TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/14 W154 2104035-3

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Veröffentlicht am 14.03.2019
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Entscheidungsdatum

14.03.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W154 2104035-3/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl:

831467107-181108823, über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , StA: Sierra Leone, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst, in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer ist nach eigenen Angaben Staatsangehöriger von Sierra Leone. Am 10.10.2013 reiste er erstmals illegal in das Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde wegen Zuständigkeit Spaniens zur Verfahrensführung zurückgewiesen.

Im Jahr 2014 wurde der Beschwerdeführer wegen eines Suchtmitteldelikts zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt. Im Februar 2015 wurde der Beschwerdeführer nach Spanien abgeschoben, kehrte aber nach nur wenigen Tagen wieder in das Bundesgebiet zurück. Am 30.11.2015 erfolgte eine weitere Abschiebung nach Spanien. Rund acht Monate später reiste der Beschwerdeführer erneut in das Bundesgebiet ein.

2. Am 06.09.2016 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz, dessen inhaltliche Behandlung in Österreich auch zugelassen wurde. Dieser Antrag wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt/BFA) mit Bescheid vom 09.05.2018 sowohl hinsichtlich der Gewährung von Asyl als auch von subsidiärem Schutz abgewiesen und mit einer Rückkehrentscheidung betreffend den Herkunftsstaat Sierra Leone verbunden. Überdies wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Diese Entscheidung erwuchs mangels Einbringung einer Beschwerde in Rechtskraft.

3. Am 19.11.2018 wurde der Beschwerdeführer in Folge einer Polizeikontrolle aufgegriffen und festgenommen. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am folgenden Tag gab er an, an zwei unterschiedlichen Adressen in Wien genächtigt zu haben. Er habe keine Angehörigen in Österreich und verfüge aktuell über 50€. Er sei weder im Besitz eines Reisepasses noch eines Personalausweises. Eine Familie habe er nicht (mehr); seine Tochter lebe in Italien.

4. Mit Bescheid vom 20.11.2018 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sich illegal in Österreich aufhalte und nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens untergetaucht sei. Er verfüge weder über die finanziellen Mittel zur Finanzierung seines Aufenthalts in Österreich noch über substanzielle soziale oder familiäre Anknüpfungspunkte. Mit der Anordnung des gelinderen Mittels könne angesichts der genannten Umstände nicht das Auslangen gefunden werden. Insgesamt erweise sich die Schubhaft angesichts der vorliegenden "ultima-ratio-Situation" auch als verhältnismäßig, zumal der Beschwerdeführer in Österreich wegen eines Suchtmitteldeliktes strafgerichtlich verurteilt worden sei. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag durch persönliche Übergabe (gemeinsam mit der Verfahrensanordnung betreffend die Beigabe eines Rechtsberaters) zugestellt.

5. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.12.2018 abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

6. Am 11.03.2019 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit vor.

Anlässlich der Aktenvorlage führte das Bundesamt in einer Stellungnahme aus, dass am 18.12.2018 ein Interview im Zuge einer Sprachanalyse mit dem Beschwerdeführer durchgeführt worden sei. Am 30.01.2019 langte das Ergebnis der Sprachanalyse in englischer Version ein. Am 08.02.2019 wurde die deutsche Version der Sprachanalyse an die Behörde übermittelt. Die Erlangung eines Heimreisezertifikates durch die nigerianischen Behörden in Wien werde fortgesetzt. Aus Sicht des Bundesamtes bestehe die begründete Aussicht, dass das nigerianische Konsulat ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer ausstellen werde. Der Beschwerdeführer habe wissentlich falsche Angaben zur Nationalität und Identität gemacht und dadurch das Verfahren unnötigerweise hinausgezögert. Die Gründe, welche zur Schubhaft geführt hätten, würden noch immer vorliegen und es bestehe die Gefahr, dass der Beschwerdeführer jede Möglichkeit nützen würde, um sich der Abschiebung durch Untertauchen zu entziehen. Der Sicherungsbedarf sei noch immer gegeben.

