TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/14 W159 2208961-1

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Veröffentlicht am 14.03.2019
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Entscheidungsdatum

14.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W159 2208961-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehöriger von Guinea, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.10.2018, Zahl 1206702208-180883683, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.01.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 15b, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9 sowie 46 und 55 Abs. 1-3 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des Spruchpunktes III. zu lauten hat: "Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Guinea, gelangte (spätestens) am 18.09.2018 in das österreichische Bundesgebiet und stellte an diesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem er am Tag der Antragstellung von einem Organ der Landespolizeidirektion (LPD) Niederösterreich einer niederschriftlichen Erstbefragung zugeführt wurde. Dort gab er zu seinen Fluchtgründen soweit wesentlich an, er sei während seines Studiums in Marokko zum Christentum übergetreten. Nach seiner Rückkehr nach Guinea sei er deshalb von seiner Familie bedroht worden, weil alle seine Familienmitglieder Moslems seien, sein Vater sei sogar Muezzin. Deshalb habe er das Land verlassen.

Mit undatierter Verfahrensanordnung "gem. § 15b AsylG 2005 iVm § 7 Abs. 1 VwGVG", Zahl 1206702208 - 180883683/BMI-EAST_OST, trug das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) dem Beschwerdeführer auf, ab dem 05.10.2018 im Quartier XXXX Unterkunft zu nehmen.

Am 10.10.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem BFA, Erstaufnahmestelle (EASt) Ost, niederschriftlich einvernommen. Im Wesentlichen brachte er hiebei vor, katholischer Christ zu sein und der Volksgruppe der Malenke anzugehören. In Österreich beziehe er Grundversorgung und leiste "Remunerantendienste". Seine gesamte Familie befinde sich in Guinea, zu ihr habe der Beschwerdeführer keinen Kontakt mehr. Verwandte habe er im österreichischen Bundesgebiet nicht, er habe aber einen Freund, der Asylwerber sei.

Zu seinen Fluchtgründen befragt führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, er sei in Marokko gewesen und habe dort studiert. Dort habe er seine Religion gewechselt. Deshalb hätten sich Jugendliche in seinem Stadtviertel in Marokko aggressiv gegenüber dem Beschwerdeführer verhalten, wovon er noch Narben trage. Nach seiner Rückkehr nach Guinea habe sein Vater den Beschwerdeführer gefragt, woher er die Narben habe. Der Beschwerdeführer habe seine Konversion vor seinen Eltern nicht mehr verheimlicht. Sein Vater habe sich aggressiv gegenüber dem Beschwerdeführer verhalten und in der Moschee verkündet, dass der Beschwerdeführer nicht mehr sein Sohn sei. Der Beschwerdeführer habe erkannt, dass die Bedrohungen tatsächlich vorhanden seien und er sei in eine katholische Kirche in seinem Stadtviertel geflohen, wo er den Leuten von seinem Problem erzählt habe. Diese hätten ihm mit seinem Reisepass geholfen, ein Visum zu organisieren und nach Europa zu reisen.

Der Beschwerdeführer sei im Juni 2017 in XXXX katholisch getauft worden. Einen Taufvorbereitungskurs habe er nicht besucht.

Was mit dem letzten Abendmahl gemeint sei, wisse der Beschwerdeführer nicht. Jesus sei ein Prophet gewesen. Wie viele Apostel es gegeben habe, wisse der Beschwerdeführer nicht. Die wichtigsten römisch-katholischen Feiertage seien Ostern und der 24.12. - die Geburt Jesu. Was zu Ostern gefeiert werde, wisse der Beschwerdeführer nicht. "Auferstehung" bedeute, wenn die Welt zu Ende ginge, lasse Jesus seine Anhänger wieder auferstehen.

Nach einer Reihe von Fragen zur Chronologie seiner Aufenthalte in Marokko und Guinea und seiner Fluchtgründe führte der Beschwerdeführer aus, es nicht in Erwägung gezogen zu haben, innerhalb seines Heimatlandes auszuweichen. Er habe befürchtet, dass ihn sein Vater auch in anderen Landesteilen finden würde. Im Falle einer Rückkehr fürchte der Beschwerdeführer, wieder von seinen Eltern bedroht zu werden.

Mit dem im Spruch bezeichneten Bescheid vom 25.10.2018 wies das BFA, Regionaldirektion (RD) Niederösterreich, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Guinea ab (Spruchpunkt II.), erteilte einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht, erließ gegen den Beschwerdeführer gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, stellte gem. § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung gem. § 46 FPG nach Guinea zulässig sei (Spruchpunkt III.), erkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gem. § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab und sprach aus, dass gem. § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestünde (Spruchpunkt IV.) und führte unter Spruchpunkt V. folgendes aus: "Gemäß § 15b Absatz 1 Asylgesetz 2005 wurde Ihnen aufgetragen ab 1206702208-180883683s in folgendem Quartier Unterkunft zu nehmen: XXXX ", wobei das dazu eingefügte Sprachmodul lautet: "En application de l'Art. 15b paragraphe 1 de la loi de l'asile 2005, vous avez l'obligation

d'accepter l'hébergement suivant du 10.10.2018: . . ."

