TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/27 L511 2005603-1

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Veröffentlicht am 27.02.2019
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Entscheidungsdatum

27.02.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
GSVG §2 Abs1 Z1

Spruch

L511 2005603-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Oberösterreich, vom 05.02.2013, Zahl: XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz (GSVG) mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des Bescheides der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Oberösterreich, vom 05.02.2013 wie folgt zu lauten hat:

"Sie unterliegen aufgrund Ihrer Mitgliedschaft zur Wirtschaftskammer jedenfalls im Zeitraum vom 05.01.1999 bis 31.05.2013 (anstelle von: "bis laufend") der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung nach dem GSVG."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Verfahrensinhalt

1. Verfahren vor der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft [SVA]

1.1. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 05.02.2013, Zahl:

XXXX, zugestellt durch Hinterlegung am 11.05.2013, stellte die SVA fest, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Mitgliedschaft zur Wirtschaftskammer jedenfalls im Zeitraum vom 05.01.1999 bis laufend der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung nach dem GSVG unterlegen sei.

Begründend führte die SVA aus, dass der Beschwerdeführer seit 05.01.1999 eine aufrechte Gewerbeberechtigung habe, und auf Grund dieser Mitglied der Wirtschaftskammer sei. Daraus resultiere die Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z1 GSVG.

1.2. Mit Schriftsatz vom 11.03.2013 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Einspruch, nunmehr Beschwerde, gegen den Bescheid der SVA.

Der Beschwerdeführer führte im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass er sich am System nicht mehr beteilige und "seine Person für die systemische, statutarisch zwingende, menschenverachtende Plünderung und Ausbeutung der Menschheit und des Planeten nicht mehr zur Verfügung stehe".

1.3. Mit Schreiben vom 15.07.2013 teilte die SVA dem Beschwerdeführer mit, dass die Pflichtversicherung mit 31.05.2013 ende, da die Gewerbeberechtigungen erloschen seien.

1.4. Mit Schreiben vom 17.07.2013 beantragte die SVA, die Rechtsmittelbehörde möge auf Grund des Erlöschens der Gewerbeberechtigung den Spruch des Bescheides auf den 31.05.2013 einschränken.

2. Mit Wirksamkeit vom 01.01.2014 ging die Zuständigkeit zur Weiterführung dieses oben bezeichneten zum 31.12.2013 beim Landeshauptmann von Salzburg anhängig gewesenen Verfahrens gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das nunmehr zuständige Bundesverwaltungsgericht [BVwG] über (Ordnungszahl des Gerichtsaktes [im Folgenden:] OZ 1).

II. ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. entscheidungswesentliche Feststellungen

1.1. Der Beschwerdeführer verfügte (unter anderem) von 05.01.1999 bis 04.05.2013 über die Gewerbeberechtigung Handels- und Handelsagentengewerbe, XXXX, sowie zusätzlich von 23.10.2000 bis 04.05.2013 über die Gewerbeberechtigung Buch-, Kunst- und Musikalienverlag, XXXX, beide eingetragen bei der Bezirkshauptmannschaft [BH] XXXX. Die Gewerbeberechtigungen waren zu keinem Zeitpunkt ruhend gestellt.

2.1. Mit Versicherungserklärung vom 15.01.2001 meldete der Beschwerdeführer die Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG an.

1.2. Von 2001 bis 2012 bestand ein reger Schriftverkehr zwischen dem Beschwerdeführer und der SVA im Hinblick auf Ratenzahlungsvereinbarungen, Ausstellung von E101 und Beitragsrückständen.

1.3. Mit Schreiben vom 13.08.2012 teilte der Beschwerdeführer der SVA mit, dass "er, [Name des Beschwerdeführers], Mensch aus Fleisch und Blut am 14.03.2012 mit einem Schreiben an die Republik Österreich davon Abstand genommen habe, die Person [Name des Beschwerdeführers] mit der Versicherungsnummer [VSNR] weiterhin dauerhaft zu repräsentieren." Er habe keine gültige Vereinbarung (mehr) mit der SVA.

2. Beweisaufnahme und Beweiswürdigung

2.1. Der gesamte entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt (OZ 1) und ist im Verfahren unbestritten geblieben. Bestritten wird gegenständlich ausschließlich die Rechtsfrage der Sozialversicherungspflicht (siehe dazu unter Rechtliche Beurteilung).

3. Entfall der mündlichen Verhandlung

1.1. Eine Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG). Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen (§ 24 Abs.4 VwGVG).