7. Im gegenständlichen Verfahren wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eine Anfrage an die für die Erlangung von Heimreisezertifikaten zuständige Abteilung des BFA zum bisher geführten Verfahren und zur Wahrscheinlichkeit einer baldigen Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer gerichtet.

In der Anfragebeantwortung vom 12.03.2019 teilte die zuständige Abteilung dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass die Vorführung des Beschwerdeführers Ende Jänner 2019 vor eine Delegation Sierra Leones aufgrund der Absage des Delegationsbesuches von Seiten Sierra Leones nicht stattgefunden habe. Derzeit könne nicht mitgeteilt werden, wann ein Delegationsbesuch von Sierra Leone in diesem Jahr stattfinden werde.

Am 07.12.2018 habe die Vorführung des Beschwerdeführers vor die nigerianische Delegation stattgefunden. Der Konsul habe nach dem Gespräch angegeben, dass er vermuten würde, dass der BF Staatsangehöriger von Nigeria sei, jedoch würde er zur Untermauerung seiner Vermutung eine Vorführung vor eine Delegation Sierra Leones oder eine Sprachanalyse anregen.

Da nun das Sprachgutachten vorliege, werde der Beschwerdeführer zum nächstmöglichen Termin am 29.03.2019 vor die nigerianische Delegation vorgeführt. Der nigerianischen Delegation werde das Ergebnis der Sprachanalyse bei diesem Vorführtermin auch zur Kenntnis gebracht werden. Von Seiten des Bundesamtes sei zudem am 12.02.2019 an der Botschaft von Nigeria schriftlich urgiert worden, jedoch sei das Ergebnis der Sprachanalyse zu jenem Zeitpunkt der zuständigen Abteilung noch nicht vorgelegen.

Aufgrund der sehr guten Zusammenarbeit mit der nigerianischen Botschaft - Identifizierungsinterviews fänden regelmäßig statt, außerdem würden regelmäßig Heimreisezertifikate ausgestellt - gehe das Bundesamt davon aus, dass auch in diesem Fall die offenen Fragen in Kürze geklärt werden könnten und in der Folge ein Heimreisezertifikat ausgestellt werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist nach eigenen Angaben Staatsangehöriger von Sierra Leone; eine nigerianische Staatsangehörigkeit ist realistisch möglich. Seit Juni 2018 besteht eine rechtskräftige und durchsetzbare Anordnung zur Außerlandesbringung (bezogen auf Sierra Leone) gegen den Beschwerdeführer. Der Beschwerdeführer ist seiner Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen. Er hat auch bewusst und ohne triftigen Grund keinerlei Schritte gesetzt, um diese möglich zu machen. Seit 17.04.2018 sind dem Beschwerdeführer die Kontaktdaten des zuständigen Generalkonsulats nachweislich bekannt; es gab vor Anordnung der Schubhaft für ihn kein grundlegendes Hindernis, entsprechende Schritte zu setzen. Der Beschwerdeführer verfügt nach wie vor weder über einen Reisepass noch einen Personalausweis und auch kein Ersatzreisedokument.

Im Jahr 2014 wurde der Beschwerdeführer wegen eines Suchtmitteldelikts zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt.

Der Beschwerdeführer verfügt weder über familiäre noch über substanzielle soziale Anknüpfungspunkte an das Bundesgebiet. Seine Existenz in Österreich ist nicht gesichert; er ging nie einer legalen Beschäftigung nach. Der Beschwerdeführer ist in Österreich weder familiär, noch sozial oder beruflich integriert. Er verfügt über keine gesicherte Unterkunft.

Der Beschwerdeführer hat seit 11.10.2018 bis zur Anordnung der Schubhaft seinen (rechtswidrigen) Aufenthalt in Österreich im Verborgenen fortgesetzt; zudem verfügte er im Zeitraum Jänner 2017 bis 10.10.2018 für immerhin fünf Monate ebenfalls über keine Meldeadresse. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschwerdeführer neuerlich den Behörden entzieht und seinen Aufenthalt im Verborgenen fortsetzt. Er hat sich insgesamt als nicht vertrauenswürdig und nicht kooperativ erwiesen.

