Entscheidungsdatum
25.02.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z1Spruch
W240 2214737-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter nach Beschwerdevorentscheidung des BFA vom 01.10.2018, Zl. 151206343/BMI-BFA_WIEN_AST_04, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , StA. Nigeria, über die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 21.08.2018,
Zl. 1014918203-151206343, zu Recht erkannt:
A) I. Die Beschwerdevorentscheidung des BFA vom 01.10.2018, Zl. 151206343/BMI-BFA_WIEN_AST_04, wird nach § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG iVm § 14 Abs. 1 VwGVG iVm
§ 27 VwGVG wegen Unzuständigkeit der Behörde ersatzlos behoben.
II. Die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 21.08.2018, Zl. 1014918203-151206343, wird gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Nigeria, stellte am 10.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Im Verlauf seiner Erstbefragung vom 28.08.2015 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, ledig zu sein, einen nigerianischen Reisepass zu haben und die Grundschule in Italien besucht zu haben. Er sei in Nigeria nur zwei Mal gewesen. Er sei in Italien geboren und aufgewachsen. Seine Mutter habe den Entschluss zur Ausreise aus Italien gefasst. Er habe im Dezember 2013 Italien mit seiner Mutter verlassen und sei nach Deutschland gelangt im Dezember 2014. In Deutschland hätten sie einen Asylantrag gestellt und hätten vor der Asylentscheidung Deutschland verlassen. Danach seien sie wieder nach Österreich gelangt. Er wohne mit seiner Mutter, seinem Bruder und dem Lebensgefährten der Mutter in Österreich.
Der Beschwerdeführer legte einen nigerianischen Reisepass vor.
Beim Beschwerdeführer wurde weiters eine auf ihn ausgestellte Identitätskarte mit dem italienischen Aufenthaltstitel "Permesso di Soggiorno" - "Soggiornante di lungo periodo-CE" sichergestellt.
Am 17.07.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem BFA einvernommen und gab insbesondere an:
"F: Werden Sie im gegenständlichen Asylverfahren vertreten? A: Nein.
F: Haben Sie Personendokumente oder sonstige Beweismittel die Sie in Vorlage bringen möchten?
A: Ja:
• Nigerianischer Reisepass in Original
• Italienisches Permesso
F: Wie heißen Sie, wann und wo sind Sie geboren?
A: Mein Name ist XXXX , Italien geboren.
F: Welche Staatsangehörigkeit haben Sie? A: Ich bin nigerianischer Staatsbürger.
F: Welcher Volksgruppe gehören sie an? A: Ich gehöre der Edo Volksgruppe an.
F: Welche Religion haben Sie? A: Ich bin Christ.
F: Wie heißt Ihr Vater, wie alt ist er und wo lebt er?
A: Mein Vater heißt XXXX , er befindet sich in Amerika.
F: Wie heißt Ihre Mutter, wie alt ist sie und wo lebt sie?
A: Meine Mutter heißt XXXX , sie ist in Österreich Aufenthaltsberechtigt.
F: Haben Sie Geschwister?
A: Ich habe 1 Bruder. Sein Name ist XXXX und er ist österreichischer Staatsbürger.
F: Gibt es noch Großeltern oder andere Familienangehörige (Tanten, Onkeln, Cousinen, Cousins) in Nigeria?
A: Ja. Befragt gebe ich an, dass ich eigentlich keinen Kontakt habe. Ich habe meinen Onkeln und meine Tante hier.
F: Verstehen Sie den Dolmetscher? A: Ja.
F: Gehen Sie regelmäßig zum Arzt oder nehmen Sie regelmäßig Medikamente ein? A: Nein.
F: Haben Sie Schule in Nigeria besucht?
A: Ich habe in Nigeria von 2008-2012 die Schule besucht.
F: Haben Sie in Italien die Schule besucht?
A: Ja ich habe 3 oder 4 Jahre die Schule besucht.
F: Haben Sie in Nigeria oder Italien jemals gearbeitet?
A: Ja ich habe in Italien und in Deutschland gearbeitet. In Deutschland habe ich als Mechaniker bzw. Mechatroniker gearbeitet und in Italien habe ich in einem Restaurant gearbeitet und am Strand.
F: Wo waren Sie zuletzt in Nigeria wohnhaft bzw. wo war zuletzt Ihr Lebensmittelpunkt?
A: Ich habe zuletzt bei den Großeltern gewohnt. Ich weiß nicht ob ich mich erinnere.
F: Sind Sie verheiratet? A: Nein.
F: Haben Sie Sorgepflichten? A: Nein.
F: Welche Sprachen sprechen Sie?
A: Ich spreche Englisch, Deutsch, Italienisch und Edo.
F: Haben Sie Verwandte bzw. Familienangehörige in Österreich oder in der EU?