In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang einschließlich der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und Feststellungen zu Guinea getroffen. Beweiswürdigend führte das BFA insbesondere aus, dass aufgrund der vielen Ungereimtheiten im Fluchtvortrag des Beschwerdeführers das Vorbringen des Beschwerdeführers als unglaubhaft erachtet werde.

Rechtlich begründend führte das BFA zu Spruchpunkt I. insbesondere aus, eine asylrelevante Verfolgung habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen können.

Zu Spruchpunkt II. führte das BFA aus, seinem Vorbringen habe eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK, des 6. oder 13. ZPMRK nicht entnommen werden können. Es sei anzunehmen, dass es dem Beschwerdeführer zumutbar und möglich sei, in seinem Heimatland existentiell wieder Fuß zu fassen.

Zu Spruchpunkt III. führte das BFA aus, im Falle des Beschwerdeführers seien keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass Gründe für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nach § 57 AsylG 2005 vorlägen. Der Beschwerdeführer habe keine nahen Angehörigen in Österreich, es läge somit kein Familienleben vor. Es bestünden auch keine sonstigen nennenswerten privaten Bindungen in Österreich. Da dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt werde, sei die Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden.

Zu Spruchpunkt IV. führte das BFA aus, die vorgebrachten Verfolgungsgründen wiesen selbst bei Wahrunterstellung keine Asylrelevanz auf, sodass einer Beschwerde gegen den Bescheid gem. § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung abzuerkennen sei und gem. § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe.

Zu Spruchpunkt V. führte das BFA aus, gem. § 15b Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 habe das BFA im verfahrensabschließenden Bescheid über die Anordnung der Unterkunftnahme abzusprechen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist gegenständliche Beschwerde. Neben einer Wiederholung des behaupteten Sachverhaltes führt die Beschwerde soweit hier noch wesentlich aus, das Vorbringen des Beschwerdeführers stelle sehr wohl einen Fluchtgrund iSd GFK dar. In eventu werde der Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gestellt, weil dem Beschwerdeführer im Falle der Abschiebung nach Guinea eine reale Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK drohe und für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt mit sich brächte und die Gefahr bestünde, dass der Beschwerdeführer in eine ausweglose Lage geraten würde. Im Falle seiner Rückkehr nach Guinea wäre er einem Klima ständiger Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbaren Einschränkungen sowie einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt.

Mit hg. Teilerkenntnis vom 09.11.2018, W159 2208961-1/3E, wurde Spruchpunkt IV. des bekämpften Bescheides ersatzlos behoben.

Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für den 29.01.2019 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung an, zu der der Beschwerdeführer gemeinsam mit einem Vertreter des Vereins Menschenrechte Österreich erschien. Ein Behördenvertreter erschien nicht.

Der Beschwerdeführer hielt sein Vorbringen aufrecht, korrigierte aber dahingehend, dass ihm keine katholische, sondern eine reformierte Kirche dabei geholfen habe, nach Österreich zu kommen. Er stamme aus der Stadt Conakry, gehöre den Malinke an und sei katholischen Glaubens. Er glaube, dass er Papst Vertreter von Jesus Christus auf Erden sei.

Zuerst habe der Beschwerdeführer in Guinea und dann in Marokko gelebt. Der Beschwerdeführer sei zwölf Jahre in die Schule gegangen und habe die Matura gemacht. Im Februar 2017 sei er zum Studieren nach Marokko gegangen. Er habe drei bis vier Monate Informatik studiert.

Mit staatlichen Organen oder Behörden habe der Beschwerdeführer in Guinea keine Probleme gehabt.

Der Vater des Beschwerdeführers habe von seinen Kindern verlangt, streng islamisch zu sein, aber sie hätten ihm nicht alle gefolgt, weil sie sehr viele Kinder gewesen seien. Zum Christentum sei der Beschwerdeführer über einen Freund Namens Christophe gekommen. Was ihn genau am Christentum fasziniere, wisse der Beschwerdeführer nicht. Er habe nie den Mut gehabt, mit seinen Eltern drüber zu sprechen.

Der Beschwerdeführer sei seit seiner Kindheit von Christen umgeben gewesen. Sein bester Freund sei Christ gewesen, sie seien zusammen aufgewachsen.

Zu seiner Taufe befragt, gab der Beschwerdeführer an, es sei an einem Sonntag gewesen. Er sei mit seinem Freund Christophe zu dem Mann gegangen, der dem Beschwerdeführer konvertiert habe. Dieser habe dem Beschwerdeführer eine Bibel gegeben und ihm gesagt, er sollte die Bibel lesen, damit er alle Informationen über die Religion habe. Der Beschwerdeführer habe dann an der Messe teilgenommen, es sei seine erste Messe bei dem Mann gewesen. Schon als Kind sei er auf anderen Messen gewesen.

