TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/19 W124 2215487-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.03.2019
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Entscheidungsdatum

19.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53
FPG §55

Spruch

W124 2215487-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. I Nr. 51/1991 idgF, sowie §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, und §§ 52 Abs. 2 Z 2, 52 Abs. 9, 53, 55 und 46 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Vorverfahren

1.1. Der Beschwerdeführer (nunmehr BF) reiste illegal ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Bei der am selben Tag erfolgten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF als Fluchtgrund an, dass es in seiner Heimatstadt einen Guru geben würde, der gegen seine Religion sei. Dieser habe sehr viele Anhänger. Es habe mehrmals Auseinandersetzungen zwischen den Sikhs und den Anhängern von diesem Guru gegeben. Da der BF ein Sikh sei, sei er von den Leuten Angegriffen worden. Er habe Angst vor diesen Leuten bekommen und habe beschlossen Indien zu verlassen.

1.3. Am XXXX fand vor dem BFA eine niederschriftliche Einvernahme statt, welche folgenden Verlauf nahm:

(.......)

F: Verstehen Sie den anwesenden Dolmetscher?

A: Ja.

F: Stehen Sie momentan in ärztlicher Betreuung, Behandlung oder Therapie?

A: Nein

Welche Schule haben Sie besucht oder haben Sie eine Ausbildung absolviert? Wenn ja, wie lange und welcher Art?

A: Ich habe die 10 Klasse der Grundschule absolviert.

F: Welchen Beruf haben Sie in Ihrem Heimatland ausgeübt?

A: Als Hilfsarbeiter in der Landwirtschaft meines Vaters.

F: Haben Sie im Herkunftsland, oder hier Strafrechtsdelikte begangen?

A: Nein

F: Haben Sie Angehörige in Ihrem Heimatland? Wenn ja, welche und wo halten sich diese auf?

A: Meine Mutter, mein Vater und meine Schwester sind in XXXX . Nachgefragt sonst habe ich keine Verwandten.

F: Wovon bestreiten Ihre Angehörigen den Lebensunterhalt?

A: Mein Vater unterstützt meine Familie finanziell, indem er als Hilfsarbeiter arbeitet. Er arbeitet auf einer Landwirtschaft. Nachgefragt er hat keine Landwirtschaft.

F: Haben Sie Kontakt zu Ihren Verwandten im Heimatland? Wenn ja, welches Ausmaß:

A: Nein.

F: Wann hatten Sie zuletzt mit jemand aus Ihrem Herkunftsland Kontakt?

A: Ich hatte seit der Flucht keinen Kontakt.

F: Womit haben Sie in Ihrem Heimatland bisher Ihren Lebensunterhalt bestritten?

A: Ich habe als Hilfsarbeiter gearbeitet.

F: Wie bestreiten Sie nun in Österreich Ihren Lebensunterhalt? Welche Unterstützungen beziehen Sie?

A: Ich erhalte gar nichts. Nachgefragt ich habe hier einen Freund kennen gelernt er hilft mir ab und zu.

F: Wie hilft er ihnen?

A: Er gibt mir essen. Finanziell unterstützt er mich nicht.

F: Wie heißt Ihr Freund?

A: XXXX .

F: Sind Sie arbeitsfähig? Was würden Sie gerne arbeiten?

A: Ich würde jede Arbeit verrichten die ich bekommen würde.

F: Wann haben Sie Ihr Heimatland verlassen?

A: am XXXX

F. Wann sind Sie in Österreich eingereist?

A: Vor 2 Monaten cirka.

F: Haben Sie Familienangehörige oder sonstige Verwandte in Österreich? Wie oft sehen Sie diese?

A: Nein

F: Leben Sie mit jemand in Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft? Wenn ja, beschreiben Sie diese Gemeinschaft!

A: Nein.

F: Warum stellen Sie einen Asylantrag?

A: Ich möchte hier leben.

F: Ist das Ihr einziger Fluchtgrund?

A: Ja.

F: Ich glaube Ihnen, dass Sie hier leben möchten. Dies ist allerdings kein Asylgrund. Haben Sie Angst vor einer Verfolgung in Indien?

A: Ich habe in Indien Angst um mein Leben, da ich ein Sikh bin und diese werden in Indien verfolgt.

F: Warum haben Sie gerade vorhin angegeben, dass Sie hier nur leben möchten?

A: Da ich Angst um mein Leben habe.

F: Sprechen Sie hierbei um die allgemeinen Probleme betreffend der Sikhs und der Regierung oder betrifft es Sie persönlich?

A: Die Sikhs werden generell verfolgt und belästigt.

F: Gibt es konkrete Vorfälle Ihrer Person betreffend?

A: Zu einem Vorfall kam es noch nicht, aber ich wurde bedroht.

F: Wurden Sie persönlich verfolgt?

A: Nur der Vorfall beim Tempel. Ich stand ganz vorne und wurde daher bedroht.

F: Von wem wurden Sie bedroht?

A: XXXX dies ist eine mächtige Person die gegen die Sikhs ist.

F: Wie, wo und wann wurden Sie bedroht?

A: Als ich in den Sikh Tempel gegangen bin, gab es einen Vorfall. Nachgefragt- Dieser XXXX hat sehr viele Mitglieder er hat diese zu unserem Tempel geschickt und Unruhe gestiftet.

F: Wann war der Vorfall, was meinen Sie mit Unruhe stiften?

A: Das war vor cirka 2 Monaten, er möchte die Sikhs zu Nichte machen und hat seinen Anhängern gesagt Sie sollen uns schlagen.

F: Wurden Sie geschlagen?

A: Ja und sie haben mich mit dem Tod bedroht.

F: Wo war der Vorfall?

A: In XXXX .

F: Schildern Sie den Vorfall nochmal genau? Welche Personen waren anwesend und wo genau war das?

A: Ich kenne die Namen nicht. Nachgefragt Es waren sehr viele Leute beteiligt. Nachgefragt: Es war in XXXX auf der Hauptstraße.