A: Ja meine Mutter und mein Bruder wohnen in Österreich. Auch meine Tanten und Onkeln.
F: Führen Sie in Österreich ein Familienleben oder eine Lebensgemeinschaft?
A: Ich wohne mit meiner Mutter, meinem Stiefvater und meinen Bruder zusammen.
F: Gehören Sie in Österreich einem Verein oder einer sonstigen Organisation an?
A: Nein, aber ich habe bei einem Basketball Verein begonnen.
F: Wie gestaltet sich Ihr Alltag in Österreich? Was machen Sie den ganzen Tag?
A: Ich bin eigentlich zu Hause, weil meine Mutter sagt, ich kann nicht hinausgehen, weil ich keine Dokumente habe.
F: Befinden Sie sich derzeit in Österreich gegenüber einer Person in finanzieller Abhängigkeit? A: Nein.
F: Wie lange lebten Sie in Italien in Summe?
A: Ich würde sagen 6 oder 7 Jahre oder mehr.
F: Wo haben Sie den Rest der Zeit verbracht? Sie werden bald 19 Jahre alt?
A: In Italien
F: Als das Asylverfahren Ihrer Mutter geführt wurde, sind Sie erneut nach Italien gereist. Was war der Grund hierzu?
A: Wegen meinen Dokumenten, weil sie mich dort zu sich gerufen haben, aber vor Ort haben sie mir dann nichts gegeben.
F: Verstehen Sie den Dolmetscher einwandfrei? A: Ja.
F: Warum stellen Sie einen Asylantrag in Österreich? Nennen Sie alle Ihre individuellen Fluchtgründe vollständig und wahrheitsgemäß! Weshalb sind Sie aus Nigeria ausgereist?
A: Ich habe den Platz verlassen. Ich hätte dort keine Zukunft gehabt. Es war scheußlich. Ich wollte nach Italien wo ich geboren wurde. Ich wollte mit der Schule beginnen.
F: Haben Sie noch weitere Fluchtgründe?
A: Meine Mutter. Befragt gebe ich an, dass meine Mutter mit meinem Bruder schwanger war, und sie hat mich zu sich gerufen, damit ich ihr helfe. Befragt gebe ich an, dass sie mich aus Nigeria herholte, damit ich ihr helfen kann, das war im Dezember 2012.
F: Haben Sie noch weitere Fluchtgründe? A: Nein.
F: Wurden Sie jemals persönlich in Nigeria bedroht oder verfolgt?
A: Ja ich wurde von meinen Onkeln verfolgt, wegen Disziplinsachen. AW schmunzelt
Auff: Machen Sie genauere Ausführungen dazu!
A: Als ich noch ein Kind war, wollte ich hinausgehen spielen und man hat es mir nicht erlaubt.
AW schmunzelt.
F: Wissen Sie weshalb Ihre Mutter aus Nigeria ausreiste? A: Nein.
F: Was würden Sie im Falle der Rückkehr nach Nigeria befürchten?
A: Ich weiß nicht wirklich. Aber die Chancen wären höher, dass ich sowas wie eine schlechte Person werde.
F: Denken Sie das der Charakter eines Menschen von der Örtlichkeit abhängt?
A: Weil das Nigeria ist. Die meisten Leute sind einfach gefährlich. Wenn man dort lebt muss man Angst haben, dass man kontrolliert wird oder durch schwarze Magie benutzt wird.
F: Glauben Sie an Magie?
A: Ich habe nie daran geglaubt, bis ich jemanden vor mir damit passieren sah.
Auff: Erzählen Sie darüber detailliert!
A: Er ist eigentlich gestorben, weil ein Onkel von mir macht solche Sachen. Die Person die starb war mein Cousin. Er war reich und mein Onkel war eifersüchtig und wollte mehr von ihm, aber dieser hat es ihm nicht gegeben und deshalb versuchte er diese Sachen an ihm. Wir wussten, dass er das gemacht hat.
V: Sie haben gesagt, dass sie das selbst gesehen haben. Welche Sachen hat er gemacht?
A: Er hat schwarze Magie gemacht.
Wiederholung der Frage/ des Vorhaltes!
A: Um das Haus herum konnten wir nicht hinein, es war so ein abscheulicher Geruch.
F: Können Sie irgendwelche sonstigen Gründe namhaft machen, die für Ihre Integration in Österreich sprechen?
A: Ich habe die Mittelschuld und die Volkhochschule besucht. Ab September beginne ich mit dem Abendgymnasium.
F: Welche konkreten Pläne haben Sie für Österreich?
A: Schule und als Basketballspieler mit dem Sport weiterzumachen und dann weiter studieren oder so.
F: Haben Sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden? A: Ja.
F: Konnten Sie sich konzentrieren? A: Ja.
