TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/15 W247 2195270-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.03.2019
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Entscheidungsdatum

15.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §53
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W247 1431710-5/3E

W247 1431711-5/3E

W247 1431712-6/3E

W247 1431713-5/3E

W247 1431714-5/3E

W247 1432569-5/3E

W247 2120408-4/3E

W247 2195270-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.01.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und §§ 52, 53 FPG idgF., als unbegründet abgewiesen

II. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 55 Abs. 1 und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

III. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 5 BFA-VG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.01.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und §§ 52, 53 FPG idgF., als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 55 Abs. 1 und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

III. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 5 BFA-VG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX StA. Russische Föderation, vertreten durch XXXX GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.01.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und § 52 FPG idgF., als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 55 Abs. 1 und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

III. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 5 BFA-VG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.01.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und § 52 FPG idgF., als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 55 Abs. 1 und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

III. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 5 BFA-VG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

5.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.01.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und § 52 FPG idgF., als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 55 Abs. 1 und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

III. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 5 BFA-VG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

6.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch

XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.01.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und § 52 FPG idgF., als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 55 Abs. 1 und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

III. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 5 BFA-VG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

7.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.01.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und § 52 FPG idgF., als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 55 Abs. 1 und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

III. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 5 BFA-VG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

8.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.01.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und § 52 FPG idgF., als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 55 Abs. 1 und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

III. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 5 BFA-VG zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die beschwerdeführenden Parteien (BF1-BF8) sind russische Staatsangehörige und der tschetschenischen Volksgruppe und dem islamischen Glauben zugehörig. Der Erstbeschwerdeführer (BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (BF2) sind miteinander verheiratet und Eltern der Dritt- bis Achtbeschwerdeführer (BF3-BF8). BF1 und BF2) sind gesetzliche Vertreter der minderjährigen BF3 bis BF8.

I. Verfahrensgang:

1. Erster Antrag auf internationalen Schutz:

1.1. Die beschwerdeführenden Parteien (BF1-BF5) reisten spätestens am 24.09.2012 unrechtmäßig und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am selben Tag ihre ersten Anträge auf internationalen Schutz, die jeweils mit Bescheid des (vormaligen) Bundesasylamtes vom 06.12.2012 gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 abgewiesen wurden und die BF1 bis BF5 unter einem gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 in die Russische Föderation ausgewiesen wurden. Der minderjährige BF6 wurde am 10.01.2013 in Österreich geboren und stellte seine gesetzliche Vertretung für diesen am 22.01.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.01.2013 gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde der BF6 gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 in die russische Föderation ausgewiesen.

1.2. Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden der BF1 bis BF6 wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (im Folgenden: "BVwG") vom 24.03.2014 abgewiesen. Weiters wurde jeweils mit Bescheid des (nunmehrigen) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") vom 28.09.2015 gegen die BF1 bis BF6 eine Rückkehrentscheidung erlassen und ein Aufenthaltstitel nach §§ 55 und 57 AsylG 2005 nicht erteilt.

1.3. Der minderjährige BF7 wurde am XXXX in Österreich geboren und stellte seine gesetzliche Vertretung am 21.10.2015 für diesen einen Antrag auf internationalen Schutz im Familienverfahren, der mit Bescheid des BFA vom 30.12.2015 gemäß §§ 3, 8 und 10 AsylG abgewiesen wurde. Unter einem wurde dem BF7 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung in die russische Föderation zulässig ist und die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen festgesetzt.

1.4. Die gegen diese Entscheidungen des BFA erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom BVwG vom 29.03.2016 abgewiesen. Der Bescheid des BFA erwuchs daher mit 31.03.2016 in Rechtskraft.

2. Zweiter Antrag auf internationalen Schutz:

2.1. Am 15.11.2016 stellten die BF1 bis BF7 erneut Anträge auf internationalen Schutz, die jeweils mit Bescheid des BFA vom 22.02.2017 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurden. Unter einem wurde den Genannten ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Abschiebung in die Russische Föderation für zulässig erklärt.

2.2. Gegen diese Entscheidungen brachten die BF1 bis BF7 Beschwerden ein, die jeweils mit Erkenntnis des BVwG vom 02.05.2017 abgewiesen wurden. Die Bescheide erwuchsen am 03.05.2017 in Rechtskraft. Der minderjährige BF8 wurde am 13.11.2017 in Österreich geboren.

3. Antrag auf Erteilung von Aufenthaltsiteln in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen

3.1. Am 21.12.2017 stellten die Beschwerdeführer (BF1-BF8) Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gem. § 56 Abs. 1 AsylG. Diese wurden mit Bescheiden der belangten Behörde als unzulässig zurückgewiesen und es wurde neuerlich eine Rückkehrentscheidung gegen die BF erlassen. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden vom Bundesverwaltungsgericht am 27.07.2018 als unbegründet abgewiesen.

3.2. Am 11.05.2018 wurden die Beschwerdeführer aus der Grundversorgung wegen unbekannten Aufenthaltes abgemeldet.

3.3. Am 25.05.2018 langte ein Wiederaufnahmeersuchen gem. Art. 18

(1) (b) Dublin-VO der Bundesrepublik bei der Behörde ein. Darin wurde mitgeteilt, dass die Beschwerdeführer am 04.05.2018 nach Deutschland eingereist wären und einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hätten. Mit Schreiben vom 05.06.2018 stimmte Österreich der Übernahme zu. Am 03.12.2018 wurden Sie von Deutschland nach Österreich überstellt.