1.2. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist kein absoluter. Nach der Rechtsprechung des EGMR und ihm folgend des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. dazu für viele EGMR 12.11.2002, Döry / S, Rn37; VfGH 20.02.2015, B1534; sowie jüngst VwGH 18.12.2018, Ra 2018/03/0132, jeweils mwN).

1.3. Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war, da der zu Grunde liegende Sachverhalt im Verwaltungsverfahren unstrittig blieb und weder ergänzungsbedürftig war, noch in entscheidenden Punkten als nicht richtig erschien.

4. Rechtliche Beurteilung

4.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 194 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz [GSVG] und § 414 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz [ASVG].

4.1.2. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die SVA im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).

4.1.3. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

4.2. Abweisung der Beschwerde

4.2.1. Nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG sind natürliche Personen, die Mitglieder der Kammern der gewerblichen Wirtschaft sind, nach dem GSVG pflichtversichert. Gemäß § 2 Abs. 1 Wirtschaftskammergesetz 1998 [WKG] sind ua alle physischen Personen, die Unternehmungen des Gewerbes, des Handels oder sonstiger Dienstleistungen rechtmäßig selbständig betreiben oder zu betreiben berechtigt sind, Mitglieder der Wirtschaftskammer. Zu den Mitgliedern zählen nach § 2 Abs. 2 WKG jedenfalls Unternehmungen, die der Gewerbeordnung unterliegen.

4.2.2. Für die Kammermitgliedschaft genügt es, dass die betreffende Person ein Unternehmen des Gewerbes "zu betreiben berechtigt" ist, auf die tatsächliche Ausübung kommt es demnach nicht an. Die Mitgliedschaft zur Wirtschaftskammer ist eine Pflichtmitgliedschaft, die bei Vorliegen der in § 2 WKG genannten Voraussetzung ipso iure ohne eine unmittelbar darauf abzielende Willenserklärung eintritt und die (ua) mit einer Entziehung der Gewerbeberechtigung durch die Behörde endet, ohne dass es dazu eines konstitutiven Akts der Wirtschaftskammer bedürfte (VwGH 14.03.2013, 2012/08/0025; 16.02.2011, 2007/08/0137; 30.06.2010, 2008/08/0052 mwN).

4.2.3. Der Beschwerdeführer verfügte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von 05.01.1999 bis 04.05.2013 über die Gewerbeberechtigungen Handels- und Handelsagentengewerbe und Buch-, Kunst- und Musikalienverlag. Er war damit in diesem Zeitraum ipso iure Mitglied der Wirtschaftskammer.

4.2.4. Soweit der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13.08.2012 mitteilte, dass er "keine gültigen Vereinbarungen" mit der SVA habe, somit der Versicherungspflicht nicht (mehr) unterliege, ist ihm zunächst entgegenzuhalten, dass er im Jahr 2001 selbst eine Versicherungserklärung abgegeben hat und darüber hinaus die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG allein auf Grund der Mitgliedschaft in einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft eintritt, ohne dass es dazu einer zusätzlichen Vereinbarung mit der SVA bedürfte (siehe dazu VwGH 14.03.2013, 2012/08/0025).

4.2.5. Die SVA hat somit die Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs. 1 Z1 GSVG zu Recht festgestellt.

4.2.6. Allerdings hat die SVA im gegenständlichen Bescheid über die Pflichtversicherung vom "05.01.1999 bis laufend" abgesprochen. Aus den Feststellungen ergibt sich jedoch, dass die Gewerbeberechtigungen mit 04.05.2013 erloschen sind und ab diesem Zeitpunkt keine Kammermitgliedschaft mehr vorliegt.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 GSVG endet die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pensionsversicherung bei den im § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG genannten Personen mit dem letzten des Kalendermonats, in dem die die Pflichtversicherung begründende Berechtigung erloschen ist.

Im gegenständlichen Verfahren war daher spruchgemäß eine Einschränkung auf den Monatsletzten des Monates in dem die Gewerbeberechtigungen erloschen sind, somit auf den 31.05.2013, vorzunehmen.

III. ad B) Unzulässigkeit der Revision

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG). Die Revision ist (mit einer hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahme) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Die gegenständliche Beurteilung erfolgte an Hand der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes zu § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG, für viele VwGH 14.03.2013, 2012/08/0025. Zur Kammermitgliedschaft explizit VwGH 16.02.2011, 2007/08/0137.

Der Entfall der mündlichen Verhandlung steht weder mit der Judikatur der Höchstgerichte noch mit der Judikatur des EGMR in Widerspruch, siehe dazu insbesondere VwGH 26.01.2017, Ra2016/07/0061 mwN, und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.

Schlagworte

Versicherungspflicht, Wirtschaftskammer

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L511.2005603.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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