F: Bezüglich des Vorfalls können Sie Sikhs namentlich nennen die involviert waren?

A: An die Namen kann ich mich nicht erinnern, es waren sehr viele. Wir haben uns nur gewehrt man schaut nicht wer das ist und wer nicht.

F: Wie hat der Vorfall genau begonnen?

A: Das war nichts Neues, dass dieser XXXX gegen die Sikhs war. Er hat immer wieder Unruhe gestiftet. An diesem Tag ist er plötzlich mit seinen Anhängern gekommen hat uns geschlagen, belästigt und bedroht.

F: Haben Sie XXXX persönlich gesehen, war er auch an dem Vorfall beteiligt?

A: Ja, ich habe ihn gesehen. Seine Angehörigen waren bei dem Vorfall anwesend. Er kommt nicht persönlich, er schickt immer seine Angehörigen.

F: Wo haben sie XXXX gesehen?

A: In XXXX . Nachgefragt Auf der Hauptstraße als er begonnen hat die Leute zu den Sikhs zu schicken, da habe ich Ihn gesehen.

F: Können Sie XXXX beschreiben?

A: Er hat lange Haare und einen Bart. Er sieht aus wie ein typischer Baba.

F: Wie endete der Vorfall?

A: Sie haben mich geschlagen belästigt und bedroht. Ich musste entkommen und bin deswegen hierher geflüchtet.

F: Wie sind Sie entkommen?

A: Als sie mich mit dem Tod bedroht haben bin ich weggerannt, ich hatte Angst um mein Leben.

F: Wie sind Sie genau entkommen?

A: Ich habe Auswege gesucht und bin entkommen.

F: Haben Sie sich an die Behörde gewandt?

A: Nein.

F: Warum nicht?

A: Die Polizei ist auch gegen die Sikhs und unterstützt XXXX .

F: Haben Sie betreffend den Vorfall Beweismittel?

A: Hier habe ich keine Beweismittel, wenn dann in Indien.

F: Können Sie diese besorgen? Wie lange brauchen Sie dafür?

A: Ja, ich kann sie herschicken lassen, aber ich brauche 1 oder 2 Monate Zeit.

F: Warum würde das so lange dauern die Beweismittel herzuschicken?

A: Ich muss jemanden fragen, der es mir herschickt.

F: Mit Telefon und Internet würde es bestimmt schnell gehen jemanden anzurufen?

A: Ich muss zuerst jemanden anrufen und dieser wird es mir dann mit der Post schicken das dauert.

F: Indien verfügt über eine Fläche von 3.287.491[1] km², 1.339.180.000. Einwohner und keine Meldepflicht. Sie hätten in Indien jederzeit in eine andere Provinz ziehen können.

A: Es ist sehr leicht in Indien jemanden aufzusuchen, wenn man gute Kontakte hat, meine Feinde haben gute Kontakte.

F: Wie soll man Sie ohne Meldepflicht finden. Indien ist groß und hat sehr viele Einwohner?

A: Doch man kann Leute finden, wenn man gute Kontakte und Angehörige hat. XXXX hatte beides.

F: In Indien gibt es einen Bezirk namens Punjab, in diesem Bezirk leben die meisten Sikhs. Warum sind Sie nicht dorthin geflohen?

A: Ich kann nicht nach Punjab.

F: Warum nicht?

A: Ich hatte Angst, dass seine Angehörigen auch dort sein könnten.

F: Dem Bundesamt liegen schriftliche Feststellungen zur Lage in Indien vor. Diese können Ihnen jetzt ausgefolgt werden und Sie können binnen einer Woche eine Stellungnahme abgeben. Möchten Sie diese ausgefolgt bekommen?

A: Frage soll wiederholt werden. Dolmetscher wiederholt Frage. Ich möchte LFST nicht ausgefolgt bekommen.

F: Ich beende jetzt die Befragung. Möchten Sie noch weitere Angaben machen? Konnten Sie zum Verfahren alles umfassend vorbringen und gibt e zur Einvernahme irgendwelche Einwände?

A: Ich habe alles gesagt.

F: Haben Sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden, konnten Sie der Einvernahme folgen?

A: Ja.

F: Es wird Ihnen nunmehr die Niederschrift rückübersetzt und Sie haben danach die Möglichkeit noch etwas richtig zu stellen oder hinzuzufügen.

Anmerkung: Sie haben keine asylrelevanten Gründe vorgebracht. Weiters haben Sie eine innerstaatliche Fluchtalternative mit Punjab. Was möchten Sie dazu angeben?

A: Nein, ich habe Angst um mein Leben, auch dort.

(.......)

1.3. Der erste Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des BFA vom XXXX , gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Indien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ebenso wurde dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gem. § 46 FPG nach Indien zulässig sei. (Spruchpunkt III.)

Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde dem BF eine Frist von 14 Tagen eingeräumt ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung freiwillig auszureisen (Spruchpunkt IV.).

Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass der BF von Anhängern des Guru XXXX geschlagen worden sei. Dieser habe einige seiner Anhänger zu dem Sikh Tempel auf der Hauptstraße in XXXX geschickt, um die Sikhs vom Tempel zu schlagen. Der BF sei bei diesem Vorfall ganz vorne gestanden und dabei bedroht worden. Er habe sich nicht an die Behörden gewandt, weil die Polizei auch gegen die Sikhs gewesen sei und XXXX unterstützt hätten. Die Aussagen des BF hätten sich auf eine generelle Verfolgung der Volksgruppe bezogen. Diesem Vorbringen sei jede Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen. Außerdem habe der BF sein Vorbringen nicht glaubhaft schildern können.

Rechtlich wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF nicht glaubhaft machen habe können, dass ihm in seinem Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung i.S.d. Art 1 Abs. A Z 2 GFK drohen würde oder dieser einer wohlbegründeten Furcht ausgesetzt sei. Des weiteres sei jedenfalls davon auszugehen, dass allein schon auf Grund der Größe und Bevölkerungszahl seines Heimatstaates eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehen würde. Es sei daher davon auszugehen, dass der BF sich in einem anderen Landesteil von Indien, der vom Ausland aus leicht erreichbar sei, niederlassen könne (Spruchpunkt I.).