3.4. Die Beschwerdeführer sind seit dem 03.12.2018 wieder im österreichischen Bundesgebiet gemeldet.

4. Gegenständlicher Antrag auf internationalen Schutz

4.1. Am 03.12.2018 brachten die Beschwerdeführer (BF1-BF8) den gegenständlichen (Folge-) Antrag auf internationalen Schutz ein. Der BF1 brachte im Rahmen seiner polizeilichen Erstbefragung am 03.12.2018 zusammengefasst vor, der Fluchtgrund sei gleichgeblieben und sei immer noch aktuell. Seine Fluchtgründe seien bei der ersten Befragung schon gesagt worden und es habe sich nichts geändert. Die gleichen Leute würden dem BF1 und seiner Familie mit dem Tod drohen. Der BF1 habe damals der Zusammenarbeit nur zugestimmt, da diese Leute den BF1 ansonsten sofort umgebracht hätten. Befragt, ob es konkrete Hinweise gebe, dass bei seiner Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe, die Todesstrafe drohe oder er mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen haben, verneinte dies der BF1. Nachgefragt, wiederholte der BF1, dass sich seine Fluchtgründe nicht geändert hätten.

4.2. Am 18.12.2018 fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden BFA) eine niederschriftliche Einvernahme des BF1 unter Beiziehung eines Dolmetschers für die russische Sprache statt. Zu den Fluchtgründen befragt gab der BF1 zusammengefasst an, am 16.09.2012 seien maskierte Leute beim BF1 eingebrochen. Der BF1 habe seither Angst vor diesen Leuten, dass sie ihn oder seine Familie im Falle der Rückkehr in ihr Herkunftsland umbringen würden. Seit dem ersten Asylverfahren habe es einen Vorfall gegeben, wo der BF1 mit zwei weiteren Taxifahrern Zeuge gewesen sei. Einer der Taxifahrer sei nun verschwunden, der andere tot aufgefunden worden. Von diesen Ereignissen wisse der BF1 seit ca. 2 Jahren.

4.3. Am 07.01.2019 fand vor dem BFA eine ergänzende Einvernahme des BF1 unter Beiziehung eines Dolmetschers für die russische Sprache statt in dem die Verhängung eines Einreiseverbotes erörtert wurde. Der BF1 bracht zusammengefasst vor, er werde Österreich auf keinen Fall verlassen; Man könne ihn auch ins Gefängnis stecken.

4.4. Die BF2 brachte bei ihrer polizeilichen Erstbefragung am 03.12.2018 zusammengefasst vor, dass sich ihre Fluchtgründe seit ihrer ersten Antragstellung nicht geändert hätten. Im besten Fall würde ihr Mann (BF1) spurlos verschwinden, im Schlimmsten gefoltert und getötet werden. Nachgefragt, ob sie alle Fluchtgründe genannt habe, bejahte sie dies. Befragt, ob es konkrete Hinweise gebe, dass bei ihrer Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe, die Todesstrafe drohe oder sie mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen haben, verneinte dies die BF2. Nachgefragt, wiederholte die BF1, dass sich ihre Fluchtgründe nicht geändert hätten.

4.5. Am 18.12.2018 fand vor dem BFA eine niederschriftliche Einvernahme der BF2 unter Beiziehung eines Dolmetschers für die russische Sprache statt. Zu den Fluchtgründen befragt gab die BF2 zusammengefasst an, in ihrer Heimat wäre es für ihre Familie nicht ungefährlich. Die BF2 habe Verwandte als Zeuge zum Beweis dafür, dass der BF1 vor der Ausreise aus ihrem Herkunftsland geschlagen worden wäre und blaue Flecken habe.

4.6. Am 07.01.2019 fand vor dem BFA eine ergänzende Einvernahme der BF2 unter Beziehung eines Dolmetschers für die russische Sprache statt in dem die Verhängung eines Einreiseverbotes erörtert wurde. Die BF2 brachte vor, sie sei im 4. Monat schwanger. Die BF2 vermutet, dass bei ihrer Schwangerschaft Komplikationen auftreten könnten, sie müsse ab dem sechsten Monat unter ständiger medizinischer Beobachtung stehen. Es könne passieren, dass das Kind zu früh zur Welt komme. BF6 leide an Autismus, der BF8 leide an "etwas".

4.7. Der BF3 gab bei seiner polizeilichen Ersteinvernahme am 03.12.2018 zusammengefasst an, dass sich die Fluchtgründe nicht geändert hätten. Des Weiteren habe er alle Fluchtgründe genannt. Bei Rückkehr in sein Herkunftsland würde er nichts befürchten, er wolle jedoch nicht zurück nach Tschetschenien, da er seit dem 10. Lebensjahr in Österreich sei. Befragt, ob es konkrete Hinweise gebe, dass bei seiner Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe, die Todesstrafe drohe oder er mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen haben, verneinte dies der BF3. Nachgefragt, wiederholte der BF3, dass sich seine Fluchtgründe nicht geändert hätten.

4.8. Am 18.12.2018 fand vor dem BFA eine niederschriftliche Einvernahme des BF3 unter Beziehung eines Dolmetschers für die russische Sprache statt. Zu den Fluchtgründen befragt gab der BF3 zusammengefasst an, dass die Gründe seiner Eltern die seinen seien. Er wisse sein Vater (BF1) habe Probleme und deshalb sei er nach Österreich gekommen. Der BF3 befürchte er würde seinen Vater verlieren. BF4 bis BF8 hatten im gegenständlichen Verfahren keine eigenen Fluchtgründe.

