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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z23;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des Z B in W, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Jänner 2019, Zl. I419 1439230- 3/2E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein tunesischer Staatsangehöriger, stellte am 31. Oktober 2013 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde im Beschwerdeverfahren vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 10. März 2014 wegen der Zuständigkeit Ungarns zur Prüfung des Antrages als unzulässig zurückgewiesen.
2 Am 26. September 2015 stellte der Revisionswerber seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 21. August 2018 vollumfänglich abgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das BVwG mit Erkenntnis vom 12. Oktober 2018 als unbegründet ab.
3 Am 6. November 2018 stellte der Revisionswerber schließlich den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen Antrag wies das BFA mit Bescheid vom 21. Dezember 2018 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Am 5. Jänner 2019 erhob der Revisionswerber dagegen Beschwerde, die das BVwG mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 21. Jänner 2019 als unbegründet abwies. Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur amtswegigen Ermittlungspflicht abgewichen. Obwohl der Lebensgefährte des Revisionswerbers eine Primärquelle zu seiner Homosexualität darstelle, habe das BFA keine einzige Frage an ihn gerichtet. Das BVwG habe auf eine Einvernahme des Lebensgefährten gänzlich verzichtet, obwohl diese in der Beschwerde beantragt worden sei. Die Ausschöpfung dieser Erkenntnisquelle sei entscheidungswesentlich, da dem Revisionswerber aufgrund seiner Homosexualität in Tunesien asylrelevante Verfolgung drohe. Außerdem habe das BVwG gegen die Begründungspflicht verstoßen, da es keinen Grund dafür angeführt habe, weshalb es den Angaben des Lebensgefährten, der das Bestehen einer sexuellen Beziehung zum Revisionswerber bestätigt habe, nicht folge.
8 Gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG rechtfertigen neu hervorgekommene Tatsachen (also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden) - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - eine Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen. Hingegen ist bei Sachverhaltsänderungen, die nach der Entscheidung eingetreten sind, kein Antrag auf Wiederaufnahme, sondern ein neuer Antrag zu stellen, weil in diesem Fall einem auf der Basis des geänderten Sachverhaltes gestellten Antrag die Rechtskraft bereits erlassener Bescheide nicht entgegensteht (vgl. VwGH 24.8.2004, 2003/01/0431, mwN). Im Folgeantragsverfahren können somit - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (vgl. VwGH 8.9.2015, Ra 2014/18/0089). Demnach sind behauptete Tatsachen, die bereits zur Zeit des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die der Asylwerber jedoch nicht bereits im ersten Asylverfahren vorgebracht hat, von der Rechtskraft der über den Erstantrag absprechenden Entscheidung erfasst (vgl. VwGH 28.2.2019, Ra 2019/01/0008 bis 0010, mwN).
9 Im vorliegenden Fall hat der Revisionswerber seinen (dritten) Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen gestützt, die seinem Vorbringen zufolge bereits zur Zeit des zweiten - in der Sache entschiedenen - Asylverfahrens (vor dem 12. Oktober 2018) bestanden haben, die er jedoch aus den von ihm angeführten Gründen nicht bereits in dem vorangegangenen Verfahren vorgebracht hatte. Aus diesem Grund lag schon nach dem Vorbringen des Revisionswerbers keine entscheidungsrelevante Sachverhaltsänderung vor, die im Folgeantragsverfahren Berücksichtigung zu finden hätte. Vor diesem Hintergrund zeigt die vorliegende Revision nicht auf, inwieweit sie von der Lösung der geltend gemachten Rechtsfragen abhinge.
10 Soweit die Revision ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung zu § 21 Abs. 7 BFA-VG darin sieht, dass die dort normierten Kriterien für das Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht vorgelegen wären, übersieht sie, dass die Verhandlungspflicht im Zulassungsverfahren - wozu auch Beschwerden gegen eine vor Zulassung des Verfahrens ausgesprochene Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach § 68 AVG zählen - besonderen Verfahrensvorschriften, nämlich § 21 Abs. 3 und Abs. 6a BFA-VG, folgt (vgl. etwa VwGH 17.10.2018, Ra 2018/01/0435, mwN). Dass das BVwG von den in der hg. Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien zur Verhandlungspflicht im Zulassungsverfahren abgewichen wäre, zeigt die Revision nicht auf.
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 3. April 2019
Schlagworte
Neu hervorgekommene entstandene Beweise und Tatsachen nova reperta nova productaRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200104.L00Im RIS seit
25.04.2019Zuletzt aktualisiert am
26.04.2019