Aus den Angaben des BF habe sich ergeben, dass dieser gesund und im arbeitsfähigen Alter sein würde. Es sei daher davon auszugehen und dem BF auch zumutbar, dass er sich im Falle einer Rückkehr eine neue Existenz aufbauen könne und diesem keinesfalls die völlige Entziehung seiner Existenzgrundlage drohen würde. Auch auf Grundlage der Länderfeststellungen sei jedenfalls anzunehmen, dass dieser seine existenziellen Grundbedürfnisse so wie auch vor seiner Ausreise aus eigener Kraft durch selbständige Arbeit sichern könne. Zudem verfüge er im Heimatland über familiäre Anknüpfungspunkte. Er spreche muttersprachlich, die in Indien gesprochene Sprache "Punjabi" und würde über Schulbildung verfügen. Es sei daher davon auszugehen, dass er im Fall der Rückkehr nach Indien wieder Fuß fassen könne. Eine innerstaatliche Fluchtalternative sei im Bedarfsfall alleine schon auf Grund der Größe und Bevölkerungszahl seines Heimatlandes ohnehin gegeben, da dieser bei einer Wohnsitzannahme in einer der indischen Großstädte nicht mehr auffindbar sein würde (Spruchpunkt II.).

Hinsichtlich des Privat-, und Familienlebens führte der BF aus, dass im Verfahren nichts hervorgetreten sei, dass dazu Anlass gegeben hätte eine besondere Integration seiner Person in Österreich anzunehmen, zumal der BF nicht Deutsch spreche und über keine privaten Kontakte verfügen würde, die diesen an Österreich binden würden. Auch sein erst sehr kurzer Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet spreche gegen das Vorliegen besonderer privater Bindungen bzw. von Integration in Österreich. Verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte würden in Österreich nicht bestehen. Die Angehörigen des BF würden in seinem Heimatland leben. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 55 AsylG würde daher nicht in Betracht kommen. Da dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt werden würde, sei gem. § 10 Abs. 1 AsylG diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden.

Es sei somit auszusprechen, dass im Falle der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG genannten Voraussetzungen seine Abschiebung nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.).

Der Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK sei gemäß § 55 Abs. 1 AsylG von Amts wegen oder auf begründeten Antrag zu erteilen, wenn dies gem. § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat-, und Familienlebens iSd Art 8 EMRK geboten sei. Dies sei im gegenständlichen Fall nicht gegeben. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 55 AsylG sei daher nicht in Betracht gekommen.

1.4. Am XXXX wurde der Bescheid des BFA dem BF persönlich ausgefolgt. Es wurde dagegen keine Beschwerde erhoben und erwuchs der Bescheid in Folge in Rechtskraft.

2. Gegenständliches Verfahren

2.1. Am XXXX wurde der BF im Zuge einer fremdenpolizeilichen Schwerpunktaktion nach § 40 Abs. 1 Z 1 iVm § 34 Abs. 2 Z 2 BFA-VG festgenommen.

2.2. In der Folge stellte der BF am XXXX den verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge der Einvernahme vor den Sicherheitsbehörden gab der BF auf die Frage, warum er jetzt einen Asylantrag stellen würde und was sich seit der Rechtskraft konkret gegenüber seinem bereits entschiedenen Verfahren verändert habe an, dass sich nichts geändert habe. Es würden dieselben Fluchtgründe, wie bei seinem ersten Verfahren, gegeben sein. Er wolle, dass ihm Asyl gewährt werden würde.

2.3. Am XXXX fand vor dem BFA eine niederschriftliche Einvernahme statt, welche folgenden Verlauf vernahm:

(.........)

LA: Sprechen Sie auch deutsch?

VP: Nicht so viel, ein bisschen. Nachgefragt habe ich keinen Deutschkurs gemacht.

LA: Haben Sie gegen eine der anwesenden Personen wegen einer möglichen Befangenheit oder aus anderen Gründen Einwände?

VP: Nein.

LA: Sind Sie mit dem Rechtsberater, der Ihnen für diese Einvernahme zur Seite gestellt wird, einverstanden?

VP: Ja.

LA: Haben Sie sich einer Rechtsberatung unterzogen? Wann?

VP: Ja. Heute.

..........................

LA: Haben Sie bis jetzt im Verfahren zu Ihrer Person und den Fluchtgründen die Wahrheit gesagt?

VP: Ja.

LA: Haben Sie einen Vertreter beziehungsweise einen Zustellbevollmächtigten in Ihrem Asylverfahren?

VP: Nein.

LA: Sind Sie derzeit in ärztlicher Behandlung?

VP: Nein.

LA: Nehmen Sie zurzeit Medikamente?

VP: Nein.

LA: Haben Sie nach der rechtskräftigen Entscheidung vom XXXX Österreich verlassen?

VP: Nein.

LA: Wo haben Sie sich nach der Abmeldung vom XXXX , die am XXXX erfolgte aufgehalten?

VP: Ich wollte um Asyl ansuchen, die Polizei nahm mich fest und brachte mich in den 8. Bezirk, anschließend zur Antragstellungsstelle. Ich habe vorher bis zur Festnahme im 10. Bezirk gewohnt an o.a. Anschrift.

LA: Hat sich in letzter Zeit etwas geändert bzgl. Ihrer Familienverhältnisse in Österreich?

VP: Nein. Ich lebe hier allein im Lager. Nachgefragt hatte ich auch vorher keine Beziehung.

LA: Welche Familienangehörigen befinden sich in Ihrem Heimatland?

VP: Meine Mutter, mein Vater und meine Schwester und mein Bruder. Nachgefragt wohnen diese in XXXX .

LA: Haben Sie Kontakt zur Familie im Heimatland?

VP: Nein. Nachgefragt wird kein Kontakt aufgenommen und außerdem habe ich Angst.