Anmerkung: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in die Länderfeststellungen des BFA zu Nigeria Einsicht und Stellung zu nehmen. Möchten Sie das? A: Nein.
F: Möchten Sie noch irgendetwas angeben?
A: Ich schaue Fernsehen und schaue Nachrichten, ich weiß was passiert, es wird jeden Tag schlimmer. Der Präsident und die Gouverners sind alle Diebe und korrupt. Sie sind alle teuflisch man hat einfach keine Zukunft dort.
Anmerkungen nach Rückübersetzung:
• Ich habe auch eine Schwester. Ihr Name ist XXXX , sie ist ungefähr 11 Monate alt und befindet sich derzeit bei meiner Mutter."
Am 21.08.2018 wurde dem Beschwerdeführer neuerlich die beabsichtigte Vorgehensweise des BFA zur Kenntnis gebracht, den Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen und den Beschwerdeführer nach Italien zu überstellen. Das an diesem Tag stattgefundene Parteiengehör gestaltete sich wie folgt, wobei der Beschwerdeführer am Ende der Einvernahme verweigerte, das Protokoll zu unterzeichnen:
"F: Verstehen Sie den Dolmetscher? Geht es Ihnen gut und können Sie sich auf die Einvernahme konzentrieren? A: Ja. Mir geht es gut.
F: Wie heißen Sie wo und wann sind Sie geboren?
A: Mein Name ist XXXX , Italien geboren.
F: Gibt es etwaige neue Beweismittel welche Sie in Vorlage bringen möchten? A: Nein.
F: Haben Sie italienische Dokumente, welche Sie vorlegen möchten?
A: Meine Dokumente sind bei der Polizei. Befragt welche Dokumente gebe ich an, meine italienischen Dokumente, meine normalen Dokumente.
F: Welchen Status besitzen Sie in Italien?
A: Ich bin fast wie ein Staatsbürger, so etwas.
F: Wann waren Sie das letzte Mal in Italien aufhältig und warum?
A: Ich war die letzten zwei Jahre in Italien. Ich bin dieses Jahr zurückgekommen. Ich musste zur Schule gehen und es beenden damit ich die Dokumente bekommen.
F: Warum stellen Sie in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, wenn Sie in Italien bereits aufenthaltsberechtigt sind?
A: Weil meine Mutter sagte, ich soll hier um Asyl anfragen, weil sie hier lebt und ich dann mit ihr hier leben kann.
F: Wurden Sie jemals in Italien persönlich konkret verfolgt oder bedroht? A: Nein.
V: Aufgrund Ihres Aufenthaltsrechts in Italien wird Ihr Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG an Italien zurückgewiesen - wollen Sie hierzu Stellung nehmen?
A: Nein ich möchte keinen Scheiß sagen.
F: Möchten Sie noch etwas vorbringen? A: Nein
F: Haben Sie den Dolmetscher verstanden? A: Ja."
2. Mit nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 21.08.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass er sich nach Italien zurückzubegeben habe (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt sowie die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Die Feststellungen zur Lage in Italien werden Folgendermaßen zusammengefasst:
Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 06.07.2018, Neuer Circular Letter (Tarakhel); Asylstatistik; Unterbringung (relevant für Abschnitt2/ Allgemeines zum Asylverfahren; Abschnitt 3/Dublin-Rückkehrer und Abschnitt 6/Unterbringung)
Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellte Italien im Februar 2015 in einem Rundbrief eine Liste von SPRAR-Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind, die als Dublin-Rückkehrer nach Italien zurückkehren. Zuletzt wurde am 4. Juli 2018 ein neuer Rundbrief versendet und die Liste aktualisiert. Diese umfasst nun 19 SPRAR-Projekte mit zusammen 79 Unterbringungsplätzen für Familien mit Kindern (MdI 4.7.2018). Laut offizieller italienischer Statistik wurden 2018 bis zum 22. Juni
32.558 Asylanträge in Italien gestellt. Mit selbem Datum waren
24.519 Anträge negativ erledigt, 3.105 erhielten Flüchtlingsstatus,
1.896 erhielten subsidiären Schutz, 13.050 erhielten humanitären Schutz. 3.415 Antragsteller waren nicht mehr auffindbar (MdI 22.6.2018).
Mit Stand 31.5.2018 waren 167.739 Migranten in staatlichen italienischen Unterbringungseinrichtungen untergebracht. (VB 26.6.2018).
