten. Doch selbst wenn man von einem mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ausgehe, sei die gegen ihn gesetzte fremdenpolizeiliche Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Ordnung, im besonderen auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten. Der seit mehr als eineinhalb Jahren unrechtmäßige Aufenthalt, vor allem aber auch das weitere Verbleiben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet trotz einer zweimaligen Bestrafung wegen unerlaubten Aufenthaltes, gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maß. Hinzu komme, daß dem Beschwerdeführer - mangels Erfüllung der im § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierten Voraussetzung, daß ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem AufG vom Ausland aus zu stellen sei - auch nicht die erforderliche Bewilligung nach diesem Gesetz erteilt werden dürfe. Eine Abstandnahme von der Ausweisung würde dem Beschwerdeführer entgegen der genannten, ein wesentliches Element der mit dem AufG getroffenen Regelung darstellenden Bestimmung den tatsächlichen, jedoch nicht rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens zuwiderlaufen würde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, daß dem angefochtenen Bescheid nach den wiedergegebenen unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen kein Bescheid zugrunde liegt, mit dem die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt oder mit dem der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde; die Übergangsbestimmung des § 114 Abs. 5 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75, kommt im vorliegenden Beschwerdefall daher nicht zum Tragen. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer, dessen Aufenthaltsberechtigung in der Form eines Sichtvermerks unbestritten am 5. Jänner 1994 endete, seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach Ausweis des Aktes am 13. Jänner 1994 gestellt hat (vgl. Aktenblatt 13), vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Zwar sind nach der Rechtsprechung der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung von Fremden, die sich seit vielen Jahren bzw. sogar seit der Geburt rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben, und die aus welchem Grund auch immer über keine Aufenthaltsberechtigung (mehr) verfügen, im Fall relativ geringfügiger Versäumung der Frist zur Antragstellung im Sinne des § 13 Abs. 1 AufG im Hinblick auf das Gebot verfassungskonformer Auslegung des durch § 6 Abs. 2 AufG geschaffenen Regelungssystems dem zweiten Satz der zuletzt genannten Vorschrift zu unterstellen; d. h., daß solche Bewilligungsanträge - ungeachtet der Fristversäumnis - als rechtzeitig gestellte Anträge auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, die auch vom Inland aus gestellt werden können, zu werten sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Februar 1996, Zl. 95/18/0759, mwH). Diese Rechtsprechung versagt aber im vorliegenden Fall, treffen doch auf den Fall des Beschwerdeführers die dargestellten sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen deswegen nicht zu, weil sich der Beschwerdeführer in Österreich insgesamt lediglich für die Dauer von etwa drei Jahren und sieben Monaten aufgehalten hat und weiters dieser Aufenthalt nur zum Teil, nämlich bis zum 5. Jänner 1994, rechtmäßig war.

2. Entgegen der Beschwerde handelt es sich bei der Frage, ob dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung ein Recht zum Aufenthalt zukommt, um keine Vorfrage im Sinn des § 38 AVG (vgl. dazu näher etwa das hg. Erkenntnis vom 17. April 1997, Zl. 97/18/0173). Die Auffassung der Beschwerde, die Ausweisung hätte mit Rücksicht auf das vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren betreffend die - behauptetermaßen eine Vorfrage für die Ausweisung darstellende - "Frage, ob der Aufenthalt im Bundesgebiet rechtmäßig ist oder nicht, bis zur Klärung dieser Frage durch den Verwaltungsgerichtshof" zu unterbleiben gehabt, ist daher nicht zielführend, zumal die Beschwerde nicht einmal behauptet, daß der besagten Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof aufschiebende Wirkung zuerkannt worden wäre und weiters auch § 17 Abs. 4 FrG der vorliegenden Ausweisung schon deshalb nicht entgegensteht, weil es sich - wie unter II.1. dargestellt - bei dem genannten Antrag nicht um einen rechtzeitig gestellten Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem AufG (§ 6 Abs. 3 leg. cit.) gehandelt hat.

Vor diesem Hintergrund bestehen auf dem Boden der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellung - daß der Beschwerdeführer lediglich bis zum 5. Jänner 1994 "im Besitz eines Sichtvermerks" gewesen sei - gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer (seither) nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, keine Bedenken.

3.1. Die Beschwerde hält den angefochtenen Bescheid im Grunde des § 19 FrG für rechtswidrig. Der Beschwerdeführer habe zahlreiche Verwandte in Österreich; durch eine Ausweisung würde er von seiner Frau und seiner Tochter, die sich ebenfalls in Österreich aufhielten, getrennt. Die vorliegende Ausweisung greife daher in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinn des § 19 FrG ein.

3.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Unter der - im Hinblick auf die in Rede stehenden persönlichen Interessen - zutreffenden Annahme eines mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriffs in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde ebenso zutreffend darauf hingewiesen, daß der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 4. September 1997, Zl. 97/18/0373, mwH). Dieses öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer durch seinen rechtswidrigen Aufenthalt nach Ablauf der Geltungsdauer des ihm zuletzt erteilten Sichtvermerks in der Dauer von etwa 14 Monaten gravierend beeinträchtigt, zumal der Beschwerdeführer

-

unbestritten - auch trotz seiner zweimaligen Bestrafung wegen unerlaubten Aufenthalts in Österreich und trotz der rechtskräftigen Abweisung seines Antrags nach dem Aufenthaltsgesetz in Österreich verblieben ist. Die im Aufenthalt seiner Ehefrau und seiner Tochter begründeten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers werden überdies dadurch relativiert, daß sich die Genannten

-

unbestritten - ebenfalls unrechtmäßig in Österreich aufhalten. Das sehr gewichtige öffentliche Interesse an der Ausreise des Beschwerdeführers wird somit durch die von ihm geltend gemachten persönlichen Interessen nicht aufgewogen, zumal sein inländischer Aufenthalt auch nicht von einer Dauer war, daß eine daraus (allenfalls) abzuleitende Integration entscheidend ins Gewicht fiele. Wenn die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangt ist, daß § 19 FrG der vorliegenden Ausweisung nicht entgegenstehe, kann dies nach dem Gesagten nicht als rechtswidrig erkannt werden.

3.3. Auf dem Boden des Gesagten sind die Verfahrensrügen, die belangte Behörde habe - sich über die Beweisanträge des Beschwerdeführers hinwegsetzend - den Sachverhalt mit Blick auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers nicht hinreichend festgestellt sowie den angefochtenen Bescheid nicht ausreichend begründet, nicht zielführend.

4. Im Lichte der vorstehenden Ausführungen haftet dem bekämpften Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. März 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1995181151.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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