Zu seiner Taufzeremonie befragt, gab der Beschwerdeführer an, der Mann der ihn getauft habe, habe keine fixe Kirche gehabt. Er habe einen Saal gemietet gehabt. Der Mann habe den Beschwerdeführer gefragt, wieso er konvertieren wolle, ihm Ratschläge und eine Bibel gegeben, damit der Beschwerdeführer diese lesen könne. Er habe dann an der Messe teilgenommen und mit den Leuten gebetet. Dann sei er mit der Bibel nachhause gegangen.

Befragt, ob der Beschwerdeführer mit Wasser übergossen oder in Wasser untergetaucht worden sei, verneinte er dies. Einen Taufschein oder dergleichen habe der Beschwerdeführer auch nicht.

Befragt zu Jesus gab der Beschwerdeführer an, dieser sei der Sohn Gottes. Er sei auch ein Gesandter, ein Prophet, dessen Mission es gewesen sei, den ungläubigen Leuten den richtigen Weg zu zeigen. Er habe auch Apostel gehabt. Diese hätten ihn begleitet und mit ihm gemeinsam die Nachrichten überbracht. Er sei der einzige Sohn seiner Mutter, Maria, gewesen, sein Vater sei Josef gewesen. Jesus habe nicht fliehen müssen. Er habe eine Mission zu erfüllen gehabt, nämlich die Menschen von ihren Sünden zu befreien. Er habe gesagt, dass er schon existiert habe, bevor die Menschen erschaffen worden seien und dass er auf die Erde gekommen sei, um die Menschen von ihren Sünden zu befreien. Er habe auch vorhergesehen, dass er sterben werde. Deswegen sei er auf die Erde gekommen.

Jesus habe auch Wunder bewirkt. Er habe Blinde sehend gemacht und er habe Hungrigen Essen gegeben. Er habe viele Wunder bewirkt. Er habe z. B. auch Fischern geholfen, einen reichen Fang zu machen.

Zu den Umständen des Todes Jesu befragt, gab der Beschwerdeführer an, er sei gekreuzigt worden. Nach einigen Tagen sei er wieder auferstanden und habe seinen Aposteln gesagt, dass er unsterblich sei.

Was zu Pfingsten gefeiert werde, wisse der Beschwerdeführer nicht. Sakramente kenne er keine. Befragt, welche Gebete er kenne, gab der Beschwerdeführer an: "Im Namen des Vaters, des Sohnes, des Heiligen Geistes, Amen."

Im Islam gebe es zu viele Anforderungen, auch Anforderungen an das Verhalten. Die Moslems würden glauben, sie stünden höher als die Christen. Jesus Christus komme im Islam nicht vor.

Befragt nach seinen Problemen in Marokko gab der Beschwerdeführer an, er sei wegen seiner Konversion von einer Gruppe junger Leute geschlagen und als Satan beschimpft worden.

Zurück in Guinea - der Beschwerdeführer habe ein Rückflugticket gehabt - habe der Beschwerdeführer seinem Vater von seiner Konversion erzählt. Dieser habe den Beschwerdeführer mit einem Gefäß zum rituellen Händewaschen geschlagen. Er habe den Beschwerdeführer geschimpft, islamische Verse zitiert und gesagt, dass der Beschwerdeführer nicht mehr sein Sohn sei. Da der Vater des Beschwerdeführers Probleme mit seinem Blutdruck gehabt habe, habe er ihm nicht mehr gegenüberstehen wollen. Er sei am Abend zu einem Freund gegangen. Als er nachhause gekommen sei, sei der Beschwerdeführer wieder vom Vater bedroht worden. Es sei klar gewesen, dass der Beschwerdeführer das nicht mehr ertragen könne. Er habe ein bisschen Gepäck und seinen Reisepass genommen und sei dann zu einer Kirche in seinem Viertel gegangen, wo er sich zehn bis elf Monate aufgehalten habe.

Der Ausreisegrund sei die Drohung seines Vaters gewesen, dass er den Beschwerdeführer umbringen würde, würde er noch länger zuhause bleiben. Die Mitglieder der Kirche hätten dem Beschwerdeführer geholfen, auszureisen.

Der Beschwerdeführer habe keinen Kontakt mehr nach Guinea. Er wolle nicht, dass seine Familie wisse, wohin er geflohen sei. Zu seiner Gesundheit befragt, gab er an, er habe sich am Anfang extrem große Sorgen gemacht, jetzt mache er Sport um das zu vergessen. In Österreich mache er nichts, er sei in diesem Camp. Deutschkurse habe er noch nicht besucht, er versuche, sich mit seinem Handy Deutsch beizubringen. Seit er hier eingereist sei, habe er mit niemandem Kontakt, eine Kirche oder einen Gottesdienst habe er noch nicht besucht. Er habe nicht die Erlaubnis, hinauszugehen.

