Index
L82007 Bauordnung TirolNorm
AVG §8Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/06/0265Ra 2018/06/0266Ra 2018/06/0267Ra 2018/06/0268Ra 2018/06/0269Ra 2018/06/0270Ra 2018/06/0271Ra 2018/06/0272Ra 2018/06/0273Ra 2018/06/0274Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Dr. Bayjones und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revisionen 1. des G R, 2. des W F,
3. der I W, 4. des Dr. W G und 5. der D G, alle in A, alle vertreten durch Dr. Thomas Girardi, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Stainerstraße 2, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Tirol, jeweils vom 4. Juni 2018,
1) LVwG-2016/22/0684-40 (betreffend den Erstrevisionswerber protokolliert zu Ra 2018/06/0273),
2) LVwG-2016/26/0717-37 (betreffend den Zweitrevisionswerber
protokolliert zu Ra 2018/06/0270, die Drittrevisionswerberin
protokolliert zu Ra 2018/06/0271 und den Erstrevisionswerber protokolliert zu Ra 2018/06/0272),
3) LVwG-2016/26/0716-36 (betreffend den Zweitrevisionswerber
protokolliert zu Ra 2018/06/0264, die Drittrevisionswerberin
protokolliert zu Ra 2018/06/0265 und den Erstrevisionswerber protokolliert zu Ra 2018/06/0266),
4) LVwG-2016/31/0449-42 (betreffend den Zweitrevisionswerber protokolliert zu Ra 2018/06/0274), und
5) LVwG-2016/31/0448-42 (betreffend den Zweitrevisionswerber
protokolliert zu Ra 2018/06/0267, den Viertrevisionswerber
protokolliert zu Ra 2018/06/0268 und die Fünftrevisionswerberin protokolliert zu Ra 2018/06/0269),
jeweils betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht jeweils:
Bürgermeister der Gemeinde Axams; mitbeteiligte Partei jeweils:
B GmbH in A, vertreten durch Dr. Mag. Michael E. Sallinger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III; weitere Partei jeweils: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1 Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 7. September 2017, Ra 2017/06/0012 bis 0016, Ra 2017/06/0057 bis 0064, verwiesen.
2 Die Mitbeteiligte (im Folgenden: Bauwerberin) beantragte die Erteilung von insgesamt zehn Baugenehmigungen für die Errichtung jeweils eines Wohnhauses mit mehreren Wohnungen und einer Tiefgarage (Anm.: tatsächlich eines Tiefgaragenteiles) auf den Grundstücken Nr. X/1 (Haus 1) bis X/10 (Haus 10), KG A. Die Bauansuchen hinsichtlich der Grundstücke Nr. X/2, Nr. X/4, Nr. X/6, Nr. X/8 und Nr. X/10 sind Gegenstand dieser Entscheidung. Über die Revisionen betreffend die Bauansuchen bezüglich der Grundstücke Nr. X/1, Nr. X/3, Nr. X/5, Nr. X/7 und Nr. X/9 wurde mit dem hg. Beschluss vom heutigen Tag, Ra 2018/06/0276 bis 0280, entschieden.
3 Nach der Erteilung der beantragten Baubewilligungen durch den Bürgermeister der Gemeinde Axams (Baubehörde) und der Abweisung unter anderem der von den revisionswerbenden Parteien dagegen eingebrachten Beschwerden mit mehreren Erkenntnissen des Landesverwaltungsgerichts Tirol (LVwG) vom 10. August 2016, hob der Verwaltungsgerichtshof diese Erkenntnisse des LVwG mit dem eingangs erwähnten Erkenntnis vom 7. September 2017, Ra 2017/06/0012 u.a., wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf.
4 Darin ging der Verwaltungsgerichtshof - auch auf sein die Bauansuchen auf den Grundstücken Nr. X/1, Nr. X/3, Nr. X/5, Nr. X/7 und Nr. X/9 betreffendes Erkenntnis vom 24. April 2017, Ra 2017/06/0009 u.a., verweisend - davon aus, dass die hinsichtlich der Wohnhäuser auf den Grundstücken Nr. X/1 bis Nr. X/10 geplanten Einfahrten zu den drei Tiefgaragen im Bereich der nördlichen Grundstücke Nr. X/2, Nr. X/4 und Nr. X/8 lägen und - mangels einer Zu- und Abfahrt auf anderen Grundstücken - jeweils mehrere Tiefgaragenteile eine gemeinsame Anlage für mehrere Wohnhäuser bildeten, sodass diese Wohnhäuser als Teil eines Gesamtprojektes zu beurteilen seien. Die Wohnhäuser auf den Grundstücken Nrn. X/1 und X/2, die Wohnhäuser auf den Grundstücken Nrn. X/3 bis X/6 sowie die Wohnhäuser auf den Grundstücken Nrn. X/7 bis X/10 stellten jeweils ein Gesamtprojekt dar.