LA: Haben Sie in Indien gemeinsam mit Ihren Eltern gewohnt?

VP: Ja, schon, dann entstand aber das Problem. Ich habe bis zur Ausreise bei den Eltern gewohnt.

LA: Welchen Beruf haben Sie in Ihrer Heimat ausgeübt?

VP: Hilfsarbeiten.

LA: Haben Sie im Bereich der EU, in Norwegen, CH, Lichtenstein oder in Island Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

VP: Nein.

LA: Haben Sie Verwandte in Österreich?

VP: Nein. LA: Welche Integrationsschritte haben Sie bis jetzt getätigt?

VP: Ich habe Zeitungsarbeit gemacht, sonst kann ich ja nichts machen wegen der Arbeitsbewilligung. Ich machte die Zeitungsarbeit um mein eigenes Brot zu finanzieren. Ich bin zwar um Hilfe ansuchen gegangen aber man sagte mir, dass es ohne Karte nicht geht. Ich lebte mit meinen 100-200 Euros.

LA: Sind Sie in irgendwelchen Vereinen, kirchl. Organisationen, Hilfsorganisationen tätig?

VP: Nein.

LA: Sie haben bereits am XXXX einen Asylantrag gestellt, der am XXXX rechtskräftig negativ entschieden wurde. Haben Sie damals betreffend den Fluchtgründen die Wahrheit gesagt?

VP: Ja.

LA: Sind Ihre alten Fluchtgründe noch immer aufrecht?

VP: Ja.

LA: Hat sich seit der rechtskräftigen Entscheidung von Ihrem Vorverfahren irgendetwas Wesentliches in Ihrem Leben geändert?

VP: Nein, es ist noch so wie früher. Ich kann nicht zurück nach Indien, mein Leben ist in Gefahr. Ich bitte, dass man mich hier leben lässt, nur hier bin ich in Sicherheit, ich bitte nur um eine Unterkunft und eine Aufenthaltsbewilligung. Ich möchte hier leben und mit der Schule Deutsch lernen. Ich bitte, dass man mir hilft und eine Bestätigung gibt, damit ich arbeiten kann und mich selber finanzieren kann.

LA: Warum stellen Sie nun neuerlich einen Asylantrag?

VP: Ich habe in Indien Probleme und deswegen möchte ich hier bleiben. Dort ist mein Leben in Gefahr.

LA: Sie sagten in der EB, dass große Gefahr vom Guru ausgeht, was meinen Sie damit genau?

VP: Ich bin Sikh und wegen des Themas bezügl. XXXX wollte dieser Guru mich töten, er meinte, falls ich vor Ort bin, werde ich getötet.

LA: Wann sagte Ihnen das der Guru?

VP: Als wir stritten und er mich umbringen wollte sagte er, dass falls ich dort bleibe er mich umbringt. Nachgefragt gibt es mir gegenüber keine aktuelle Bedrohung, ich habe ja keinen Kontakt nach Indien. Nachgefragt bezieht sich diese Bedrohung auf mein Erstverfahren, ich habe das Problem immer noch.

LA: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland?

VP: Mein Leben ist in Gefahr, man wird mich umbringen.

LA: Wie heißt der Guru, der Sie bedroht?

VP: Ich weiß den Namen nicht, man nannte ihn immer XXXX .

LA: Warum glauben Sie können Ihre Angehörigen nach wie vor in Indien, an der ursprünglichen Anschrift, leben?

VP: Der Guru hatte es auf mich abgezielt, er wollte unbedingt mich töten. Er wollte mich wegen des Glaubens töten, der Guru ist nämlich Hindu und ich bin Sikh, das war aufgrund der XXXX Auseinandersetzung. Nachgefragt sind meine Familienmitglieder auch Sikh, aber er hatte mit mir die Feindschaft und er wollte mich töten. Mir gefällt es hier, ich möchte hier in Sicherheit leben.

LA: Es wurde Ihnen am XXXX eine Verfahrensanordnung des Bundesamtes gem. §29/3/4 und 6 AsylG 2005 ausgefolgt, in welcher Ihnen mitgeteilt wurde, dass, seitens des Bundesamtes die Absicht besteht, Ihren Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, nachdem sich im Vergleich zu Ihrem Erstverfahren kein neuer und wesentlich geänderter Sachverhalt ergibt. Die Bedeutung des Begriffs "Entschiedene Sache" wird erläutert.

Es ist die Absicht der Behörde Sie von Österreich nach Indien auszuweisen.

Sie haben nunmehr Gelegenheit, zur geplanten Vorgehensweise des Bundesamtes Stellung zu beziehen. Möchten Sie eine Stellungnahme abgeben?

VP: Ich kann nicht zurück nach Indien, mein Leben ist dort in Gefahr. Ich möchte hier eine Zukunft haben und mich mehr der Kultur zuwenden, eine Familie gründen. Ich möchte in der Schule die Sprache und die Gesetze lernen, ich bitte nur um diese Hilfe, ich war durchgehend hier aufhältig.

LA: Möchten Sie die aktuellen Länderfeststellunggen zu(r) Indien ausgefolgt bekommen, zu denen Sie innerhalb einer Woche eine schriftliche Stellungnahme abgeben können?

VP: Nein, ich verstehe es nicht. Ich weiß nicht was drinnen steht, weil ich kein Deutsch kann.

LA: Wurden Sie in Ihrem Heimatland schon einmal verurteilt bzw. waren Sie in Haft?

VP: Nein.

LA: Sind oder waren Sie Mitglied/ Anhänger einer politischen Partei?

VP: Nein.

LA: Hatten Sie jemals Probleme mit der Polizei, Militär oder den Behörden in Indien?

VP: Nein.

LA: Hatten Sie jemals Probleme aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder Ihrer Religion in Indien?

VP: Mit der Polizei hatte ich keine Auseinandersetzungen, ich hatte nur das Problem mit dem Guru.

LA: Der RB wird die Möglichkeit gegeben, Fragen und/ oder Anträge zu stellen.