Nach Guinea wolle er nicht zurück, weil er dort auf der Straße sei. Er könne auch nicht in einer anderen Region Guineas Aufenthalt nehmen, weil dann die Eltern kontaktiert würden. Sie könnten entscheiden, ob man zurückkehren soll. Wenn seine Familie auch christlich wäre, würde der Beschwerdeführer zurückkehren. Würde der Beschwerdeführer zurückkehren, wäre sein Leben beendet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat, wie folgt, festgestellt und erwogen:

1. Feststellungen:

Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Guinea und gehört der Volksgruppe der Malinke an. Er wurde am XXXX in Conakry geboren. Er besuchte von zwölf Jahre die Schule bis zur Matura und studierte drei Monate Sprachwissenschaften und drei bis vier Monate Informatik. Der Beschwerdeführer hat 13 Geschwister, wobei von diesen eines gestorben ist. Diese halten sich, ebenso wie seine Eltern, in Guinea auf.

Zu seinen Fluchtgründen könne mangels glaubhafter Angaben keine Feststellungen getroffen werden. Der Beschwerdeführer wurde jedenfalls nicht getauft.

Der Beschwerdeführer gelangte (spätestens) am 18.09.2018 unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich und stellte an diesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer behauptet, mit niemandem mehr in Guinea Kontakt zu haben. Er führt kein Familienleben in Österreich und leidet unter keinen aktuellen gesundheitlichen oder psychischen Problemen. Der Beschwerdeführer hat keinen Deutschkurs besucht und kein Deutschdiplom erworben. In Österreich macht er nichts. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er hat in Österreich einen Freund gefunden und ist unbescholten.

Zu Guinea wird verfahrensbezogen Folgendes festgestellt:

1. Politische Lage

Guinea ist ein Zentralstaat mit verfassungsmäßig starker Stellung des Präsidenten. Die Republik Guinea von heute ist geprägt von einem demokratischen Aufbruch nach dem kurzzeitigen Militärregime unter Moussa Dadis Camara (2008-2010). Zuvor war Guinea trotz politischer Öffnung unter dem autoritären Regime von Präsident Lansana Conté bestimmt. Die ersten freien Präsidentschaftswahlen 2010 endeten in der Stichwahl mit einem sehr knappen Ergebnis. Der teilweise erbittert geführte Wahlkampf von 2010 war Ausgangspunkt für eine Lagerbildung in der guineischen Politik ("Regierungsmehrheit" gegen "Opposition"), die in den folgenden Jahren immer wieder zu teils gewaltsamen Auseinandersetzungen führte und bis zu den Präsidentschaftswahlen 2015 anhielt (AA 12.2016a). In den ersten Präsidentschaftswahlen 2010 gewann Alpha Condé (Rassemblement du Peuple Guinéen RPG) und setzte sich erneut bei den Präsidentschaftswahlen am 11.10.2015 durch, diesmal im ersten Wahlgang (AA 12.2016a; vgl. USDOS 13.4.2016).

Die neue Verfassung trat im Mai 2010 in Kraft. Sie sieht eine fünfjährige Amtszeit des Präsidenten mit einmaliger Wiederwahlmöglichkeit vor. Der direkt vom Volk gewählte Präsident ist gleichzeitig der Chef der Exekutive (AA 12.2016a; vgl. CIA 12.1.2017). Er ernennt den Premierminister und die Minister. Der Präsident bestimmt vor allem die Außen- und Sicherheitspolitik sowie die strategischen wirtschaftlichen Entscheidungen. In ihrem organisatorischen Teil ist die Verfassung dem französischen Modell nachgebildet. Neben dem gewählten Parlament gibt es einen aus Vertretern der Spitzenverbände und gesellschaftlichen Gruppen zusammengesetzten Wirtschafts- und Sozialrat als Beratungsgremium sowie weitere Institutionen wie das Verfassungsgericht, den Nationalen Medienrat (Conseil Nationale de Communication), den Obersten Gerichtshof und den Rechnungshof (AA 12.2016a).

Wahlen auf Ebene der Gemeinden (Bürgermeister und Gemeinderäte) haben seit Inkrafttreten der neuen Verfassung nicht stattgefunden. Die Durchführung von Kommunalwahlen noch vor den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2015 war - im Zusammenhang mit der Erstellung des Wählerverzeichnisses und der Besetzung der Wahlbüros - eine zentrale Forderung der Opposition, der jedoch nicht nachgekommen wurde. Kommunalwahlen waren für das erste Halbjahr 2016 vorgesehen, sind aber zwischenzeitlich auf Februar 2017 terminiert (AA 12.2016a).