5 Das LVwG habe es unterlassen, eine Beurteilung der jeweiligen Gesamtprojekte vorzunehmen und nähere Feststellungen zu den von den jeweiligen Tiefgaragen ausgehenden Immissionen zu treffen, sodass eine Verletzung der revisionswerbenden Parteien in dem ihnen nach § 26 Abs. 3 lit. a TBO 2011 (diesem entspricht § 33 Abs. 3 lit. a TBO 2018 in der Fassung der Wiederverlautbarung der TBO 2011 durch LBGl. Nr. 28/2018) zustehenden subjektivöffentlichen Recht betreffend Immissionsschutz nicht ausgeschlossen werden könne.
6 Darüber hinaus - so der Verwaltungsgerichtshof - könne angesichts der von mehreren Wohnhäusern gemeinsam genutzten Tiefgaragen nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass - wie dies das LVwG ausgeführt habe - keine Umstände zutage getreten seien, wonach entgegen der ausdrücklichen Erklärung der Bauwerberin doch eine gemeinsame Verwaltung der Gebäude auf den betreffenden Grundstücken erfolgen solle. Gerade die Errichtung solcher gemeinsamer Anlagen indiziere das Vorliegen einer gemeinsamen Verwaltung, sodass eine Erklärung wie die von der Bauwerberin abgegebene einer eingehenden Prüfung zu unterziehen wäre.
7 In fortgesetzten Verfahren holte das LVwG unter anderem das Gutachten eines immissionstechnischen Sachverständigen vom 18. Dezember 2017 ein, in dem dieser zu dem Ergebnis gelangte, dass sowohl bei Beurteilung der drei Tiefgaragenkomplexe als auch unter Berücksichtigung aller Tiefgaragen keine relevanten und über die Planungsrichtwerte hinausgehenden Immissionen an den Grundgrenzen zu den Nachbargrundstücken - so auch der revisionswerbenden Parteien - aufträten.
8 Darauf aufbauend führte der umweltmedizinische Sachverständige in seinem Gutachten vom 12. Februar 2018 aus, die prognostizierten Schallpegel unterschritten die Richtwerte der WHO für Gebiete mit Wohnnutzung deutlich; auch die Luftschadstoffimmissionen aus dem Betrieb der Tiefgarage lägen deutlich unter den anerkannten Irrelevanzschwellen. Es sei daher nicht von einer wesentlichen Änderung der Luftqualität auszugehen. Aus medizinischer Sicht sei eine Beeinträchtigung der Wohnqualität weder bei gesamthafter Betrachtung der beiden Bauvorhaben auf den Grundstücken Nrn. X/1 und X/2, noch bei gesamthafter Betrachtung der vier Bauvorhaben auf den Grundstücken Nrn. X/3 bis X/6, noch bei gesamthafter Betrachtung der vier Bauvorhaben auf den Grundstücken Nrn. X/7 bis X/10, noch bei einer Gesamtbetrachtung aller zehn Bauvorhaben zu erwarten.
9 Mit dem die Baubewilligung auf Grundstück Nr. X/2 betreffenden Erkenntnis des LVwG vom 4. Juni 2018 wurde die Beschwerde des Erstrevisionswerbers gegen den Bescheid der Baubehörde vom 25. Februar 2016 abgewiesen, die Beschwerde eines weiteren Beschwerdeführers wurde mit Beschluss als unzulässig zurückgewiesen.
10 Mit dem die Baubewilligung auf Grundstück Nr. X/4 betreffenden Erkenntnis des LVwG vom 4. Juni 2018 wurde die Beschwerde der erst-, zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid der Baubehörde vom 26. Februar 2016 abgewiesen, die Beschwerde eines weiteren Beschwerdeführers wurde mit Beschluss als unzulässig zurückgewiesen.
11 Mit dem die Baubewilligung auf Grundstück Nr. X/6 betreffenden Erkenntnis des LVwG vom 4. Juni 2018 wurde die Beschwerde der erst-, zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid der Baubehörde vom 4. März 2016 abgewiesen.
12 Mit dem die Baubewilligung auf Grundstück Nr. X/8 betreffenden Erkenntnis des LVwG vom 4. Juni 2018 wurde die Beschwerde des Zweitrevisionswerbers gegen den Bescheid der Baubehörde vom 26. Jänner 2016 abgewiesen.