VP: Keine Fragen.

LA: Wollen Sie noch etwas angeben was Ihnen wichtig erscheint? Wollen Sie noch etwas vorbringen oder ergänzen?

VP: Ja, wie ich sagte ich möchte hier leben und nicht nach Indien zurück. Die Polizei hat meine Dokumente genommen (ich meine die weiße Karte), ich wollte einen Meldezettel machen, aber ohne diese geht es nicht. Ich würde gerne in Wien wohnen. Ich war zuvor in XXXX und bin hierhergekommen und habe um Hilfe angesucht, bekam aber keine, ich möchte zur Schule gehen. In Ö bekommt man viel Hilfe, aber ich bekam keine, ich machte nur die Zeitungsarbeit. Ich bitte um eine Arbeitsbewilligung für wenigstens ein paar Stunden, damit ich mich finanzieren kann.

LA: Konnten Sie meinen Fragen folgen?

VP: Ja.

LA: Haben Sie den Dolmetscher verstanden, konnten Sie der Einvernahme folgen und sich konzentrieren?

VP: Ja.

(........)

2.4. Mit dem nun angefochtenen Bescheid des BFA vom XXXX wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom XXXX gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG idgF erlassen (Spruchpunkt IV.).

Gleichzeitig wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.) und wurde gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Festgestellt wurde, dass das erste Asylverfahren am XXXX rechtskräftig negativ abgeschlossen worden sei und in diesem Verfahren alle bis zur Rechtskraft entstandenen Sachverhalte berücksichtigt worden seien. Im Erstverfahren hätte der BF keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen können. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich seit der Rechtskraft seines ersten Verfahrens nicht geändert und würde dieser seine Angaben seit seinem Erstantrag nach wie vor aufrechterhalten. Der BF habe im gegenständlichen Verfahren keine neuen entscheidungsrelevanten Fluchtgründe vorgebracht. Von der erkennenden Behörde habe kein entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden können. Die Begründung des neuerlichen Asylantrages habe nicht ausgereicht einen neuen gegenüber dem früheren Asylantrag wesentlich geänderten entscheidungsrelevanten Sachverhalt entstehen zu lassen.

Zu seinem Privat-, und Familienleben führte der BF aus, dass er in Österreich keine Lebensgemeinschaft haben würde und über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich verfüge. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der BF über eine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich verfügen würde.

Die den BF betreffende allgemein maßgebliche Lage im Herkunftsland habe sich seit dem rechtskräftigen Abschluss seines Erstverfahrens nicht geändert. Dies würde auf den vorliegenden Länderfeststellungen zu Indien, die von der Staatendokumentation laufend aktualisiert werden würden, basieren.

Rechtlich wurde dazu ausgeführt, dass sich der BF im gegenständlichen Verfahrensgang nur darauf bezogen habe, dass seine alten Fluchtgründe nach wie vor aufrecht sein würden. Es hätte sich nichts Wesentliches in seinem Leben seit der rechtskräftigen Entscheidung vom XXXX ergeben. Es würde noch so wie früher sein. Der BF würde nach Indien zurückkehren können, weil sein Leben dort nicht in Gefahr sein würde. Es würde keine aktuelle Bedrohung bestehen, da der BF keinen Kontakt nach Indien habe. Die große Gefahr, welche vom Guru ausgehen würde, hätte schon im Erstverfahren bestanden. Dieser Guru mit dem Namen XXXX (im Erstverfahren habe der BF seinen Namen noch mit XXXX angegeben), der Hindu sei, hätte den BF, der Sikh sei, wegen der Religion bedroht. Danach befragt, warum seine Verwandten, die ebenfalls Sikhs seien, noch dort wohnen würden, meinte der BF, dass der Guru nur den BF töten habe wollen.

In seinem ersten Verfahren in Österreich seien seine Angaben als nicht glaubhaft bzw. als nicht asylrelevant erachtet worden und sei sein Antrag auf den internationalen Schutz negativ entschieden worden.

Die im gegenständlichen Verfahren dargestellten Angaben seien zu keinem Zeitpunkt genügend substantiiert gewesen, um diese als glaubhaft zu bezeichnen oder um darin einen neuen Sachverhalt zu erkennen. Der BF stütze sich im gegenständlichen Verfahren vollinhaltlich auf die Fluchtgründe des Erstverfahren.

Es sei somit festzuhalten, dass sich zum jetzigen Zeitpunkt auch hinsichtlich der im Erstverfahren getroffenen Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Indien eine Änderung ergeben habe und dies nach wie vor für zulässig erachtet werde. Die vom BF ins Treffen geführten Aspekte würden keinen berücksichtigungswürdigen neuen Sachverhalt darstellen.

Das Bundesamt könne sohin nur zum Schluss kommen, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert sei. Es liege sohin eine Sache i.S.d. § 68 AVG.

Auch konkret zu seinen Rückkehrbefürchtungen befragt, habe dieser ebenfalls keine den BF persönlich betreffenden Bedrohungen glaubhaft gemacht, sondern habe abermals lediglich pauschal ausgeführt, dass er befürchten würde, sein Leben zu verlieren. Im nunmehrigen Asylantrag habe der BF offenbar die wiederholte Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt.

Zu den Feststellungen zu seinem Privat-, und Familienleben wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF offensichtlich keine besondere Integrationsverfestigung hinsichtlich seiner Person in Österreich habe. Dies würde sich aus dem Umstand ergeben, dass der BF seit seiner illegalen Einreise nach Österreich realistischer Weise zu keinem Zeitpunkt seines Aufenthaltes in Österreich davon ausgehen habe können, dass ihm ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrechtes in Österreich zukommen würde. Auch habe der BF im Verfahren dargelegt, dass in seinem Fall besonders gewichtige Interessen an einem Verbleib in Österreich bestehen würden. Unter diesem Gesichtspunkt sei auszuschließen, dass bislang eine Integrationsverfestigung seiner Person erfolgen habe können.