Die Beschwerdeführer brachten folgende Dokumente/Unterlagen in Vorlage:

* Semesterinformation der BF5 für das Schuljahr 2017/18

* Kopie des Jahres- und Abschlusszeugnis des BF3 für das Schuljahr 2017/18

* Kopie des Jahreszeugnises des BF4 für das Schuljahr 2017/18

* Arztbrief des XXXX betreffend die psychischen Erkrankungen des BF6

4.9. Mit den angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde vom 21.01.2019 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung der Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt III., IV., V). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt und ausgeführt das gemäß § 55 Absatz 1a FPG keine freiwillige Frist für die Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI. und VII.). Gegen BF1 und BF2 wurden jeweils zweijährige Einreiseverbote verhängt (Spruchpunkt VIII.).

4.10. In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zu den Personen der Beschwerdeführer und zur Lage in ihrem Herkunftsstaat und führte rechtlich aus, dass die BF1 bis BF7 keine neuen Fluchtgründe geltend machten; Dazu sei bereits rechtskräftig festgestellt worden, dass die Gründe nicht glaubhaft sind. Somit läge eine bereits entschiedene Rechtssache vor. BF8 habe keine glaubhaften Fluchtgründe geltend gemacht; Die vorgebrachten Fluchtgründe des Vaters seien schon in vorherigen Entscheidungen als unglaubwürdig qualifiziert worden. Da gemäß § 34 Abs. 4 AsylG alle Anträge von Familienangehörigen gemeinsam als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen wären, wurden die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz der BF (BF1-BF8) daher abgewiesen.

Mit Verfahrensanordnung vom 21.01.2019 wurde den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

4.11. Gegen die Bescheide vom 21.01.2019 erhoben die Beschwerdeführer am 18.02.2019 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Begründend wurde von der Beschwerdeseite ausgeführt, dass der Bescheid an einem mangelhaften Ermittlungsverfahren, mangelhaften Länderfeststellungen und an einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung leide. Die BF würden sich somit im Recht auf Zuerkennung von internationalen Schutz verletzt sehen. Die erkennende Behörde stütze ihr Feststellungen zur Situation in der Russischen Föderation auf unvollständige und zt. veraltete Länderberichte und wertete ihre eigenen Berichte nur unvollständig aus. Es wäre aber an der belangten Behörde gelegen, die Lage zum Entscheidungszeitpunkt festzustellen. Die Behörde habe darüber hinaus in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen. Aufgrund der von den BF vorgebrachten Gesinnung drohe ihnen Verfolgung in ihrem Herkunftsstaat. Es bestehe aufgrund der Länderfeststellungen eine reale Gefahr, dass die BF im Falle einer Rückkehr einer Behandlung ausgesetzt wären, die Art. 3 EMRK widerspricht. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sei unzulässig. In der Beschwerde wurde beantragt, das BVwG möge 1.) eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG durchführen, 2.) die angefochtene Entscheidung hinsichtlich Spruchpunkt I. beheben und den BF Asyl zuerkennen, 3.) in eventu, die angefochtenen Bescheide hinsichtlich Spruchpunkt II. beheben und dem BF subsidiären Schutz gewähren, 4.) feststellen, dass die Abschiebung in die Russische Föderation auf Dauer unzulässig ist, sowie die erlassene Rückkehrentscheidung ersatzlos beheben, 5.) in eventu, die angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen;

4.12. Die Beschwerdevorlage wurde von der belangten Behörde am 19.02.2019, mit 20.02.2019 hg. einlangend, an das BVwG übermittelt.

4.13. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.02.2019, wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz vom 03.12.2018, der polizeilichen Erstbefragung des BF1, der BF2 und des BF3 am 03.12.2018, der Einvernahmen des BF1, der BF2 und des BF3 am 18.12.2018 vor dem BFA, der ergänzenden Einvernahmen des BF1 und der BF2 vor dem BFA am 07.01.2019, der für die Beschwerdeführer eingebrachte Beschwerde vom 18.02.2019 gegen die angefochtenen Bescheide des BFA vom 21.01.2019, der Einsichtnahme in die Verwaltungsakte und den von den Beschwerdeführern vorgelegten Urkunden werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

