TE Bvwg Beschluss 2019/3/6 W162 2203037-1

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Veröffentlicht am 06.03.2019
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Entscheidungsdatum

06.03.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §41 Abs3
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W162 2203037-1/8E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M. als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER, BA MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch RA Dr. Friedrich J. REIF-BREITWIESER, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 28.06.2018, betreffend des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses beschlossen:

A) Das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 41 Abs. 3 BBG iVm § 28 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer beantragte am 23.01.2018 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als "belangte Behörde" bezeichnet), die Ausstellung eines Behindertenpasses und legte ein Konvolut an medizinischen Unterlagen vor.

2. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens nach persönlicher Begutachtung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 22.05.2018, wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28.06.2018 der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen, da mit einem GdB von 30 v.H. die Voraussetzungen nicht erfüllt seien.

3. Mit Eingabe vom 02.08.2018 erhob der Beschwerdeführer durch seine rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.06.2018. Darin wurde insbesondere auf die Leiden des Beschwerdeführers am rechten Schultergelenk und am rechten Knie verwiesen und die Einholung von Sachverständigengutachten aus den Bereichen der Orthopädie, Inneren Medizin und Neurologie/Psychiatrie beantragt. Beigelegt wurden auch Befunde.

4. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 08.08.2018 vorgelegt.

5. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurde dem Antrag des Beschwerdeführers entsprochen und wurden Sachverständigengutachten aus den Bereichen der Inneren Medizin sowie der Orthopädie und Allgemeinmedizin in Auftrag gegeben.

5.1. Mit Sachverständigengutachten vom 30.01.2018 durch einen Sachverständigen für Innere Medizin wurde nach persönlicher Begutachtung des Beschwerdeführers am selben Tag ein GdB von 40 v.H. festgestellt. Es kam zu einer höheren Einstufung des Leidens "Koronare Herzkrankheit" unter der Positionsnummer 05.05.02 mit einem GdB von 40 v.H., da ein Myokardinfarkt abgelaufen sei. Ausdrücklich wurde festgestellt, dass die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung erst möglich sei, wenn ein psychiatrisches und ein orthopädisches Gutachten vorliegen würden.

5.2. In der Folge wurde der Beschwerdeführer durch das Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 06.11.2018 zu einer persönlichen Untersuchung für den 13.12.2018 um 10:30 Uhr bei einer Ärztin für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin geladen. Die Ladung wurde der rechtsfreundlichen Vertretung mittels ERV am 07.11.2018 um 09:04 Uhr zugestellt.

In der Folge teilte die beauftragte Sachverständige dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass der Beschwerdeführer unentschuldigt nicht zur Untersuchung erschienen sei. Bisher ist diesbezüglich keine Meldung des Beschwerdeführers bzw. seiner rechtsfreundlichen Vertretung erfolgt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Aufgrund des Beschwerdevorbringens und der erhobenen Einwendungen und Anträge bzw. des unter Punkt I. geschilderten Verfahrensganges war im Beschwerdeverfahren jedenfalls die Einholung von medizinischen Sachverständigengutachten der Fachrichtungen Innere Medizin, sowie Orthopädie und Allgemeinmedizin erforderlich.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 06.11.2018 zu einer persönlichen Untersuchung für den 13.12.2018 um 10:30 Uhr bei einer Ärztin für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin geladen wurde.

In der Ladung zur ärztlichen Untersuchung am 13.12.2018 wurde der Beschwerdeführer darüber in Kenntnis gesetzt, dass bei Eintreten eines triftigen Grundes, der die Einhaltung des Termins verunmögliche, dieser dem Bundesverwaltungsgericht binnen 7 Tagen nach dem versäumten Untersuchungstermin einlangend beim Bundesverwaltungsgericht schriftlich zu belegen ist. Der Beschwerdeführer wurde in dieser Ladung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen der Einstellung des Verfahrens gemäß § 41 Abs. 3 BBG hingewiesen.

Diese Ladung wurde der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers mittels ERV am 07.11.2018 um 09:04 Uhr erfolgreich zugestellt.

Der Beschwerdeführer bzw. seine rechtsfreundliche Vertretung hat einen triftigen Grund für die Versäumung des Untersuchungstermins nicht (etwa in Form einer ärztlich bestätigten Krankmeldung) schriftlich belegt.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4

BBG.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Einstellung des Verfahrens:

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"BEHINDERTENPASS

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist."

"§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

(3) Entspricht ein Behindertenpasswerber oder der Inhaber eines Behindertenpasses ohne triftigen Grund einer schriftlichen Aufforderung zum Erscheinen zu einer zumutbaren ärztlichen Untersuchung nicht, verweigert er eine für die Entscheidungsfindung unerlässliche ärztliche Untersuchung oder weigert er sich, die zur Durchführung des Verfahrens unerlässlichen Angaben zu machen, ist das Verfahren einzustellen. Er ist nachweislich auf die Folgen seines Verhaltens hinzuweisen."

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

(...)"

"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

(...)"

3.3. Aufgrund des Beschwerdevorbringens bzw. des unter Punkt I. geschilderten Verfahrensganges war für die Beurteilung des Grades der Behinderung die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens der Fachrichtung Orthopädie und Allgemeinmedizin, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, für die Entscheidungsfindung unerlässlich. Auch sind im Beschwerdeverfahren keine Gründe hervorgekommen bzw. vom Beschwerdeführer vorgebracht worden, dass ihm eine ärztliche Untersuchung nicht zumutbar wäre. Der Beschwerdeführer ist vom Bundesverwaltungsgericht nachweislich auf die Rechtsfolgen eines Nichterscheinens ohne schriftlichen Nachweis des Vorliegens eines triftigen Grundes hingewiesen worden.

Da der Beschwerdeführer der schriftlichen Ladung des Bundesverwaltungsgerichtes, zu einer ihm zumutbaren ärztlichen Untersuchung zu erscheinen, ohne schriftlichen Nachweis eines triftigen Grundes nicht nachgekommen ist, war das Verfahren spruchgemäß einzustellen.

3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Einstellung des Beschwerdeverfahrens ist ihrem Wesen nach mit einer Zurückweisung vergleichbar. Für eine Zurückweisung sieht § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG ausdrücklich die Möglichkeit des Entfalls der mündlichen Verhandlung vor.

Die mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG aber auch deshalb unterbleiben, weil der Sachverhalt aus dem Verwaltungsakt in Verbindung mit der Ladung samt Hinweis auf die Rechtsfolgen hinreichend geklärt ist. Art. 6 Abs. 1 EMRK steht dem Entfall der mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Verfahrensgarantie des "fair hearing" iSd Art. 6 Abs. 1 EMRK kommt nicht zur Anwendung, wenn einer Entscheidung in der Sache Prozesshindernisse entgegenstehen (vgl. hiezu die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 17.063/2003 und 19.175/2010 sowie des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 21.11.2012, 2008/07/0161 und VwGH 23.06.2014, 2013/12/0224, je mwH). Diese Judikatur ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes auch auf Fälle übertragbar, in denen ein Erledigungsanspruch (erst) nach Beschwerdeeinbringung verloren geht.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Untersuchung, Verfahrenseinstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W162.2203037.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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