13 Mit dem die Baubewilligung auf Grundstück Nr. X/10 betreffenden Erkenntnis des LVwG vom 4. Juni 2018 wurden die Beschwerden der zweit-, viert- und fünftrevisionswerbenden Parteien sowie weiterer Beschwerdeführer gegen den Bescheid der Baubehörde vom 22. Jänner 2016 abgewiesen, die Beschwerden zweier Beschwerdeführer wurden mit Beschluss als unzulässig zurückgewiesen.
14 Die genannten Abweisungen von Beschwerden erfolgten jeweils mit der Maßgabe, dass sich die mit den Bescheiden der Baubehörde erteilten Baubewilligungen auf § 34 Abs. 1, 6 und 7 TBO 2018 stützen. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde jeweils für nicht zulässig erklärt.
15 Begründend führte das LVwG in den angefochtenen Erkenntnissen zusammengefasst im Wesentlichen aus, soweit die Beschwerdeführer vorgebracht hätten, die Bauansuchen auf den Grundstücken Nr. X/1 bis Nr. X/10 seien bereits deshalb abzuweisen, weil gemäß § 4 Abs. 3 TBO 2011 eine unzulässige Überbauung von Grundgrenzen gegeben sei und diesbezüglich eine Bindungswirkung der aufhebenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 2017, Ra 2017/06/0009 u.a., bestehe, übersähen die Beschwerdeführer, dass diese (behebende) Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes nicht die verfahrensgegenständlichen Bauvorhaben auf den Grundstücken Nr. X/2, Nr. X/4, Nr. X/6, Nr. X/8 und Nr. X/10 betreffe. In der diese Bauvorhaben betreffenden, gleichfalls behebenden Revisionsentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. September 2017, Ra 2017/06/0012 u.a., finde sich keine Begründungsausführung zur gesetzlichen Bestimmung des § 4 Abs. 3 TBO 2011 (nunmehr: § 4 Abs. 3 TBO 2018).
16 Überdies entfalteten die vom Verwaltungsgerichtshof in Rz 26 des Erkenntnisses Ra 2017/06/0009 u.a. getätigten rechtlichen Anmerkungen keine Bindungswirkung gemäß § 63 VwGG, weil es sich dabei nur um ein "obiter dictum" handle (Hinweis auf VwGH 17.9.1997, 93/13/0064). Dem LVwG sei es überdies verwehrt, aus Anlass einer Nachbarbeschwerde Rechtswidrigkeiten aufzugreifen, die außerhalb der zulässigen Einwendungen im Rahmen der Nachbarrechte im Sinn des § 33 Abs. 3 TBO 2018 lägen. Eine allfällige Überschreitung der Grundstücksgrenzen durch die geplanten Tiefgaragen berühre nicht die Mitspracherechte der Nachbarn (Hinweis auf VwGH 20.6.2002, 2000/06/0180).
17 Weiters führe die (jeweils) gemeinschaftliche Nutzung der Tiefgaragenabfahrten nicht dazu, dass die Bauvorhaben bautechnisch so miteinander verbunden wären, dass sie baulich zu einer einzigen, untrennbaren Einheit würden. Die Zufahrt zu einem Baugrundstück über ein Fremdgrundstück unter Inanspruchnahme einer eingeräumten Dienstbarkeit - möge diese auch durch eine bauliche Anlage auf dem Fremdgrundstück führen - stelle keine untrennbare Verbindung der baulichen Anlagen auf dem dienenden und dem herrschenden Grundstück her.
18 Die Erklärung der Bauwerberin hinsichtlich der (nicht gemeinsamen) Verwaltung sei (aus näher angeführten Erwägungen) glaubwürdig.
19 Die einzelnen Bauvorhaben auf den Grundstücken Nr. X/1 bis Nr. X/10 seien zwar bautechnisch trennbar (Verweis auf ein eingeholtes hochbautechnisches Gutachten), die drei Tiefgaragenkomplexe (Grundstücke Nr. X/1 und Nr. X/2, Grundstücke Nr. X/3 bis Nr. X/6, Grundstücke Nr. X/7 bis Nr. X/10) bildeten allerdings aus immissionstechnischer Sicht eine Einheit.