1.1. Zum Verfahrensgang

Die BF1 bis BF5 stellten am 24.09.2012 ihre ersten Anträge auf internationalen Schutz in Österreich. Der in Österreich nachgeborene BF6 stellte am 22.01.2013 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Diese wurden in der Sache von der belangten Behörde behandelt und per Bescheid entschieden. Die Beschwerde dagegen wurde mit Sammelerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.03.2014, Zl. XXXX bis XXXX und XXXX , rechtskräftig abgewiesen. Dieses Sammelerkenntnis begründete das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen damit, dass das Fluchtvorbringen des Erst- und Zweitbeschwerdeführers nicht als glaubhaft gemacht festgestellt werden konnte. Die Beschwerdeführer brachten vor, der BF1 sei von bewaffneten, maskierten Männern verfolgt, bedroht und misshandelt worden, weil der BF1 der Freund des Bruders eines ehemaligen Widerstandskämpfers sei. Die maskierten Männer hätten verlangt, dass der BF1 mit ihnen zusammenarbeite. Weder im Rahmen der Beschwerde noch in der mündlichen Verhandlung konnten die dargelegten Unplausibilitäten und Widersprüche nachvollziehbar aufgeklärt worden. Schließlich konnte daher in Gesamtbetrachtung nicht festgestellt werden, dass den Beschwerdeführern in der Russischen Föderation bzw. in Tschetschenien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung droht. Die Beschwerdeführer verfügten im Herkunftsland über familiäre Anküpfungspunkte und auch über Unterkunftsmöglichkeiten in einem Haus und einer Wohnung. Es konnte daher nicht erkannt werden, warum der Erstbeschwerdeführer im Falle der Rückkehr nicht in der Lage sein sollte für den notdürftigsten Lebensunterhalt von sich und seiner Familie zu sorgen. Das Vorliegen dermaßen akuter und schwerwiegender Erkrankungen, welche in der Russischen Föderation nicht behandelbar wären und im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat allenfalls zu einer Überschreitung der hohen Eingriffsschwelle des Art. 3 EMRK führen könnten, wurden nicht vorgebracht, wobei der BF1 selbst angab bereits in seiner Heimat an Gastritis und Hepatitis gelitten zu haben, in Österreich aber deshalb nicht mehr behandelt werde.

Der für den am XXXX in Österreich nachgeborenen BF7 durch seine gesetzliche Vertreterin am 21.10.2015 gestellten Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des BFA vom 30.12.2015 abgewiesen und dem BF7 unter einem ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt, unter einem wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 29.03.2016, Zl. XXXX rechtskräftig abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass für den minderjährigen BF7 keine individuellen Fluchtgründe vorgebracht wurden und die behaupteten Fluchtgründe der Eltern bereits zutreffend im Erkenntnis vom 24.03.2014 als unglaubhaft erachtet wurden. Es war auch nicht davon auszugehen, dass der minderjährige BF7 nach seiner Rückkehr in die Russische Föderation respektive Tschetschenien in eine ausweglose Lebenssituation geraten könnte. BF7 ist gesund, leide an keinen akuten oder lebensbedrohlichen Erkrankungen, eine Rückkehr erfolge im Verbund mit den Angehörigen seiner Kernfamilie. Darüber hinaus leben noch weitere Verwandte des BF7 im Herkunfststaat.

Die beschwerdeführenden Parteien (BF1 bis BF7) stellten am 15.11.2016 erneut Anträge auf internationalen Schutz, die jeweils mit Bescheid des BFA vom 22.02.2017 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurden. Unter einem wurde den Genannten ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Abschiebung in die Russische Föderation für zulässig erklärt. Gegen diese Entscheidungen brachten die BF1 bis BF7 Beschwerden ein, die jeweils mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.05.2017, Zl. XXXX bis XXXX und XXXX sowie XXXX , abgewiesen wurden. Die Beschwerdeführer begründete ihren zweiten Antrag damit, dass die Mutter von BF1 dem BF1 mitteilte, zwei seiner Freunde seien getötet worden bzw. seien verschwunden. Der BF1 habe mit diesen Freunden (auch Taxifahrer wie er) einen Mord durch Soldaten der russischen Armee mitangesehen. Alle drei Taxifahrer seien daraufhin bedroht worden, dass sie genauso sterben würden, wenn sie jemanden davon erzählen. Das Fluchtvorbringen konnte allerdings nicht als glaubhaft festgestellt werden können. Falls der BF1 wirklich die Tötung eines Menschen von russischen Soldaten mitangesehen hätte und er daraufhin von diesen Soldaten mit ebensolcher Vorgehensweise bedroht worden wäre, ist davon auszugehen, dass er dies in seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz erwähnte hätte. Die Argumentation des BF1, er habe nicht gedacht, dass dies gefährlich werden könnte, sei eine reine Schutzbehauptung. BF6 leide zwar an einer psychomotorischen Retardierung (F83), einer kombinierten rezeptiven-expressiven Sprachstörung (F80.8) und frühkindlichen Autismus (F84.0); psychische Erkrankungen sind jedoch laut den vorliegenden Länderfeststellungen behandelbar und ist nicht davon auszugehen, dass gerade dem BF6 eine notwendige medizinische Versorgung in ihrem Heimatland vorenthalten werden könnte. Das Bundesverwaltungsgericht stellt im Übrigen den Verfahrensgang fest, wie dieser unter Pkt. I wiedergegeben ist.