Quellen:
-
MdI - Ministero dell'Interno (4.7.2018): Circular Letter, per E-Mail
-
MdI - Ministero dell'Interno (22.6.2018): Commissione Nazionale per il Diritto di Asilo, per E-Mail
-
VB des BM.I Italien (26.6.2018): Bericht des VB, per E-Mail
KI vom 13.12.2017, Unterbringung (relevant für Abschnitt 6/Unterbringung)
Mit Stand 30.11.2017 waren in Italien 186.884 Fremde in staatlicher Unterbringung, und zwar in folgender regionaler Verteilung:
(VB 12.12.2017)
Quellen:
-
VB des BM.I Italien (12.12.2017): Auskunft des VB, per E-Mail KI vom 26.07.2017, Neuer Circular Letter (Tarakhel); Asylstatistik; Unterbringung (relevant für Abschnitt 3/Dublin-Rückkehrer und Abschnitt 6/Unterbringung) Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellte Italien im Juni 2015 in einem Rundbrief eine Liste von SPRAR-Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind, die als Dublin-Rückkehrer nach Italien zurückkehren. Zuletzt wurde am 24. Juli 2017 ein neuer Rundbrief versendet und die Liste aktualisiert. Sie umfasst nun 18 SPRAR-Projekte mit zusammen 78 Unterbringungsplätzen für Familien mit Kindern (MdI 24.7.2017).
Aus einer Statistik des UNHCR geht hervor, dass 2017 bis 16. Juli
93.213 Bootsflüchtlinge in Italien gelandet sind. Das sind um 13.373 Personen mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Allerdings ist der Juli 2017 bislang mit 9.461 Migranten etwas schwächer als der Vergleichszeitraum 2016 (9.618). Aus den Statistiken geht hervor, dass mehr Personen in Italien Asylanträge stellen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, wobei diese Anträge nicht notgedrungen von Neuankünften gestellt worden sein müssen (UNHCR 16.7.2017).
Laut offizieller italienischer Statistik haben 2017 bis zum 14. Juli
80.665 Personen einen Asylantrag gestellt. Mit selbem Datum waren
22.406 Anträge negativ erledigt, 3.842 erhielten Flüchtlingsstatus,
4.165 erhielten subsidiären Schutz, 10.632 erhielten humanitären Schutz. 2.118 Antragsteller waren nicht mehr auffindbar (VB 19.7.2017a).
Mit Stand 18. Juni 2017 waren 194.809 Migranten in staatlichen italienischen Unterbringungseinrichtungen untergebracht (VB 19.7.2017b).
Quellen:
-
MdI - Ministero dell Interno (24.7.2017): Circular Letter, per -E-Mail
-
UNHCR - Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (16.7.2017): Italy weekly
snapshot - 16 Jul 2017, per E-Mail
-
VB des BM.I Italien (19.7.2017a): Statistiken der ital. Asylbehörde, per E-Mail
-
VB des BM.I Italien (19.7.2017b): Auskunft des VB, per E-Mail
Dublin-Rückkehrer
Die meisten Dublin-Rückkehrer landen auf den Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Quästur für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab:
1. Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann er dies nun tun, so wie jede andere Person auch (AIDA 2.2017).
2. Ist das Verfahren des Rückkehrers noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere Asylwerber auch (AIDA 2.2017).
3. Wenn ein Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von Italien im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren auf Antrag wieder aufgenommen (EASO 12.2015).
4. Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche Italien verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten, beginnt die Rechtsmittelfrist erst zu laufen, wenn der Rückkehrer von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt wurde (EASO 12.2015; vgl. AIDA 2.2017).
5. Wurde der Rückkehrer beim ersten Aufenthalt in Italien von einer negativen Entscheidung in Kenntnis gesetzt und hat dagegen nicht berufen, kann er zur Außerlandesbringung in ein CIE (Schubhaftlager) gebracht werden. Wurde ihm die Entscheidung nicht zur Kenntnis gebracht, steht dem Rückkehrer der Beschwerdeweg offen, sobald er informiert wurde
(AIDA 2.2017).
6. Hat sich der Rückkehrer dem persönlichen Interview nicht gestellt und sein Antrag wurde daher negativ beschieden, kann er nach Rückkehr ein neues Interview beantragen (AIDA 2.2017).
(Für weitere Informationen, siehe Kapitel 6.3 Dublin-Rückkehrer.)
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017
-
EASO - European Asylum Support Office (12.2015): Quality Matrix Report: Dublin procedure, per E-Mail
Non-Refoulement
Grundsätzlich bietet Italien Schutz gegen Abschiebung oder Rückkehr von Flüchtlingen in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre (USDOS 25.6.2015). Hinsichtlich unbegleiteter Minderjähriger besteht ein absolutes Rückschiebeverbot an der Grenze (UNICEF 29.3.2017).