Die Parlamentswahlen wurden bis September 2013 mehrfach verschoben (BS 2016). Die Regierungspartei Rally of the Guinean People (Rassemblement du Peuple Guinéen, RPG) von Alpha Condé erzielte dabei 53 von 114 Sitzen. Durch die "Rainbow Alliance" Koalition mit sieben kleineren Parteien, die jeweils einen Sitz haben, kam die Regierungspartei auf eine Mehrheit im Parlament. Die von Cellou Dalein Diallo geführte Oppositionspartei UFDG hält nunmehr 37 Sitze, andere Parteien halten 17 Sitze (BS 2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (12.2016a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 21.2.2017

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Guinea Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Guinea.pdf, Zugriff 21.2.2017

-

CIA - Central Intelligence Agency (12.1.2017): The World Factbook

-

Guinea,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gv.html, Zugriff 16.2.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 16.2.2017

2. Sicherheitslage

In Guinea bestehen politische Spannungen, die sich auch zu Sicherheitsrisiken aufbauen können. In Conakry sowie im Inneren des Landes kommt es regelmäßig zu Demonstrationen, die zum Teil zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen ethnischen und politischen Gruppen und den Sicherheitskräften führen (EDA 16.2.2017; vgl. BMEIA 24.2.2017). Die Kriminalitätsrate hat sowohl in Conakry, als auch im Landesinneren stark zugenommen. Bewaffnete Raubüberfälle und Diebstähle sind häufig (BMEIA 24.2.2017; vgl. FD 21.2.2017). Aufgrund der für den Großteil der Bevölkerung sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage gibt es in Conakry, aber auch im Landesinneren, immer wieder Akte des Vandalismus und Straßenblockaden. Auch bandenmäßige Gewaltkriminalität ist zunehmend verbreitet; nachts werden häufig Überfälle auf Passanten, Wohnhäuser und Geschäfte verübt. Die Anzahl gemeldeter Raubmorde, teilweise durch bewaffnete Täter in Uniformen, hat zugenommen. Die Sicherheitskräfte versuchen diese schwere Kriminalität ihrerseits mit Einsatz von Feuerwaffen einzudämmen, wodurch die Gefahr steigt, von verirrten Kugeln getroffen zu werden (AA 24.1.2017). Die südlichen Grenzgebiete zu Liberia, Sierra Leone und Côte d'Ivoire sind aufgrund ethnischer Spannungen gefährlich (BMEIA 24.2.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (24.2.2017): Guinea: Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/GuineaSicherheit_node.html, Zugriff 24.2.2017

-

BMEIA - Europa, Integration und Äußeres (24.2.2017): Guinea, http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/guinea/, Zugriff 24.2.2017

-

EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (16.2.2017): Reisehinweise für Guinea, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/guinea/reisehinweise-guinea.html, Zugriff 16.2.2017

-

FD - France Diplomatie (21.2.2017): Conseils aux voyageurs - Guinée - Sécurité,

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/guinee/, Zugriff 21.2.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (5.7.2016): Investment Climate Statements for 2016 - Guinea,

http://www.ecoi.net/local_link/332417/473842_de.html, Zugriff 15.2.2017

3. Rechtsschutz/Justizwesen

Obwohl die Verfassung und die Gesetze die Unabhängigkeit der Justiz vorsehen, fehlt es dem Justizsystem an Unabhängigkeit und es ist unterfinanziert, ineffizient und offen korrupt. Das Justizsystem ist gekennzeichnet von zahlreichen Problemen wie z.B. geringes Budget, das Fehlen von qualifizierten Anwälten und Untersuchungsrichtern sowie einem veralteten und restriktiven Strafgesetzbuch (USDOS 13.4.2016). Die Autonomie der guineischen Justiz ist stark beeinträchtigt. Sie bietet praktisch keinen Rechtschutz für normale Bürger (BS 2016). Aufgrund des korruptionsanfälligen formalen Justizsystems vertrauen viele Bürger auf das traditionelle Rechtssystem (USDOS 13.4.2016; vgl. BS 2016). Fälle, die dort nicht zur Zufriedenheit der Beteiligten gelöst werden können, werden an das formale Justizsystem übergeben. Die Stimme der Frau hat im traditionellen Rechtssystem weniger Gewicht als jene des Mannes. Das Gesetz sieht die Unschuldsvermutung, die Unabhängigkeit der Richter, die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, das Recht auf einen Verteidiger und das Recht der Berufung vor; jedoch werden diese Rechte in der Praxis nicht konsistent geachtet (USDOS 13.4.2016).

Trotz der bestehenden Probleme, hat das Justizministerium begonnen, das Justizwesen wesentlich zu reorganisieren, um die Rechtsprechung zu verbessern (HRW 12.1.2017).