Die nochmalige Vorführung des Beschwerdeführers vor eine nigerianische Botschaftsdelegation ist für 29.03.2019 (den nächstmöglichen Zeitpunkt) angesetzt. Dass eine solche überhaupt erforderlich ist, liegt im alleinigen Verschulden des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer hatte vor Anordnung der Schubhaft monatelang Zeit und Möglichkeit, die amtswegige Erlangung eines Heimreisezertifikates zu vermeiden. Dass ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer erlangt werden kann, war zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung realistisch möglich. Daran hat sich auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts geändert.

Der Beschwerdeführer verfügt aktuell über keinerlei Barmittel. Er ist grundsätzlich gesund und haftfähig. Es gibt keinen stichhaltigen Hinweis für substanzielle gesundheitliche Probleme körperlicher oder psychischer Natur.

2. Beweiswürdigung:

1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. 831467107/181108823 sowie den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes. Ungeachtet der rechtskräftigen Entscheidung im Asylverfahren bestehen Zweifel an der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers zu Sierra Leone. Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Mutter und des Ergebnisses der Vorführung vor eine nigerianische Delegation besteht zumindest die realistische Möglichkeit, dass der Beschwerdeführer (auch) Staatsangehöriger von Nigeria sein könnte. Überdies hat auch der Beschwerdeführer selbst 2016 im Rahmen eines Behördenkontaktes eine nigerianische Identität angegeben. Die Feststellungen betreffend das abgeschlossene Asylverfahren des Beschwerdeführers sind dem Verwaltungsakt und den Gerichtsakten zu entnehmen.

1.2. Dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen ist, ist evident und unstrittig. Es gibt allerdings auch keinen Hinweis, dass er sich je darum bemüht hätte, seine Ausreise überhaupt möglich zu machen. Es gibt etwa keinerlei Hinweis, dass er je die Botschaft oder das Konsulat seines Herkunftsstaates aufgesucht hätte. Allerdings wurde ihm bereits am 17.04.2018 ausdrücklich die Adresse (samt Telefonnummer) des Generalkonsulats seines Herkunftsstaates bekannt gegeben - der Beschwerdeführer gab damals an, er wolle dort "nicht jetzt" um ein Identitätsdokument anfragen, weil er aktuell "zur Schule gehen" wolle. Ein grundlegendes Hindernis für die Kontaktaufnahme wurde nicht einmal angedeutet.

1.3. Familiäre und berufliche Anknüpfungspunkte an das Bundesgebiet wurden vom Beschwerdeführer ausdrücklich verneint und sind im Verfahren auch sonst nicht hervorgekommen. Aus einer Abfrage zum Zentralen Melderegister ist zudem ersichtlich, dass der Beschwerdeführer vor Anordnung der Schubhaft knapp ein Monat lang über keine Meldeadresse verfügte. Zudem ergeben sich aus dieser Abfrage eine weitere Meldelücke von vier Monaten im Frühjahr 2017.

Unstrittig ist auch, dass der Beschwerdeführer seit seiner Einreise fast ausschließlich von staatlichen Zuwendungen lebt, nie einer legalen Beschäftigung nachging und über keine hinreichenden Mittel zur Existenzsicherung verfügt. Hinweise für eine substanzielle soziale Integration sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Zu sozialen Kontakten (Freunde, etc.) konnte der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren (inklusive der Beschwerde) keine substanziellen und überprüfbaren Angaben machen. Auch das Bestehen einer gesicherten Unterkunft wurde nicht behauptet und ist eine solche auch offensichtlich nicht gegeben.