Betreffend der Lage in seinem Herkunftsstaat wurde ausgeführt, dass weder aus seinem Vorbringen im gegenständlichen Verfahren noch aus den im ersten Verfahren zugrunde gelegten Feststellungen zu seinem Heimatland unter Berücksichtigung von aktualisierten Versionen des im Erstverfahrens verwendeten Quellenmaterials, sich Hinweise auf eine sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens maßgeblich geänderten Lage in seinem Heimatland ergeben.

Sein erstes Asylverfahren sei bereits rechtskräftig abgeschlossen worden. In diesem Verfahren seien bereits alle bis zur Entscheidung entstandenen Sachverhalte berücksichtigt worden, sodass darüber im gegenständlichen Verfahren nicht mehr neuerlich zu entscheiden sei. In der ersten Entscheidung sei auch der Refoulmentsachverhalt i.S.d.

§ 50 Abs. 2 FPG 2005 berücksichtigt worden.

Die vorgebrachten Gründe, warum es dem BF nun nicht mehr möglich sei, in sein Herkunftsland zurückzukehren, sei somit nicht die geeignet, eine neue, inhaltliche Entscheidung der Behörde zu bewirken und könne darin kein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden, da sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert habe und sich das neue Parteienbegehren im Wesentlichen mit den früheren decken würde.

Soweit keine relevante Änderung der Rechtslage oder des vorliegenden Begehrens vorliege, habe sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht geändert. So stehe die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen. Was die weiteren und gemäß § 8 AsylG 2005 berücksichtigungswürdigen Aspekte betreffe, sei anzumerken, dass sich im gegenständlichen Verfahren ebenso kein Hinweis auf einen seit Rechtskraft seines Erstverfahrens entscheidungsrelevanten geänderten Sachverhalt ergeben habe, noch im Hinblick auf seine persönliche Situation, noch im Hinblick auf die allgemeine Lage in Indien.

Rechtlich wurde im Wesentlichen zusammengefasst angemerkt, dass die vom BF vorgebrachten Gründe für die neuerliche Antragstellung bereits zum Zeitpunkt der Rechtskraft des ersten Verfahrens bestanden hätten und sich seither kein entscheidungsrelevanter Sachverhalt im Sinne der vorstehenden Ausführungen zu § 68 AVG ergeben habe.

Da weder in der maßgeblichen Sachlage noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrags nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen haben lassen, stehe die Rechtskraft des ergangenen Bescheides des BFA vom XXXX , seinen neuerlichen Antrag sowohl hinsichtlich des Status des Asylberichtigten im Sinne des § 3 AsylG, als auch hinsichtlich der Status des subsidiär Schutzberechtigten iSd § 8 AsylG entgegen, weswegen das BFA zu einer Zurückweisung verpflichtet sei.

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens hätte keiner der drei angeführten Gründe festgestellt werden können, womit keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG vorliege.

Eine Rückkehrentscheidung nach § 9 Abs. 1-3 BFA-VG sei zulässig. Eine Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG habe zu unterbleiben, da die Rückkehrentscheidung nicht auf Dauer unzulässig sei.

Die Abschiebung in einem Staat sei gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt oder für den BF als Zivilperson eine ersthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Wie bereits unter den Spruchpunkten I. und II. dargelegt, würde sich im Falle des BF keine derartige Gefährdung ergeben. Es sei somit auszusprechen, dass im Falle der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG genannten Voraussetzungen seine Abschiebung nach Indien zulässig sei. (zu Spruchpunkt V.).

Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe im Falle einer zurückweisenden Entscheidung gem. § 68 AVG keine Frist für die freiwillige Ausreise. Daher sei im Falle des BF von einer Erteilung einer Frist abzusehen gewesen (zu Spruchpunkt VI.).

Zu Spruchpunkt VII. wurde ausgeführt, dass der BF offensichtlich nicht bereit gewesen sei, die österreichische Rechtsordnung zu achten und beachten. Die Behörde habe nur zum Schluss kommen können, dass der Aufenthalt in Österreich jedenfalls eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Seine Verhaltensweise zeige eindeutig, dass der BF nicht gewillt sei sich rechtskonform zu verhalten. Wenn der BF schon zum jetzigen Zeitpunkt nicht bereit sich den in Österreich festgelegten rechtlichen und gesellschaftlichen Regeln zu unterwerfen, so könne die Behörde nur über eine negative Zukunftsprognose seiner Person betreffend befinden können. Es sei ausdrücklich darauf zu verweisen, dass gerade im Asylverfahren umfangreiche sowie mehrmalige Belehrungen in der Landessprache schriftlich wie auch mündlich erteilt werden würden. Zudem sei der BF mehrmals in Anwesenheit eines Dolmetschers nachweislich mündlich belehrt worden. Dies alles habe den BF aber nicht davon abgehalten an einen unbegründeten und missbräuchlichen Asylantrag festzuhalten. Wie bereits zur Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ausführlich geprüft und festgestellt, seien seine familiären und privaten Anknüpfungspunkte nicht dergestalt, dass diese einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden. Die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verletzte in seinem Fall Art. 8 EMRK nicht. Es müsse daher unter Berücksichtigung des §§ 53 Abs. 2 FPG genannten Tatbestandes davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit seine persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich überwiegen würden.

2.5. Mit der fristgerecht eingebrachten Beschwerde des bevollmächtigten Vertreters des BF wurde der im Spruch genannte Bescheid vollinhaltlich angefochten.

Begründet wurde dies damit, dass unrichtige Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht werden würden.

Das Vorbringen des BF würde der Wahrheit entsprechen, sei glaubwürdig und gründlich substantiiert. Dem BF drohe in seiner Heimat Verfolgung i.S.d. Genfer Flüchtlingskonvention und wäre ihm daher Asyl zu gewähren.

Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass das Bundesamt angesichts seiner eigenen Länderberichte und der Situation in Indien, sowie der persönlichen Situation des BF feststellen hätte müssen, dass ein solch maßgeblich veränderter Sachverhalt sehr wohl vorliegen würde und eine inhaltliche Prüfung des Asylantrages nicht unterlassen werden könne.