Quellen:

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Guinea Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Guinea.pdf, Zugriff 16.2.2017

-

HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/334709/476538_de.html, Zugriff 14.2.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 16.2.2017

4. Sicherheitsbehörden

Die dem Verteidigungsministerium unterstellte Gendarmerie und die nationale Polizei unter dem Ministerium für Sicherheit teilen sich die nur unzulänglich definierte Verantwortung für die innere Sicherheit. Die Armee ist für die Sicherheit nach außen verantwortlich, spielt jedoch auch im Bereich der inneren Sicherheit eine Rolle. Per Gesetz sind das Militär, die Gendarmerie und die Polizei dazu befugt, Verhaftungen durchzuführen. Gesetzlich ist allerdings nur die Gendarmerie dazu ermächtigt, Verhaftungen von Angehörigen des Militärs und der Polizeikräfte durchzuführen. Es gibt auch spezielle Polizei- und Gendarmerie- Einheiten, wie das Anti-Verbrechen Büro und das Generalsekretariat des Vorsitzes, verantwortlich für besondere Einsätze im Kampf gegen Drogen und organisierte Kriminalität (USDOS 13.4.2016).

Die Polizei bleibt weiterhin unterbezahlt, inadäquat ausgerüstet und ineffizient. Es gibt mehrere Berichte über Sicherheitsdienstbehörden, die ihre Befehle ignorieren und auf übermäßige Gewalt zurückgreifen (USDOS 13.4.2016). Es gibt außerdem zahlreiche Vorwürfe über unprofessionelles Verhalten, Diebstahl und Erpressung (HRW 12.1.2017). Sicherheitskräfte folgen nur selten dem Strafgesetzbuch und verwaltungskonforme Kontrollen über die Polizei sind ineffektiv (USDOS 13.4.2016). Disziplin innerhalb der und zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte scheinen sich zu verbessern (HRW 12.1.2017). Mitglieder der Sicherheitskräfte sind jedoch in mehreren Vorfällen von exzessiver Gewaltanwendung (BS 2016) oder Misshandlung von Häftlingen verwickelt, als Reaktion auf Proteste und Kriminalität (HRW 12.1.2017).

Quellen:

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Guinea Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Guinea.pdf, Zugriff 14.2.2017

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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/334709/476538_de.html, Zugriff 14.2.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 15.2.2017

5. Folter und unmenschliche Behandlung

Obwohl die Verfassung und die Gesetze Folter und unmenschliche Behandlung verbieten, verwenden Beamte weiterhin solche Praktiken und bleiben ungestraft (USDOS 13.4.2016).

Berichten zufolge wurden in mehreren Fällen Gefangene misshandelt und manchmal gefoltert (HRW 12.1.2017). Die Wachen foltern, verprügeln und vergewaltigen die Häftlinge, darunter auch Kinder. Menschenrechtsaktivisten geben an, dass die schlimmsten Misshandlungen bei der Festnahme oder in den Haftanstalten der Gendarmerie vorkommen (USDOS 13.4.2016).

Guinea hat im Juli einem neuen Strafgesetzbuch zugestimmt, das u.a. und zum ersten Mal Folter unter Strafe stellt (AI 5.7.2016; HRW 12.1.2017).

Quellen:

-

AI - Amnesty International (5.7.2016): Guinea schafft die Todesstrafe ab, http://www.amnesty-todesstrafe.de/index.php?id=762, Zugriff 14.2.2017

-

HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/334709/476538_de.html, Zugriff 14.2.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 15.2.2017

6. Korruption

Korruption ist in Guinea weit verbreitet und bleibt weiterhin ein Problem. Während das Gesetzt strafrechtliche Folgen für die Korruption von Beamten vorsieht, wird das Gesetz nicht wirksam umgesetzt und Beamte sind häufig ungestraft in korrupte Praktiken verwickelt (USDOS 13.4.2016). Öffentliche Gelder werden für den privaten Gebrauch oder für illegitime öffentliche Zwecke, wie das Kaufen teurer Fahrzeuge für Regierungsangestellte, missbraucht. Grundstücksverkäufe und geschäftliche Verträge waren im Allgemeinen nicht transparent (USDOS 13.4.2016). Korruption spielt auch in Gerichtsverfahren eine Rolle (USDOS 5.7.2016). Geschäfte finden oft durch Zahlung von Bestechungsgeldern statt. Obwohl es verboten ist, Bestechungsgeld zu zahlen, werden diese Gesetze nicht durchgesetzt (USDOS 5.7.2016).

Open Society Initiative West Africa und Transparency International gaben an, dass 61% von befragten privaten Haushalten aufgefordert wurden ein Bestechungsgeld für nationale Dienstleistungen und 24% für lokale Dienstleistungen zu zahlen. 24% gaben an, verkehrsbedingte Bestechungsgelder an Polizisten gezahlt zu haben, 24% für bessere medizinische Behandlung, 19% für bessere Wasser- oder Stromdienstleistungen und 8% für bessere gerichtliche Behandlung (USDOS 5.7.2016).