Das italienische Innenministerium hat ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Zugang zu Asylverfahren und Grundrechten Personen nicht verweigert werden kann, für die willkürlich angenommen wird, dass sie des internationalen Schutzes nicht bedürfen. Außerdem wurde explizit bestätigt, dass alle Migranten das Recht haben, vor Refoulement geschützt zu werden. Es würden laut Innenministerium keine Ausweisungsbefehle erlassen, wenn Migranten zuvor nicht korrekt informiert wurden (AIDA 2.2017).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017
-
UNICEF - United Nations Children's Fund (29.3.2017): Approvata la "Legge Zampa": più tutele e inclusione per i minori stranieri non accompagnati,
http://www.unicef.it/doc/7324/approvatala-legge-zampa-per-minori-stranieri-non-accompagnati.htm, Zugriff 3.4.2017
-
USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Italy, http://www.ecoi.net/local_link/306380/443655_de.html, Zugriff 14.4.2016
Versorgung
Unterbringung
Grundsätzlich sind Fremde zur Unterbringung in Italien berechtigt, sobald sie den Willen erkennbar machen, um Asyl ansuchen zu wollen und eine entsprechende Bedürftigkeit besteht. Das Unterbringungsrecht gilt bis zur erstinstanzlichen Entscheidung bzw. dem Ende der Rechtsmittelfrist. Bei Rechtsmitteln mit automatisch aufschiebender Wirkung besteht dieses Recht auch bis zur Entscheidung des Gerichts. Gemäß der Praxis in den Jahren 2015 und 2016 erfolgt der tatsächliche Zugang zur Unterbringung erst mit der formellen Registrierung des Antrags (verbalizzazione) anstatt sofort nach der erkennungsdienstlichen Behandlung (fotosegnalamento). Zwischen diesen beiden Schritten sind, abhängig von Region und Antragszahlen, Wartezeiten von Wochen oder gar Monaten möglich, in denen Betroffene Probleme beim Zugang zu alternativer Unterbringung haben können. Betroffene Asylwerber ohne ausreichende Geldmittel sind daher auf Freunde oder Notunterkünfte angewiesen, oder es droht ihnen Obdachlosigkeit. Zum Ausmaß dieses Phänomens gibt es allerdings keine statistischen Zahlen. Tatsächlich ist diese Problematik durch die Erweiterung der SPRAR-Kapazitäten und Einführung der temporären Unterbringungsstrukturen (CAS) nur für Personen relevant, die ihren Antrag im Land stellen, nicht für auf See geretteten Asylwerber (AIDA 2.2017).
Wie die untenstehende Statistik des italienischen Innenministeriums zeigt, wurden die Unterbringungskapazitäten in den letzten 3 Jahren massiv gesteigert. (MdI - 31.3.2017)
Mit Stand 31.3.2017 waren in Italien laut offiziellen Statistiken des italienischen Innenministeriums 137.599 Personen in Flüchtlingsunterkünften untergebracht, davon 2.204 in den sogenannten Hotspots (dienen nur der Registrierung der Flüchtlinge; nach max. 72 Stunden Weiterverbringung in Flüchtlingsunterkünfte in ganz Italien), 13.835 in Erstaufnahmezentren, 137.599 in temporären Strukturen (meist durch NGOs und Private mit staatlicher Förderung zur Verfügung gestellt) und 23.867 in staatlicher Betreuung (SPRAR):
(VB 19.4.2017)
Grundsätzlich lässt sich die Struktur der Unterkünfte wie folgt grafisch darstellen.
(AIDA 2.2017)
CPSA - (Centri di primo soccorso e accoglienza) / Hotspots
Menschen, die - vor allem auf dem Seeweg - illegal nach Italien kommen, erhalten zunächst Unterstützung in den großen Einwanderungszentren bzw. Hotspots (AIDA 2.2017, vgl: MdI 28.7.2015). Die ursprünglichen CPSA in Lampedusa und Pozzallo bilden seit 2016 zusammen mit den Zentren Taranto und Trapani die sogenannten Hotspots. Dieses Hotspot-Konzept wurde von der Europäischen Kommission entwickelt, um jene Mitgliedsstaaten zu unterstützen, die an den EU-Außengrenzen einem besonderen Migrationsdruck ausgesetzt sind. Nähere Informationen sind weiter unten dem Abschnitt "Hotspots" zu entnehmen (AIDA 2.2017, vgl. EC o. D.). Nach dieser Phase der ersten Hilfe unmittelbar nach Ankunft in den CPSA bzw. Hotspots werden die Fremden, je nach Status, entweder rückgeführt oder in andre Unterkünfte verlegt (AIDA 2.2017, vgl. MdI 28.7.2015). (Für weitere Informationen siehe Kapitel 6.2 Hotspots.)
CDA, CARA und CAS
CDA, CARA und CAS sind Erstaufnahmezentren und bieten eine eher grundlegende Versorgung mit Essen, Kleidung, Basisinformation, Rechtsberatung und medizinischer Notversorgung. Es handelt sich um große Erstaufnahmezentren mit sehr vielen Unterbringungsplätzen (AIDA 2.2017).