Die eigenen Länderberichte würden zeigen, dass die Lage von Personen, wie dem des BF, die nach Europa geflüchtet seien und den familiären bzw. sozialen Bezug verloren hätten, keine Zukunftsperspektive in Indien mehr haben und eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung stehen würde.

Der bloße Verweis darauf, dass der BF seine Fluchtgründe schon im Vorverfahren angeben hätte müssen, könne nicht ausreichend sein den vorliegenden Asylantrag ohne Prüfung abzulehnen, da der BF ausführlich erklärt habe, worin die Neuerungen der Verfolgung bestehen würden, die zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Vorverfahrens noch nicht bestanden hätten.

Vom Bundesamt seien keinerlei Recherchen zu den vorgebrachten Fluchtgründen getätigt worden. Eine nachvollziehbare Begründung, warum im Vorbringen des BF kein glaubhafter Kern enthalten sei, sei dem Bescheid nicht zu entnehmen, zumal zentrale Teile seines Vorbringens nicht in die Beurteilung des Falles eingebracht worden seien. Der Bescheid des Bundesamtes erfülle die Anforderung mangels aktueller Recherche nicht und stelle eine Verletzung des Willkürverbotes nach Art 7 B-VG bzw. dem Verbot der Ungleichbehandlung Fremder untereinander gem. Art I des BVG über die Beseitigung der rassischen Diskriminierung dar.

Es habe keinerlei erkennbare Beurteilung seitens des Bundesamtes hinsichtlich der vorgebrachten Fluchtgründe gegeben und könne daher unmöglich angenommen werden, dass das Vorbringen keinen glaubwürdigen Kern darstellen würde, der eine Neubeurteilung erforderlich machen würde. Es liege daher ein Begründungsmangel vor. In der Folge wurde auszugsweise auf das Erk. 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315 und 2000/20/0084 verwiesen.

Der BF habe in seiner Einvernahme angegeben, inwieweit er durch die Situation in seinem Heimatland gezwungen gewesen sei, nach Österreich zu flüchten, um einen Asylantrag stellen zu können und worin die neu entstandenen Verfolgungsmomente bestehen würden, die eine Neubeurteilung seiner Gefährdung erforderlich machen würden. Seitens des BFA sei offensichtlich jedoch kein Interesse vorhanden den relevanten Sachverhalt aufzuklären. Ein bloßer Verweis auf eine angeblich bestehende innerstaatliche Fluchtalternative, die der BF bereits in nachvollziehbarer Weise ausgeschlossen habe und auf das rechtskräftig abgeschlossene Vorverfahren, könne eine eigentliche Beschäftigung mit dem Vorbringen des BF nicht ersetzen.

Zur Asylrelevanz des BF sei festzustellen, dass nach ständiger Judikatur auch einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung Asylrelevanz zukommen könne, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage sei, diese Verfolgungshandlungen zu unterbinden. Auch wenn kein Staat jeden Übergriff verhindern könne, sei die Frage zu beantworten, ob im Falle des BF eine Verfolgung entsprechender Intensität auf Grund von Konventionsgründen durch Dritte mit ausreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei.

Unter Verweis auf die Entscheidung des VwGH Zl. 2011/23/0064, treffe im Falle des BF zu, dass die heimatlichen Behörden ihm gegenüber jedenfalls schutzunfähig seien, möglicherweise schutzunwillig. Gegenteiliges sei von der Behörde im angefochtenen Bescheid auch nicht behauptet worden.

Unrichtig sei die Abwägung des Bundesamtes zwischen den öffentlichen Interessen Österreichs und dem Privat-, und Familienleben des BF. Der BF sei integrations-, und arbeitswillig, habe umfangreiche soziale Kontakte und die deutsche Sprache bereits ausreichend erlernt, um sich im Alltag verständigen zu können. Im Falle der Erteilung eines Aufenthaltstitels sei er auf jeden Fall in der Lage sich aus eigenem seinen Lebensunterhalt zu verdienen ohne auf Leistungen der Gebietskörperschaft angewiesen zu sein. Diesbezüglich habe jedoch keinerlei Beurteilung von Seiten des Bundesamtes stattgefunden, obwohl sich hinsichtlich der Integrationsanstrengungen des BF zweifellos Änderungen ergeben hätten, die eine Neubeurteilung erforderlich gemacht hätten.

Der bloße Verweis auf die Aufenthaltsdauer des BF könne diese Tatsache nicht entkräften und jedenfalls alleine kein überzeugender Grund für die Ablehnung der Schutzwürdigkeit des Privat-, und Familienlebens des BF sein.

Hinsichtlich der aufschiebenden Wirkung sei zu berücksichtigen, dass bei Nichtgewährung ein effektiver Rechtsschutz nicht gegeben sei. Unverständlich sei auch, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erlassen werde ohne dass dies auf den konkreten Einzelfall des BF hin überprüft werden würde. Es sei kein Grund ersichtlich, worin die Notwendigkeit bestehe, den BF abzuschieben, bevor eine Entscheidung über die vorliegende Beschwerde ergehe.

Für die Erlassung eines Einreiseverbotes bestehe weder aus präventiven Gründen noch zur Wahrung der Interessen Österreichs ein dringender Anlass.

Im Bescheid seien auch keine nachvollziehbaren Überlegungen bezüglich der Länge des Einreiseverbotes erkennbar. Auf Basis der Situation des BF hätte eine aktuelle Beurteilung stattfinden und festgestellt werden müssen, dass ein kürzeres Verbot angemessen sei bzw. überhaupt keines.

Es würde eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens darstellen, dass die Behörde es verabsäumt habe, sich mit der konkreten Situation des BF und der aktuellen Situation in Indien auseinanderzusetzen. Die Verpflichtung ein amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen, bedeute, dass die konkrete und aktuelle Situation untersucht werden würde. Dies sei in diesem Fall verabsäumt worden, insbesondere dadurch, dass dem Bundesasylamt als Spezialbehörde ausreichend Material vorliegen müsste, aus dem die Verfolgungssituation erkennbar sei.