Guinea belegte auf dem Korruptionsindex von Transparency International im Jahr 2016 den 142. von 176 Plätzen (TI 2016).

Quellen:

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TI - Transparency International (2016): Corruption Perceptions Index 2016,

http://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 21.2.2017

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 21.2.2017

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USDOS - U.S. Department of State (5.7.2016): Investment Climate Statements for 2016 - Guinea,

http://www.ecoi.net/local_link/332417/473842_de.html, Zugriff 21.2.2017

7. Wehrdienst und Rekrutierungen

Für 18-25jährige besteht die Möglichkeit des freiwilligen sowie verpflichtenden Wehrdienstes mit einer Dauer von 18 Monaten (CIA 12.1.2017).

Die Wehrpflicht besteht formal für alle männlichen Guineer (Artikel 145 der Verfassung). Wegen der großen Zahl von Freiwilligen werden aber seit 1990 keine Wehrpflichtigen mehr eingezogen. Die formaljuristische Möglichkeit eines Wehrersatzdienstes besteht unter der Voraussetzung keiner Notstandsgesetzgebung (AA 11.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (11.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Guinea

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CIA - Central Intelligence Agency (12.1.2017): The World Factbook

-

Guinea,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gv.html, Zugriff 16.2.2017

8. Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechte sind zwar gesetzlich garantiert, werden aber von einer noch schwachen Justiz bisher nicht ausreichend geschützt. Menschenrechtsübergriffe staatlicher Stellen, besonders seitens der Sicherheitskräfte, werden noch nicht systematisch verfolgt (AA 12.2016a; AI 16.2.2016). Insgesamt hat sich die Menschenrechtslage aber seit Beginn der Demokratisierung 2010 kontinuierlich verbessert (AA 12.2016a). Die sozialen und wirtschaftlichen Menschenrechte werden jedoch durch die sehr große Armut der Bevölkerung eingeschränkt (AA 12.2016a). Die gravierendsten Menschenrechtsprobleme im Land sind lebensbedrohliche Haftbedingungen, Verweigerung eines fairen Verfahrens sowie Gewalt und Diskriminierung gegen Frauen und Mädchen (USDOS 13.4.2016). Berichte über Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitsbeamte sind zurückgegangen. Behörden zeigen erhöhte Bereitschaft diejenigen zu untersuchen und sanktionieren, die in Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind (HRW 12.1.2017).

Obwohl die Verfassung und die Gesetze Meinungs- und Pressfreiheit gewährleisten (USDOS 13.4.2016; vgl. AA 12.2016b), schränkt die Regierung diese Freiheiten ein. Unabhängige und oppositionseigene Medien sind aktiv und drücken ein weites Spektrum von Ansichten aus (USDOS 13.4.2016). Wichtigstes Medium bleibt aber noch - auch angesichts der hohen Analphabetenrate - das Radio. Seit 2006 gibt es eine ganze Reihe von teilweise populären privaten Radiosendern. Auch das frühere Fernsehmonopol von RTG ist mittlerweile von mehreren privaten TV-Stationen durchbrochen. Die Ausstrahlung bleibt jedoch noch auf die Hauptstadtregion und einzelne Orte im Landesinnern beschränkt. Die aktuelle Berichterstattung von Medienredaktionen verlegt sich aber mehr und mehr in das Internet (AA 12.2016b), obwohl nach Angaben von International Telecommunication Union 2014 nur 1,72% Zugang zum Internet hatten. Das Internet wird von der Regierung weder unterbrochen noch zensiert (USDOS 13.4.2016). Eingriffe durch staatliche Zensur finden nur im Ausnahmefall statt und wurden oft nach scharfer Kritik der Zivilgesellschaft wieder zurückgenommen. Maßnahmen des Staates oder Dritter gegen Journalisten bleiben daher überwiegend Einzelfälle (AA 12.2016b). Dennoch können Journalisten teuer dafür bezahlen, wenn sie den Präsidenten kritisieren. Im World Press Freedom Index 2016 belegt Guinea Platz 108 von 180 (RSF 30.6.2016).

Die Verfassung sieht Versammlungsfreiheit vor, die Regierung schränkt dieses Recht jedoch ein. Das Gesetz verbietet jedes Treffen, das ethnischen oder rassischen Charakter hat, oder jede Versammlung, die die nationale Einheit bedrohen könnte. Für öffentliche Versammlungen ist eine Anmeldung mindestens drei Werktage vorher einzuholen. Lokale Behörden können Demonstrationen verbieten, wenn sie der Ansicht sind, dass die öffentliche Ordnung bedroht ist. Behörden können Veranstalter außerdem für eventuelle Gewaltvorfälle und Zerstörung von Eigentum zur Rechenschaft ziehen (USDOS 13.4.2016). In der Praxis werden Versammlungen, die ohne Ankündigung gehalten werden, als nicht autorisiert angesehen und werden oft gewaltsam aufgelöst (FH 27.1.2016).

