Index
E3R E02202000Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
?
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., in der Revisionssache des Zollamtes Feldkirch Wolfurt
gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 30. November 2018, Zl. RV/1200006/2016, betreffend Einfuhrumsatzsteuer (mitbeteiligte Partei: G GmbH in L, vertreten durch die Leitner + Leitner GmbH in 4040 Linz, Ottensheimer Straße 32), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hob das Bundesfinanzgericht einen Bescheid des revisionswerbenden Zollamtes Feldkirch Wolfurt vom 11. April 2012 insoweit auf, als dieser die buchmäßige Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer zu in einer Beilage zum angefochtenen Erkenntnis näher angeführten 80 Anmeldungen betraf. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Die Mitbeteiligte, ein Speditionsunternehmen, habe im Zeitraum 2006 bis 2011 als indirekte Vertreterin der D. GmbH, in einigen Fällen als indirekte Vertreterin der jeweiligen Warenempfängerin die Überführung von Parfümeriewaren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit steuerbefreiender Lieferung (Verfahrenscode 42) erklärt. Warenempfänger seien eine S. s.r.o. in der Slowakei und eine V. Kft in Ungarn gewesen. Die D. GmbH habe eine S. GmbH in der Schweiz mit der Versendung der Ware beauftragt, welche wiederum die Mitbeteiligte mit dem Transport und der Vornahme der Einfuhrförmlichkeiten im Verfahren 42 beauftragt habe.
3 Hinsichtlich der unter Nr. 1 bis 72 der Beilage zum angefochtenen Erkenntnis angeführten Anmeldungen sei die vor dem Bundesfinanzgericht bekämpfte Mitteilung der buchmä??igen Erfassung nach Ablauf der in Art. 221 Abs. 3 ZK vorgesehene Dreijahresfrist erlassen worden. Eine vorsätzliche Beteiligung des Importeurs an einer Steuerhinterziehung der Erwerber im Bestimmungsmitgliedstaat, welche zur Anwendung der zehnjährigen Verjährungsfrist des § 74 Abs. 3 ZollR-DG führen könnte, sei nicht eindeutig und nachprüfbar nachgewiesen. Das Fehlen eines Belegnachweises in einzelnen Fällen vermöge für sich allein ein vorsätzliches Handeln der D. GmbH als Importeur und Lieferer oder der Mitbeteiligten als deren Vertreter nicht nachzuweisen. In den die slowakische Gesellschaft betreffenden Einfuhrfällen sei für den Zeitraum bis Oktober 2008 nicht einmal festgestellt worden, dass die Waren nicht zur (slowakischen) Erwerbsteuer angemeldet worden seien. Auch der Umstand, dass auf den Lieferscheinen der ungarischen Niederlassung der Mitbeteiligten die Warenübernahme nicht mit Unterschrift bestätigt worden sei, wobei eine derartige Bestätigung nach der Verordnung des Bundesministers für Finanzen BGBl. Nr. 401/1996 in Versendungsfällen nicht zwingend vorgesehen sei, weise keine vorsätzliche Abgabenverkürzung nach. Nach weiteren beweiswürdigenden Überlegungen gelangte das Bundesfinanzgericht zum Ergebnis, dass von einer Hinterziehung der in Rede stehenden (österreichischen) Einfuhrumsatzsteuer nicht ausgegangen werden könne. In manchen Fällen sei (lediglich) irrtümlich die Vertretung der Warenempfängerin erklärt worden 4 Hinsichtlich der verbleibenden unter Nr. 73 bis 80 der in der Beilage des angefochtenen Erkenntnisses angeführten Anmeldungen seien die Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung im Anschluss an die in Rede stehenden Einfuhren erfüllt. Die betreffenden Waren seien physisch im Anschluss an die Einfuhr in einen anderen Mitgliedstaat gelangt und die V. Kft habe dort über den Gegenstand wie ein Eigentümer verfügen können. Eine Beteiligung des Importeurs und Lieferers oder der Mitbeteiligten an einer Steuerhinterziehung der Erwerberin sei nicht nachgewiesen. Der Nachweis der Versendung sei durch die Vorlage des jeweiligen Transportauftrages und CMR-Frachtbriefes, in drei Fällen zusätzlich mit einem (Sammel-)CMR-Frachtbrief der Mitbeteiligten mit Empfangsbestätigung durch die ungarische Niederlassung der Mitbeteiligten und dem Sammelbordereau erbracht worden. In einem Fall sei die Übernahme der Waren durch die Erwerberin darüber hinaus auch mit Unterschrift und Firmenstempel bestätigt worden.