1.2. Zu den Personen der Beschwerdeführer

Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, der Volksgruppe der Tschetschenen und dem islamischen Glauben zugehörig. Die BF1 bis BF5 reisten spätestens am 24.09.2012 in das österreichische Bundesgebiet ein. Der minderjährige BF8 wurde am 13.11.2017 in Österreich geboren. Die BF1 bis BF5 halten sich seit 24.09.2012 bis 2018 durchgehend im Bundesgebiet auf, die in Österreich nachgeborenen BF6, BF7 und BF8 seit ihrer Geburt bis 2018. Am 04.05.2018 verließen die Beschwerdeführer Österreich in Richtung Deutschland. Am 11.05.2018 wurden die Beschwerdeführer aus der Grundversorgung wegen unbekannten Aufenthalts abgemeldet. Am 25.05.2018 langte ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 (1) (b) Dublin-VO der Bunderepublik Deutschland ein und am 03.12.2018 wurden die Beschwerdeführer nach Österreich rücküberstellt. Zu keinem Zeitpunkt ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet kam den beschwerdeführenden Parteien ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zu. Der BF1 war im Rahmen eines Projektes in einer namentlich genannten Stadtgemeinde gemeinnützig tätig. Der BF1 war überdies bei der freiwilligen Feuerwehr in einer namentlich genannten Gemeinde tätig. Die Beschwerdeführer verfügen - außer eines Cousins des BF1 - über keine Familienangehörigen im Bundesgebiet. Ein gemeinsamer Haushalt mit dem Cousin bzw. ein sonstiges Abhängigkeitsverhältnis zu dem besagten Cousin besteht nicht. Der BF1 verfügt über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 und hat weiters an einem Werte- und Orientierungskurs teilgenommen. Die minderjährigen BF3 bis BF8 besuchen in Österreich die Schule bzw. den Kindergarten bzw. befinden sich diese in Betreuung durch ihre Mutter, die BF2. Die BF2 ist im vierten Monat (err. Geburtstermin laut Mutter-Kind-Pass: 28.08.2019) schwanger; Die BF leiden nicht an lebensbedrohlichen Krankheiten; lediglich der minderjährige BF6 leidet an einer psychomotorischen Retardierung (F83) kombiniert mit einer rezeptiv-expressiven Sprachstörung (F80.8), einer autistischen Störung (F84) sowie einer Störung des Sozialverhaltens bekommt aber derzeit keine Behandlung. Der BF leidet nach eigenen Angaben bereits seit seinem 10. Lebensjahr an Hepatitis B, wurde in Österreich untersucht, ihm wurde gesagt, dass die Erkrankung eingeschlafen ist. 2017 hatte er Krebs im Anfangsstadium, wurde aber im August 2018 erfolgreich operiert und Nachuntersuchungen haben keine Probleme für den BF1 mehr ergeben.

Die Beschwerdeführer sind strafrechtlich unbescholten.

Im gegenständlichen Fall ergab sich weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die die BF1 bis BF7 betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat, noch in sonstigen in den Personen der BF1 bis BF7 gelegenen Umständen, abseits der Geburt des BF8 nach Rechtskraft der Entscheidungen im 2. Asylverfahren am 03.05.2017. Eine relevante Änderung der Rechtslage konnte ebenfalls nicht festgestellt werden. In Bezug auf die individuelle Lage der BF1 bis BF7 im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation konnte keine im Hinblick auf den Zeitpunkt, an dem letztmalig über den Antrag auf internationalen Schutz inhaltlich entschieden wurde, maßgeblich geänderte Situation festgestellt werden.

1.3. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer (BF1 bis BF8)

Die Beschwerdeführer BF1 bis BF8 stützten ihre gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz auf die gleichen Fluchtgründe, welche die BF1 bis BF7 bereits in vorangegangenen Asylverfahren, welche allesamt rechtskräftig negativ entschieden worden sind, geltend gemacht haben. Es wurden in casu keine neuen Gründe bzw. keine neuen Gründe, denen ein "glaubwürdiger Kern" innewohnen würde, von BF1 bis BF7 vorgebracht und auch für BF8 geltend gemacht. Für den BF8 wurde auch keine eigenen Fluchtgründe genannt.

Das Vorbringen der Beschwerdeseite betreffend die Furcht der Beschwerdeführer vor Verfolgung wird den Feststellungen mangels Glaubhaftmachung nicht zugrunde gelegt. Es kann nicht festgestellt werden, dass den Beschwerdeführern (BF1-BF8) in der russischen Föderation eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung droht.

1.4. Zu einer möglichen Rückkehr der Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat

Im Falle einer Verbringung der BF (BF1-BF8) in ihren Herkunftsstaat droht diesen kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in Folge EMRK), oder der Prot. Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.

1.5. Zur maßgeblichen Situation in der russischen Föderation

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

Der Inhalt dieser Kurzinformation wird mit heutigem Datum in das LIB Russische Föderation übernommen (Abschnitt 1/Relevant für Abschnitt 19. Bewegungsfreiheit bzw. 19.2. Tschetschenen in der Russischen Föderation außerhalb Tschetscheniens).

Bekanntlich werden innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten innerhalb Russlands seitens renommierter Menschenrechtseinrichtungen meist unter Verweis auf die Umtriebe der Schergen des tschetschenischen Machthabers Kadyrow im ganzen Land in Abrede gestellt. Der medialen Berichterstattung zufolge scheint das Netzwerk von Kadyrow auch in der tschetschenischen Diaspora im Ausland tätig zu sein. Dem ist entgegenzuhalten, dass renommierte Denkfabriken auf die hauptsächlich ökonomischen Gründe für die Migration aus dem Nordkaukasus und die Grenzen der Macht von Kadyrow außerhalb Tschetscheniens hinweisen. So sollen laut einer Analyse des Moskauer Carnegie-Zentrums die meisten Tschetschenen derzeit aus rein ökonomischen Gründen emigrieren: Tschetschenien bleibe zwar unter der Kontrolle von Kadyrow, seine Macht reiche allerdings nicht über die Grenzen der Teilrepublik hinaus. Zur Förderung der sozio-ökonomischen Entwicklung des Nordkaukasus dient ein eigenständiges Ministerium, das sich dabei gezielt um die Zusammenarbeit mit dem Ausland bemüht (ÖB Moskau 10.10.2018).