Die CDA (centri di accoglienza) sind allgemeine Aufnahmezentren, in denen insbesondere die auf dem Staatsgebiet aufgegriffenen Fremden zur Identitätsfeststellung und Statusbestimmung untergebracht werden, während CARA (Centri d'Accoglienza Richiedenti Asilo) Zentren für die Aufnahme von Asylwerbern sind. CDA und CARA umfassen derzeit 15 Erstaufnahmezentren mit ca. 14.694 Plätzen (AIDA 2.2017). Asylwerber sollen dort einige Wochen oder Monate untergebracht werden, bis die administrativen Formalitäten bezüglich eines Asylantrags abgeschlossen und ein neuer Unterkunftspatz gefunden ist. Sprachtraining oder andere Integrationsmaßnahmen finden in diesen Zentren nicht statt (CoE 2.3.2017). CARA, CDA und CPSA sollen sukzessive in den durch das Gesetz 142/2015 eingeführten sogenannten "hub regionali" aufgehen. Jede Region soll über einen solchen hub verfügen. Migranten, die in den Hotspots um internationalen Schutz ansuchen, sollen dann an diese "hub regionali" als Erstaufnahmezentren weitergeleitet werden. Ziel ist es, die Strukturen zu straffen und die Schutzsuchenden in Zentren unterzubringen, die in der Nähe von Einwanderungsbüros liegen
(AIDA 2.2017, vgl. MdI 2016; SFH 8.2016)
Die CAS (Centri di accoglienza straordinaria) sind temporäre Aufnahmezentren, die speziell in Zeiten hoher Migrationsströme andere Zentren entlasten sollen. De facto dienen sie zur Unterbringung von Bootsflüchtlingen. Ihre Zahl wird je nach Bedarf angepasst und ist daher nur schwer festzumachen. Die CAS dienen auch als "Second-Line-Aufnahme" in Vorbereitung auf die Unterbringung in SPRAR. Derzeit sind ca. 130.000 Personen in über 7000 CAS-Unterkünften in ganz Italien untergebracht (AIDA 2.2017, vgl. MdI 28.7.2015). Primär als Notunterkünfte vorgesehen, liegt der Schwerpunkt der CAS nicht auf einer längerfristigen Integration, obwohl viele Asylsuchende während der Bearbeitung ihrer Asylanträge in einem CAS untergebracht sind (CoE 2.3.2017).
Grundsätzlich sollen Asylwerber jedenfalls in allen hier genannten Einrichtungen nur temporär untergebracht werden, bis eine Verlegung in das SPRAR (Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati) möglich ist. Da SPRAR aber nicht über ausreichende Kapazitäten verfügt, gibt es einen chronischen Rückstau, der wiederum eine zum Teil massive Überbelegung der CASUnterkünfte zur Folge hat. Viele Asylsuchende bleiben bis zum Asylentschied in den CAS. Um eine gewisse Entlastung des Systems herbeizuführen, werden Asylwerber oft sofort nach Erhalt eines positiven Bescheids aus dem Aufnahmesystem genommen (AIDA 2.2017).
Generell variiert die Qualität zwischen den verschiedenen Arten von Flüchtlingsunterkünften und auch innerhalb der jeweiligen Kategorien stark und hängt vom Ausmaß der jeweiligen Überbelegung und dem lokalen Management ab (AIDA 2.2017). Die Bedingungen in einigen Einrichtungen führen zu Bedenken nach den Artikeln 3 und 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) (CoE 2.3.2017).
SPRAR - (Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati)
Das SPRAR besteht derzeit (Stand 2. Februar 2017) aus 640 kleineren dezentralisierten Zweitaufnahmezentren/Projekten mit einer aktuellen Gesamtkapazität von 25.838 betreuten
Personen. Etwa 95 dieser Projekte widmen sich unbegleiteten Minderjährigen (2.007 Personen)
und 44 Unterkünfte mit insgesamt 592 Plätzen widmen sich Menschen mit psychischen Problemen
(SPRAR 2.2.2017).
Die SPRAR-Projekte der Gemeinden sind hauptsächlich Wohnungen oder kleine Zentren und bieten Übersetzungsleistungen, linguistisch-kulturelle Mediation, rechtliche Beratung, medizinische Versorgung, sozio-psychologische Unterstützung, Unterstützung Vulnerabler, Integrationsberatung sowie Freizeitaktivitäten. Die Unterbringungsbedingungen sind besser als in CARA-Zentren. Es steht mehr Platz pro Person zur Verfügung (in kleineren Einheiten teilen sich oft nur zwei Personen ein Zimmer) und die hygienischen Standards sind besser. Es gibt Erholungsbereiche, manchmal besteht auch die Möglichkeit, selbst zu kochen. Bei Unterbringung unbegleiteter Minderjähriger werden diese Standards normalerweise - beispielsweise um Sportmöglichkeiten - nochmals ausgeweitet (AIDA 2.2017).