Dadurch, dass sich die erkennende Behörde nicht mit der konkreten Situation des BF auseinandergesetzt habe, sei eine rechtliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des BF nicht möglich gewesen.

2.6. Die Beschwerdevorlage langte am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Indien aus dem Punjab und ist Angehöriger der Glaubensgemeinschaft der Sikhs. Seine Identität steht nicht fest.

1.2. Der BF reiste illegal nach Österreich ein und stellte am XXXX seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund brachte er im Wesentlichen vor aufgrund von Streitigkeiten mit einem Guru mit dem Namen XXXX und dessen Angehörigen sein Heimatland verlassen zu haben. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BFA vom XXXX wegen Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens und mangelnder Asylrelevanz abgewiesen.

1.3. Eine Beschwerde wurde gegen den Bescheid nicht eingebracht und erwuchs dieser in Folge in Rechtskraft.

1.4. Am XXXX wurde der BF im Rahmen einer fremdenpolizeilichen Schwerpunktaktion gem.§ 40 Abs. 1 Z 1 iVm § 34 Abs. 2 Z 2 BFA-VG festgenommen.

1.5. In der Folge stellte der BF am XXXX den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, welcher dem nunmehr angefochtenen Bescheid wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Zu den einzelnen Spruchpunkten im Detail sowie zur Begründung wird auf die diesbezügliche Zusammenfassung unter Punkt I.2.4. verwiesen.

1.6. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF seit Rechtskraft der letzten Entscheidung über seinen ersten Asylantrag vom XXXX ein neues entscheidungsrelevantes individuelles Vorbringen glaubhaft dartun konnte. Das Vorbringen bei einer Rückkehr ins Herkunftsland von dem Guru bzw. dessen Anhänger getötet zu werden erweist sich im Kern als unglaubwürdig.

1.7. Nicht festgestellt werden kann des Weiteren, dass in der Zwischenzeit Umstände eingetreten sind, wonach dem BF in Indien aktuell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person drohen würde oder ihm im Falle einer Rückkehr nach Indien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Der BF leidet an keiner zwischenzeitlich aufgetretenen lebensbedrohlichen oder im Herkunftsland nicht behandelbaren Krankheit.

Außerdem kann nicht festgestellt werden, dass zwischenzeitlich eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation in Indien eingetreten ist.

1.8. Der BF ist gesund, arbeitsfähig und in der Lage, im Herkunftsstaat seinen notwendigen Unterhalt zu sichern. Er spricht als Muttersprache Punjabi und beherrscht darüber hinaus Hindi auf einem guten Niveau. Der BF besuchte zehn Jahre lang die Grundschule und hat zuletzt als Bauarbeiter in Indien gearbeitet. In Indien leben noch die Eltern, der Bruder und die Schwester des BF. Der BF steht mit seinen Familienangehörigen derzeit nicht in Kontakt.

Der BF ist seit seiner illegalen Einreise ins Bundesgebiet im XXXX nicht mehr in sein Heimatland zurückgekehrt. Der BF stellte nach seiner Festnahme gemäß § 40 FPG den verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Im Bundesgebiet halten sich keine Familienangehörigen und Verwandten des BF auf. Der BF erwirtschaftet ca. 100 bis 200 Euro im Monat durch Zeitungszustellen und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Der BF verfügt nur über rudimentäre Deutschkenntnisse und hat bis dato keinen Deutschkurs besucht.

1.9. Zur Lage im Herkunftsstaat Indien werden die vom BFA herangezogenen Länderfeststellungen dem Verfahren zugrunde gelegt:

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 11.4.2017: Acht Tote und über 200 Verletzten bei Demonstrationen bei Wahl in Srinagar, Kaschmir (Abschnitt 1/Relevant für Abschnitt 3.1)

Im Zuge einer Nachwahl zur Besetzung eines freien Sitzes im indischen Unterhaus, kam es am Sonntag, dem 9.4.2017, in Srinagar, Kaschmir, zu Zusammenstößen zwischen separatistischen, die Wahl boykottierenden Demonstranten und den indischen Sicherheitskräften. Während des Konflikts wurden acht Demonstranten getötet und über 200 Personen, Demonstranten und Sicherheitsbeamte, verletzt (Reuters 10.4.2017).

Am Montag den 10.4.2017 verhängte die indische Polizei eine Ausgangssperre für die Bevölkerung mehrerer Gebiete Kaschmirs, errichtete Straßensperren und schränkte den Verkehr ein (Reuters 10.4.2017).

Die Wahlbeteiligung lag bei nur 7% (Times of India 11.4.2017). Eine zweite Nachwahl, ursprünglich geplant für den 12.4.2017 in Anantnag, wurde in Anbetracht der aktuellen Lage auf den 25.5.2017 verschoben (Reuters 10.4.2017).

Indien beschuldigt Pakistan die Separatisten zu unterstützen, was in Islamabad bestritten wird (Reuters 10.4.2017).

Bei einem weiteren Vorfall am Montag sind vier mutmaßliche Kämpfer erschossen worden, als sie versuchten die umstrittene Grenze von Pakistan kommend, in der Nähe des Keran-Sektors zu infiltrieren (Reuters 10.4.2017).

Da sich seit der Tötung des einflussreichen Separatistenkämpfers Burhan Wani im Juli 2016, die Spannungen in der Region erhöht haben (BBC 10.4.2017), und es seither in Kaschmir wiederholt zu gewalttätigen Protesten kam, in deren Verlauf bisher 84 Zivilisten getötet und über 12.000 Zivilisten und Sicherheitskräfte verletzt wurden (Reuters 10.4.2017), sind vorsorglich etwa 20.000 zusätzliche indische Truppen in die Region entsandt worden (BBC 10.4.2017).

Quellen:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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