Quellen:

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ÖB Moskau (10.10.2018): Information per Email

Der Inhalt dieser Kurzinformation wird mit heutigem Datum in das LIB Russische Föderation übernommen (Abschnitt 1/Relevant für Abschnitt 4. Rechtsschutz / Justizwesen).

Die russischen Behörden zeigen sich durchaus bemüht, den Vorwürfen der Verfolgung von bestimmten Personengruppen in Tschetschenien nachzugehen. Bei einem Treffen mit Präsident Putin Anfang Mai 2017 betonte die russische Ombudsfrau für Menschenrechte allerdings, dass zur Inanspruchnahme von staatlichem Schutz eine gewisse Kooperationsbereitschaft der mutmaßlichen Opfer erforderlich sei. Das von der Ombudsfrau Moskalkova gegenüber Präsident Putin genannte Gesetz sieht staatlichen Schutz von Opfern, Zeugen, Experten und anderen Teilnehmern von Strafverfahren sowie deren Angehörigen vor. Unter den Schutzmaßnahmen sind im Gesetz Bewachung der betroffenen Personen und deren Wohnungen, strengere Schutzmaßnahmen in Bezug auf die personenbezogenen Daten der Betroffenen sowie vorläufige Unterbringung an einem sicheren Ort vorgesehen. Wenn es sich um schwere oder besonders schwere Verbrechen handelt, sind auch Schutzmaßnahmen wie Umsiedlung in andere Regionen, Ausstellung neuer Dokumente, Veränderung des Aussehens etc. möglich. Die Möglichkeiten des russischen Staates zum Schutz von Teilnehmern von Strafverfahren beschränken sich allerdings nicht nur auf den innerstaatlichen Bereich. So wurde im Rahmen der GUS ein internationales Abkommen über den Schutz von Teilnehmern im Strafverfahren erarbeitet, das im Jahr 2006 in Minsk unterzeichnet, im Jahr 2008 von Russland ratifiziert und im Jahr 2009 in Kraft getreten ist. Das Dokument sieht vor, dass die Teilnehmerstaaten einander um Hilfe beim Schutz von Opfern, Zeugen und anderen Teilnehmern von Strafverfahren ersuchen können. Unter den Schutzmaßnahmen sind vorläufige Unterbringungen an einem sicheren Ort in einem der Teilnehmerstaaten, die Umsiedlung der betroffenen Personen in einen der Teilnehmerstaaten, etc. vorgesehen (ÖB Moskau 10.10.2018).

Quellen:

-

ÖB Moskau (10.10.2018): Information per Email

2. Politische Lage

Die Russische Föderation hat ca. 143 Millionen Einwohner (CIA 12.7.2018, vgl. GIZ 7.2018c). Russland ist eine Präsidialdemokratie mit föderativem Staatsaufbau. Der Präsident verfügt über weit reichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik (GIZ 7.2018a, vgl. EASO 3.2017). Er ernennt auf Vorschlag der Staatsduma den Vorsitzenden der Regierung, die stellvertretenden Vorsitzenden und die Minister und entlässt sie (GIZ 7.2018a). Wladimir Putin ist im März 2018, bei der Präsidentschaftswahl im Amt mit 76,7% bestätigt worden. Die Wahlbeteiligung lag der Nachrichtenagentur TASS zufolge bei knapp 67% und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration (Standard.at 19.3.2018). Putins wohl ärgster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motivierten Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.3.2018). Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2.400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, um an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin (Tagesschau.de 19.3.2018, FH 1.2018). Putin kann dem Ergebnis zufolge nach 18 Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen. Gemäß der Verfassung darf er nach dem Ende seiner sechsjährigen Amtszeit nicht erneut antreten, da es eine Beschränkung auf zwei aufeinander folgende Amtszeiten gibt (Tagesschau.de 19.3.2018, vgl. OSCE/ODIHR 18.3.2018). Die Verfassung wurde per Referendum am 12.12.1993 mit 58,4% der Stimmen angenommen. Sie garantiert die Menschen- und Bürgerrechte. Das Prinzip der Gewaltenteilung ist zwar in der Verfassung verankert, jedoch verfügt der Präsident über eine Machtfülle, die ihn weitgehend unabhängig regieren lässt. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trägt die Verantwortung für die Innen- und Außenpolitik und kann die Gesetzentwürfe des Parlaments blockieren. Die Regierung ist dem Präsidenten untergeordnet, der den Premierminister mit Zustimmung der Staatsduma ernennt. Das Parlament - Staatsduma und Föderationsrat - ist in seinem Einfluss stark beschränkt. Der Föderationsrat ist als "obere Parlamentskammer" das Verfassungsorgan, das die Föderationssubjekte auf föderaler Ebene vertritt. Er besteht aus 178 Abgeordneten: Jedes Föderationssubjekt entsendet je einen Vertreter aus der Exekutive und Legislative in den Föderationsrat. Die Staatsduma mit 450 Sitzen wird für vier Jahre nach dem Verhältniswahlrecht auf der Basis von Parteilisten gewählt. Es gibt eine Siebenprozentklausel. Wichtige Parteien sind die regierungsnahen Einiges Russland (Jedinaja Rossija) mit 1,9 Millionen Mitgliedern und Gerechtes Russland (Spravedlivaja Rossija) mit 400.000 Mitgliedern. Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) mit 150.000 Mitgliedern, die die Nachfolgepartei der früheren KP ist. Die Liberaldemokratische Partei (LDPR) mit 185.000 Mitgliedern, die populistisch und nationalistisch ausgerichtet ist, die Wachstumspartei (Partija Rosta), die sich zum Neoliberalismus bekennt; Jabloko, eine demokratisch-liberale Partei mit 55.000 Mitgliedern, die Patrioten Russlands (Patrioty Rossii), linkszentristisch, mit 85.000 Mitgliedern, die Partei der Volksfreiheit (PARNAS) und die demokratisch-liberale Partei mit 58.000 Mitgliedern (GIZ 7.2018a). Die Zusammensetzung der Staatsduma nach Parteimitgliedschaft gliedert sich wie folgt: Einiges Russland (339 Sitze), Kommunistische Partei Russlands (42 Sitze), Liberaldemokratische Partei Russlands (40 Sitze), Gerechtes Russland (23 Sitze), Vaterland-Partei (1 Sitz), Bürgerplattform (1 Sitz) (AA 5.2018b). Russland ist eine Föderation, die aus 85 Föderationssubjekten (einschließlich der international umstrittenen Einordnung der Republik Krim und der Stadt föderalen Ranges, Sewastopol) mit unterschiedlichem Autonomiegrad besteht. Die Föderationssubjekte (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Gebiete, Regionen und Föderale Städte) verfügen über jeweils eine eigene Legislative und Exekutive (GIZ 7.2018a, vgl. AA 5.2018b). Die Gouverneure der Föderationssubjekte werden auf Vorschlag der jeweils stärksten Fraktion der regionalen Parlamente vom Staatspräsidenten ernannt. Dabei wählt der Präsident aus einer Liste dreier vorgeschlagener Kandidaten den Gouverneur aus (GIZ 7.2018a). Es wurden acht Föderationskreise (Nordwestrussland, Zentralrussland, Südrussland, Nordkaukasus, Wolga, Ural, Sibirien, Ferner Osten) geschaffen, denen jeweils ein Bevollmächtigter des Präsidenten vorsteht. Der Staatsrat der Gouverneure tagt unter Leitung des Präsidenten und gibt der Exekutive Empfehlungen zu aktuellen politischen Fragen und zu Gesetzesprojekten. Nach der Eingliederung der Republik Krim und der Stadt Sewastopol in die Russische Föderation wurde am 21.3.2014 der neunte Föderationskreis Krim gegründet. Die konsequente Rezentralisierung der Staatsverwaltung führt seit 2000 zu politischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit der Regionen vom Zentrum. Diese Tendenzen wurden bei der Abschaffung der Direktwahl der Gouverneure in den Regionen und der erneuten Unterordnung der regionalen und kommunalen Machtorgane unter das föderale Zentrum ("exekutive Machtvertikale") deutlich (GIZ 7.2018a).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (5.2018b): Russische Föderation - Außen- und Europapolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/russischefoederation-node/russischefoederation/201534, Zugriff 1.8.2018

-

CIA - Central Intelligence Agency (12.7.2018): The World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rs.html, Zugriff 1.8.2018

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EASO - European Asylum Support Office (3.2017): COI-Report Russian Federation - State Actors of Protection, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1489999668_easocoi-russia-state-actors-of-protection.pdf, Zugriff 1.8.2018

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FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2017 - Russia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1428824.html, Zugriff 1.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (7.2018a): Russland, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/russland/geschichte-staat/#c17836, Zugriff 1.8.2018

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (7.2018c): Russland, Gesellschaft, https://www.liportal.de/russland/gesellschaft/, Zugriff 1.8.2018

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OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights (18.3.2018): Russian Federation Presidential Election Observation Mission Final Report,

https://www.osce.org/odihr/elections/383577?download=true, Zugriff 29.8.2018

-

Presse.at (19.3.2018): Putin: "Das russische Volk schließt sich um Machtzentrum zusammen",

https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5391213/Putin_Das-russische-Volk-schliesst-sich-um-Machtzentrum-zusammen, Zugriff 1.8.2018

-

Standard.at (19.3.2018): Putin sichert sich vierte Amtszeit als Russlands Präsident,

https://derstandard.at/2000076383332/Putin-sichert-sich-vierte-Amtszeit-als-Praesident, Zugriff 1.8.2018

-

Tagesschau.de (19.3.2018): Klarer Sieg für Putin, https://www.tagesschau.de/ausland/russland-wahl-putin-101.html, Zugriff 1.8.2018

2.1. Tschetschenien

Die Tschetschenische Republik ist eine der 22 Republiken der Russischen Föderation. Die Fläche beträgt 15.647 km2 (Rüdisser 11.2012) und laut offizieller Bevölkerungsstatistik der Russischen Föderation zum 1.1.2018 beläuft sich die Einwohnerzahl Tschetscheniens auf 1,4 Millionen (GKS 25.1.2018), wobei die offiziellen Angaben von unabhängigen Medien infrage gestellt werden. Laut Aussagen des Republiksoberhauptes Ramzan Kadyrow sollen rund 600.000 TschetschenInnen außerhalb der Region leben, die eine Hälfte davon in der Russischen Föderation, die andere Hälfte im Ausland. Experten zufolge hat die Hälfte Tschetschenien während der Kriege nach dem Zerfall der Sowjetunion verlassen, bei der anderen Hälfte handle es sich um Siedlungsgebiete außerhalb Tschetscheniens, die bereits vor über einem Jahrhundert entstanden seien, teilweise durch Migration aus dem Russischen in das Osmanische Reich, und zwar über Anatolien bis in den arabischen Raum (ÖB Moskau 12.2017). In Bezug auf Fläche und Einwohnerzahl ist Tschetschenien somit mit der Steiermark vergleichbar. Etwa die Hälfte des tschetschenischen Territoriums besteht aus Ebenen im Norden und Zentrum der Republik.