Trotz aller positiver Aspekte ist das Wachstum von SPRAR in den vergangenen Jahren nicht ausreichend, um den Unterbringungsbedürfnissen in ausreichendem Maße entsprechen zu können. SPRAR deckt derzeit nur etwa 20% der Aufnahmenachfrage ab (AIDA 2.2017, vgl. MdI 31.3.2017).
Ist in keiner der vorgesehenen Strukturen Platz für einen Asylwerber gegeben, wäre für den Zeitraum, in dem dieser nicht untergebracht werden kann, eigentlich ein Taggeld vorgesehen. In der Praxis wird dieses aber nicht ausbezahlt. Stattdessen wird der Asylwerber unter Inkaufnahme einer entsprechenden Überbelegung trotzdem untergebracht (AIDA 2.2017).
NGOs berichten, dass Tausende legale und illegale Fremde - ohne Zugang zu öffentlichen Diensten und Leistungen - in verlassenen alten Gebäuden leben (USDOS 3.3.2017).
NGOs
Außerhalb der staatlichen Strukturen existiert noch ein Netzwerk privater Unterbringungsmöglichkeiten, betrieben etwa von Kirchen und Freiwilligenorganisationen. Ihre Zahl ist schwierig festzumachen. Interessant sind sie im Notfall oder für die Unterbringung von
Familien (AIDA 2.2017).
CIE - (Centro di identificazione ed espulsione)
Personen, die sich illegal im Land aufhalten und für internationalen Schutz nicht in Frage kommen, werden in Erwartung der Abschiebung in den Schubhaftzentren CIE untergebracht. Die Dauer des Aufenthalts beträgt hierbei maximal 18 Monate (MdI 28.7.2015).
Italien verfügt mit Stand vom 20. Jänner 2016 über insgesamt sechs in Betrieb befindlichen CIEs mit einer theoretischen Kapazität von insgesamt 720 Plätzen (PI 2.2016).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration;
ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017
-
CoE - Council of Europe Secretary General (2.3.2017): Bericht zu Fact-Finding-Mission zur Lage von MigrantInnen und Flüchtlingen von 16. bis 21. Oktober 2016 (Aufnahmebedingungen; unbegleitete Kinder;
internationale Schutzverfahren; MigrantInnen im Transit;
Integration; etc.),
https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectId=09000016806f9d70, Zugriff 7.4.2017
-
EC - European Commission (o.D.), Hotspot-Konzept zur Steuerung außergewöhnlicher Migrationsströme, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-wedo/policies/european-agenda-migration/background-information/docs/2_hotspots_de.pdf, Zugriff 3.4.2017
-
MdI - Ministero dell'Interno Italiano (28.7.2015): Centri per l'imigrazione,
http://www.interno.gov.it/it/temi/immigrazione-e-asilo/sistema-accoglienza-sul-territorio/centrilimmigrazione, Zugriff 28.3.2017
-
MdI - Ministero dell'Interno Italiano (2016): Piano accoglienza 2016. Tavolo di ccordinamento nazionale, Zugriff 11.4.2017
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MdI - Ministero dell'Interno (31.3.2017): Dati e statistiche, http://www.libertaciviliimmigrazione.dlci.interno.gov.it/it/documentazione/statistica/cruscottostatistico-giornaliero, Zugriff 4.4.2017
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PI - Parlamento Italiano, Senato della Repubblica (2.2016):
Rapporto sui centri di identificazione ed espulsione in Italia, https://www.senato.it/application/xmanager/projects/leg17/file/repository/commissioni/dirittiuma niXVII/rapporto_cie.pdf, Zugriff 11.4.2017
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SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (8.2016): Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, https://www.ecoi.net/file_upload/90_1472034789_160815-sfh-bericht-italienaufnahmebedingungen-final.pdf, Zugriff 11.4.2017
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SPRAR - Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati (2.2.2017): Composizione di base della rete SPRAR, http://www.sprar.it/i-numeri-dello-sprar, Zugriff 11.4.2017
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Italy,
http://www.ecoi.net/local_link/337159/479923_de.html, Zugriff 30.3.2017
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VB des BM.I Italien (19.4.2017): Statistik des ital. Innenministeriums, per E-Mail
Hotspots
Im Zuge der zunehmenden Migrationsbewegungen in Richtung Europa hat die Europäische Kommission am 13. Mai 2015 eine Migrationsagenda zur "besseren Steuerung der Migration" verabschiedet. Eine der Maßnahmen ist der sog. "Hotspot approach", bei dem mit Unterstützung der europäischen Asylunterstützungsagentur EASO (sowie unter Hinzuziehung von Frontex, Europol und Eurojust) mit den Behörden der Grenzstaaten eine rasche Identifizierung der ankommenden Migrantinnen und Migranten und die umfassende Registrierung sowie die Abnahme der Fingerabdrücke gewährleisten sollen. Menschen, die Anspruch auf internationalen Schutz haben, können von den betroffenen Mitgliedsstaaten an andere EU Mitgliedsstaaten umverteilt werden, wo ihr Asylantrag bearbeitet wird. Italien und Griechenland sind die ersten beiden Mitgliedstaaten, in denen das Hotspot-Konzept derzeit angewandt wird (EC 27.3.2017; vgl. SFH 8.2016).