Die Verfassung und Gesetze gewährleisten Vereinigungsfreiheit, und die Regierung respektiert dieses Recht üblicherweise auch in der Praxis (USDOS 13.4.2016). Vorschriften zur offiziellen Anerkennung für öffentliche, soziale, kulturelle, religiöse oder politische Vereinigungen sind nicht aufwendig, obwohl bürokratische Verzögerungen in einigen Fällen die Registrierung neuer Vereinigungen verhindern (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (12.2016a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 27.2.2017

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AA - Auswärtiges Amt (12.2016b): Kultur und Bildungspolitik - Guinea,

http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8518ABA87066FC4603D8399A916EA71B/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Kultur-UndBildungspolitik_node.html, Zugriff 15.2.2017

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FH - Freedom House (27.1.2017) : Freedom in the World 2016 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/327700/468362_de.html, Zugriff 16.2.2015

-

RSF - Reporters Sans Frontières (30.6.2016): Reporter beaten up by President Alpha Condé's bodyguards, http://www.ecoi.net/local_link/326584/466996_de.html, Zugriff 15.2.2016

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 23.2.2017

9. Religionsfreiheit

Ca. 87% der Bevölkerung sind Muslime. 8% sind Christen und ca. 4% gehören anderen bzw. keinen Religionen an (CIA 12.1.2017).

Die Verfassung sieht einen säkularen Staat vor, verbietet religiöse Diskriminierung und legt Glaubens- und Religionsfreiheit fest (USDOS 10.8.2016). Der Islam spielt eine große Rolle im öffentlichen Leben. Religiöse Toleranz und Ablehnung fundamentalistischer Strömungen sind jedoch erklärte Staatsziele und gesellschaftliche Praxis. Fundamentalistische Strömungen haben traditionell geringe Bedeutung, doch gibt es unter den Muslimen auch teilweise radikalere Tendenzen, ablesbar unter anderem an einer Zunahme der früher unbekannten Praxis der Vollverschleierung. Die katholische und die anglikanische Kirche spielen gesellschaftlich, besonders im Bildungsbereich, eine bedeutende Rolle (AA 12.2016a).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (12.2016a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 16.2.2017

-

CIA - Central Intelligence Agency (12.1.2017): The World Factbook

-

Guinea,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gv.html, Zugriff 16.2.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/328324/469103_de.html, Zugriff 14.2.2017

10. Ethnische Minderheiten

Guinea ist ein multiethnisches Land mit über 25 unterschiedlichen Gruppen (AA 12.2016a). Die Bevölkerung besteht zu etwa 33.9% aus Peuhl (auch Peul, Fulla, Fulbe, Fulani; v.a. Mittelguinea), 31,1% aus Malinke (v.a. Oberguinea) und 19,1% aus Soussou (v.a. Niederguinea) (CIA 12.1.2017; vgl. USDOS 13.4.2016). Die restliche Bevölkerung sind Angehörige kleinerer ethnischer Gruppen, wie die Kpelle, Kissi und Toma (CIA 12.1.2017). Conakry und andere große urbane Zentren wie Kankan sind ethnisch heterogen (USDOS 13.4.2016).

Die Beziehungen zwischen den Volksgruppen waren in der Vergangenheit nicht immer spannungsfrei, vor allem nicht unter den zahlreichen kleinen Gruppen in der Region Waldguinea. Zuletzt kam es dort 2013 zu schweren gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen zwei lokalen Volksgruppen (AA 12.2016a). Während das Gesetz rassische und ethnische Diskriminierung verbietet, kommt es zu ethnischer Diskriminierung im Bereich des Arbeitsmarktes, der ethnische Segregation von Wohnvierteln, und der Präsenz ethnisch geprägter Rhetorik in politischen Kampagnen. Gezielte ethnische Gewalt ereignet sich ebenfalls (USDOS 13.4.2016). Periodisch kommt es zu politischen und ethnischen Spannungen mit Verletzen und Toten (BMEIA 24.2.2017).

Die gegenwärtige Regierung scheint die ethnische Gruppe des Präsidenten, die Malinké, zu bevorzugen und die Fulbe und andere ethnische Minderheitengruppen auszuschließen. Condé hat wenig Interesse gezeigt, Ministerposten unter Vertretern aller ethnischen Gruppen zu teilen. Dies führt zur Distanzierung zwischen der RPG und den Oppositionsparteien und somit ist Condés ethnische Gruppe, die Malinké, überrepräsentiert und die Fulbe sind unterrepräsentiert (BS 2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (12.2016a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 16.2.2017

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BMEIA - Europa, Integration und Äußeres (24.2.2017): Guinea, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/guinea-de.html), Zugriff 24.2.2017

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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