20 Gemäß dem immissionstechnischen Gutachten vom 18. Dezember 2017 bestünden für die Grundstücke (unter anderem) der revisionswerbenden Parteien keine relevanten Immissionen; dies sogar unter dem Aspekt, dass alle Bauvorhaben auf den Grundstücken Nr. X/1 bis Nr. X/10 gesamt betrachtet würden. Das Gutachten sei schlüssig, nachvollziehbar und dem Stand der Technik entsprechend; es sei von den revisionswerbenden Parteien auch nicht in Zweifel gezogen worden.
21 Ferner werde im schlüssigen medizinischen Gutachten vom 12. Februar 2018 ausgeführt, dass keine medizinisch relevanten Auswirkungen durch das Bauvorhaben, weder bei Einzelbetrachtung jedes Bauvorhabens noch bei einer Gesamtbetrachtung aller zehn Bauvorhaben, zu erwarten seien.
22 Das LVwG komme daher zum Schluss, dass für die Grundstücke der revisionswerbenden Parteien keine relevanten Immissionen entstünden und die nachbarrechtlichen Einwendungen bezüglich der Immissionen als unbegründet abzuweisen seien.
23 Die Behandlung der von den revisionswerbenden Parteien gegen die genannten Erkenntnisse des LVwG vom 4. Juni 2018 beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerden wurde von diesem mit den Beschlüssen jeweils vom 24. September 2018, E 2833/2018-7, E 2825/2018-7, E 2836/2018-8, E 2826/2018-7 und 2827/2018-7 abgelehnt.
24 Gegen die Erkenntnisse des LVwG vom 4. Juni 2018 richten sich nun die außerordentlichen Revisionen
des Erstrevisionswerbers (betreffend die Baubewilligung auf Grundstück Nr. X/2, protokolliert zu Ra 2018/06/0273),
der erst- bis drittrevisionswerbenden Parteien (betreffend die Baubewilligung auf Grundstück Nr. X/4, protokolliert zu Ra 2018/06/0270 bis 0272),
der erst- bis drittrevisionswerbenden Parteien (betreffend die Baubewilligung auf Grundstück Nr. X/6, protokolliert zu Ra 2018/06/0264 bis 0266),
des Zweitrevisionswerbers (betreffend die Baubewilligung auf Grundstück Nr. X/8, protokolliert zu Ra 2018/06/0274), sowie
der zweit-, viert- und fünftrevisionswerbenden Parteien (betreffend die Baubewilligung auf Grundstück Nr. X/10, protokolliert zu Ra 2018/06/0267 bis 0269).
25 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
26 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
27 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
28 In ihren Zulässigkeitsbegründungen behaupten die Revisionen jeweils ein Abweichen der angefochtenen Erkenntnisse von der hg. Rechtsprechung wegen Missachtung der Bindung an die tragenden Aufhebungsgründe der hg. Erkenntnisse vom 24. April 2017, Ra 2017/06/0009 u.a., und vom 7. September 2017, Ra 2017/06/0012 u.a. Der Verwaltungsgerichtshof habe dargelegt, dass abweichend von den Bauansuchen drei Gesamtprojekte vorlägen, das LVwG habe dennoch über zehn Einzelprojekte abgesprochen. Eine brandschutztechnische Begutachtung der drei Gesamtprojekte sei nicht erfolgt, obwohl im zweiten Rechtsgang die Einholung eines Brandschutzgutachtens beantragt worden sei; die Tiefgarage für die Grundstücke Nrn. X/3 bis X/6 verstoße gegen näher angeführte Bestimmungen der OIB-Richtlinie 2. Darüber hinaus sei das LVwG auch an die vom Verwaltungsgerichtshof in Rz 26 des Erkenntnisses Ra 2017/06/0009 u.a. geäußerten weiteren Rechtsmeinungen gebunden (Hinweis auf VwGH 13.11.1989, 89/10/0110; 13.4.1955, VwSlg 3706A/1955). Die revisionswerbenden Parteien hätten einen Rechtsanspruch auf Beachtung der durch § 63 VwGG bewirkten Bindungswirkung (Hinweis auf VwGH 17.4.1969, VwSlg 7549A/1969; VwGH 30.9.1983, 83/08/0114; 14.3.1995, 94/20/0743).
29 In den zuletzt angesprochenen Ausführungen in Rz 26 des (die Baubewilligungen auf den Grundstücken Nrn. X/1, X/3, X/5, X/7 und X/9 betreffenden) aufhebenden Erkenntnisses vom 24. April 2017, Ra 2017/06/0009 u.a., hatte der Verwaltungsgerichtshof auf § 2 Abs. 12 und § 4 Abs. 3 TBO 2011 verwiesen, wonach die verfahrensgegenständlichen Wohnhäuser aufgrund einer hinsichtlich der Tiefgaragen die Grenzen des Bauplatzes überschreitenden Einreichplanung nicht genehmigungsfähig wären. Ferner hatte er dargelegt, dass die Errichtung gemeinsamer Anlagen - wie etwa der Garagen - das Vorliegen einer gemeinsamen Verwaltung indiziere.