5 Die dagegen erhobene (außerordentliche) Revision des Zollamtes Feldkirch Wolfurt legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor. 6 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Zur Zulässigkeit seiner Revision trägt das Zollamt zunächst vor, auf Grund der vorliegenden Unterlagen sei insbesondere unklar, ob als Lieferungen von in Drittländern ansässigen Unternehmen an die D. GmbH bezeichnete Vorgänge dazu geeignet wären, der D. GmbH tatsächlich die umsatzsteuerrechtliche Verfügungsmacht an den Waren zu verschaffen. Dergestalt bekämpft das Zollamt die Beweiswürdigung durch das Bundesfinanzgericht, zeigt aber nicht auf, dass die Feststellungen des Bundesfinanzgerichts auf Grund einer grob fehlerhaften, die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Beweiswürdigung erfolgt wären.
9 Weiters führt das Zollamt zu "Hinterziehung der Einfuhrumsatzsteuer durch Vortäuschen der Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung" aus, die D. GmbH habe der Mitbeteiligten Unterlagen zur Verfügung gestellt und Angaben gemacht, die dazu geführt hätten, die Einfuhren von Waren für die D. GmbH und innergemeinschaftliche Lieferungen an die Abnehmer in Ungarn und der Slowakei darzustellen, und den dargestellten Sachverhalt nur vorgetäuscht. Dass die D. GmbH gewusst habe, selbst tatsächlich keine Lieferungen erhalten und auch keine Lieferungen erbracht zu haben, bringe sie in "ihren Schreiben an ihre Geschäftspartner" unmissverständlich zum Ausdruck. Abermals bekämpft das Zollamt damit die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichtes wobei es auch nicht konkret anführt, welche Schreiben angesprochen werden sollten, wo in den Bescheiden des Zollamtes diese Schreiben Erwähnung gefunden hätten oder wann das Zollamt diese Schreiben im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorgelegt hätte. 10 Auch in dem mit "mangelnder Begründung" überschriebenen Teil der Zulässigkeitsbegründung seiner Revision wendet sich das Zollamt gegen die Sachverhaltsannahme des Bundesfinanzgerichtes, dass die D. GmbH über die eingeführten Waren verfügungsberechtigt gewesen sei, und verweist auf den "bereits erwähnten Schriftverkehr", ohne diesen näher zu konkretisieren. 11 Mit den anschließenden Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung zur "Vertretung des Empfängers" setzt sich das Zollamt mit Kommentarstellen auseinander, welche das Bundesfinanzgericht bei der Wiedergabe der Rechtslage zitiert hat, ohne dass das Zollamt eine konkrete Rechtsfrage dazu formuliert, welche der Verwaltungsgerichtshof bei der Entscheidung über die Revision zu beantworten hätte.
12 Letztlich wirft das Zollamt dem Bundesfinanzgericht unter den Ausführungen zur "Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht" vor, das Bundesfinanzgericht übersehe, dass auf Grund der Informationen aus den anderen EU-Staaten von Umsatzsteuermalversationen der Abnehmer auszugehen sei, die ohne Mitwirkung der D. GmbH gar nicht möglich gewesen wären, und das Bundesfinanzgericht hätte auf Grund dieser Hinweise eine Involvierung der D. GmbH im Umsatzsteuerbetrug nicht mehr ausschließen können. Dennoch habe es diesbezüglich keine weiteren Nachforschungen und Untersuchungen angestellt. Abermals lässt das Zollamt offen, welche konkreten Informationen in welchen Schriftstücken vorhanden wären, wo diese in den abgabenbehördlichen Bescheiden erwähnt gewesen wären oder wann im verwaltungsgerichtlichen Verfahren das Zollamt diese dem Bundesfinanzgericht konkret vorgelegt hätte.
13 Mangels grundsätzlicher Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG war die Revision daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 26. März 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019160059.L00Im RIS seit
09.07.2019Zuletzt aktualisiert am
09.07.2019