Migranten, die - vor allem auf dem Seeweg - illegal nach Italien kommen, erhalten zunächst Unterstützung in den großen Hotspot-Zentren. Dort werden ihre Daten erkennungsdienstlich aufgenommen, es erfolgt ein erster medizinischer Check und sie haben die Möglichkeit, um internationalen Schutz anzusuchen (AIDA 2.2017). Jene Menschen, die keinen Schutzanspruch haben, sollen rasch rückgeführt werden. Die anderen werden in die "hub regionali" (Regionalzentren) überstellt. Auch wird eine mögliche Umverteilung an andere EU-Staaten für die Durchführung des Asylverfahrens überprüft (AIDA 2.2017; vgl. EC 27.3.2017). In Italien wurden bisher 4 Hotspots mit einer Kapazität von insgesamt 1.600 Personen eingerichtet (Lampedusa, Pozzallo, Taranto und Trapani) (EC 27.3.2017). Nach Medienberichten sollen diese nun durch weitere Hotspots ergänzt werden. Im Gespräch hierfür sind Messina und Palermo auf Sizilien sowie Corigliano, Reggio Calabria und Crotone in Kalabrien (AIDA 2.2017, vgl. GdS 17.3.2017).
Die gesetzlich zulässige Aufenthaltsdauer von 48 bzw. 72 Stunden in den Hotspots wird in der Praxis vielfach nicht eingehalten (AIDA 2.2017).
Die hohe Anzahl der Ankünfte hat sich negativ auf das System zur Registrierung und auf das italienische Empfangssystem als Ganzes ausgewirkt. Nicht immer ist die wirksame Identifizierung von Opfern von Menschenhandel oder Vulnerablen bzw. die Bereitstellung von angemessenen Informationen über deren Rechte gewährleistet. Dies ist insbesondere problematisch, wenn eine hohe Anzahl von Flüchtlingen und Migranten gleichzeitig eintrifft (CoE 2.3.2017).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017
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CoE - Council of Europe Secretary General (2.3.2017): Bericht zu Fact-Finding-Mission zur Lage von MigrantInnen und Flüchtlingen von 16. bis 21. Oktober 2016 (Aufnahmebedingungen; unbegleitete Kinder;
internationale Schutzverfahren; MigrantInnen im Transit;
Integration; etc.),
https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectId=09000016806f9d70, Zugriff 7.4.2017
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EC - European Commission (27.3.2017), Hotspots in Italy, https://ec.europa.eu/homeaffairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-agenda-migration/pressmaterial/docs/state_of_play_-_hotspots_en.pdf, Zugriff 3.4.2017
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GdS - Giornale di Sicilia (17.3.2017): Migranti, hotspot a Palermo e Messina. Tramonta l'ipotesi Mineo, http://catania.gds.it/2017/03/17/migranti-hotspot-a-palermo-e-messina-tramontalipotesi-mineo_641852/, Zugriff 4.4.2017
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SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (8.2016): Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, https://www.ecoi.net/file_upload/90_1472034789_160815-sfh-bericht-italienaufnahmebedingungen-final.pdf, Zugriff 11.4.2017
Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung für fünf Jahre, humanitärer Aufenthalt wird für zwei Jahre gewährt. Um die Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten, brauchen die Schutzberechtigten eine Meldeadresse, was manchmal ein Problem sein kann. Verlängerungen des Aufenthalts müssen postalisch beantragt werden. Dies kann mehrere Monate in Anspruch nehmen. Nach frühestens fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts besteht für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einen langfristigen Aufenthalt zu erhalten. Anträge auf Familienzusammenführung sind für Schutzberechtigte ohne Zeitlimit möglich. Schutzberechtigte dürfen sich frei im Land niederlassen, wenn sie sich selbst erhalten können. Laut Gesetz haben in SPRAR-Strukturen untergebrachte Schutzberechtigte ein Recht darauf für sechs weitere Monate untergebracht zu bleiben; in besonderen Fällen auch für zwölf oder mehr Monate. Wenn Schutzberechtigte nach Statuszuerkennung einen Platz im SPRAR erhalten (selbe Zeitlimits wie oben), müssen sie diesen annehmen, da sie ansonsten das Recht auf Unterbringung im SPRAR verlieren. Die meisten Asylwerber in Italien leben jedoch in CAS, wo a