1.4. Seine fehlende Vertrauenswürdigkeit und Kooperationsbereitschaft hat der Beschwerdeführer durch die bewusste Unterlassung jeglicher Schritte zur Erlangung eines Identitätsdokuments seines Herkunftsstaates - in Kenntnis einer bereits rechtskräftigen Anordnung zur Außerlandesbringung, seiner Ausreiseverpflichtung und obwohl ihm das Bundesamt sogar sämtliche Kontaktdaten des Generalkonsulats zur Verfügung stellte -deutlich gemacht. Dazu kommt sein Verhalten in den Jahren 2013 bis 2016, als der Beschwerdeführer nach zwei Zurückweisungen seiner Anträge auf internationalen Schutz samt Abschiebung nach Spanien jeweils wieder illegal in das Bundesgebiet einreiste.

1.5. Wie schon dargelegt, hat der Beschwerdeführer jedenfalls in den vier Monaten nach Rechtskraft der Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz keinerlei Schritte unternommen, um ein Identitäts- oder Reisedokument seines Herkunftsstaates zu erlangen. Die entsprechenden Schritte wurden nunmehr vom Bundesamt gesetzt. Die Termine nationaler konsularischer Delegationen können vom Bundesamt nicht bestimmt werden; es gibt auch keinen Hinweis, dass seitens des Bundesamtes nicht schnellstmöglich agiert worden sei. Die nunmehr erforderliche Wartezeit hätte der Beschwerdeführer bei tatsächlicher Kooperationsbereitschaft problemlos vermeiden können, indem er selbst das Generalkonsulat aufgesucht hätte.

Dem Bundesamt ist beizupflichten, dass gegenwärtig (nach wie vor) die realistische Möglichkeit der Erlangung eines Heimreisezertifikats besteht.

1.6. Die Feststellung der verfügbaren Barmittel ergibt sich aus der Aktenlage (Haftauskunft) und den Angaben des Beschwerdeführers. Für substanzielle gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers gibt es keinen Hinweis und sind solche auch im Verfahren nie behauptet worden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A. - Fortsetzung der Schubhaft

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1

FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.1.3. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung ist das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Zur Sicherung der Abschiebung kommt Schubhaft darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

3.1.4. Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Der Beschwerdeführer wurde bereits am 07.12.2018 einer nigerianischen Delegation zum Zweck der Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes vorgeführt, zumal sich aus dem Verfahren die begründete Möglichkeit, dass es sich bei dem Beschwerdeführer um einen nigerianischen Staatsangehörigen handelt, ergeben hat. Der Konsul hatte dabei die Vermutung ausgesprochen, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen nigerianischen Staatsangehörigen handelt, ersuchte jedoch zur Untermauerung seiner Vermutung um Durchführung einer Sprachanalyse. Das Ergebnis der Sprachanalyse liegt gegenwärtig vor, ein weiterer Vorführtermin des Beschwerdeführers vor die nigerianische Delegation ist für den 29.03.2019 vereinbart. Dabei wird der nigerianischen Delegation das Ergebnis der Sprachanalyse zur Kenntnis gebracht werden. Aufgrund der sehr guten Zusammenarbeit mit der nigerianischen Botschaft ist davon auszugehen, dass die offenen Fragen in Kürze geklärt werden können, und in der Folge ein Heimreisezertifikat ausgestellt werden kann. Von der zeitnahen Abschiebung des Beschwerdeführers ist daher weiterhin auszugehen.

3.1.5. Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.

Dabei ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Der Beschwerdeführer war zumindest zeitweise für die Behörden nicht greifbar und hat durch die Nutzung einer zusätzlichen (nigerianischen) Identität im Behördenkontakt seine Abschiebung zumindest erschwert und den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG auch zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht und der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits entzogen hat. Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 09.05.2018 eine Rückkehrentscheidung getroffen, die in Rechtskraft erwachsen und durchsetzbar ist. Dem diesbezüglichen Verfahren hat sich der BF durch Untertauchen zumindest im Monat vor Anordnung der Schubhaft entzogen.

Durch dieses Verhalten hat der BF den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorliegt, sind gemäß § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen.