Heutzutage ist die Republik eine nahezu monoethnische: 95,3% der Bewohner/innen Tschetscheniens gaben [bei der letzten Volkszählung] 2010 an, ethnische Tschetschenen/innen zu sein. Der Anteil ethnischer Russen/innen an der Gesamtbevölkerung liegt bei 1,9%. Rund 1% sind ethnische Kumyk/innen, des Weiteren leben einige Awar/innen, Nogaier/innen, Tabasar/innen, Türk/innen, Inguschet/innen und Tatar/innen in der Republik (Rüdisser 11.2012). In Tschetschenien gilt Ramzan Kadyrow als Garant Moskaus für Stabilität. Mit Duldung der russischen Staatsführung hat er in der Republik ein autoritäres Herrschaftssystem geschaffen, das vollkommen auf seine eigene Person ausgerichtet ist und weitgehend außerhalb des föderalen Rechtsrahmens funktioniert (ÖB Moskau 12.2017, vgl. AA 21.5.2018). So musste im Mai 2016 der Vorsitzende des Obersten Gerichts Tschetscheniens nach Kritik von Kadyrow zurücktreten, obwohl die Ernennung/Entlassung der Richter grundsätzlich in föderale Kompetenz fällt. Fraglich bleibt auch die föderale Kontrolle über die tschetschenischen Sicherheitskräfte, deren faktische Loyalität vorrangig dem Oberhaupt der Republik gilt. Im Juni 2016 beschloss das tschetschenische Parlament die vorzeitige Selbstauflösung, um vorgezogene Neuwahlen parallel zu den Wahlen zum Oberhaupt der Republik durchzuführen. Bei den Wahlen vom 18.9.2016 lag die Wahlbeteiligung in Tschetschenien weit über dem landesweiten Durchschnitt. Kadyrow wurde laut offiziellen Angaben bei hoher Wahlbeteiligung mit überwältigender Mehrheit für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Unabhängige Medien berichteten über Unregelmäßigen bei den Wahlen, in deren Vorfeld Human Rights Watch über massive Druckausübung auf Kritiker des derzeitigen Machthabers berichtet hatte. Das tschetschenische Oberhaupt bekundet immer wieder seine absolute Loyalität gegenüber dem Kreml (ÖB Moskau 12.2017). Vertreter russischer und internationaler NGOs berichten immer wieder von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen, einem Klima der Angst und Einschüchterung (AA 21.5.2018). Gegen vermeintliche Extremisten und deren Angehörige, aber auch gegen politische Gegner, wird rigoros vorgegangen. Anfang 2016 sorgte Kadyrow landesweit für Aufregung, als er die liberale Opposition in Moskau als Staatsfeinde bezeichnete, die danach trachteten, Russland zu zerstören. Nachdem er dafür von Menschenrechtsaktivisten sowie von Vertretern des präsidentiellen Menschenrechtsrats scharf kritisiert worden war, wurde in Grozny eine Massendemonstration zur Unterstützung Kadyrows organisiert (ÖB Moskau 12.2017). Während der mittlerweile über zehn Jahre dauernden Herrschaft des amtierenden Republikführers Ramzan Kadyrow gestaltete sich Tschetscheniens Verhältnis zur Russischen Föderation ambivalent. Einerseits ist Kadyrow bemüht, die Zugehörigkeit der Republik zu Russland mit Nachdruck zu bekunden, tschetschenischen Nationalismus mit russischem Patriotismus zu verbinden, Russlands Präsidenten in der tschetschenischen Hauptstadt Grozny als Staatsikone auszustellen und sich als "Fußsoldat Putins" zu präsentieren. Andererseits hat er das Föderationssubjekt Tschetschenien so weit in einen Privatstaat verwandelt, dass in der Umgebung des russischen Präsidenten die Frage gestellt wird, inwieweit sich die von Wladimir Putin ausgebaute föderale Machtvertikale dorthin erstreckt. Zu Kadyrows Eigenmächtigkeit gehört auch eine Außenpolitik, die sich vor allem an den Mittleren Osten und die gesamte islamische Welt richtet. Kein anderer regionaler Führer beansprucht eine vergleichbare, über sein eigenes Verwaltungsgebiet und die Grenzen Russlands hinausreichende Rolle. Kadyrow inszeniert Tschetschenien als Anwalt eines russländischen Vielvölker-Zusammenhalts, ist aber längst zum "inneren Ausland" Russlands geworden. Deutlichster Ausdruck dieser Entwicklung ist ein eigener Rechtszustand, in dem islamische und gewohnheitsrechtliche Regelungssysteme sowie die Willkür

des Republikführers in Widerspruch zur Gesetzgebung Russlands geraten (SWP 3.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (21.5.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation

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GKS - Staatliches Statistikamt (25.1.2018): Bevölkerungsverteilung zum 1.1.2018,

http://www.gks.ru/free_doc/new_site/population/demo/PrPopul2018.xlsx, Zugriff 1.8.2018

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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