30 Entsprechende Darlegungen finden sich im - hier gegenständlichen, die vormaligen Baubewilligungen auf den Grundstücken Nrn. X/2, X/4, X/6, X/8 und X/10 betreffenden - aufhebenden hg. Erkenntnis vom 7. September 2017, Ra 2017/06/0012 u. a., lediglich dahingehend, dass die Errichtung gemeinsamer Anlagen - ohne nähere Prüfung - das Vorliegen einer gemeinsamen Verwaltung indiziere. Die erwähnten Ausführungen zu § 2 Abs. 12 und § 4 Abs. 3 TBO 2011 sind in diesem Erkenntnis jedoch nicht enthalten.
Es erübrigt sich in den hier vorliegenden Revisionsfällen daher eine Prüfung einer allfälligen Bindungswirkung einer diesbezüglichen Ausführung im Vorerkenntnis zu den vorliegenden Revisionen.
31 Die zentrale Rechtswidrigkeit der Erkenntnisse des LVwG vom 10. August 2016, die zu deren Aufhebung mit hg. Erkenntnis vom 7. September 2017, Ra 2017/06/0012 u.a. führte, betraf die fehlenden Feststellungen der von den Tiefgaragen ausgehenden Immissionen, sodass eine Verletzung der revisionswerbenden Parteien in dem ihnen nach § 26 Abs. 3 lit. a TBO 2011 (nunmehr § 33 Abs. 3 lit. a TBO 2018) zustehenden subjektiv-öffentlichen Recht betreffend Immissionsschutz nicht ausgeschlossen werden konnte.
32 Die für die Aufhebung der Erkenntnisse des LVwG vom 10. August 2016 maßgebende und damit im Sinne der Rechtsprechung "tragende" Begründung beschränkt sich somit auf eine mögliche Verletzung der revisionswerbenden Parteien in diesem subjektivöffentlichen Recht betreffend Immissionsschutz.
33 Das LVwG holte die notwendigen Feststellungen in den fortgesetzten Verfahren jedoch nach und kam aufgrund des Gutachtens des immissionstechnischen Sachverständigen vom 18. Dezember 2017 und den darauf aufbauenden Ausführungen des umweltmedizinischen Sachverständigen jeweils zum Schluss, dass für die Grundstücke der revisionswerbenden Parteien keine relevanten Immissionen entstünden und die diesbezüglichen Einwendungen als unbegründet abzuweisen seien. Diesen Ausführungen treten die Revisionen in ihren Zulässigkeitsbegründungen nicht entgegen.
34 Darüber hinaus hielt das LVwG ergänzend zu seinen Ausführungen in den aufgehobenen Erkenntnissen vom 10. August 2016 fest, es sei eine Dienstbarkeit zur Nutzung der jeweiligen Tiefgaragenabfahrt eingeräumt worden. Gegen diese Ausführungen wenden sich die revisionswerbenden Parteien ebenfalls nicht; sie bringen auch nicht vor, dass diese ergänzende Feststellung eine Auswirkung auf die ihnen zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechte gemäß § 33 Abs. 3 TBO 2018 hätte.
35 Das LVwG erkannte auch zutreffend, dass es im Rahmen einer Beschwerde von Parteien mit eingeschränkten Mitspracherechten - wie etwa Nachbarn in Bauverfahren - nur legitimiert ist, eine Rechtswidrigkeit innerhalb der den Beschwerdeführern zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechten aufzugreifen.
36 Die revisionswerbenden Parteien zeigen auch hinsichtlich der brandschutztechnischen Vorschriften keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, zumal sie nicht konkret vorbringen, dass ein Brand ihre Liegenschaften gefährden könnte (vgl. dazu den hg. Beschluss vom heutigen Tag, Ra 2018/06/0276 bis 0280, mwN). Im Übrigen führte der Brandschutzsachverständige in der Verhandlung vom 27. Juni 2016 aus, dass eine Gefährdung der Nachbarn nicht vorliege.
37 Da in den Revisionen somit keine Rechtsfrage aufgeworfen wird, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, waren sie zurückzuweisen.
Wien, am 27. März 2019
Schlagworte
Baurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018060264.L00Im RIS seit
05.07.2019Zuletzt aktualisiert am
05.07.2019