Beim BF liegen weder familiäre und soziale Bindungen im Bundesgebiet vor, noch übt er eine legale Erwerbstätigkeit aus, darüber hinaus verfügt er nicht über hinreichende Barmittel und über keinen gesicherten Wohnsitz, zumal er zuletzt im Verborgenen gelebt hat.

Es liegen keine Umstände vor, die gegen eine Fluchtgefahr sprechen, weshalb auch dieser Tatbestand erfüllt ist.

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3 und 9 FPG vor.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da -wie das Verfahren ergeben hat - im Fall des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist. Am 10.10.2013 reiste er erstmals illegal in das Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde wegen Zuständigkeit Spaniens zur Verfahrensführung zurückgewiesen. Im Februar 2015 wurde der Beschwerdeführer nach Spanien abgeschoben, kehrte aber nach nur wenigen Tagen wieder in das Bundesgebiet zurück. Am 30.11.2015 erfolgte eine weitere Abschiebung nach Spanien; rund acht Monate später die neuerliche Einreise in das Bundesgebiet. Am 06.09.2016 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde vom Bundesamt mit Bescheid vom 09.05.2018 sowohl hinsichtlich der Gewährung von Asyl als auch von subsidiärem Schutz abgewiesen und mit einer Rückkehrentscheidung betreffend den Herkunftsstaat Sierra Leone verbunden. In weiterer Folge bemühte sich der Beschwerdeführer nicht um die Erlangung eines Heimreisezertifikates, um in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren, sondern verblieb im Bundesgebiet, wobei er sich zeitweise im Verborgenen aufhielt und entzog sich dadurch den Fremdenbehörden. Der Beschwerdeführer verfügt über kein Vermögen und geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Er hält sich unrechtmäßig in Österreich auf und es liegt eine den Beschwerdeführer betreffende durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Der BF hat keine familiären und sozialen Bindungen in Österreich. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich vor seinem Aufgriff am 19.11.2018 nicht nach.

Es ist daher auch weiterhin Sicherungsbedarf gegeben.

3.1.6. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der BF hat keine familiären und sozialen Bindungen in Österreich, einer legalen Erwerbstätigkeit geht er in Österreich nicht nach und verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Der BF weist eine Verurteilung wegen eines Verstoßes nach dem Suchtmittelgesetz auf, sodass der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet und ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers besteht.

Die Dauer der Schubhaft ist durch das Verhalten des Beschwerdeführers selbst bedingt. Er wurde hinsichtlich der Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht eigenständig tätig, wodurch ein Verfahren zur Erlangung eines solchen seitens der Behörde eingeleitet werden musste.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen - insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung - zumal der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er die ihn treffenden Verpflichtungen nicht einhält und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft ändert.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, da das Bundesamt bereits unmittelbar nach der Anordnung der Schubhaft das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer eingeleitet hat, eine notwendige Sprachanalyse durchführen ließ, die Ausstellung eines Heimreisezertifikates urgierte und sofort nach Einlangen des Ergebnisses der Sprachanalyse einen weiteren Termin zur Vorführung des Beschwerdeführers vor die nigerianische Delegation am 29.03.2019 organisierte.

Bei einer im Sinne des § 80 Abs. 4 Z. 4 FPG höchstzulässigen Dauer der Schubhaft von 18 Monaten erscheint die Aufrechterhaltung der seit 19.11.2018 bestehenden Anhaltung des BF in Schubhaft verhältnismäßig.

3.1.7. Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens kann die Anordnung eines gelinderen Mittels nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des neuerlichen Untertauchens des BF besteht. Dies umso mehr, als bereits eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Entscheidung vorliegt und das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates zeitnah vor dem Abschluss steht.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

3.1.8. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist, und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.1.9. Es konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.

Zu Spruchpunkt B. - Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Da keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen sind, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, war die Revision daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft,
Mittellosigkeit, öffentliche Interessen, Rückkehrentscheidung,
Schubhaft, Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung,
Überprüfung, Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W154.2104035.3.00

Zuletzt aktualisiert am

25.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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